Regierung durch eine Generalprobe zum Abschluß gelangt. Man hatte zu diesem Zweck ein kleines Haus' errichtet, das auf einer Betonfläche stand, und mit einem Palisatenzaun umgeben war. In den Jnnenräumen desselben legte man eine 10,5 Zentimeter starke Stahlgranate mit Ois Kilogramm neuem Sprengstoff. Bei der Zündung wurde das Haus in einen vollständigen Trümmerhaufen verwandelt. Der neue Sprengstoff ist dreimal billiger als alle bisherigen.
— Die,^Sammlungen für die Abgebrannten in Donaueschingen haben rund I Million Mark ergeben. Die Ursache des Brandunglücks wurde nunmehr in der Explosion des Spirituslagers eines Kaufmanns festgestellt.
— Die feierliche Aufstellung der Bismarckbüste in der Walhalla bei Regensburg ist auf den 18. Oktober, den Gedenktag der Leipziger Völkerschlacht, festgesetzt. Der bayerische Ministerpräsident, Frhr. v. Podewils, ist mit der Vertretung des Prinzregenten Luitpold bei dieser Bismarckseier beauftragt worden; auch das Erscheinen des^Reichskanzlers Fürsten Bülow steht zu erwarten.
Frankfurt a. M., 2. Okt. Der Gesamtbetrag der Zeppelin-Spende nähert sich der 6. Million. In Ansicht dieses gewaltigen Ergebnisses wird von zuständiger Stelle bald der offizielle Schluß verkündet werden. Noch immer laufen Beitrüge aus dem In- und Auslande ein, auch aus überseeischen Ländern mit Mitteilungen, die bezeugen, daß der Enthusiasmus fortdauere.
— Durch eine Kabinettsordre des Kaisers ist die Einführung einer Selbstladepistole an Stelle des bisher in der Armee geführten Revolvers 79 und 83 befohlen worden. Die Ausstattung der Truppen mit der neuen Faust- seuerwaffe, welche die Bezeichnung „Selbstladepistole 08" erhält, wird „nach Maßgabe der verfügbaren Mittel" erfolgen. Mit der neuen Selbstladepistole werden alle bisher mit dem Revolver bewaffneten Unteroffiziere und Mannschaften der Armee ausgerüstet.
— Die Zarin ist fortgesetzt recht leidend, auch ihre kürzlich mit dem Zaren unternommene Erholungsreise in den finnischen Schären hat keine merkbare Besserung in ihrem Zustande gebracht. Die behandelnden Aerzte raten daher dringend zu einem Aufenthalte in Süditalien.
Sofia, 5. Okt. Die Agence Bulgare meldet: Bulgarien ist in Tirnowo zum unabhängigen Königreich proklamiert worden.
Paris, 30. Sept. Seiner eigenen Unvorsichtigkeit ist der Hauptmann Emile Marsal des 42. Infanterieregiments zum Opfer gefallen. Er hatte bemerkt, daß sich in seinem Kleiderspind unbefugte Hände viel zu schaffen machten, und stellte deshalb in diesem Schranke seinen Dienstrevolver derart auf, daß sich dieser beim Oeffnen der Türe entladen, und den Dieb tödlich verletzen mußte. Nur der Eingeweihte konnte durch bestimmte Vorrichtungen das Losgehen des Revolvers verhindern. Am nächsten Morgen hatte der Hauptmann längst seine Vorrichtung vergessen, und ging auf den Kasten los, den er öffnete. Der Schuß ging ab und tödlich getroffen sank der Offizier vor dem Spinde nieder. Die Kugel war in der Magengegend eingedrungen, und hatte den Körper im Rücken verlassen. Sterbend wurde der Offizier nach dem Lazarett geschafft, wo er alsbald verschied.
New-Aork, 1. Okt. Mit einem Chauffeur ihres Vaters durchgebrannt ist die Tochter des Millionärs Mr. W. A. Spear in Atlanta. Sylva Spear ist die einzige Tochter und steht auf der Höhe des Backfischalters, in den ,^rvsot ssvsnksM»", während ihr Entführer, mit dem sie heimlich getraut war, zwanzig Jahre alt ist. Papa Spear ist natürlich sehr aufgebracht, und mit ihm dis ganze Verwandtschaft, aber das junge Paar kehrt sich nicht daran uud verbringt die Flitterwochen ungestört in Washington. Die junge Ehe wird in diesem Falle voraussichtlich von längerer Dauer bleiben da die junge Frau bei ihrer Volljährigkeit die Hinterlassenschaft ihres Großvaters im Werte von vier Millionen erbt.
— Der Sohn des Präsidenten Roosevelt hat eine Stellung als Kommis in einer New- Uorker Teppichfabrik angetreten.
