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Nr. 132
Donnerstag den 12 . November 1908-
j 44. Jahrgang
Wunöschau.
— Eine Auskunstsstelle für gewerblichen Rechtsschutz ist auf Veranlassung der Zentralstelle für.Handel und Gewerbe errichtet und dieser angegliedert worden. Sie hat den Zweck, die Mißstände im gewerblichen Rechtsschutzwesen, die im Jahre 1900 den Hauptanlaß zur Erlassung des Gesetzes betreffend die Patentanwälte gaben, durch unentgeltliche 'Auskunftserteilung an solche Leute, die im gesetzlichen Rechtsschutzwesen unerfahren sind, tunlichst zu heben. Es handelt sich hauptsächlich darum, ärmere Erfinder vor gewissenloser Ausbeutung und Vermögensschädigung zu bewahren. Die Auskunstsstelle ist jeden Mittwoch nachmittag für mündliche Anfragen geöffnet. Schriftliche Anstagen sind an die „Auskunftsstelle für gewerblichen Rechtsschutz bei der Zentralstelle für Handel und Gewerbe in Stuttgart" zu richten. — (Unserer K. Zentralstelle gebührt Anerkennung dafür, daß sie als erste deutsche Behörde ihr Augenmerk auf die ungesunden Zustände im gewerblichen Rechtsschutzwesen gerichtet und wirksame Mittel zur Abhilfe ergriffen hat. Die Inanspruchnahme der Auskunftsstelle ist eine rege, ein Zeichen, daß mit der Einrichtung derselben einem dringenden Bedürfnis Rechnung getragen worden ist.)
— Unser bekanntester und bedeutendster württembergischer Mineralbrunnen im Schwarzwald, die Teinächer Hirschquelle, welche in Millionen von Flaschen jährlich in alle Welt hinausgehl, wird bekanntlich auch in doppelkohlensaurer Füllung unter dem Namen „Tei- nacher Sprudel" als Tafelgetränk versandt. Dieser Sprudel wird zu Ehren und mit ausdrücklicher Genehmigung Sr. Exzellenz des Herrn Grafen v. Zeppelin fortan „Zeppelin- Sprudel" aus dem Schwarzwaldbad Tei- nach heißen. Dadurch ist dem Grafen Zeppelin, solange Mutter Erde ihren wohltätigen Quell spendet, ein bleibend Denkmal errichtet und nach Jahrhunderten vielleicht noch werden unsere Nachkommen beim Genuß des erfrischenden Trunkes von dem genialen Manne reden, dessen Lebenswerk eine epochemachende Erfindung krönte.
Friedrichshafen, 10. Okt. Kurz vor 1 Uhr traf der Kaiser mit Sonderzug hier ein. Mit dem Kaiser war die gesamte Fürstenbergsche Familie und Hofhaltung nebst allen Jagdgästen erschienen, der Fürst, die Fürstin, der Erbprinz, 2 weitere Prinzen, 2 Prinzessinnen, insgesamt wohl 40 Personen. Zuerst wurden die Werft- anlagen und Werkstätten besichtigt, die voll im Betrieb vorgeführt wurden. Mit größtem Interesse besichtigte der Monarch alle Einzelheiten, eine im Bau befindliche Aluminiumhülle, Aluminiumgerüstteile usw. Von der alten Halle aus fuhr man dann im Zeppelin'schen Motorboot hinaus nach der schwimmenden Halle. Am Mast der Motorbootbarkasse „Württemberg", die den Kaiser an Bord nahm, stieg sofort die Kaiserstandarte empor. Als man in der schwimmenden Halle ankam, war der Ballon bereits klar zur Abfahrt. Die vordere Gondel nahm außer dem Grafen Zeppelin und Oberingenieur Dürr zunächst den Fürsten von Fürstenberg und den Chef des kaiserlichen Marinekabinetts,
Admiral v. Müller, auf. In der Hinteren Gondel nahm der Flügeladjutant v. Senden Platz. Der Kaiser fuhr nicht mit. Pünktlich um Uhr ertönte das Kommando: Luftschiff voraus, und kurze Zeit darauf schwebte 2 I bereits in den Lüsten, gefolgt von den Hochrufen einer vieltausendköpfigen Menge, die die Ufer und unzählige Wasserfahrzeuge besetzt hielt. Für den Kaiser und die übrigen Gäste hatte Graf Zeppelin den Dampfer „Königin Charlotte" gechartert, auf dem auch Ihr Berichterstatter die unvergeßliche Fahrt mitmachen dürste. In freudiger Ergriffenheit verfolgte der Kaiser, der sich meist mit der Komtesse Hela Zeppelin und Geh.Rat Prof. Hergesell unterhielt, die interessanten Flugmanöver vom Oberdeck der „Königin Charlotte" aus. Die Paradevorführungen vor dem Kaiser, die das Luftschiff wieder in seiner ganzen herrlichen Leistungsfähigkeit zeigten, dauerten etwa ff« Stunden. Sie wurden einmal unterbrochen durch die Zwischenlandung auf dem Wasser, die den Zweck hatte, Passagiere auszuwechseln. An Stelle des Fürsten von Fürstenberg und des Admirals v. Müller bestieg die Fürstin von Fürstenöerg und Major Groß die vordere Gondel. Erhebende Augenblicke waren es, wenn der herrliche Luftriese über dem Kaiserschiff hinfuhr und ein fröhliches Mützenschwenken das Schiff herüber und hinüber ging oder wenn die andern Schiffe dicht am Kaiserschiff vorüberfuhren, und den Kaiser mit brausenden Hochrufen begrüßten, die von dem Monarchen aufs freundlichste erwidert wurden. Es