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Nr- 102

Donnerstag den 3. September 1908-

44. Jahrgang

Hlunöfctzau.

Stuttgart, 31. August. Am Sonntag morgen ist nach langem Leiden Staatsrat a. D. Dr. Robert v. Gaupp, Exzellenz, der frühere langjährige Präsident der Zentralstelle für Ge­werbe und Handel, im Alter von 72 Jahren verschieden. An der Neugestaltung der gewerb­lichen und sozialen Verhältnisse, wie sie sich in den beiden letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts angebahnt hat, nahm er den innigste» Anteil. Er ist ferner der eigentliche Schöpfer des heutigen LandeLgewerbemuseums und trug in weitestem Maße dem sich infolge des allgemeinen Wettbewerbs geltend machenden Bedürfnis nach einer besseren Ausbildung der Angehörigen von Gewerbe und Handel Rechnung. Alles das waren Aufgaben, die au den einzelnen ungeheure Anforderungen stellt.» und denen nur eine so gewaltige Arbeitskraft, wie sie der Verstorbene besaß, gewachsen war. StaatSrat a. D. v. Gaupp war 1836 geboren in Bissingen, OA. Kicchheim u. T. Seit 1860 war er in den verschiedensten Zweigen des Verwaltungs­dienstes tätig und kam dabei anch sofort nach der zweiten Tienstprüfung zur Zentralstelle für Gewerbe und Handel. Hier wurde er zunächst in der Redaktion des Gewerbeblattes beschäftigt. Im Frühjahr 1862 wurde er zur Weltaus­stellung nach London gesandt. 1866 kam er als Assessor und Lehrer für Nationalökonomie an die K. Akademie nach Hohenheim, und wurde im Mai 1870 Oberamtmann in Neuenbürg, wo er bei Ausbruch des großen Krieges die Mobilmachung zu leiten hatte und ferner an dem gewerblichen Leben von Stadt und Bezirk besonders regen Anteil nahm. Am 24. Februar 1893 erfolgte seine Ernennung zum Präsidenten der Kgl. Zentralstelle, 1900 erhielt er den Titel Staatsrat und 1903 den Titel Exzellenz. Ein reich bewegtes verdienstvolles Leben hat seinen Abschluß gefunden und in den weitesten Kreisen des Landes wird der Hingang v. GauppS lebhafteste Teilnahme erwecken.

Stuttgart, 31. August. Wegen Kindes­entführung ist eine Frau Professor Ferdig aus Singen, die von ihrem Mann geschieden ist, verhaftet worden. In dem Ehej cheidungsurteil ist das Kind dem Vater zugesprochen worden welcher in letzter Zeit mit dem Knaben in Buchen (Baden) weilte. Dort versuchte die geschiedene Frau mit Hilfe zweier Detektivs Sonntag vormittag das Kind zu entführen. Die Frau kam mit ihren Begleitern im Auto­mobil an; sie drangen dann in die Wohnung des Professors ein, wo es zu einem heftigen Kampf kam; der Professor wurde dabei von einem der Detektivs zu Boden geschlagen. Sie nahmen dann das Kind mit in das Automobil und fuhren in rasendem Tempo davon. Einer der Detektivs konnte nicht rasch genug einsteigen; er wurde dann sestgehalten und von der hcrbei- gerufenen Polizei verhaftet.

Stuttgart, 31. Aug. Zu dieser Kinds­entführung schreibt das Neue Tagblatt: Gestern mittag stoppte vor einem Hause der Königs­straße ein weißes Automobil, in dem sich ein Herr und eine Dame befand. Der Chauffeur, sowie der Herr verließen das Auto, äugen-

, scheiolich um den Benzinvorrat zu ergänzen. Während deS Aufenthaltes nun näherte sich ein Sichcrheitsbeamter unauffällig dem Auto, lüstete die neben der Dame liegende Reisedecke, unter der sich alsbald ein ca. 7jähriger Junge zeigte, den der Beamte sofort aus dem Wagen nahm und auf Grund eines vorhandenen Haft­befehls die Dame, sowie den Jungen verhaftete und diese vorläufig in einem hiesigen Hotel unter Bewachung unterbrachte. Dieses Vor­kommnis steht im Zusammenhang mit einem ca. 3 Monate zurückliegenden Fall, in welchem aus einer Schule in Konstanz eiy siebenjähriger Knabe vvn seinem Vater entführt wurde. Ein Privatdetektiv-Institut, an das sich hierauf die Mutter gewendet hatte, ermittelte den Aufent­halt des Knaben und inszenierte eine Ent­führung, die gelang; aber die Polizei, die auf telegraphischem Wege von dem Vorfall in Kenntnis gesetzt war, fing die Mutter mit dem Kinde in Siuttgart ab. Dem Privatdetektiv, der die Dame begleitete, gelang es, zu ent­kommen. Die ganze Angelegenheit hatte heute vormittag ein weiteres gerichtliches Nachspiel: Die Dame hatte sich von ihrem Hotel aus in Begleitung des Knabe« und des ihr beigegebenen Schutzmanns in Zivil nach dem Hauptpostamt begeben, wo sie in der Halle der Telegramm­annahme ein Telegramm ausgeben wollte. Ihr früherer Ehegatte hatte vor dem Hotel beob­achtet, daß die drei zusammen weggingen. Er folgte ihnen in das Postamt nach; dort kam es zu einer aufregenden Szene. Der Mann glaubte, seine Frau wolle mit dem Kind und in Begleitung des ihm unbekannten Herrn rntfliehen. Der Mann schrie und ioble und wollte den Knaben der Frau entreißen. Er bedrohte sowohl seine Frau wie den Herrn mit einem Revolver und konnte erst beruhigt werden, als sich der Herr als Schutzmann legitimierte. Mit Hilfe von zwei weiteren, inzwischen herbeigeeilten Schutzleuten, wurde dann der Mann geschlossen, die Frau und das Kind in Begleitung des Fahnders auf das Stadtpolizeiamt gebrockt. Der Vorfall hatte begreiflicherweise einen ungeheuren Menschen­auflauf in der Vorhalle zur Telegramms nnshme zur Folge gehabt.

