Amtsblatt

für die Stadt Wildbaö.

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9ir. 98.

Dienstag den 25- August 1908-

44. Jahrgang

Wunösctzau.

Stuttgart, 18. Aug. (Kohlenfunde in Württemberg.) Die Kgl. Zentralstelle für Gewerbe und Handel erfährt, daß gegenwärtig der Versuch gemacht wird, Kapitalisten zur Her­gabe von Geld für die Anlegung von Kohlen­bergwerken in Württemberg zu veranlassen. Tatsache ist daß Kohle, zum Teil ganz gut brenneude in der Keuperformation nesterweise vorkommt. Bisher hat sich wegen der Gering­fügigkeit des Vorkommens und der Schwierig­keit der Gewinnung die Ausbeutung solcher Kohlenfunde noch nie gelohnt und die Zentral­stelle kann wie immer auch jetzt nur dringend vor der Aufwendung von Geld für vermeintliche Kohlenbergwerke iu Württemberg warnen.

Stuttgart, 20. Aug. Die Gemeinde­kollegien hatten sich heute wieder mit der Rat- hauSkellerwirtschaft zu befassen. Die.anerkannt unschönen und unpraktischen Lokalitäten, die allerdings zum großen Teil auf den Grund­riß dcS Rathausneubaus, bei welchem ursprüng­lich die Schaffung eines Ratskellers gar nicht in Aussicht genommen war, zurückzuführe» sind, sollen umgeändert werden. Es wurde beschlossen, einen größeren Raum unter Hinzunahme Ms sogenannten Künstlerzimmers vnd unter Weg­fall des Eingangs von der Hirschstraße zu schaffen, der als Tagesrestauration dienen soll. Die übrigen Räume werden nur bei besonderen Gelegenheiten benutzt. Die Kosten des Umbaus werden auf 24,000 Mark berechnet. Im Laufe der Debatte wurde auch angeregt, unsere reinen, aber für manche Gaumen etwas herben Weine durch Verschnitt mit anderenmundgerechter" zu machen, was aber keine Unterstützung fand, da gerade in der Naturreinheit der zum Aus­schank kommenden Weine der Vorzug des Rat­hauskellers liege.

Stuttgart, 19. Aug. Ein raffinierter Diebstahl wurde in der vergangenen Nacht in einem hiesigen großen Hotel verübt. Einem Hotelgast wurden aus seinem Zimmer 16 Hundertsrankenscheine und 500 Mk. in deut­schem Gelbe gestohlen. Der Bestohlene selbst wurde heute früh bewußtlos in seinem Belt aufgefunden. Er war mit Chloroform betäubt worden. Von dem Täter hat man bis jetzt keine Spur; es handelt sich wahrscheinlich um einen internationalen Hoteldieb.

Stuttgart, 21. Aug. DieWürttbg. Ztg." gibt zu dem bereits gemeldeten raffi­nierten Diebstahl in einem hiesigen großen Hotel folgende Darstellung des Betroffenen: Ich wurde durch ein starkes Geräusch von der Türe her mach; ehe ich recht bei Besinnung war, sah >ch einen Mann in meinem Zimmer. Als der Mensch sich auf mich stürzte, griff ich zu meinem Revolver und drückte los, doch ver­sagte die Waffe. Schon halte ich ein mit scharf riechendem Stoff getränktes Tuch überm Gesicht und versank sofort in Betäubung, aus der ich erst am nächsten Morgen gegen 11 Uhr durch einen mich besuchenden Freund unter Beihilfe des Hotelbesitzers und eines ArztcS geweckt wurde. Wie das genannte Blatt von dem Herrn weiter erfährt es 'handelt sich um einen Vertreter einer bedeutenden Darm­

städter Firma - hat er sich von dem Ueber- fall noch nicht erholt und befindet sich noch in ärztlicher Behandlung. Er glaubt aber, daß man dem Einbrecher auf der Spur ist.

E ii z k I ö sterl e, 20. Aug. Die Postagentin Marie Klingec hier wurde auf ihr Ansuchen vom hiesigen Postagenturdienst enthoben und derselbe der Katharina Schultheißhierübertragen.

Horb, 20. August. Gestern abend fünf Uhr löste fick bei einem Neubau in der Nässe des Bahnhofes eine Erdwand und begrub unter sich den sehr fleißigen Arbeiter Roßderger von hier, Vater von sieben unmündigen Kindern. Er mußte als Leiche herausgeschäuselt werden.

Graf Zeppelin, der anläßlich der ihm so reichlich zuströmenden Geldmittel mit Bettelbriefen überschwemmt wird, sieht sich ge­nötigt, folgende Erklärung zu veröffentlichen: Die mir vom ganzen deutschen Volke in ein­mütiger Opferwilligkeit gespendete Gabe über­trifft schon heute weitaus die unmittelbaren Kosten des Ersatzbaues für mein zerstörtes Luftschiff. Mit dem mir von den Spendern anvertrauten freien VerfügungSrechte bilde ich aus dem Ueber>chüß eineZeppelin-Luftschiff- Stiftnng", welche bestimmt ist, die Entwicklung des Baues meiner Luftschiffe zum Vorteil der deutschen Industrie zu begründen, sowie dem Reiche die Beschaffung solcher Luftschiffe zur Erhöhung seiner Wehrkraft und zur Verwen­dung im Dienste der Wissenschaft zu erleichtern. Hiernach erhält mein eigenes Vermögen durch die Spende keinerlei Zuwachs. Ich bitte des­halb es mir nicht als Hartherzigkeit auslegen zu wollen, wenn ich die in letzter Zeit in un­geheurem Umfang an mich und meine Ange­hörigen gelangenden Bittgesuche, zu deren Be­friedigung mein ganzes bares Einkommen nicht ausreichen würde, abschlägig bescheiden muß. Friednchshafen a. B., Ende August 1908. Graf Zeppelin.

