Werk vollendet zu sehen, und der Jungfraubahngesellschaft, die den Wert dieser neuen Bergbahn erkannte, muß es gedankt werden, sie zu Ende geführt zu haben. Da die Ausführung dieser schienenlosen Bahn vom Gelände nahezu unabhängig ist, wird es bei den unverhältnismäßig geringen Anlage- und Betriebskosten möglich, auch dir höchsten Bergesspitzen dem Personenverkehr zu erschließen und so die Wunder der Alpenwelt auch dem Minderbegüterten ohne Mühe und Lebensgefahr zugänglich zu wachen. Von der Talstation beim oberen Grindelwaldgletscher, etwa eine Stunde hinter Grindelwald, gehen vier, oben und unten verankerte, starke Drahtseile mit einer Steigung von annähernd 55 Grad der fast senkrechten Wetterhornwand entgegen zu der fast 500 Meter über dem Tale befindlichen Bergstation Enge hinauf. An diesen paarweise übereinander angeordneten Tragseilen hängen die für je 16 Personen eingerichteten Kabinen, die durch eine überaus sinnreiche Konstruktion in stets senkrechter und vollständig ruhiger, stoßfreier Lage gehalten werden. Die Bewegung dieser Kabinen erfolgt durch zwei über das Triebrad der oberen Station gehenden Zugseile, so daß, wie bei den Drahtseilbahnen, immer gleichzeitig ein Wagen aufwärts und der andere abwärts geht. Der Antrieb erfolgt durch elektrische Kraft. Bei der Kühnheit der Konstruktion verlangte die staatliche Behörde natürlich die größten Sicherheitsmaßnahmen, die unter anderem darin bestehen, daß sowohl die Trag- und Zugseile als auch die Bremsvorrichtungen in doppelter Weise zur Ausführung kamen, obgleich die einfache Anordnung den sonst üblichen Grad der Sicherheit verbürgt hätte. Der am 27. Juli dem Verkehr übergebene Bergaufzug hat alles in allem nur 300000 Franken gekostet, sodaß der Fahrpreis auf 3'/s Franken für die einfache und auf 5 Franken für die Hin- und Rückfahrt angesetzt werden konnte. Auch dem eifrigsten Förderer des Heimatschutzes und des Bergsports dürfte diese Bahn unbedenklich erscheinen, wie denn auch ängstlichen Gemütern bei der ruhigen herrlichen Fahrt bald jedesGefühl der Unsicherheit schwinden wird.
London, 3. Sept. Aus New-Iork wird telegraphiert: Als gestern zu Waterville in Maine der Luftschiffer Jone vor 25 000 Zuschauern einen Ausstieg mit einem Lenkballou ausführte, geriet der Ballon in einer Höhe von 500 Fuß zum Entsetzen der Menge in Brand. Der Luftschiffer stürzte mit furchthacer Gewalt zur Erde; bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, lebte der Verunglückte noch einige Minuten.
Lokales.
W i l d b a d, 8. Septbr. Endlich sind sie verschwunden die trüben Wolken, die wochenlang den Himmel bedeckt und der Abhaltung des Kinderfestes im Wege gestanden; endlich ist er gekommen der längst ersehnte Fest- u. Jubeltag unserer Kinder. Kaum in der Schule angekommen, — der Termin wurde erst am Sonntag definitiv festgesetzt — erhalten sie die frohe Botschaft, daß heute das Kinderfest abgehalten werde, und voller Freude stürmen sie wieder nach Hause um sich fürs Fest recht schön zu machen. Punkt 2 Uhr wird vom VolkS- schulgebäude aus abmarschiert, und hinaus geht's unter den wuchtigen Klängen der Feuerwehrkapelle auf die grünen Fluren, die alljährlich Zeuge sind von dem fröhlichen Treiben unserer Kinderschar. Doch nicht bloß für die Kinder, für alt und jung ist's ein Freudentag, mancher Vater und manche Mutter läßt fich's nicht nehmen, milzugehen und teilzunehmen an der herzlichen Freude der Kleinen. Bald hat sich draußen ein reges Treiben entwickelt. Der Kaffee und das Obst mit dem man die Kinder alter Sitte gemäß erquickt, kann nur klaffenweise gereicht werden, und so vertreiben sich die übrigen die Wartezeit mit heiterem Spiel. Eine kostümierte Abteilung der Realschule führt ^ die bekannte Szene aus Wallrnsteins Lager auf. Ein Herz und Auge erquickender Anblick fürwahr, diese bunte, muntere, sorgenlose Schar festesfroher, spielender Kinder. Da ist sie vergessen, die Sorge und Mühe, die sie auf der Schulbank plagt, heute gilt es, lustig und vergnügt
