lautete der Beschluß der Fleischerinnung, die aber anscheinend diesmal die Rechnung ohne — die Behörden gemacht hat. Daß sich diese nicht so ohne weiteres der Fleischerinnung ergeben werden, war vorauszusehen. Jetzt erfolgt schon die „Probe aufs Exempel"; die Kgl. Zellengefängnisverwaltung erläßt nämlich folgendes Ausschreiben: „Nachdem uns bei der Submissionsnerhandlung vom 7. ds. die Fleischerinnung die Zumutung gemacht hat, sie selbst als Lieferantin anzunehmen, mit der Maßgabe, daß sie dann nach Monaten die Lieferung an die einzelnen Meister verteile — eine Bedingung, die für staatliche Verwaltungen unannehmbar ist — sind wir in der Zwangslage, die Lieferung unseres Bedarfs an Rind- und Schweinefleisch für die Zeit vom 1. April 1911 bis 31. März 1912 neuerdings auszuschreiben. Hiezu werden auswärtige Meister und hiesige Meister, die an den Jnnungsbeschluß nicht kontraktlich gebunden sind, eingeladen." Auf den Ausgang dieses Zusammenstoßes zwischen Staat und Innung kann man gespannt sein. Bleibt die Innung fest, so wird die Zellengefängnisverwaltung entweder ihren Bedarf an Fleisch von auswärts decken oder zur Eigenschlachtung übergehen müssen.
Pforzheim,16. März. Der Agent Sigmund Metzger hier verkaufte das von ihm erbaute Hotel Metzger hier, da es nicht ging, an einen gewissen Rein (der später Konkurs machte, wobei das Hotel für 90 000 Mk. wegkam). Das Anwesen war beim Verkauf auf 112 000 Mk. geschätzt, es standen aber 126000 Mk. Hypotheken darauf. Dann kam Metz ger mit einer Hypothek von 12 000 Mk. Diese aule Hypothek hing Metzger als Anzahlung dem rüheren Rößleswirt Knodler in Engelsbrand (jetzt in Birkenfeld) auf, dessen Wirtschaft er für 45000 Mk. kaufte, indem er sagte, die Hypothek sei prima und innerhalb 75 Prozent der Schätzung. Die Strafkammer Karlsruhe verurteilte Metzger für diesen Hypotekenschwindel zu vier Monaten Gefängnis und den Agenten Henkel, der bei der Bauernfängerei half, zu 3 Monaten.
Karl Wacker, b. Schreinermstr. Großmänn. Hermann Wacker, S. d Gärtnermstr. Wacker. Martin Widmayer, bei Buchdruckereibes. Wildbrett.
In der Weiblichen Fortbildungsschule wurden folgenden Mädchen Preise zuerkannt:
Erwine Bott. Klara Luz.
' Emilie Wildbrett.
Belobungen erhielten Marie Bott Anna Kallfaß
Eugenie Diehm Emma Kappelmann
Karoline Eitel Marie Nothacker
Luise Eitel Sophie Schill
Anna Günthner Frida Süßer
Frida Horkheimer Julie Treiber
Else Weinland.
Lokales.
jf Wildbad, 19. März. Wer kennt nicht das schöne Gedicht von Friedr. v. Schiller, in dem es heißt: „Ein frommer Knecht war Fridolin Und in der Furcht des Herrn Ergeben der Gebieterin ..... und: „Herr dunkel war der Rede Sinn,
Zum Ofen wies man lachend hin:
Der ist besorgt und aufgehoben.
Der Graf wird seine Diener lobenI"
Dieses Gedicht (Der Gang nach dem Eisenhammer) im Bild mit Deklamation des Gedichtes zeigt uns! morgen der aufs Beste und Komfortabelste eingerichtete Kinematograph Union im Gasthaus zur alten Linde. Die Aufnahme ist eine der aller- neuesten und kann als einzig in ihrer Art gelten.! Aber auch die andern Bilder lassen nichts zu! wünschen übrig, so z. B. die ergreifenden Dramen j „Per Sohn des Gendarmen" und „Onkels Toms Hütte" (2. Teil), oder die humoristischen Stücke: „Wer ist der Täter?", „Soldatenleben" und „Moderne Kegler". Wohl am meisten Interesse werden die beiden Bilder „Baby's der Tiere" und namentlich die „Kinematographische Wochenrundschau" erregen.
Wildbad, 18. März. Gestern fanden im Zeichensaal der Realschule die Schlußakte für die weibliche und für die gewerbliche Fortbildungsschule statt.
Der Vorstand der Fortbildungsschule mahnte die austretenden Schüler zu weiterem Fleiß und Wohlverhalten und wünschte denselben im Namen der Lehrer alles Gute für ihr späteres Leben.
In der Gewerblichen Fortbildungsschule erhielten Preise:
Friedrich Beck, bei Schlossermstr. LippS.
Erwin Pfau, bei Schlossermstr. Bohnenberger. Erwin Pfau, S. d. Schreinermstr. Pfau.
