Nr. 206.

Amts- und AnzeigeblatL für den Oberamtsbezirk Calw.

94. Jahrgang.

Srschelnu« q»weise: « mnl«Lchentl. «»zelgenpret«! Die »einspaltig« Zeile 20 Psq Reklamen SV Psg. Schluß der Anzeigenannahme 0 Uhr vormittag«. Fernsprecher S.

Freitag den 5. September 1918.

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z«i MM der KricMMsmMlim-HciMehk.

Der Abtransport der Gefangenen.

Homburg v. d. H., 4. Sept. Wie wir vom Stab der Gruppe .Rhein erfahren, sind di« in den 8 Durchgangslagern Meschede, Gie- Hen und Limburg eingetrofsenen je 3000 deutschen Kriegsgefangenen . ln die Heimat abbefördert worden.

Kassel, 4. Sept. Auf dem hiesigen Hauptbahnhsf traf heute früh ,t>er erste Transport der deutschen Kriegsgefangenen aus amerikani 'scher Gefangenschaft ein. Die Amerikaner sind gegenwärtig damit 'beschäftigt, dt« in ihrer Hand befindlichen Gefangenen in zwei großen Sammellagern in Frankreich zusammenzuziehen. Sobald die «mSreichendcn Transportmittel vorhanden sind, sollen die Gefangenen tn die Heimat überführt werden. Nach herzlicher Begrüßung wur­den dir Heimgekehrten nach Hannover und Schleswig-Holstein wei­ter befördert.

Berlin, 4. Sept. Die Reichszentralstelle für Kriegs- und Zivil­gefangene teilt mit: Heute ist der vierte Transport mit Gefangenen vuS englisch« Hand i« Frankreich in Köln eingetrofsen und nach dem Durchgangslager Wetzlar weitergeleitet worden. Bier Lazarctt- züge mit Schwerkranken und Verwundeten aus Frankreich werden mn 4. und 5. September über Kehl-Offenburg abgesandt werden.

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Von zuständiger Seite wird mitgeteilt: Von den matz­gebenden Behörden und Stellen ist alles geschehen, um den Empfang und die Fürsorge für unsere in harter Knechtschaft bedrängten Brüder überall gleichmäßig so gut und herzlich wie möglich zu gestalten. Es besteht z. B. in Württemberg nicht nur das Durchgangslager Eglosheim, sondern vom Kriegs­ministerium wurden auch die Lager Münsingen (Lager bei der Stadt) und Hohenaspe,rg in gleicher Weife zum Empfang und zur Abwicklung der Entlassungsangelegenheiten unserer Heimkehrer eingerichtet. Die Einrichtungen dieser La­ger sind alle soweit getroffen, daß jederzeit die nun hoffent­lich recht bald Heimkehrenden dort einen würdigen Empfang staden. Da die Organisation aller drei Lager nach gleichen Gesichtspunkten geschah, findet der Heimkehrende in allen diesen Lagern auch di« gleiche Aufnahme und Fürsorge. In uner­müdlicher Arbeit wetteifern die Kommandanten und ihr Per­sonal schon seit Monaten tn dem Bestreben, den Empfang und die' Fürsorge reckt liebevoll und den Aufenthalt bequem zu gestalten. Der militärisch»« Charakter wird hierbei nur auf das unbedingt Notwendigste beschränkt bleiben. Unsere Heimkehrer sollen und werden sich in der kurzen Zeit ihres Aufenthaltes Al den Durchgangslagern wohl fühlen. Außerdem sind für solche Heimkehrer, die krank oder verwundet sind, in Württemberg sieben Hrimkehrla aretl nämlich in Stuttgart, Cannstatt Ulm, Btberach, Ravensburg und Weingarten im Betrieb. In ihnen finden di« Lazarettpflegebcdürftigen Aufnahme und erhalten, wenn sie genesen sind, in gleicher Weise wie in den Durch­gangslagern, ihre Abfertigung und Entlassung. Als Grenz­übergangsstation, d. h. als Stellen, wo die zurückkeh­renden Gefangenen auf dentt-*-em Gebiet« übernommen wer­den, kommen für die württ. Lager außer Mannheim noch I senburg. Basel und Konstanz in Betracht.

Zur Sichere» Lage.

Die Herrschaft der Bestie im besetzten Gebiet.

