Köln a. Rh.. 27. Aug. Die „Köln. Ztg." meldet aus Konstantinopel: Es berührt hier sehr angenehm, daß aus Anlaß des großen Brandunqlücks schon jetzt reiche Beträge aus Deutschland eingegangen sind. An der (-spitze der Zeichnungen steht der deutsche Kaiser, der 10000 Mk. für die Abgebrannten gespendet und dem Sultan telegraphisch seine herzliche Teilnahme ausgesprochen hat. Die Deutsche Bank zeichnete 100 Pfund. Auch andere Gesellschaften werden namhafte Beträge überweisen.
Metz, 26. August. Der Kaiser und die Kaiserin nebst den Prinzen des königlichen Hauses kamen heute um ^«5 Uhr pünktlich am Hauptbahnhof an. Den Einzug in die festlich geschmückte Stadt führte eine Schwadron Ulanen, aus die die Kaiserin nebst der Kronprinzessin und der Prinzessin Eitel Friedrich im offenen Wagen folgten. Dicht hinter dem Wagen ritt der Kaiser mit dem Marschallstabe, hinter ihm in einer Reihe seine hier anwesenden 4 Söhne. Den Schluß bildete der zahlreiche Hof, sowie wiederum eine Schwadron Ulanen. Am Prinz Friedrich Karl-Tor begrüßte der neue Bürgermeister von Metz, Dr. Böhmer im Namen der Gemeinderats und der Stadt den Kaiser. Der Kaiser entgegnete, daß er vor allem Dr. Böhmer zu seiner Wahl gratulieren wolle, er habe mit Freuden gesehen, wie sich die frühere enge Taille von Metz geweitet habe und er hoffe, daß aus der Stadt noch em kräftiges deutsches Frauenbild werde. Er verspreche, der Smdt fortdauernd sein Wohlwollen zu schenken, und wünsche, daß sie sich kräftig entwickle. Schließlich trank der Kaiser auf das Wohl des Gemeinderats und der Stadt Metz.
Berlin, 31. Aug. Der „Lokal-Anzeiger" meldet aus London: Hier sind Nachrichten aus Washington eingetroffen, daß Orville Wright gestern seinen Aeroplan der amerikanischen Regierung übergeben hat. Die endgültigen Ge- schwindigkeits- und Dauerproben sollen am Montag stattfinden. Der Aeroplan muß zwei Personen im Gewicht von 860 Pfund, und Heizmaterial für 125 englische Meilen tragen, eine Geschwindigkeit von 40 Meilen pro Stunde erreichen und eine Dauerfahrt von einer Stunde machen. Der ausgemachte Preis ist 100 000 Mark und lO OOO Mk. für jede weitere Meile Geschwindigkeit bis zu 44 Meilen, dagegen 10 000 Mk. weniger für jede Meile wenigea als 40 Meilen bis zu 36 Meilen herab. Unter 36 Meilen Geschwindigkeit wird der Apparat nicht abgenommen.
— Am 1. September tritt das vom Reichstag am 7. Mai d. I. genehmigte Vogelschutzgesetz in Kraft. Das Gesetz will dazu beitragen, uns die heimische Vogelwell besser als bisher vor dem Untergange zu schützen. Das Gesetz verbietet das Zerstören und Ausnehmen von Vogelnestern, das Ausnehmen und Töten von Jungen, den Verkauf von Nestern, Eiern und Jungen, ferner den An- und Verkauf, die Ein-, Aus- und Durchfuhr der in Europa heimischen Vogel- arten, ihrer Nester, Eier und Brut. Die wichtigste Bestimmung ist das Verbot des Dohnensticges, der unter hohe Strafe gestellt wird. Auch das Fangen der übrigen Vögel mit Leim und Schlingen, Netzen, Käfigen usw. ist verboten, so daß unsere heimischen Singvögel bald aus den Vogelhandlungen verschwinden werden.
Aw Mt »ud Amgklnmg.