Gustav Riexinger, Kfm. in der Papierfabrik. Robert Wendel, bei Schreinermstr. Eisele.
Belobungen erhielten:
Hermann Bott, S. d. Pflästerermstr. Bott. Heinrich Großmann, Fabrikarbeiter.
Jakob Hartmann, bei Buchdruckereibes. Wildbrett. Hermann Krauß, bei Schlossermstr. Krauß. Hermann Krauß, S. d. Maurermstr. Krauß.
Karl Lipps, S. d. Gipsermstr. Lipps.
Friedrich Maier, bei Maurermstr. Krauß. Siegfried Mundinger, S. d. Brieftr. Munoinger. Karl Mutterer, Holzhauer.
Wilhelm Rapp, b. Schlossermstr. Lipps.
Wilhelm Rath, b. Schlossermstr. Schwerdtle.
Wilhelm Rath, b. Schlossermstr. Bohnenberger.
Friedrich Reule, S. d. Gispermstr. Reule. Wilhelm Riexinger, S. d. Bäckermstr. Riexinger. Adolf, Schmid, bei Gipsermstr. Lipps.
Fr. Schrafft, Schlosserlehrling in der Papierfabrik.
Wnt v hoi lterröes
Zur Köße.
Erzählung von Elsbeth Borchart.
(Forts.) (Nachdruck verboten.)
„Carlottal
Er war aufgesprungen und stellte sich vor das schöne Mädchen, dessen Glutaugeu voller Zärtlichkeit an ihm hingen.
„Was glaubst du?" fragte sie. „Seit ich dich, teurer Jugendfreund, wiedersah, mag ich den plumpen Tedesco nicht mehr leiden.
Er zuckte zusammen, aber seine Züge spiegelten ein ganz anderes Empfinden wieder, als Car- lotta gehofft haben mochte. Sie wurde bleich.
„Du kennst mich. — Es wäre wider die Natur, wenn ich die Ketten nicht zerbreche und —
- - dem allein angehören wollte, den — — ich liebe?"
„O Gott — Carlotta, was verlangst du von mir?" stieß er verzweifelt hervor und suchte sich aus der Umklammerung ihrer Hände zu befreien.
„Da — kannst du fragen?"
„O, schweige, schweige!" unterbrach er sie hastig.
„Du ließest mich an deine Liebe glauben, und nun? Hast du mich getäuscht — hintergangen?"
Der Helle Angstweiß trat ihm auf die Stirn.
„Beruhige dich doch, Carlotta, laß uns vernünftig zusammen sprechen."
„Vernünftig? Was verstehst du darunter?
„Ich will dir eine Erklärung geben: Als junger Heißsporniger Künstler verkehrte ich in eurem Hause in Mailand und schwärmte für dich wie alle übrigen Maler. Ich sah und fühlte wohl, daß du mich vor allen anderen auszeichnetest, aber nicht ein Gedanke ist mir in meiner heiteren Sorglosigkeit gekommen, mir Fesseln für das Leben zu' schmieden damals, wo mich die Mißerfolge meiner Kunst auf Reisen trieben. Kein bindendes Wort war zwischen uns gefallen, und es verwunderte, mich darum nicht allzu sehr, als ich dich in diesem Jahre nach vierjähriger Trennung als Braut eines anderen in Berlin wiedersand. Ich verkehrte als Landsmann und Jugendfreund auch hier mit dir., Die alten schönen Erinnerungen wurden wieder lebendig, ich schwärmte wieder wie einst. Ich —! pielte mit einem Feuer, ohne es zu ahnen denn' dein Entgegenkommen, nahm ich für Freundschaft." „So bereust du?"
„Ja. Meine Abreise kam, wie ich sehe — doch zu spät."
„So — wärest du — feige geflohen?" rief sie außer sich.
„Nenne es so, wenn du willst, — ich konnte und durfte nicht länger in deiner Nähe ein. Das war ich deinem Verlobten schuldig.
„Wieso?"
„Durch die Religion."
„Religion? Seit wann legst du darauf Gewicht? Und dann kann ich dich über meinen Verlobten beruhigen. Er liebt mich längst nicht mehr. Es liegt ihm ebensowenig an mir, wie mir an ihm. Wir werden beide aufatmen, da wir wieder frei sind, und er wird mir kein unnötiges Hindernis entgegensetzen. Bist du nun beruhigt? Warum antwortetest du mir nicht?" —
„Vorgestern war ich auf die Höhen eines Gletscherbergs gestiegen, um ein Edelweiß zu pflücken," erwiderte er langsam und wie träumend. Dabei stürzte ich in einen Abgrund, und an einem Felsen hängen bleibend, schwebte ich zwischen Leben und Tod. — In jener grausigen Stunde tat ich einen Blick in mein früheres Leben und — es schauderte mir."
„Was soll daß heißen — was willst du damit sagen?"