zu sein. Singend und pfeifend, auf allerhand Dudelinstrumenten musizierend, allerlei Leckereien mit Hochgenuß verzehrend, treiben sie sich umher. Eine besondere Anziehungskraft übte auch ein Karussell aus, das andauernd bis auf den letzten Platz besetzt ist. Aber rasch, nur zu rasch sind sie verstrichen die Stunden dieses heiteren Getriebes, und ein schmetterndes Trompetensignal ruft zur Sammlung, der auch alsbald der Rückmarsch folgt. Und nun gehts zurück durch die herrlichen Anlagen, entlang der munter dahinplätschernden Enz zur Trinkhalle. Hier wird Halt gemacht, und Hr. Stadtpfarrer Auch richtet noch einige herzliche Worte an die Festteilnehmer. In sinnig gewählten Vergleichen weist er darauf hin, daß, wie überall im Leben, so auch bei der Jugend Arbeit und Vergnügen abwechseln; das Kinderfest soll nicht bloß ein Festtag sein, ein Tag der,'Freude und Wonne, sondern auch ein Antrieb, ein Sporn zu neuer Arbeitsfreudigkeit in der Schule. Nachdem er dann noch der Stadtverwaltung, die wieder bereitwilligst die Mittel zur Abhaltung des Festes zur Verfügung gestellt habe, gedankt, forderte er die Anwesenden auf im Aufblick zu dem, von welchem alles Gute komme, das schöne Danklied „Nun danket alle Gott" anzustimmen. Ein würdiger, erhebender Abschluß des herrlichen Tages, der zung und alt gewiß noch lange in freudiger Erinnerung bleiben wird.
Wildbad, 7. September. Am Samstag schlossen sich wieder die Pforten unseres hiesigen Musentempels mit dem Lustspiel „Die zärtlichen Verwandten." Der Besuch war ein sehr reger, so daß vor ausverkauftem Hause gespielt werden konnte. „Ende gut, alles gut!" das war die Devise dieses gelungenen Abends. Es war als ob die sämtl. Darsteller den letzten Besuchern ihr Bestes von ihrem Können darbieten wollten, so daß eS schwer fallen würde zu sagen, wem der meiste Beifall gezollt wurde. Es war ein so harmonisches Zusammenarbeiten, daß man nur sagen kann: „Es war alles wie aus einem Guß." Ebenso war es auch bei den letzten anderen Stücken vergangener Woche wie z. B. in Pension Schöller, Dr. Klaus u. a. mehr, so daß selbst die veimöhntesten Großstädter mit ihrem uneingeschränkten Lobe nicht mehr zurückhalten konnten. Diese schönen von allen Seiten anerkannten Erfolge verdanken wir neben den tüchtigen Darstellern in erster Linie dem langjährigen, überaus tüchtigen und umsichtigen Leiter unseres Theaters: Herrn Jntendanzrat P. Liebig. Er hat in diesem Sommer in nicht weniger als 77 Vorstellungen uns stets Mustergiltiges vorgcführt. Geleitet von seinem großen Pflichtgefühl setzte er stets alle seine Kräfte rin, auch die verwöhntesten Theaterbesucher in jeder Weise zufrieöen zu stellen. Wir rufen daher ihm und seinem tüchtig geschulten Personal: „Ein aufrichtiges Lebewohl" zu und auf Wiedersehn im nächsten Jahr.
MnterHal'Lenöes.
Schloß Schönfeld.
Erzählung von Franz Teller.
(Forts.) (Nachdr. verboten.)
„So behaupte ich."
„Haben Sie für diese Behauptung Beweise?"
„Beweise? Ja, mein Gott, was ist denn vorgefallen? Beweise? Wenn mich nicht jemand hat ins Haus gehen sehen, wüßte ich keine zu bringen. Ich wohne mit niemer Schwester in dem Garteuhause einer einsamen Straße, und zwar allein im Giebel."
„Hm, das ist schlimm."
„Aber, ich bitte Sie, Herr Oberstaatsanwalt, mir zu sagen, zu welchem Zwecke Sie dieses seltsame Verhör mit mir anstellen?"
„Man hat diese Nacht in Schönfeld eingebrochen!"
„Eingebrochen ?" fragte er immer erstaunter. „Diebe?"
^ „Ja, ein Diebstahl grauenhafter Art ist in dieser Nacht in Schönfeld verübt worden. Einige Särge Ihrer Vorfahren sind erbrochen und wahrscheinlick beraubt worden."
