Wader Mimik

Amtsblatt

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Nr. 101 I

Dienstag den 1 . September 1908-

44- Jahrgang

Wrrnöscharr.

Stuttgart, 29. Aug. Der König hat dem kommandierenden General des 13. Armee­korps, Herzog Albrecht von Württemberg, das Dienstehrenzeichen I. Kl. verliehen.

Die Sammlungen m Württemberg für den Grafen Zeppelin haben bis jetzt über 600 000 Mark ergeben. Vom ganzen Reich sind bei der Rentenanstalt Stuttgart bis heute 3400 000 Mark eingegangen. Der Schlußtermin der Sammlungen in Württemberg wurde auf den 15. September festgesetzt.

Auf einen Brief des Dresdener Ober­bürgermeisters Beutler erwiderte Graf Zeppelin u. a.: Ihre Voraussetzung, daß die Mittel zur Erbauung meines Luftschiffes durch Privat­sammlungen aufgebracht werden, ist durchaus zutreffend, und es ist sehr anzuerkennen, daß Sie, verehrter Herr Oberbürgermeister, an eine weitere Seile der Entwicklung der Luftschiff­fahrt gedacht haben. Trotzdem bin ich nicht der Ansicht, daß es zweckmäßig sein wird, von privater oder öffentlicher Seite Geld für die Anlage von Luftschiffhäfen zu sammeln und zwar aus folgenden Gründen: Wenn nicht alle Anzeichen trügen, wird die Luftfchiffahrt in allernächster Zeit einen großen Aufschwung dadurch erleben, daß sowohl das Reich für militärische Zwecke, ferner Aktiengesellschaften behufs Anlegung von Lustschifflinien Fahrzeuge meines Systems beschaffen. Naturgemäß wird es dann auch Sache der Besteller sein, die für ihre Linien notwendigen Anlagen, also auch die Häfen, aus ihren eigenen Mitteln zu bestreiten. Mein Unternehmen wird, wenn ich auch die Errichtung von Häfen für den geregelten Be­trieb der Luftschifflinien an sich durchaus für nötig halte, an solchen Anlagen kein direktes Interesse haben, weil es i» Zukunft nicht mehr in erster Linie meine Sache sein wird, Luft, schifffahrten auszuführen, sondern Luftschiffe zu bauen und an die Besteller abzuliefern, denen der Betrieb überlassen werden muß. Die non mir auszuführenden Fahrten werden sich auf Probefahrten mit abzuliesernden Fahrzeugen und auf Erprobung von Neuerungen in der Konstruktion beschränken, wobei stets die Rück­kehr »ach der Werft iu Aussicht genommen, die Anlagen von Häfen an anderen Stellen also nicht erforderlich ist. Indem ich Ihnen diese kurzen Andeutungen als Unterlage für Ihre weiteren Entschließungen zu übermitteln mich beehre, möchte ich betonen, daß niemand berechtigt sein dürfte, an Ihrer, aus sehr be­achtenswerten Ueberlegungen entsprungenen ab­wartenden Haltung einen geringeren Grad von Patriotismus oder Initiative zu erblicken, als ihn andere Stadtverwaltungen an den Tag legten, die sich sofort an der Spende für den Lustschiffbaufonds beteiligten/'

Interessante Versuche mit einem neuen Sprengstoff wurden Samstag nachmittag in Ettlingen im unweit der Spinnerei ge­legenen Aulenbacher Sandsteinbrvch vvrge- nommen.' In den als sehr hart bekannten roten Quarz-Sandstein wurden an verschiedenen Terrassen fünf Bohrlöcher von 1,20 bis 2 m Tiefe eingetrieben, die sodann mit dem neuen

Sprengstoff, der von seinem Erfinder, W. Eberle- Ettlingen, den NamenPraeposit" erhalten hat, zu etwa ein Drittel gefüllt wurden. Nach Einlegung der Zündschnur wurden die Bohrlöcher mit feuchtem Sand vollständigbesetzt", d. h. bis an den Rand zugefüllt. Auf ein Trompeten­zeichen des aufsichtsführenden Beamten zogen sich dann die sämtlichen in der Nähe beschäftigten Arbeiter in sichere Entfernung zurück, worauf die fast gleichzeitige Entzündung sämtlicher fünf Lunten vsrgenommen wurde. In großer Spannung vergingen zwei bis drei Minuten, daun erfolgten rasch hintereinander fünf schwache Detonationen. Wie von ungeheurer Riesenhand gerüttelt, durchzuckte die mächtige Steinwand heftige Erschütterung, kolossale Steinquader wurden losgelöst, gerieten ins Wanken nnd stürzten polternd und dröhnend in die Tiefe Der Druck, der sich Raum verschaffenden Gase muß ein geradezu ungeheurer gewesen sein und doch war die Wirkung keine direkt explosive, zersplitternde, sondern, wie vorausgesagt und beabsichtigt, eine mehr loslösende, schiebende. Eine alsbald oorgenommene Besichtigung der Explosionsstelle zeigte deutlich, daß die Schüsse nicht, wie dies meist bei Schwarzpnlver der Fall ist, nach oben, sondern noch meterlief nach unten schlugen, auch nicht, wie beispielsweise das D-namit, das Gestein zersplitterten, viel­mehr lediglich große, in sich völlig massive Blöcke losöstrn nnd abseits trieben. Die Wirkung an sich war, wie das Urteil der anwesenden Sachverständigen einstimmig lautete, im Ver­hältnis zu der verwendeten Menge eine bedeutend stärkere wie die des gewöhnlichen, in Stein­brüchen verwendeten Schwarzpulvers. Schleuder­stücke hatten sich nicht abgelöst, so daß die bei dem Versuche Anwesenden ruhig in unmittelbarer Nähe der Explosionsstellen hätten bleiben können. Eine weitere vorzügliche Eigenschaft des neu­erfundenen Pulvers besteht darin, daß dasselbe nicht durch Stoß zur Explosion gebracht werden kann und selbst in dem Falle, daß beim Ein­stampfen in die Bohrlöcher ein Funke entstehen sollte, nicht explodiert, sondern nur langsam abbrennt. Der Erfinder W. Eberle hat an der Erfindung und Vervollkommnung volle zwanzig Jahre lang gearbeitet.

