Amtsblatt

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Saison: Amtliche Fremdenlist

Nr. 33 I

Samstag, den 19. März 1911

47. Jahrgang.

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Stuttgart, 15. März. In der heutigen Sitzung des Finanzausschußes wurde die Beratung der Eingaben der staatlichen Forstarbeiter fortge­setzt. Die mehrstündige Erörterung aller Spezial­wünsche, die in den Eingaben niedergelegt sind, führte zu folgendem Ergebnis: Auf Antrag Anore- Fischer wurde das Verlangen nach einer Entschädig­ung für Abnützung der von den Holzhauern selbst zu stellenden Fällungswerkzeugen mit 11 gegen 2 Stimmen und 2 Enthaltungen der Regierung zur Berücksichtigung überwiesen. Von der Minderheit wurde gewünscht, diese Frage im Zusammenhang mit der zurückgestellten Frage der Lohnregulierung zu behandeln. Auf Antrag des Ber.Erst. v. Balz (D. P.) wurden weiter zur Berücksichtigung em­pfohlen die Wünsche betr. Einführung der 14tägigen Lohnzahlungsperiode, Errichtung von Schutzhütten und transportablen Schutzzelten in genügender Anzahl, geordnete Einhaltung der eingeführten Arbeitszeit und der Pausen, Anhörung der Arbeiter bei» Regelung der Arbeitspausen, Anschluß sämt­licher Forstarbeiter an eine reichsgesetzliche Kranken­kasse, die neben ärztlicher Behandlung und Arznei auch Krankengeld gewährt (ein Teil der Arbeiter ist heute nur der Krankenpflegeversicherung ange­schlossen), Errichtung von Arbeiterausschüssen; zur Erwägung wurden überwiesen die Wünsche betr. allgemeine Ausführung der Durchsorstungsarbeiten im Taglohn statt im Akkord, wie sie jetzt teilweise noch erfolgen, Gewährung von Entschädigung für besondere Leistungen, wie Schneeabkehren, Hilfe­leistung beim Ausmessen und Nummerieren des Holzes, Uebernahme der Entschädigung für das Holzauszeichnen und Kontrollieren an die Ober­männer und Geldrechner seitens der Forstverwaltung, Beschaffung von Verbandskästen und Unterrichtung geeigneter Arbeiter durch einen Arzt in der Anlegung von Notverbänden. Der weitere Wunsch nach Ein­richtung einer Alters-, Witwen- und Waisenver­sorgung für die Waldarbeiter und deren Angehörigen wurdstder Regierung zur Kenntnisnahme empfohlen. Die meisten der vorgebrachten Anliegen sind, wie mitgeteilt wurde, von der Verwaltung bereits in Behandlung genommen, in einigen Punkten ist den Wünschen auch schon entsprochen. Die Eingaben der im Verband der Land-, Wald- und Weinberg­arbeiter vereinigten staatlichen Forstarbeiter und christlich-national organisierten Forstarbeiter um Lohnerhöhungen wurden durch Mehrheitsbeschluß zurückgestellt bis zur Beratung der Gehaltsvorlage.

Stuttgart, 15. März. Die Sozialdemokratie hat nun zu der kommenden Reichstagswahl in sämtlichen 17 Wahlkreisen Württembergs ihre Kandi­daten aufgestellt. In Calw-Neuenbürg ist der Ver­bandsbeamte O. Steinmeyer-Stuttgart Candidat.

Vom Bund für Heimatschutz in Württemberg und Hohenzollern wird uns geschrieben: In der letzten Sitzung des Vor­stands kam unter anderem auch die Frage der Entstellung württembergischer Landschaften durch Plakate in Frage, die entlang verschiedener württem­bergischer Bahnstrecken zur Aufstellung kommen. Es sind dies hölzerne auf 2 Posten stehende 6 M. lange nnd 2 Meter breite Reklametafeln mit darüber- hinausragenden grotesken Figuren in schreienden Farben, die, z. Beispiel an der Bahnstrecke Mühl­acker-Stuttgart bereits manches schöne Landschafts­bild zerstören. In Sachsen ist bereits ein Schutz­reservat dagegen geschaffen worden, das die Be­seitigung dieser Tafeln und ein Verbot gegen die Aufstellung weiterer derartiger Plakate zur Folge hatte. Der dagegen erhobene Rekurs wurde vom Königl. Oberverwaltungsgericht kostenpflichtig verworfen. Freilich hat auch Sachsen seit dem 10. März 1909 ein Gesetz gegen die Verunstaltung von Stadt und Land und kann auf Grund dieses

Gesetzes vorgehen. Bei uns kann man zunächst nur die berufenen Kreise auf den Unfug aufmerksam machen und die Bitte aussprechen, daß alles getan wird, um ein weiteres Umsichgreifen dieser Land­verunstaltung zu verhindern.