Maulbronn, 20. Aug. Das hiesige Postpersonal geriet am Dienstag abend in große Aufregung. Bei Uebergabe und Ueber- nahme der Bahnpost im Zug 40 Stuttgart Bruchsal legte der Postillon in der Eile einen Wertbeutel mit 1000 Mk. Inhalt auf das Trittbrett des Bahnpostwagens und vergaß ihn. Selbstverständlich wurde der Beutel nach Abfahrt des Zuges bald vermißt und sofort Nachforschungen veranstaltet; nach längerem Suchen fand man ihn bei Bahnwärterposten 61 auf dem Bahnkörper; rr war während der Fahrt heruntcrgefalleu, glücklicherweise nicht ins Wasser, wie bekanntlich vor einigen Jahren in Sigmaringen eine Wertkiste mit über 20000 Mark Inhalt.

Baden-Baden, 22. Aug. Gestern war den württembergischen Farben beim Rennen ein Erfolg beschicken. Die Hamilton StakeS, ein Rennen über 1000 Meter im Werte von 6000 Mark, gewann gegen sechs andere Pferde Privatgestüts Weil braune Stute Tausendschön". Ihr Sieg wurde vom Totali- sator mit 51:10 bezahlt, da er ziemlich uner­wartet kam. Unter den Gegnern befinden sich geachtete Ställe, wie das Kgl. HauSgestüt Grabitz und der Weinbergsche Stall, Frank­

furt a. M. der den zweiten Platz im Rennen belegte.

München, 22. Aug. Der Lokalanzeiger meldet aus Kitzingen i. B.: Bei Renovierungs­arbeiten an der hiesigen Synagoge stürzten ein Malermeister, 2 Gehilfen und ein Lehrling vom Gerüst. Der Lehrling ist tot, die übrigen sind schwer verletzt.

Frankfurt a. M., 22. August. Ein Privattelegramm der Frankfurter Ztg. meldet aus Friedrichshafen: In großer Zahl gehen neuerdings beim Grafen Zeppelin Angebote aus den verschiedensten Gegenden ein, für das Unternehmen Landhallen zu erbauen und dem Grafen Zeppelin zur Verfügung zu stellen. So gut solche Vorschläge gemeint sind, so ent­springen sie jedoch einer gewissen Verkennung der Art und der Absichten der im Entstehen begriffenen Gesellschaft. ES liegt in der Natur der Sache, daß das Unternehmen sich auf den Bau uud die Vervollkommnung der Zeppe­lin-Luftschiffe und auf die Ausführung mehr oder weniger ausgedehnter Probefahrten be­schränken muß. Reisen über gang Deutschland zu machen, dazu liegt keine Veranlassung vor. Es genügt auch, wenn eine Ballonhalle die dem Grafen Zeppelin offeriert wurde, auf des­sen Vorschlag in der Nähe der chemischen Fabrik GriesheimElektron" und vielleicht noch die eine joder andere am Miitelrhein ge­baut wird. Im übrigen wird eS Sache der Käufer von Luftschiffen sein, wo sie ihre §Hal- len zu errichten haben. Insoweit daS Reich Kriegsballons erwerben wird, kann nur von der Militärverwaltung der geeignete Ort für den zugehörigen Luftfchiffhafen bestimmt werden. Und wenn, wie eS hier und da schon geschehen, etwa Aktiengesellschaften sich konstituieren, die die Errichtung fester VerkehrSrouten planen, so werden diese, die sich übrigens noch etwas gedulden mögen, ihrerseits natürlich auch ihre Hallen sich schaffen. Wo man daher Fonds für Hallenbauten sammelt, tut man gut, sich entweder, soweit noch nötig, an der Errichtung der Griesheimer Anlage zu beteiligen, oder aber die Beträge dem Friedrich-Hafener Un­ternehmen direkt zur Verfügung zu stellen, da hier die zweckdienlichste Verwendung der Mit­tel erfolgen kann.

Radinmfunde haben im Erz­gebirge ein wahres Radiumfieber hervorge­rufen. Nunmehr ist die Regierung der Sache nähergetreten und hat der Stadtgemeinde Ober­wiesenthal ein 440,740 Quadratmeter fassendes Grubenfeld zur Gewinnung aller darin liegen­den verleihbaren metallischen Mineralien unter dem NamenSegen Gottes zu Marienthal" verliehen.

Freiburg, 18. Aug. Der 7. Verbands­tag der Buchbindermeister Badens beschloß, aus Einführung von Volksschulheften mit ein­heitlicher Lineatur und einer einheitlichen Fibel für das ganze Land zu wirken.

Berlin, 24. Aug. AuS Konstantinopel wird gemeldet: Seie gestern nachmittag wütet bei heftigem Oststurm in Gtambul ein unge­heurer Brand. Das ganze Viertel hinter dem Kriegsministerium ist niedergebranut. Um 10