HtkrterHattenöes.
Ein dunkles Geheimnis,
von Ewald August König.
Forts. (Nachdr. verboten.)
Wie kalt und ruhig mir der Freiherr die Hiobspost brachte! Weshalb weigerte er sich, mich hierher zu begleiten? Und doch, als ich ihm befahl, das Antlitz des Toten zu enthüllen, zuckte keine Fiber in seinem Gesichte."
Noch einen letzten Blick warf die Komtesse auf die Züge ihres Verlobten, dann verließ sie langsam das Zimmer und den Gasthof.
In ihre Wohnung zurückgekehrt, befahl sie einem Diener, in das Städtchen zu eilen und den Doktor Sand zu bitten, sie unverzüglich zu besuchen.
Der Arzt kam dieser Bitte sofort nach, kaum eine halbe Stunde war seit der Heimkehr der Komtesse verstrichen, als der junge Doktor schon bei ihr eintrat.
„Sie werden bereits gehört haben, daß mein Verlobter Baron von Reden sich in verwichener Nacht in dem Gasthofe zur Sonne entleibt hat," sagte Eleonore, nachdem der Arzt Hut und Stock abgelegt hatte. „Das Gesetz bestimmt; daß die Leiche eines Selbstmörders nicht in geweihter Erde ruhen soll, deshalb habe ich mich entschlossen, meinem Verlobten in der Gruft meiner Ahnen die letzte Ruhestätte anzuweisen. Mein Kutscher wird die entseelte Hülle in der nächsten Nacht zur Residenz bringen, ich wünsche, daß dieselbe vor ihrer Beisetzung einbalsamiert wird; diesen Wunsch zu erfüllen, habe ich Sie erkoren; ich bin überzeugt. Sie werden sich dem Aufträge gerne unterziehen."
„Wenn Sie es wünschen, gewiß," erwiderte der Arzt, „dann aber möchte ich Sie bitten, die Leiche erst nach der Einbalsamierung von hier abführen zu lassen."
Eleonore schüttelte ungeduldig das schöne Köpfchen. „Ich habe triftige Gründe, mein Vorhaben geheim zu halten, Herr Doktor, und ich vertraue dabei auf Ihre Verschwiegenheit. Reisen Sie morgen ab, ein Vorwand ist ja bald gefunden, der Ihre Abwesenheit für einige Tage entschuldigt."
„Sie dürfen auf meine Verschwiegenheit rechnen, gnädiges Fräulein, wenn ich auch nicht begreife, welche Gründe Sie bewegen können.
„Sie haben Recht," fuhr die Komtesse fort. — „Halbes Vertrauen —; wohlan denn, ich will Ihnen diese Gründe nennen, selbst auf die Gefahr hin, daß Sie dieselben am Ende ungerechtfertigt oder gar für töricht halten. Ihr Kollege, der Herr Kreisphrffikus, hat zu Protokoll erklärt, daß mein Verlobter sich selbst entleibt habe und wenn ich auch zugeben muß, daß durchaus kein Beweis vorliegt, der die Möglichkeit eines Kriminalverbrechens zuläßt, so kann ich mich doch des Gedankens nicht erwehren, daß hier ein solches Verbrechen, stattgefunden hat. Dieser Verdacht stützt sich bis jetzt freilich bloß auf eine Ahnung, nichtsdestoweniger gereicht es meinem Schmerze über den Verlust des Geliebten zum Tröste, daß ich an diese Ahnung mich anklammern kann."
Der Arzt zuckte zweifelnd die Achseln. „Ich finde diese Ahnung natürlich aber unbegründet," entgegnete er, „der Richter hat mich mit dem Ergebnis der Totenschau und dem Inhalte des Protokolls bekannt gemacht, und ich muß gestehen, daß meine Ansicht mit der meines Kollegen vollständig übereinstimmt. Sie wollen die Leiche einbalsamieren lassen für den Fall, daß Sie später vielleicht Ihre Ahnungen und Vermutungen begründet finden. Und eben deshalb wünschen Sie, daß dies jedem außer Ihnen und mir ein Geheimnis bleiben möge?"
„So ist es."
„Dann würde ich Ihnen raten, diese Operation hier vornehmen zu lassen. Sie müssen in der Residenz die polizeiliche Genehmigung einholen, Ihre Diener in das Geheimnis einweihen und außerdem Vorkehrungen zum Schutze gegen Späheraugen treffen. In Ihrem Park steht ziemlich versteckt eine kleine Einsiedelei; ich glaube, daß 'selten einer Ihrer Diener oder Ihrer Gäste sich dorthin verirrt; würden Sie sich entschließen können, dieses Häuschen zur Ruhestätte für den Toten herzugeben?"
