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sblatt Anzeiger

Amtsblatt

für die Stadt Wiwvad.

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Hiezu: Illustriertes Sonntagsblakt und während der Saison: Amtliche Fremdenlistq.

Nr. 32

Donnerstag, den 16. März 1911

47. Jahrgang.

kulitkcvali.

Stuttgart, 14. März. Die ersten Stücke der aus Anlaß der silbernen Hochzeit des Königs­paares von der Stuttgarter Metallwarenfabrik Wilhelin Mayer und Franz Wilhelm geprägten Medaille und Plakette (beide in Silber und Bronce) sind nunmehr erschienen. Die wirklich meisterhaft gearbeiteten Stücke zeigen die trefflich gelungenen Bildnisse unseres Königspaars. Da Württemberg zweifellos aus Anlaß dieser Landesfeier mit einer Unmenge minderwertiger und schlecht gearbeiteter Erinnerungsmedaillen überschwemmt werden wird, so ist allen Kreisen, die die Absicht haben, wirk­lich gediegen und geschmackvoll ausgeführte Erinne­rungsstücke an die silberne Hochzeit unseres Königs­paars zu Geschenkzwecken zu erwerben, dringend zu empfehlen, hiezu die ganz hervorragenden Stücke der rühmlich bekannten Stuttgarter Metallwaren­fabrik Mayer und Wilhelm zu verwenden. Die Nachfrage nach diesen Stücken ist übrigens sowie­so sehr groß, da die besonders bei Münzsammlern als vorzüglich bekannten Arbeiten der Stuttgarter Metallwarenfabrik stets sehr begehrt sind.

Stuttgart, 14. März. Am letzten Monats- abend hielt OberreallehrerKröner imW.Schwarz­waldverein einen Lichtbildervortrag über eine Egyptenreise. An der Hand von sehr zahlreichen, selbstaufgenommenen prächtigen Lichtbildern führte der Redner die Zuhörer von seinem Endziel Assuan

Viertelstunde vom -Ort entfernt, inmitten eines prächtigen Tannenwaldes; schon wegen der herr­lichen Lage ist der^Besuch sehr zu empfehlen. Ge­öffnet ist W.C. Freitags und Sonntags; es em­pfiehlt sich aber schon eine Munde vor Oeffnung dort zu sein, da der Andrang sehr-groß ist. Es sind 60 Sitzplätze vorhanden. Sonntags ist der Besuch besonders zu empfehlen, da dann die Sache mit Orgelbegleitung vor sich geht; überdies ist für besonders eilige Besucher an den Sonntagen ein Omnibusverkehr eingerichtet. Ihr ganz ergebener Friedrich Müller, Dorfschulze."

Die Kurpfuscher-Kommission des Reichs­tags hat am Mittwoch über die Bestimmung des Regierungsvorlage verhandelt, die den gewerbs­mäßigen nicht approbierten Krankheitsbehandlern die Behandlung mittels mystischer Verfahren ver­bietet. Ein konservatives Mitglied hält eine Unter­scheidung für erforderlich zwischen absolutem Unfug und dem, was nicht einwandsfrei ist. DasBe­sprechen" helfe bei Menschen und Vieh, wie er aus dreißigjähriger Erfahrung wisse. So wenig er hier an eine göttliche Gebetserhörung glaube so sei es doch ein Heilmittel, das nach Hamlets Wort beurteilt werden müsse: Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, von denen Eure Schul­weisheit sich nichts träumen läßt! Soll man das nun verbieten? Das wäre ein bedenklicher Ein griff in das Privatleben. Unzählige Heilungen solcher Art seien im Tierreich zu verzeichnen. Beim

mit der Insel Philä und dem letzten Nilkatarakt Besprechen sei eine Rückwirkung auf das Nerven

über Luxor, Karnak und das alte Theben nach Kairo und den Riesenbauwerken von Gizeh und nach Alexandrien. Auch die wichtigsten Sehens­würdigkeiten und Altertümer von Sizilien, sowie vom ewigen Rom ließ er am Auge der Zuhörer vorüberziehen. Dann führte er sie über Pisa und Mailand in die Heimat zurück. Hr. Röhm sprach den Dank der Versammlung aus, die dem Vor­tragenden lebhaften Beifall zollte.