Man schreibt aus Trier: .Unsere Bischofsstadt durchlebt jetzt Mwere Zeiten. Es hieß immer, die Trierer seien ein leichtlebiges Völkchen. Es war auch etwas Wahres an dieser Behauptung, aber ^ ^ mit der frohen Zuversicht vorbei. Dumpfer Ernst lagert o >> allen Gesichtern und selten steht man ein Lachen. Wir haben 'r ein starkes französisches Kommando, dos aus fünf Bataillonen . nfanterie besteht, dazu kommen noch Artilleristen, Pioniere und e was Kavallerie. Nun ist ja Trier schon früher eine starke Garni- lon gewesen, aber die Soldaten waren tagsüber beschäftigt so merkte man wenig von ihnen. Das französische Militär scheint seinen Aus- a in Trier durch Faulenzen auszufüllen, denn die gallischen "*an vom stützen Morgen bis zum späten Abend In , .n Gaffen und Winkeln der Stadt, wo sie meist nichts Gutes vor- ^ eine alte Sitte, daß die Dienstmädcken Ssnn-

Am s" ^ Frühmesse gehen, denn der Vormittag gehört der Arbeit.

Sonntag nun waren schon morgens um 6 Uhr eine den ^onzösischer Soldaten ans den Beinen und lauerten

unk m " 7 Scharen an der Kirchentüre auf. Man hörte Schreien Montan m ^er kein Bürger wagte es, sich hineinzumischen. Am sie wo^ ^°n fand man drei Trierer Dienstmädchen tot im Walde, ren ^ der Lüstlinge geworden und 6 kamen mit sckwe-

Mädcken°ka"k^"^ Krankenhaus Ist das nicht fürchterlich? Kein und erlckr^ Straße wagen, alle sind furchtsam

un'ernl' k ^ ' ^ Annäherung- - Ta die Behörden nichts K°n^ der Bürger, hat der Bischof Dr.

s den Oberstkommandierenden ausgesucht und hat ihm

das Leid der Trierer geklagt. Höfliche, ablehnende Abweisung war der ganze Erfolg, man solle doch sti Trier nicht so tugendstolz sein. Am Mittwoch wurde sogar von vier französischen Soldaten ein Mädchen aus einem Laden, in welchem eS als Verkäuferin tätig war, herausgeschleppt und in einem Hausflur vergewaltigt. Gestern geschah es sogar, daß zwei Soldaten morgens um 6 Uhr in eine Kirche drangen und ein dort betendes Mädchen knebelten und an Ort und Stelle vergewaltigten Man hat in Trier das Gefühl, als ob alle wilden Tiere Afrikas losg,lassen» n und hat keine Ahnung, wann sich diese schauderhaften Zustände bessern werden. Wir frage« di« deutsche Negierung, warum sie nicht dir nötigen Schritte tut, um diese bestialischen Vorgänge täglich in d« ganze» Welt zu kennzeichnen.

Französische Einmischung überall.

Berlin, 5 Sept. Die Deutsche Allgemeine Zeitung" berichtet nach der .Frankfurter Zeitung", daß General Man .in verboten habe, daß die deutschen Beamten im Bereich der französischen 10 Armee ans die neue deutsche Vcrsafsiing vereidigt werden.

Die Aussicht der Entente über das deutsche Heer.

(WTB.) Berlin, 3. Sept. Die interalliierte Kontrollkom­

mission für militärische Angele««"-

sst am 5. September

in Berlin ein. Cie besteht aus KO Offizieren, 12 Dolmetschern und 77 Soldaten. Ferner sind ihr 18 Autos beigegeben. Die Abteilung für Heereswcsen untersteht dem französischen General Roller, die Abteilung Lnftsireitkräfte dem englischen Vri- gadegeneral Masterman und die Abteilung Marine dem englischen Admiral Charlton. (Die Alliicrtcnkommis- sion soll schon begonnen haben. Las Uebungsschietzen auf dem Darmstädter Artillerieschießplatz zu kontrollieren, was natür­lich gegen die Bestimmungen des Friedensvertrags verstößt 1

Sine offiziöse Aufklärung

über die Ententekommission.

(WTB.) Berlin,' 4. Sept. Aus den verschiedenen Presse­meldungen über die demnächst in Berlin zu erwartende En­tentekommission geht hervor, daß über deren Zweck und Befug­nisse vielfach in der Oesfentlichkcit Unklarheit besteht. Zur Klarstellung wird folgendes bemerkt: Die angekündigte Ententekommission ist auf Ersuchen der deutschen Regierung entsandt worden zu dem Zweck, um bereits vor Inkrafttreten des Friedensvertrags eine Reihe von Zweifeln über die Aus. führung der Bestimmungen des Friedensvertrags über Heer, Marine und Luftschiffahrt zu beseitigen und für die von der deutschen Negierung in diesem Zusammenhang zu treffenden Maßnahmen die erforderlichen Grundlagen auf dem Wege der Vereinbarung zu schaffen. Wenn einzelne Mitglieder der jetzt erwarteten E n t e n t e k o m m i s s i o n der für di« Zeit nach Inkrasttreten des Friedeusvertrags vorgesehenen Kontrollkom­mission entnommen sind, so kann dies aus sachlichen Gründen nur zweckmäßig sein, bedeutet aber keineswegs, daß es sich jetzt bereits um den Beginn der Arbeiten der Kontrollkommission handelt, vielmehr bestehen darüber auf keiner Seit« Zweifel, daß von der Ausübung einer Kontrolltätigkeit seitens der dem­nächst eintreffenden Kommission keine Rede sein kann.