„Gewiß, wenn Sie glauben, daß dasselbe diesem Zwecke entspricht."
„Gut, so lassen Sie die Leiche durch Ihren Kutscher abholen und auf einem Umwege dorthin bringen, ich werde sie in Empfang nehmen und für die nötigen Spezereien noch im Laufe des Abeuds Sorge tragen."
Die Komtesse erhob sich. „Ich werde meinen Kutscher anweisen, den Weg zur Residenz einzuschlagen, damit kein Verdacht erregt wird," sagte sie; da wir ihn in das Geheimnis einweihen müssen, so kann er Ihnen auch später hilfreiche Hand leisten. Was Sie bedürfen, lassen Sie mich durch ihn wissen, ich stelle Ihnen alles zur Verfügung. Für den Sarg bitte ich Sie ebenfalls Sorge zu tragen."
„Vertrauen Sie mir die ganze Angelegenheit an und halten Sie sich der Einsiedelei fern, bis ich Ihnen die Nachricht zukommen lasse, daß Ihr Befehl vollständig ausgeführt ist," erwiderte der Arzt, während er sich der Tür näherte. „Ich hoffe. Ihnen binnen acht Tagen diese Nachricht bringen zu können."-
Ungefähr 14 Tage waren seit jenem Ereignisse, welches den Bewohnern des Städtchens so reichen Stoff zur Unterhaltung geliefert hatte, verstrichen und noch immer weilte der Freiherr von Braß im Gasthofe zum weißen Roß. Er besuchte fast täglich die Komtesse und das Gerücht wollte bereits behaupten, Eleonore von Strahlen habe nicht allein den Verlust verschmerzt, sondern auch schon an dem Freiherrn Ersatz gesunden.
Das Gerücht war indes vollständig aus der Lust gegriffen. Allerdings gab der Freiherr sich alle erdenkliche Mühe, Herz und Hand der Komtesse zu erobern, und es schien auch fast, daß er seinen Zweck erreichen werde, aber bisher hatte Eleonore ihm noch keinen Beweis ihrer Gunst gegeben.
Sie empfing ihn stets freundlich und forderte ihn oft auf, sie auf einem Ausflug zu Pferd oder im Wagen zu begleiten, sie duldete sogar, daß er hier und da in der Verwaltung ihrer Güter mit Rat und Tat ihr zur Seite ging, aber bei all dieser Freundschaft und Höflichkeit blieb sie stets m den Schranken einer kalten Gemessenheit und dem Freiherrn wollte es nicht gelingen, jene Schranken zu stürzen. Das verstimmte und erbitterte ihn und er war so unklug, eines Abends der Komtesse den Grund seiner Verstimmung unverhohlen mitzuteilen.
Eleonore hörte ihn ruhig an und zuckte mit einer Gebärde verletzender Geringschätzung die Achseln.
„Weshalb Sie auf die Freuden der Residenz verzichten, um hier in einem Landstüdtchen den schönen Herbst zu verbringen, weiß ich sehr genau," erwiderte Sie ruhig. „Aber ob und wann Sie Ihren Zweck erreichen werden, ist eine Frage, deren Beantwortung der Zukunft überlassen bleiben muß. Gedulden Sie sich, Herr Baron; je schöner und glänzender das Ziel, desto mühsamer und steiniger ist der Weg, der zu ihm führt."
Diese Erklärung, mit welcher der Freiherr sich begnügen mußte, war ziemlich zweideutig. Der Freiherr aber glaubte in ihr den Beweis einer wachsenden Gunst zu entdecken.
Zu anfang des Monats Oktober kehrte im Gasthofe zum weißen Roß ein junger Mann ein, der sich gleich nach seiner Ankunft sehr angelegentlich nach der Wohnung, den Verhältnissen und den Gütern der Komtesse von Strahlen erkundigte und im Laufe der Unterhaltung mit dem Gastwirt die Bemerkung fallen ließ, er sei geneigt, die erledigte Verwalterstelle zu übernehmen, wenn die damit verknüpften Bedingungen seinen Wünschen und Anforderungen entsprächen.
Der Gastwirt beeilte sich, dies dem Freiherrn von Braß mitzuteilen und der letztere sah sich durch diese Mitteilung veranlaßt, den jungen Mann sich vorstellen zu lassen.
„Komtesse von Strahlen hat mich beauftragt, einen Verwalter ihrer Güter zu engagieren," sagte er, nachdem er den hübschen, elegant gekleideten Herrn vom Scheitel bis zur Sohle gemustert hatte; „wenn Sie die Güte haben wollen, mir in mein Zimmer zu folgen, so werde ich Ihnen die näheren Bedingungen mitteilen."
(Fortsetzung folgt.)