Stuttgart, 14. März. Eine Versammlung der Arbeiterschaft der Firma Robert Bosch hat zu dem Vorschlag der Firma, den Betrieb auf 14 Tage im Sommer zu schließen, um einen Ausgleich des Rückgangs der Aufträge herbeizuführen, Stellung genommen und sich mit dem Vorschlag einverstanden erklärt. Die Versammlung bedauerte aber, daß die Firma in der Entschädigungsfrage einen ablehnen­den Standpunkt eingenommen habe und sprach die Erwartung aus, daß die 'Firma dem Verlangen der Arbeiter entgegenkomme und ihnen eine Ent­schädigung für die 14 Tage gewähre.

Ulm, 13. März. Eine Versammlung der Nationalliberalen Partei hat, wie angekündigt, ge­stern den Handelskammersekretär Dr. Kehm als Reichstagskandidaten aufgestellt. Dr. Kehm hat die Wahl angenommen.

Freudenstadt, 14. März. Durch einen Zufall erhält derGrenz." Kenntnis von einem recht amüsanten Briefwechsel. Frau H. Beabsichtigt eine Sommerfrische im bad. Schwarzwald zuzu­bringen, mistet dort ein Zimmer nach ihrem Ge­schmack und reist befriedigt wieder heim. Zu Hause angekommen fällt ihr ein, daß sie sich nicht über­zeugt habe, ob bei dem Zimmer auch ein Wasser- Closett ist. Sie schreibt an den diesbezüglichen Ortsschulzen und bittet um Bescheid, deutet aber zarter Weise in dem Schreiben das Wort!Wasser- Closett" nur mit W. C. an. Der Schulze zerbricht sich vergeblich den Kopf darüber, was mit den Buchstaben W. C. gemeint sei und geht daher zum Pfarrer, um ihn darüber um Aufklärung zu bitten. Nach Hin- und Herdenken erklärt der Herr Pfarrer, daß mit W. C. die kürzlich eingeweihte Wald-Capelle gemeint sein müsse und so antwortet der Schulze der Dame in folgender Weise:Sehr

system des Ausübenden vorhanden. Das seien eben geheimnisvolle Dinge. Er habe es mit an­gesehen, wie Männer, die die Besprechung an Tieren vollzogen, sich dabei erbrachen. Es bestehe eine geheimnisvolle Beziehung zwischen dem Besprechen­den und dem Besprochenen. Mnn könne das nicht verbieten, das sei ein Eingriff gewissermaßen in heilige Dinge. Es gebe Geheimnisse, die der Wissenschaft bis jetzt nicht zugängig seien. Der BegriffKraft" stehe noch nicht fest. Der Redner erklärt, daß er mit seinen Freunden die Aufnahme des Wortesmystisch" in das Kurpfuschergesetz ablehne. Von sozialdemokratischer Seite wurde folgende Bestimmung beantragt:Die entgeltliche Behandlung mittels mystischer Verfahren (Gesund­beten, Besprechen, Sympathie, Magnetismus, Spiritismus oder eines ähnlichen Verfahrens, das auf der Behauptung beruht, dem Behandelnden wohne eine wunderbare Kraft bei) ist verboten." Einer der Antragsteller begründet den Antrag. Ein Vertreter des Zentrums führt aus, daß der Antrag der Sozialdemokraten seinen Zweck nicht erreiche. Wenn jemand so dumm sei, daß er sein gebrochenes Bein vom Besprechen heilen lassen wolle, so könne man ihm nicht helfen. Die Grenze zwischen Glaube und Aberglaube sei so schwer zu ziehen, daß es zu gefährlich sei, hier definieren zu wollen. Selbst in den kirchlichen Wallfahrtsorten trage sich manches zu, was auf dieser Grenzlinie liege, und es wäre ein Eingriff in die konfessionelle Freiheit, wenn man hier definieren wolle. Bis jetzt sei der Aberglauben noch nicht unter Strafe gestellt, und das dürfte auch in Zukunft nicht ge­schehen. Ein Regierungsvertreter führt aus: Der Aberglaube im Volke sei so groß, daß die Gesetz­gebung eingreifen muß, bis genügende Aufklärung verbreitet sei. Im Jahre 1869 habe man. eine Bevormundung nicht mehr für nötig gehalten und deshalb die Kurpfuscherei freigegeben. Aber seit­dem habe diese ungeheure Fortschritte gemacht, und nun müsse die Gesetzgebung eingreifen, um Aus­beutung und Gesundheitsschädigung zu verhindern. Alle mystischen Verfahren richten Schaden an. Der Regierungskommissar trägt ein reichhaltiges Material vor aus 149 festgestellten Fällen. Krebs­

geehrte Frau H.I W. C. ist vorhanden, liegt eine kranke wurden mit Magnetismus und Spiritismus