„Mein Gott!"
„Wissen Sie, ob den Toten Ihrer Familie Schmucksachen mit ins Grad gegeben wurden?"
„Ich weiß nur, daß meiner Mutter ein Armband, welches sie mit Vorliebe im Leben getragen hatte, mit in den Sarg gegeben wurde."
„Sie entsinnen sich, wie es aussah?"
„Ganz genau; es mar eine goldene Schlange, deren Augen durch zwei kleine Rubinen gebildet waren. Aber das ist ja fürchterlich! Die heiligen Reste meiner Mutter beraubt! Aber wenn dieses Verhör noch einen anderen Zweck ha,, als rmch als Zeugen zu vernehmen, so bitte ich, es mir zu sagen."
„Herr von Godsberg," sagte der Oberstaatsanwalt, in dieser Nacht ist das Verbrechen geschehen. Um 9 Uhr morgens lief die Anzeige Mehlburgers bei mir ein. Ich fuhr mit dem Untersuchungsrichter hinaus, nahm den Tatbestand auf und ließ Verhöre anstellen. Der Kammerdiener Müller sagte aus und hat seine Aussage beschworen, daß er Sie in der Nacht in einer fast unkenntlich machenden Kleidung um das Mausoleum herumschleichen sah."
„Müller? In der Nacht? So ruht also der Verdacht der Täterschaft auf mir?"
„Ein in der Nähe Schönfelds wohnender Arbeiter Namens Mathias hat Sie nach 12 Uhr auf der Landstraße erkannt, als Sie eilig der Stadt zugingen."
Der immer mehr verblüffte Godsberg sagte: „Mein Wort zum Pfände, daß ich vor 10 Uhr zu Hause war."
„Wenn ein Wort vor dem Richter gelten würde, nähme ich Ihr Wort als Pfand an, Herr Baron," sagte der Beamte freundlich, „wir aber verlangen Beweise. Nach den gemachten Zeugenaussagen und nach Ihren eigenen Mitteilungen bin ich genötigt Ihre Verhaftung anzuordnen."
„Herr Oberstaatsanwalt," jäh erhob sich Heinrich von Godsberg, „mich verhaften? Als Dieb?"
„Nach den Andeutungen, die Müller über einen von Ihnen gesuchten Familienschmuck gemacht, zusammen gehalten mit allen übrigen Umständen, bin ich zu meinem aufrichtigen Bedauern dazu gezwungen."
Heinrich von Godsberg stand wie vom Donner gerührt da.
Es klopfte und auf ein „Herein" des Oberstaatsanwalts erschien ein Gerichtsbeamter, der ihm eine Karte überreichte.
„Soll nur kommen," sagte er, und alsbald erschien der Juftizrat Klein.
„Um Gottes Willen das ist eine schöne Geschichte. Heute morgen höre ich von der Leichenschändung, fahre bei Ihnen vor, lieber Baron, und erfahre von Fräulein Mathilde, daß die Staatsanwaltschaft Sie in besonderer Form zu einem Besuche einladen ließ. Das machte mich stutzig und veranlaßte mich, herzukommen. Wie steht die Sache, Herr Oberstaatsanwalt?"
Dieser gab ihm in kurzen Worten einen Ueberblick.
„Und Godsberg ist verhaftet?"
„Sagen Sie selbst, ob ich anders handeln darf?"
„O, dieser Spitzbube Müller! Wenn nur nicht etwa der Familrenschmuck dort versteckt war. Sie nehmen doch Bürgschaft für meinen Klienten an?" fragteer den Oberstaatsanwalt.
„Ja," sagte dieser, „gegen Deponierung von 10 000 Mark werde ich Herrn von Godsberg auf freiem First lassen."
„Gut." Der Justizrat nahm ein Papier, schrieb eine Anweisung auf die Bank und übergab sie dem Beamten.
„Daß auf Heinrich von Godsberg nicht der Schatten eines Verdachtes fallen kann, davon sind Sie so gut wie ich überzeugt. Im Interesse der Ermittelung der Täter wäre es, dünkt mich, geboten, die Verhaftung Godsbergs und seine Freilassung gegen Bürgschaft zu verschweigen. Geht das?"
„Es bleibt vorläufig Amtsgeheimnis."
„Gut dann. Kommen Sie, Baron!"
Sie verabschiedeten sich und gingen. Draußen äußerte er gegen den tief erregten jungen Mann: „ Nachdem die beiden Halunken geschworen haben, Sie um Mitternacht dort gesehen zu haben, und es bekannt ist, daß Sre nach dem Diamantschmuck suchten, ist das eine ganz fatale