— Mit dem 1. September wird der Frühzug (Nr. 677) ab Pforzheim 6.20 werktags eingestellt. Dieser Zug verkehrt bis Eintritt des Winterfahrplans (1, Okt.) nur noch Sonn- und Feiertags. Ebenso verhält es sich mit dem letzten Zug (Nr. 678) ab Wildbad S 50. Der letzte Zug talabwärts an den Werktagen geht also schon 7.25 ab, während Sonn- und Feiertags i.n September die Abendzüge 7.58 und 8.11 ab Wildbad noch kursieren. — Der „Enzt." schreibt: Wie wir soeben von zuverlässiger Seite hören, sei neuerdings bei der Generaldirektion der Staatseifenbahnen beabsichtigt, mit Eintritt des Wintersahrplans den ersten Zug talaufwärts, der in früheren Winter- Halbjahren 7.30 morgens in Pforzheim abging, seit 1. Okt. 1907 aber erst 7.45 morgens in
Pforheim abgelassen wird, Wildbad an 8.37, um etwa 20 Minuten später zu legen, angeblich um den Anschluß an den erstmals später kursierenden Zug ab Stuttgart herzustellcn. Durch eine solche Späterlegung wären die Interessen des Lokalvcrkehrs im Enztal sehr gefährdet, da der Verkehr talaufwärts erst nach 8 Uhr vorm, eröffnet, die Ankunft des ersten Zugs in Wildbad erst gegen S Uhr erfolgen würde, während der zweite Zug ab Pforzheim 8.50 vormittags, wie bisher folgen soll. Wir möchten hiemit die Anregung geben, daß gegen die beabsichtigte Späterlegung des ersten Zugs, der ja in den letzten Winterhalbjahren schon spät genug verkehrte, alsbald protestiert wird. Eine Verkehrseröffnung ins Tal erst nach 8 Uhr vormittags und der Schluß des Verkehrs talabwärts zwischen 7 und 8 Uhr abends ab Wildbad müßte ohne allen Zweifel die lokalen Interessen schädigen, wenn man bedenkt, daß Handwerker und Geschäftsleute, die Talstationen erst um 9 Uhr vorrmttags, die Ortschaften von da auf der Höhe und die oberen Enztal -1 orte nicht vor 10 Uhr, teilweise erst um 12 Uhr erreichen würden, während sie den Heimweg nachmittags schon so früh antreten müssen, um auf den letzten Abendzug, der ja ohnehin so bald in Wildbad abgeht, zu kommen. Diese kurze Zeit des Verkehrs im Tage wirkt jetzt schon im September, wo allenthalben noch lebhafter Verkehr und Arbeitsgelegenheit besteht, erschwerend, würde aber künftig, besonders im März, April und September sich noch mehr fühlbar machen, wenn der erste Zug ins Tal, wie oben ausgeführt, noch später als bisher gelegt würde. Wir empfehlen deshalb den beteiligten Gemeinden Stellung zur Sache zu nehmen.
Unterhaltendes.
Schloß Schönfeld.
Erzählung von Franz Teller.
(Forts.) (Nachdr. verboten.
„Bemerkst Du denn, Christian, daß er sich um Elsas Gunst bewirbt?"
„Nun, zu gefallen scheint sie ihm schon, das sieht man, vielleicht traut er sich nicht reckt."
„Sei Deines Kindes wegen sehr vorsichtig, Christian. Ich hoffe, der Baron wird als feiner Mann unter diesen Umständen seinen Besuch nicht über Gebühr ausdehnen."
„Er hat schon von seiner Abreise gesprochen, das gefällt mir eben."
„Nun, Else ist klug und taktvoll und sie wird sich nichts vergeben."
„Frau Lehmann, welche die Zeit über mit Else umhergewandelt war, erschien, um sich zu verabschieden."
Sie sagte mit freundlichem Tone:
„Ich freue mich, die Bekanntschaft Ihres Kindes gemacht zu haben, sie ist kein gewöhnliches Mädchen."
Mit einem unverkennbaren Ernst setzte sie hinzu:
„Wahren Sie dieses Kleinod wohl, es gibt Leute, welche Kleinodien stehlen."
Was sollte das heißen? Herr und Frau Mehlburger sahen sich etwas betroffen an.
Die Greisin, ohne es bemerken zu wollen, fuhr fort:
„Wenn Sie mir gestatten, komme ich gele- gentlich wieder."
„Es ist uns eine Freude und eine Ehre, Frau Lehmann," sagte Mehlburger, „lassen Sie sich recht bald wieder sehen."
Elsa kam und meldete, daß der Wagen ihres« Besuchs bereit stehe.
Frau Lehmann reichte dem Ehepaar die Hand, und ging, begleitet von Elsa, hinweg. In dem Zwiegespräch, welches sie mit ihr geführt hatte, mar der klugen Frau nicht verborgen geblieben, daß das Bild Heinrichs von Godsberg in dem jungen Herzen lebte, diesem drohte von Cuno keine Gefahr.
Als sie schon im Wagen saß, sagte sie mit gütigem Lächeln:
„Ich will wünschen, Fräulein, daß Sie alle Tage Ihres Lebens glücklich ans Schönfeld Hausen mögen, Sie verdienen es."
