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Amtsblatt
für die Stadt Wil'übad.
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Nr. 130
Samstag den 7. November 1908-
44- Jahrgang
WurröftHarr.
Stuttgart, 4. Nov. Unter der Firma „Schwäbische Tagwacht" ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung in das Handelsregister beim Kgl. Amtsgericht Stuttgart-Stadt eingetragen worden. Bisher wurde die „Schwäbische Tagwacht" von dem Reichstagsabgeordneten Paul Singer herausgegeben. Das Stammkapital der neuen Gesellschaft beträgt 25 000 Mk. Zum Geschäftsführer derselben ist bestellt der Kaufmann Rudolf Behr hier und zu dessen Stellvertretern Fabrikant Karl Sperka und der Kaufmann Karl Hildenbrand hier.
— Eine Versammlung von württ Wasserwerkbesitzern fand am Dienstag den 3. November auf Veranlassung verschiedener Mitglieder des Württ. Jndustrieverbandes im Hotel Post iu Ehingen statt. Die Verhandlungen erstreckten sich in eingehender Weise zunächst auf die schweren Schädigungen, die eine namhafte Zahl von Wasserwerksbesitzern an der Eyach und Schmiecha durch Fassung zahlreicher Quellen und Wasserläufe für die Zwecke der Ba- linger Wasserleitung erlitten haben. Eine Reihe von Prozessen, die von Seiten der Interessenten geführt werden, sind zum Nachteil der Geschädigten ausgefallen und es ergiebt sich die Frage ab nicht durch eine Aenderung der Gesetzgebung den auf solche Weise schwer geschädigten Wasserwerksbesitzern eine entsprechende Entschädigung verschafft werden könnte. Die Versammlung war einstimmig der Meinung, daß dazu ein Zusammengehen aller Wasserwerksbesitzer im Lande, die alle einmal in die gleiche Situation kommen köunen, geboten erscheint und beauftragte den Vorsitzenden mit der Sammlung des nötigen Materials. Ein Rundschreiben in diesem Sinne wird demnächst an sämtliche Interessenten im Lande versandt werden.
Neuenbürg, 3. Nov. Das seit Jahren geplante neue Postgebäude an der Bahnhofstraße ist nunmehr in Angriff genommen worden. Die Arbeiten sollen so gefördert werden, daß seine Vollendung und Inbetriebnahme schon im Frühjahr zu erwarten steht. — Die längst geplante Ersetzung der eisernen Enzbrücke unterhalb Neuenbürgs durch eine neue, tragfähigere Brücke ist ebenfalls in Angriff genommen. Die alte Brücke ist bereits abgetragen und wird nach Unterreichenbach versetzt. Bis zur Fertigstellung der neuen Brücke muß der Verkehr über eine Notbrücke geleitet werden. Ob diese einem starken Eisgang zü widerstehen vermag, erscheint zweifelhaft. Der derzeitige niedere Wasserstand ist den Fundamentierungsarbeiten förderlich.
Friedrichshafen, 4. Nov. Für Ende dieser Woche wird Herzog Ulrich von Württemberg hier erwartet. Vor seinem Eintreffen finden keine Probefahrten mit 2 I statt. Inzwischen ist man auf der Lustschiffwerft Manzell nicht müßig. Die Arbeiten an 2 III gehen immer weiter. — Am 6. November wird Professor Hergesell wieder hier eintreffen. Seine Ankunft wird mit dem Kaiserbesuch in Verbindung gebracht, der natürlich mancherlei Vorbereitungen erfordert. Der schon längst angemeldete Besuch des deutschen Kronprinzen ist nun auch für die nächste Zeit zu erwarten.
Und zwar wird der Kronprinz auf der Hinreise nach Hofreben hier Halt machen und an einer Fahrt im 2 I teilnehmen.
Friedrichshafen, 6. Nov. Der deutsche Kronprinz kommt morgen Samstag früh 5 Uhr 28 Min. über Lindau hierher. Er steigt im Deutschen Haus ab, wo für ihn 4 bis 5 Zimmer durch den Grafen Zeppelin reserviert worden sind. Bei günstigem Wetter wird er mit dem Grafen noch vormittags einen Aufstieg unternehmen, um seinem Vater entgegenzufahren und den kaiserlichen Zug bis Donaueschingen zu begleiten. Die Möglichkeit ist vorhanden, daß der Kaiser wünscht, daß ihm das Luftschiff nochmals vorgeführt wird. Zu diesem Zwecke wäre eineNeufüllung des Ballons notwendig, die dann wohl am Sonntag vorgenomwen würde.
Plauen, 3. Novbr. In der Gegend von Brambach, Untersachsenberg, Adorf und Falkenstein haben sich heute, wie der Vogtländische Anzeiger meldet, wieder heftige Erderschütterungen ereignet. In Brambach wurden von II Uhr vorm, bis 2'/, Uhr nachm, etwa 60 Erdbebenstöße, die von fast ununterbrochenem, donnerähnlichem Rollen begleitet waren, gezählt. In Falkenstein waren zwei Stöße so stark, daß viele Gegenstände sich bewegten, Türen zuschlugen, Fenster klirrten und eine Kirchhofmauer einstürzte.