Baden-Baden, 27. August. Großfürst Michael Nikolajewitsch von Rußland ist hier eingetroffen und hat im HotelStefanie- Wohnung genommen. Auch die Prinzen Heinrich Luitpold und Konrad Luitpold von Bayern haben sich in unserer Bäderstadt eingefunden und sind imEuropäischen Hof" adgestiegen.

Salzburg. Am 21. Aug. wurde im Hotel Germania in Bad Gastein ein frecher Diebstahl verübt, wobei den Tätern Pretiosen im Wert von über 15000 Kronen in die Hände fielen. Die Diebe waren an dem Blitz­ableiter bis in die Höhe des ersten Stockwerk gestiegen und haben nach vollbrachter Tat das Zimmer auf demselben Weg verlassen. Von Gastein wandten sie sich man vermutet, daß es sich um internationale Verbrecher handelt - nach Zell am See, wo sie zur gleichen Zeit im Hotel Elisabeth und im tKrandhotel am Seearbeiteten". Auch dort stiegen sie an den

Blitzableitern bis zu den Fenstern empor und räumten mehrre Fremdenzimmer aus. Einer Dame aus Deutschland wurden 300 Mk. und verschiedene Pretiosen entwendet, einer Fabri­kantenfamilie aus Lodz eine Anweisung aus 1000 Mark, zu beheben bei der Nationalbank in Berlin, 1000 Rubel Bargeld, 100 Mk. und 480 Kronen, sowie verschiedene kostbare Schmuckgegenstände. Zum Schaden eines Kauf­manns aus Brüssel wurden aus einem anderen Zimmer an Barbeträgen 450 Mk. und 230 Franken und gleichfalls mehrere Pretiosen ent­wendet. Obwohl die Diebstähle bald bemerkt wurden, fand man von den Tätern keine Spur mehr vor. Es wird vermutet, daß sich die Gauner nach Tirol gewendet haben.

Straß bürg i. Elf., 30. Aug. Bei der heutigen Festtafel brachte der Kaiser folgenden Trinkspruch aus:Von ganzem Herzen heiße ich die Herren willkommen und spreche Ihnen, der Kaiserin meinen wärmsten Dank aus für den schönen Empfang, durch den mir gegenüber, wie in Metz, die elsaß-lothringische Bevölkerung ihre Liebe und Anhänglichkeit so beredten Aus­druck gegeben hat. Auch liegt es mir am Herzen, noch ssinmal Ihnen für die tatkräftige Beteiligung am Wiederaufbau des alten, hehren Hohkönigs- burg zu danken, besonders auch den Lothringern für ihre patriotische Haltung, sowie die Stiftung des reizenden Lothringer Zimmers auf der Burg. Seit nunmehr 37 Jahren haben Sie in Frieden Ihren verschiedenen Berufen obliegen können und das schöne Elsaß-Lothringen ist in dieser Zeit, mit der ungeahnten Entwickluug des deutschen Reiches Schritt haltend, in hocherfreu­licher Weise empor geblüht. Als Bewohner dieses Grenziandes haben Sie naturgemäß das größte Interesse an der weiteren Erhaltung des Friedens und ich freue mich, Ihnen als meine innerste Ueberzeugung es aussprechen zu können, daß der europäische Friede nicht gefährdet ist. Er beruht auf zu festen Grundlagen, als daß sie durch Hetzereien und Verleumdungen, von Neid und der Mißgunst einzelner eingegebeu, so leicht umgestürzt werden könnten. Eine feste Bürg­schaft bietet in erster Linie das Gewissen der Fürsten und Staatsmänner Europas, die sich Gott gegenüber verantwortlich wissen und fühlen für das Leben und Gedeihen der ihrer Leitung anvertrauten Völker. Zum andern ist es der Wunsch und der Wille der Völker selbst, sich in ruhiger Entwickelung die großartigen Errungen­schaften fortschreitender Kultur nutzbar zu mache» und in friedlichem Wettbewerb ihre Kraft zu messen. Und zuletzt wird der Friede gesichert und verbürgt auch durch unsere Wehrkraft zu Wasser und zu Lande, durch das deutsche Volk in Waffen. Stolz auf die unvergleichliche Manns­zucht und Ehrliebe seiner Wehrkraft ist Deutsch­land entschlossen, sie ohne Bedrohung anderer auch ferner auf der Höhe zu erhalten und sie auszubauen, wie es das eigene Interesse erfordert, niemand zu Liebe und niemand zu Leid. Mit Gottes Hilfe und unter dem Schutze des deutschen Adlers können Sie daher auch ferner Ihren friedlichen Berufen nachgehen und die Früchte Ihres Fleißes einsammeln. Möge auf Ihrer Arbeit Gottes Segen allezeit ruhen! Es lebe das deutsche Reichsland Elsaß-Lothringen!"