herrschte eine unbeschreibliche Begeisterung. Um 3 Uhr kehrte das Luftschiff nach einer glänzenden Landung wieder in seine Halle zurück. Nachdem Graf Zeppelin die Gondel verlassen hatte, trat der Kaiser auf ihn zu, um ihn mit herzlichen Worten zu begrüßen. Und nun erfolgte die große (Überraschung: Nach einer Ansprache, in der der Kaiser den Grafen Zeppelin als den Stolz des Vaterlandes bezeichnete, hängte der Monarch ihm eigenhändig das Band des Schwarzen Adlerordens um und brachte ein von allen Anwesenden mit Begeisterung aufgenommenes Hoch auf den neuesten Ritter des allerhöchsten preußischen Ordens aus. Es war ein Augenblick von höchster Weihe, als der Kaiser den mit dem gelben Bande des Ordens geschmückten alten Herrn voller Herzlichkeit auf beide Wangen küßte, während der Fürst von Fürstenberg ein donnerndes Hoch auf den Kaiser ausbrachte. Alle Umstehenden waren tief ergriffen und in manchen Augen glänzten Tränen. Bald daraus verließ der Kaiser die Werstanlagen unter den nicht enden wollenden Jubelrufen des versammelten Volks, um den Rückweg nach der Haltestelle anzutreten. Kurz vor 4 Uhr erfolgte die Abreise des Kaisers. Dem Grafen standen bei der Verleihung des Schwarzen Adlerordens die Hellen Tränen in den Augen, als er, fast wortlos vor Ergriffenheit, dem Kaiser seinen Dank ausdrückte. Auch der Fürst von Fürstenberg umarmte und küßte den Grafen wiederholt. Die Verabschiedung des Kaisers vom Grafen war überaus herzlich. Die Abfahrt des Kaisers erfolgte wieder direkt von der Haltestelle bei Manzell aus. Ehe der Kaiser die schwimmende Halle verließ, wurde
eine photographische Gruppenaufnahme gemacht. (Schw. M.)
Mannheim, 9. Nov. Berechtigtes Aufsehen erregt hier eine Betrugsaffaire, in die ein Obertelegraphenassistent als Haupttäter verwickelt ist. Der Beamte, der als Militäranwärter nach 12jähriger Dienstzeit in den"Post- dienst übertrat und bereits in dieser Eigenschaft 13 Dienstjahre hinter sich hat, ließ sich aus Spielerleidenschaft zu schweren Urkundenfälschungen im Amt verleiten. Einem Züricher Wettbureau fiel es auf, daß ein Mannheimer Wettkonsortium mit unfehlbarer Sicherheit gewann, wenn in Paris ein Rennen stattfand. Das Bureau, das stets sehr hohe Gewinne an die glücklichen Mannheimer Spieler auszahlen mußte, stellte Nachforschungen an uud hierbei stellte es sich heraus, daß die Züricher Firma seit zwei Jahren in ganz raffinierter Weise betrogen worden war. Der Postbeamte, der mit dem ehemaligen Inhaber eines hiesigen Wettbureaus unter einer Decke steckte, hatte die Abgangszeit der Wertbriefe, die das Geld für die Rennwetten enthielten, so korrigiert, daß die Züricher Firma glauben mußte, die Aufgabe sei vorschriftsmäßig eine Stunde vor Beginn des Rennens erfolgt. Gleichzeitig ging ein Telegramm nach Zürich ab, in dem das jPfsrd auf das man wettete, namhaft gemacht wurde. Den Namen des Siegers hatte man durch einen Pariser Mittelsmann erfahren. Der Postbeamte wurde sofort in Haft genommen, ebenso der ehemalige Wettbureauinhaber. Am Samstag kam ein angesehener Metzgermeister hinzu, so daß also jetzt drei Personen in Untersuchungshaft sitzen. Weitere Verhaftungen sind nicht ausgeschlossen.
Freiburg, 7. Nov. Heute erschien bei einer älteren Dame in der Herrenstraße ein Fremder, anscheinend aber mit den Verhältnissen Vertrauter, gab sich als Steuer!mu- miffär aus und erklärte, er habe Aust: g, die Wertpapiere der Dame mit Beschlag zu belegen, weil sie ihr Vermögen nicht hinreichend versteuere. Die alte Dame glaubte dem Schwindler und gab Wertpapiere im Nennwert von rund 25 000 Mark heraus, für die der Pseudosteuerkommissär eine Quittung mit falschem Namen ausstellte, worauf er mit der Beute verschwand. Das Fräulein erzählte den Vorfall nachher, worauf Anzeige erstattet wurde. Der Täter ist noch nicht bekannt.
— In Straßburg kam jüngst der merkwürdige Fall vor, daß eine Dame, und zwar den höheren Ständen angehörig, sich durch allzureichlichen Genuß von Pralines einen Rausch zuzog. Die süßen Dinger waren nämlich mit Likör gefüllt. Der Arzt wurde herbeigerufen und stellte die tragikomische Ursache jder Erkrankung fest. Nachweislich enthielten 15 Stück Konfekt (etwa 100 Gramm schwer) einen Eßlöffel Trinkbranntwein. Und der Kostenpunkt? Nur 25 deutsche Reichspfennige. Man kann es deshalb nur billigen, wenn das preußische Kultusministerium auf diese Alkoholgesahr, namentlich auch für Kinder, die Regierungspräsidenten ausdrücklich aufmerksam machte in einem Erlaß.
— Aus Straß bürg berichtet die Frkf. Ztg.: Das Pariser „Petit Journal" veröffent-