Der Wagen fuhr davon und Elsa dachte^ während sie ins Schloß ging: „O ja, ich könn
te hier recht glücklich sein, wenn — ja wenn —" und ein Schatten ging über die hübschen Züge.
10. Kapitel.
Einige Tage waren vergangen.
Nichts hatte sich in der Situation Mathildens und Heinrichs von Godsberg geändert, nur daß die Sorge noch schwerer auf letzterem lastete. Als Gottfried ihm von der Anwesenheit Eunos auf Schönfeld erzählte und seine Bewerbung um Elsa erwähnte, hatte er zum erstenmale deutlich gesuhlt, daß er das Mädchen mit der ganzen Kraft seiner Seele liebe. Namenlos unglücklich machte ihn der Gedanke, daß sie den Bewerbungen des, wie er wußte, verworfenen Bruders Gehör geben könnte.
Und doch, was vermochte er dagegen zu tun? rMehlburger warnen? Vor seinem Bruder? Mehlburger kannte ihn nicht genügend, um solcher Warnung Gehör zu geben, wenn er sich zu dem schweren Schritt entschließen sollte, und wie leicht konnten chm egoistische Beweggründe unterschoben werden. Auch wußte er, wie gewandt und schlau sein Brudcr war, wie bestechend sein ganzes Auftreten. Er durfte fürchten, daß jeder Hieb im voraus pariert war oder gewandt pariert wurde. Auch waren Beweise gegen ihn zu führen, schwer.
Und Elsa? Hatte er sich getäuscht, wenn er annahm, daß er ihr nicht gleichgültig sei? Aber welche Zeichen von Zuneigung hatte er? Und wie leicht konnte der gewandte, elegante Cuno ihn verdränge» aus einem jugendlichen Herzen, in welchem sein Bild vielleicht flüchtig geweilt hatte. ''Aber was konnte sie ihm überhaupt sein? Durfte er, der Existenzlose, um eines reichen Mannes Tochter werben, selbst wenn er ihrer Zuneigung gewiß war? Nein, nimmermehr. Und dann? Konnte sie an Cuno bei näherer Bekanntschaft Gefallen finden, so war sie seiner Libbe nicht würdig. Fort, fort aus dem Herzen, aus dem Kopf, fori das liebliche Mädchenbild. Elsa konnte nimmer ffein werden. —
Mathilde saß am Stickrahmen, und bei ihr ihr Bruder, in Gedanken verloren, den fleißigen Fingern zuschauend, als Frau Lehmann gemeldet wurde.
Mathilde erhob sich, um ihr entgegen zu gehen, als die Dame bereits in der Tür erschien.
Mit einer kurzen Verbeugung gegen sie wollte sich Heinrich entfernen, als sie, dies gewahrend, sagte:
„Es wäre mir lieb, wenn Herr von Godsberg noch einige Minuten hier bliebe."
Ohne seiner Zustimmung weiter zu achten, reichte sie Mathilden mit dem Lächeln, welches das zarte Gesicht so sehr verschönte, die Hand.
„Immer fleißig, mein teures Fräulein, wie ich bemerke, ich bewundere Sie aufrichtig."
Der sonst so scharfe Ton der Frau war sanft und liebreich.
Sie ließ sich dann in dem dargeboteneu Sessel nieder, warf einen Blick auf den mit nicht gar zu freundlichem Gesicht dastehenden Heinrich und sagte:
„Mich führt heute eine Angelegenheit zu Ihnen, deren Besprechung mir die Anwesenheit Herrn von Godsberg wünschenswert macht, sie ist dann um so rascher erledigt."
Mathilde sah sie fragend an, und Heinrich bemerkte:
„Ich harre Ihrer Mitteilung, gnädige Frau."
Langsam begann die Greisin:
»Ich sagte Ihnen früher schon, daß ich mit Helene von Godsberg vor Jahren befreundet war, auch habe ich von Ihrer Ahnfrau, der Fräulein Mathilde so ähnlich sieht," und sie faßte zärtlich die Hand des jungen Mädchens, „einst Wohltaten empfangen. Dies sind Gründe, die mich zu Ihnen führen, mich veranlassen, mich in Ihre Angelegenheiten zu mischen. Erscheint Ihnen dies als eine ungebührliche Zudringlichkeit. muß ich die Folgen meines Irrtums tragen."
Sie schwieg eine Weile, dann fuhr sie fort:
„Angesichts dieser fleißigen Finger brauche ich nicht zu fragen, ob ich recht berichtet bin, wenn man mir sagte, daß sie sich in einer bedrängten Lage befinden."