— Eine Berl.Korrespondenz schreibt: „Esist unwahr, daß der Kaiser einen Feldzugsplan gegen die Buren ausgearbeitet oder auch nur entworfen hat; wahr ist nur, daß der preußische Generalstab sich während des Burenkriegs, wie dies während jedes auswärtigen Kriegs geschieht im sog. Kriegsspiel mit den Chancen der beiden kriegführenden Mächte auf das eingehendste beschäftigte und in der Zeit, in welcher die Engländer am schwersten bedrängt waren, zu Studienzwecken einen Feldzugsplan ausarbeitete, wie denn im vorliegenden Falle den Buren beizukommen wäre. Als dann Königin Viktoria Briefe über das Bedrängnis ihres Volks nach Berlin schrieb, wurde ihr, man weiß nicht recht von wem, eine Mitteilung von dem so entstandenen „Feldzugsplan" fies preußischen Generalstabs gemacht. In ähnlicher Weise stellen sich in der Veröffentlichung des „Daily Telegraph" sämtliche über den Kaiser gemachten Angaben als grobe Entstellungen zum Zweck der Isolierung Deutschlands dar, so daß die ganze Veröffentlichung mit Rücksicht auf die Art ihrer Redaktion als planmäßige Fälschung bezeichnet werden muß."
Berlin, 5. Nov. Die Abendblätter melden: Als Gewährsmann des „Daily Telegraph" in Sachen des Kaiser-Jnterwiews ist jetzt mit Sicherheit Oberst Winston Stuart, der Besitzer des Schlosses Highcliffe, zu nennen, auf dem der Kaiser im vorigen Jahre während seines Aufenthaltes in England mehrere Wochen verweilt hat.
— Auch in der konservativen Presse bricht sich jetzt unter dem Eindruck der jüngsten Ereignisse die Erkenntnis Bahn, daß die Krone sich in der auswärtigen Politik größerer Zurückhaltung befleißigen sollte. Der Reichsbote sagt, der Zwischenfall, „wie von Gottes Hand geschickt," habe mit blitzartiger Helligkeit die falschen Wege
gezeigt, auf denen die Politik bisher gewandelt sei: „Deshalb müssen wir in aller Ehrerbietung und Treue unseren vielgeliebten und hochbegabten Kaiser bitten, daß er seine persönliche impulsive Gefühls- und Augenblickspolitik aufgibt und sich zu ruhiger Erwägung aller politischen Maßnahmen mit seinen Räten zusammeuschließt, um nichts ohne sie, sondern alles mit ihnen zu unternehmen, wie es sein Großvater Kaiser Wilhelm der Große in so erfolgreicher Weise getan hat. Nicht der persönliche Freund Englands oder irgend einer Macht soll der deutsche Kaiser sein, sondern der Freund der deutschen Nation; nichts wünscht die deutsche Nation mehr als das, und wenn Kaiser und Nation in treuer, vertrauensvoller Freundschaft verbunden sind, dann sind wir groß uud stark, und niemand wird es wagen, seine Hand gegen Deutschland zu erheben.
Ostende. Der große Juwelendiebstahl, dessen Opfer die ungarische Baronin v. Hollrigl in der Nacht vom 5. zum 6. August im Kursaal von Ostende wurde, hatte eine Entschädigungsklage gegen den Wirt zur Folge. Die Dame speiste dort, wobei sie ein Täschchen mit Juwelen im Wert von 300000 Franken neben sich liegen ließ. Ein Kellner stahl das Täschchen, wurde später erwischt und in Brügge zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt. Da aber einige kostbare Perlen, andere Wertgegenstände und Bargeld fehlten, verklagte die Dame den Wirt des Kurhauses, Pio Neri, auf Schadenersatz von 40000 Franken; denn es sei die Pflicht des Wirts, lediglich solche Angestellte um sich zu dulden, die niemals in Versuchung kämen, Schätze zu stehlen, selbst wenn ihre Eigentümer diese Kostbarkeiten uoch sorgloser behandeln, als dies Frau v. Hollriegl in der fraglichen Nacht getan habe. Das Handelsgericht von Ostende entschied dahin, daß Pio Neri der Baronin 18 648,50 Fr., die Hälfte der schließlich von der Klägerin geforderten Summe auszuzahlen habe. Die Klägerin habe es an der nötigen Vorsicht fehlen lassen und deshalb sei es nur gerecht, daß sie an der Hälfte des Schadens teilnehme.
Paris. Der gestrige Tag, brachte dem französischen Flugsystem einen großen Triumph. Henry Farman vollbrachte den ersten größeren Straßenflug, indem er von Chalons nach Reims flog. Die Distanz beträgt 25 Kilometer und wurde in zwanzig Minuten zurückgelegt, was einer Geschwindigkeit von 75 Kilometern per Stunde entspricht. Die eingehaltene Durchschnittshöhe betrug 40 Meter.
— Schnell hat sich die Heilkunde die jüngsten Fortschritte der Luftschiffahrt zunütze gemacht, und ein französisches Blatt weiß bereits von einer neuen Heilmethode zu berichten, der „Aerostatotherapie", mit der sich die Pariser Akademie der Wissenschaften demnächst zu beschäftigen haben wird. Anstatt in langen Reisen den Segen des Klimawechsels zu erproben, werden die Aerzte ihren Patienten künftig täglich soundsoviel Stunden Aufenthalt in der Lust verordnen und große Luftschiffe, von sachkundigen Medizinern begleitet, führen die Kranken in die verschiedenen Höhengrade, die ihrem Gesundheitszustand angemessen erscheinen.