„Sieh meine verbundenen Hände. Ich rieß sie mir blutig, als ich an der steilen Felswand empor- zuklettern versuchte. — Da streckte sich mir von oben eine rettende Hand entgegen und zog mich ^zur Höhe."
Ihre schönen Züge verfärbten sich.
„Hahaha - " lachte sie plötzlich schneidend auf, „nun verstehe ich endlich — du hast Ersatz gefunden."
„Carlotta l"
In ihren Augen funkelt es.
„Sind wir euch Männern stets nur Spielzeug, das ihr achtlos wegwerft, wenn ihr ein neues gefunden habt?" rief sie zitternd vor Erregung. „Vittorio, ich lasse nicht mit mir, spielen." Die ganze Glut und Leidenschaft der Italienerin lag in ihrem Blick und Ton. „Und ich sage dir - nicht eher werde ich ruhen, bis du mir meine Rivalin genannt hast."
„Du bist von Sinnen.
„Meine Mutter war Süditalienerin," fuhr Carlotta unheimlich flüsternd fort, „weißt du, wie man dort unten die Untreue rächt?"
„Meine Mutter war es auch — doch — was faselst du von Untreue, da ich dir doch nie den Treueid geleistet, höchstens durch zu große Vertraulichkeit Hoffnungen in dir geweckt habe?"
„Laß es genug sein," sie zitterte noch stärker als zuvor, „ich habe ein Recht, mich zu rücken."
„Tu, was du willst, aber um eins bitte ich dich: verlaß mich jetzt — wenn man uns nebenan hörte —"
„Gleichviel, schon der Umstand, daß du dich so lange in meinem Zimmer —"
„Du bist besorgt um deinen Ruf?" Um ihre Lippen zuckte es spöttisch.
„Um den deinen, Carlotta."
„Das ist unnötig — ich nannte mich bei meinem richtigen Namen Carlotta Ferraris und —"
„Und — was gedenkst du zu tun?"
„Was kümmert es dich?" In ihren Augen brannte ein irres Licht.
„Carlotta — ich bitte dich — gehe zu deiner Mutter nach Mailand vorläufig."
»Wozu?"
„Um dich wieder - zurechtzu finden."
„Wozu zurechtzufinden ? Ich bedarf dessen nicht."
„Was hast du vor?"
»Ich sagte dir schon einmal, daß es dich nicht zu kümmern hat."
Er schwieg eine Weile, und seine Augen ruhten aus dem schönen Mädchen, das um seinetwillen litt.
„Heute abend um elf Uhr geht hier ein Zug nach Mailand durch — wir werden mit ihm ab- reisen, Carlotta."
„Wir? fragte sie mit jäherwachter Hoffnung.
„Ja — ich werde dich nach Mailand zu dei- nerMutter begleiten, als — Freund und Bruder."
„Ah — und zu welchem Zweck willst du dich
— dieser unbequemen Aufgabe unterziehen?" fragte Carlotta mit Hohn in der Stimme.
»Ich — möchte dich geborgen wissen," war Bardinis Antwort.
„Du willst mich los sein."
„Solcher Winkelzüge bedürfte es nicht. Mailand ist unser beider Heimatstadt und — auch meines Bleibens ist hier nicht länger.
„So — so ist sie hier?"
„Wer? Von wem sprichst du?"
„Von derjenigen, die zwischen dich und mich getreten ist."
„Ah — wenn es eine solche gegeben hat, so trennt uns diese letzte Stunde für immer, denn sie ist hoch und rein, und die Niedrigkeit darf sie nicht streifen."
! „Aha — daher deine moralischen Anwandlungen. — Gut, reisen wir ab, aber — Vittorio
— vorher laß sie mich kennen lernen, deine — hahaha — Retterin."
„Carlottal" schrie er auf, und seine Augen bohrten sich in die Züge des jungen Mädchens. Aus diesem Munde mußte er den Namen hören, den er selbst der Geliebten beigelegt hatte. Es § war ihm, als wenn ein spitzer Dolch in sein Herz draug.
„Sage ihr, ich wäre eine Bekannte von dir aus Mailand oder was du sonst willst," fuhr sie hartnäckig fort.
„Eher den Tod."
„Sie zuckte zusammen, aber sie beherrschte sich.
„Gut denn — es ist vielleicht besser so — ich gehe jetzt. — A rivederci."
Carlotta verließ das Zimmer. Im Herzen trug sie eine leise Hoffnung. Er wollte mit ihr reisen, er hatte selbst gesagt, daß er von jener anderen für ewig getrennt sei. Noch war nicht alles verloren. So schnell er in dieser kurzen Zwischenzeit von einer anderen gefesselt worden war, so schnell konnte er sie vergessen und zu ihr, Carlotta, zurückkehren.-
Bardini war, als die Tür hinter Carlotta ins Schloß gefallen war, wie gebrochen in seinen Stuhl gesunken. Er hatte sein Gesicht in die Hände vergraben und stöhnte schmerzlich. (Forts, folgt.)