Eßlingen, 12. März. (Schwäbischer Ab- stinententag.) Gestern mittag eröffnet? der Vor­sitzende des Schwäb. Gauverbands gegen den Alkoholismus, Herr Un i v e r st t ä t s p r o f e ff o r D r. von Froriep den zahlreicher als je besuchten Gautag. .Namens der Stadt begrüßte Herr Ober­bürgermeister Dr. Mühlenberger die Ver­sammlung, indem er unter anderem ausführte, daß für alle diejenigen, welche nicht im vollsten Besitz ihrer Willensstärke sind, ebenso für Kinder unbedingte Abstinenz erforderlich ist. Unter anderem war auch vom Ministerium des Innern eme Begrüßung eingelaufen. Persönlich waren Vertreter der Landesversicherungsanstalt und der Generaldirektion der Eisenbahnen erschienen. Unter der großen Anzahl von Anträgen, welche verhandelt wurden, sind folgende von allgemeinem Interesse: Eine Sterbestatistik mit besonderer Rubrik über die Wirkung des,Alkohols als Todesursache soll nach schweizerischem Muster angestrebt werden. Ferner sind Trinkerfürsorgestellen in den Oberämtern ins Leben zu rufen, wo Abstinenzorganisationen sich befinden. Die über 200 Bände starke Leih­bücherei des Gauverbands (ausschließlich Werke über die Alkoholfrage) soll auch weiteren Kreisen zugänglich gemacht werden. Der Geschäftsführer des Gauverbands Herr Real lehr er Schoellin Reutlingen, hatte im letzten Jahre über 4900 Post­ausgänge zu bewältigen- Aus seinem Bericht geht hervor, daß in Württemberg 3000 organisierte Abstinenten gewählt werden. Es wurden 40 000 Konfirmandenflugblätter verteilt; ein beträchtlicher Teil davon kam über die Grenzen Württemberg-; unter anderem 10000 nach Leipzig. Mit Genug­tuung konnte festgestellt werden, daß die Presse mehr und mehr mit der Enthaltsamkeitsbewegung rechnet. Die Wanderausstellung war in einer Reihe von württembergischen, badischen und bayrischen Städten. Dieses wichtige Mittel zur Aufklärung weitester Volkskreise wurde überall mit regem Interesse besichtigt. Ein Teil des Ausstellungs­materials wird noch in diesem Jahr in die Hygiene- Ausstellungen in Dresden und Rom wandern, sowie beim Weltlogentag in Hamburg und dem inter­nationalen Antialkoholkongreß im Haag vertreten sein. Abends hielt Herr Lehrer Leuthold aus Wädenswil (Schweiz) einen zahlreich besuchten Vortrag über die Frage: Wie können sich die landwirtschaftlichen Betriebe den Einflüssen der Abstinenzbewegung anpassen?" Der Redner, dessen Schrift über obiges Thema vom schweizerischen landwirtschaftlichen Verein eben preisgekrönt wurde, führte aus, daß diese Anpassung möglich und zum Teil an der Schweiz schon praktisch verwirklicht ist, und zwar durch Einmachen von Gemüse und Obst, durch Dörren des letzteren, durch Herstellung von alkoholfreien Mostsäften, durch Steigerung des Milchverbrauchs u.a. Von den Fruchtsäften waren verschiedene Sorten zum Probieren aufge­stellt, die auch bei Nichtabstinenten Beifall fanden. Herr Kaufmann Schwarzenbach, Vertreter der alkoholfreie Weine" in Meilen am Züricher See führte in wohlgelungenen Lichtbildern die Meilener Fabrik vor, in deren Keller jährlich über 500 000 Flaschen Raum haben. Den Beschluß des Gautags bildete ein Festabend, an dem Herr Universitätsprofessor Dr. Wurster aus Tübingen die Festrede hielt. Er stellte, unter Zurückweisung der kleinlichen Einwendungen der Alkoholsreunde gegen die Abstinenzbewegung von der Hochzeit zu Kana, aus den wenigen den Alkoholgenuß empfehlenden Bibelstellen als Funda­mentsatz auf:Wir alle, die wir die Trinksitten