Die Schulstelle in Mangoldsall ist dem Schulamtsverw. Heinr. Schumacher in Ober­lengenhardt, eine Schulstelle in Calmbach dem Schullehrer Ackert in Münster übertragen worden.

Höfen a./Enz, 31. August. Auf die Mit­teilung des Ortsvorstehers, daß beabsichtigt sei im kommenden Winterfahrplan den von Pforz­heim kommenden ersten Zug später als bisher zu legen, beschloß der hiesige Gemeinderat in seiner heutigen Sitzung, an die Kgl. General­direktion der Stqatseisenbahnen die Bitte zu richten, ohne Rücksicht auf den Anschluß von Stuttgart her, den fraglichen Zug früher zu legen, mindestens aber die Abfahrtszeit wie bisher zu belassen. In der Begründung des Beschlusses heißt es, daß durch die vorgesehenen Aenderungen die Lokalinteressen der Bezirks­bewohner insofern schwer geschädigt würden, als der Verkehr unter den Bezirksorten und insbesondere nach den nicht an der Bahn ge­

legenen Gemeinden sehr beeinträchtigt würde, da z. B. Schömberg erst etwa um */»l2 Uhr, Enzklösterle erst etwa um 12 Uhr erreicht werden könnten, während dann diese Orte abends mit Rücksicht darauf, daß der letzte Abendzug in der Richtung nach Pforzheim schon zwischen 7 und 8 Uhr wieder Wildbad verläßt, sehr frühzeitig verlassen werden müssen. Auf einen Anschluß des ersten Zugs (657) tal- auswärts von Stuttgart her, dürfte für diesen Winter kein allzugroßrr Wert gelegt werden, da ja durch den kaum 1 Stunde später nach­folgenden Zug gleichfalls eine Verbindung von Stuttgart aus besteht. Die Nachbargemeinden werden eingeladen, diesem Beschluß beizutretcn.

Neuenbürg, 29. August. Heute fand eine Sitzung des Gemeindeverbands derSchwarz- wald-Wasserversorgung hier statt, in der die Aufnahme der Gemeinden Engelsbrand, Salm­bach und Schwarzenberg, Neuhengstett und Oberreichenbach in den Verband und der An­schluß der Parzellen Lalwer Hof und Windhof, Stadtgemeinde Calw, an die Schwarzwold- Wasserversorgung beschlossen wurde. Mit den neu hinzugekommenen umfaßt der Verband nunmehr 53 Gemeinden und Wohnplätze mit 14 865 Einwohnern. Bei dem jsich anschließenden Mittagsmahl im Gasthaus zum Bären wurden dem Herrn Vertreter der K. Regierung, sowie dem um den Gemeindeverband der Schwarz- wald-Wasserversorgung hoch verdienten Re­gierungsrat Voelter in Calw der Dank des Verbandes ausgebracht.

Feuerbach, 28. Aug. Bei seinem be­rühmten Ritt nach Fröschweiler anno 1870 hat dem damaligen Leutnant Zeppel in ein kleiner elsäßischer Junge den Weg nach Fröschweiler gezeigt. Es war dies der hiesige Polizeiwacht- meister. Ein Herr, der Kenntnis hiervon erhielt, teilte die hübsche Erinnerung dem Grafen mit. welcher seinem damaligen^ Wegweiser, dem Polizeiwachtmeister 2 chiler hier, die Einladung zugchen ließ, bei ihm gelegentlich m Stuttgart vorzusprechen. Daß Graf Zeppelin sich an die Episode mit dem kleinen Elsäßer erinnert, ist aus seiner Beschreibung deS Ritts bekannt; den Jungen «IS württembergischen Polizeiwacht- meister wiederzusehen, mag ihmVergnügen machen.

Prinz Ludwig von Bayern hat auf dem Festmahl des deutschen Schul- schiffvereins, der bekanntlich in München tagte, eine Rede gehalten, in der er sein großes Interesse für die Marine zum Ausdruck brachte und die Bestrebungen der deutschen Küstenländer zu unterstützen versprach. Im Süden, so führte der Prinz dann weiter aus, verlange man aber auch einen Platz am Wasser, ein Verlangen, das leider sehr unvollkommen erfüllt sei. Bayern habe eine Wasserstraße, sie befände sich aber noch auf demselben Standpunkt wie vor 60 Jahren. Es fehle an Anschluß, und es sei Bayerns gutes Recht, ihn zu verlangen. Es ist unglaublich, sagte dann .u. a. der Prinz, daß der ganze Südosten von Deutschland vom große» Weltverkehr mit der Ost- und Nordsee ganz abgeschlossen ist. Der Westen hat es gut, er hat den Rhein, der recht gut schiffbar ist bis Mannheim und Ludwigshafen und verhältnis­mäßig gut schiffbar bis Straßburg und Kehl