behandelt gegen Honorare von zum Teil mehr als 3000 M. Leberkrebs und Rückenmarksdarre werden durch Handauflegen behandelt. Wenn Aerzte ein mystisches Verfahren z. B. gegen die Rose oder Warze empfohlen hätten, so sei das nicht zu'billigen. Der Regierungsoertreter führte u. a. einen Fall an, wonach eine hochgestellte Persönlichkeit Kotpulver eines noch jungfräulichen Ziegenbocks, der besonders ernährt werden müsse, gegen Epilepsie empfohlen habe. Mn Mitglied der Wirtschaftlichen Vereinigung erklärt sich wie der konservative Redner gegen das Verbot des mystischen Verfahrens. Pfarrer Blumhardt habe durch Gesundbeten viel erreicht. Sogar ein jüdischer Arzt habe erklärt, das Ver­fahren könne wirken. Die Grenze zwischen Glauben und Aberglauben, Gutgläubigkeit und Schwindel sei nicht zu finden. Ein Vertreter der Wirtschaft­lichen Vereinigung erklärt, seine eigene Tochter sei durch Behandlung eines Kurpfuschers aus Essen geheilt worden, nachdem sie vergeblich von Aerzten behandelt worden sei. Er lehnt die Vorlage ab. Die Schlußabstimmung ergibt die Ablehnung des Verbots des Magnetismus. Dagegen wird das der gewerbsmäßigen Behandlung mittels Gesund­beten, Besprechen, Sympathie, Spiritismus und ähnlicher Verfahren" angenommen.

Eine 37stündige Sckachpartie. Die Wiener Schachkreise hatten dieser Tage ein Er­eignis zu verzeichnen, das auch in der internationalen Schachwelt Aufsehen erregen dürfte. Zwei Meister des Spiels, die HH. Graf Orsini und Tannenbaum, beide als Dauerspielcr bekannt, trugen eine Schach­partie aus, die nicht weniger als 37 Stunden in ununterbrochener Folge dauerte. Am Samstag setzten sich die beiden Herren nachmittags zu einer Partie nieder, die erst Montag 4 Uhr morgens also nach 37 Stunden, zu Ende ging. Eine Unter­brechung des Spiels fand nur am Sonntag abend um 7 Uhr für eine kurze Stunde statt. Der Spiel­eifer der beiden Herren war so groß, daß er selbst den Hunger zum Schweigen brachte: Einige Schalen Kaffe waren alles, was sie während der 37 Stunden zu sich nahmen. Je länger das Spiel dauerte, um so größerwar die Aufregung unter denKibitzen", während die Spieler eiserne Ruhe bewahrten. Jeder Zug erregte eine lebhafte Debatte, jeder Partner hatte seine Partei, die auf seinen Sieg schwor. Und ein Sturm von Applaus ging durch den Raum, als schließlich um 4 Uhr morgens Herr Tannenbaum seinen Gegner matt setzte. Eine Spur von Ermüdung war bei keinem von beiden zu sehen. Insgesamt hatten sie schätzungsweise 1000 bis 1500 Züge während der »7 Stunden gemacht.

Die Möglichkeit oder sogar die Wahrschein­lichkeit einer bewaffneten Intervention der Union in den mexikanischen Revolutionskämpfen ist mit einem Male in bedrohliche Nähe gerückt. Die Unionsregierung hat plötzlich 25 000 Mann Truppen, das sind ungefähr ein Drittel des gesamten stehenden Heeres der Republik des Sternenbanners, mobilisiert und sie nach Texas, also in die Nähe derfinexikanischen Grenze, dirigiert. Ferner sind mehrere amerikani­sche Kriegsschiffe nach den Küsten Mexikos abge­gangen. Diese auffälligen militärischen Maßnahmen der Union werden allgemein mit einer geplanten Intervention in Mexiko in Verbindung gebracht, da England in Washington die diplomtische An­deutung, gemacht haben soll, es werde vielleicht zum Schutze der englischen Untertanen in Mexiko bei den dortigen revolutionären Wirren einschreiten müssen, falls Amerika nicht in der Lage sein sollte, die Ausländer in diesem Lande zu schützen. Wenn nun in der Tat amerikanische Truppen die mexikani­sche Grenze überschreiten würden, so wäre hiermit natürlich der Kriegsfall zwischen der Union und Mexiko gegeben. Freilich würden hierbei die Chancen für Mexiko sehr ungünstig fftehen, denn es hätte