mitmachen, tragen die furchtbare Schuld für das Elend, das diese anrichten. Es ist darum Pflicht für alle, besonders aber Pflicht des Christen, der im Geist Christi sein Leben führen will, an der Beseitigung dieses Schadens mitzuarbeiten. Das kann nur durch völlige Enthaltsamkeit geschehen, die demnach nicht nur für Alkoholkranke und -ge­fährdete die einzige Möglichkeit zur Genesung, sondern für jeden sozial empfindenden Menschen und Christen Plicht ist. Der Bortrag wurde mit großem Beifall ausgenommen. Es folgten dann Klaviervorträge des Klaviervirtuosen Herrn Dr. Alfred Reiff, Ge­sangsvorträge der Fräulein Elise und Pauline Kiesel aus Stuttgart und der Vortrag von eigenen Dialektdichtungendes bekannten schwäbischen Dichters Aug. Reiff, die er teilweise durch höchst gelungene selbst angefertigte Lichtbilder illustrierte.

Freuden st ad t, 16. März. Auf dem Kniebis und dem Ruhrstein mußte gestern der Bahnschlitten nach allen Seiten geschleift werden. Der Neuschnee liegt mindestens 20 ein hoch, während der alte Schnee immerhin noch 5060 em Höhe aufweist.

Altensteig, 16. März. Der im Konkurs be­findliche Fabrikant Fritz Schmitz, Inhaber der Schwarzwälder Treibriemenfabrik, hat dieser Tage beim Amtsgericht in Nagold den Offenbarungseid geleistet. Sein Haushalt gelangte gestern hier unter starker Teilnahme von nah und fern zur öffentlichen Versteigerung. Der Konkurs, der immer noch großes Aufsehen erregt, umfaßt nahezu Million Mark.

Ledige Männer in Oberndorf a. Neckar hatten die Absicht, sich zu einem Junggesellenverein zusammenzuschließen und sich niemals zu verheiraten. Eine diesbezügliche öffentliche Aufforderung zur Gründung eines solchen Vereins mittels Inserat fand nun seitens der Jungfrauen bereits eine Er­widerung auf gleichem Wege dahingehend, daß sich betr. Männer nur deshalb nicht in den Stand der Ehe begeben wollen, weil sie überhaupt keine Meister bekommen würden. Dementgegen sandten einige Jungfrauen folgendes Schreiben durch die Post an die Junggesellen:Oberndorf, den 11. 3. 1911, Werte Junggesellen I Wir erlauben uns, einige Zeilen an Euch zu richten. Da wir von ge­wisser Seite aus erfahren haben, daß Ihr einen Verein gründen wollt, und zwar mit dem Bestreben, ledig zu bleiben, haben wir eine Bitte an Euch. Bevor Ihr den Verein gründet, überlegt euch doch die Sache und denkt an uns arme Mädchen; wir können doch nicht alle ledig bleiben und möchten Euch bitten diesen Verein beiseite zu lassen. Wir werden uns alle Mühe geben. Euch tüchtige Frauen zu geben. Mehrere Jungfrauen I"

Crailsheim, 15. März. Die Kreisregierung hat die Wahl des Sekretärs Fröhlich in Stuttgart zum hiesigen Stadtschultheißen wegen ungesetzlicher Beeinflussung für ungültig erklärt.

Heilbronn, 16. März. (Lotterieziehung.) Bei der gestrigen Ziehung der Pferdemarktlotterie wurden u. a. folgende Gewinnnummern gezogen; 29 419 (1000 Mk.), 1505 (500 Mk.), 8154 (300 Mark), 27812 (200 Mk.), 8979 (200 Mk.), 1922 (100 Mk.), 17 708 (100 Mk.), 8609 (1 Pferd und 1 Wagen), 2420 (I Pferd), 22 347 (1 Pferd), 18 250 (1 Pferd), 218 (1 Pferd), 3848 (1 Pferd). (Ohne Gewähr.)

Heilbronn, 13. März. Ein bemerkenswerter Konflikt ist zwischen einer staatlichen Behörde und der hiesigen Fleischerinnung ausgebrochen. Die Fleischerinnung, der sämtliche Metzger hier ange­hören, hat vor einiger Zeit den Beschluß gefaßt und ihre Mitglieder vertraglich darauf festgelegt, in Zukunft für staatliche und städtische Lieferungen keine Einzelangebote mehr einzureichen, sondern die Abgabe von Angeboten der Innung zu überlassen, die ihrerseits die Lieferungen im Turnus an ihre Mitglieder verteilt und die Verantwortung für eine ordnungsgemäße reelle Lieferung übernimmt. So