Das Eigentumsrecht im besetzte« Gebiet.

Berlin, 4. Sept. Wie seiner Zeit tn der Presse bekannt ge­geben wurde, hat die deutsche Regierung den a. und a. Regierungen am 24. Juli ds. I«. eine Note wegen des zwangsweisen Verkaufs der in ihrem Machtbereich befindlichen im Eigentum von Deutschen stehenden HauSeinrichtungen. Familicnandenken, Kleidungs- und Wäschestücken und ähnlichen Sachen überreichen lassen. Sie wurden darin zur Beruhigung der beteiligten Deutschen um die Zusicherung ersucht, daß Gegenstände der bezeichneten Art von den im Friedens­vertrag vorgesehene^ Liquidationsmaßnahmen verschont bleiben sollen. Die gegnerischen Regierungen haben die deutsche Note nun­mehr beantwortet und erklärt, daß sie nickt die Absicht haben, pcrsön- liffw Effekten oder Andenken von geringerem Wert (effvct porson- uo!s o« 6es sauvenies cls pou c!a valsue) zu liquidieren.

Deutsche Tankdampfer für Frankreich.

* Berlin, 15. Sept. Nach derD. Tagesztg." hat der Pariser Petroleumausschuß der Friedenskonferenz vorgeschla­gen, von Deutschland die Auslieferung der in Hamburg liegen­den Tankdampfcr an Frankreich zu verlangen.

Geld für Lebensmittel.

* Berlin, 5. Sept. LautB. L.-A." ersuchte Freiherr von Lersner die a. und a. Regierungen, die Ausfuhr von 658 Millionen Goldbarren zur Bezahlung der an Deutschland ge­lieferten Lebensmittel zu gestatten.

Die alliierte Nnler'irchurrgLkommission

über die Vorgänge in Fiume.

Bern, 4. Sept. Nach Mailänder Blättern bestätigt der Bericht der alliierten Untersuchungskommission für Fiume das gespannte Ver­hältnis zwischen den dort stationierten französischen und italienischen

Truppen und verlangt die Aufhebung der französischen Marinebasis und des italienischen Nationalrats in Fiume. Die Stadtveen» g soll unter eine Verbandskontrolle gestellt werden. Der Bericht bean­tragt außerdem gegen italienische Offiziere, darunter die Komman­danten der italienischen Marine und der italienischen Gendarmerie, strafrechtliche Verfolgung.

D!e französische Kammer und der Friedensvertrag.

Paris, 4. Sept. (Havas.) In der Fortsetzung sein« Rede stellte Barkhou die Frage an Clemenceau, ob die Alliierten einge- wtlligt hätten, den Artikel, der die Reduktion d« deutschen Armes innerhalb drei« Monate nach Inkrafttreten des Friedensvertrages verlangt, zu ändern. Zweifellos bildet die deutsche Armee für Frank­reich keine Gefahr mehr, aber" letzteres müsse an Pole» denken und an die Volksabstimmung in den besetzten Gebieten, wo sich gegen­wärtig ungeheuerliche Dinge abspielen. Weiter führte der Redner noch aus, daß es notwendig sei, eine Streitmacht inS Lebe« zu rufen, die imstande sei, die ganze Menschheit zu verteidigen. Eine Mehrheit sei notwendig und dränge Frankreich und der ganzen Welt eine neue Politik auf (Beifall auf allen Bänken des Hauses). Die Frag« d« Verminderung d« Rüstungen müsse jedenfalls gelöst wer» den. Der Redner wünschte, daß die von Frankreich aufgcsiellte Thes» tn der Frage der Rüstung und ihr« Kontrolle den Vorzug erhalt«. Heb« Partei und Programm müsse man ja schon das edle Ideal (!) Frankreichs stellen, daß dieser Krieg der letzte ist Der Sieg Frank­reichs sei ein Sieg der Wiedergutmachung. (Brausender Beifall.) Als Barthou von der Tribüne herunterstieg, kam Clemenceau auf ihn zu und drückte ihm die Hand. Net der weiteren Fortsetzung !«r Debatte beklagte sich Franklin Voullion über die ungenügenden fi­nanziellen Garantien und gab im übrigen der Hoffnung Ausdruck, daß Amerika Frankreich nicht angesichts seines Sieges untergehen lasse. Also das sranrösische Heer soll noch vergrößert wer-en. Dasedle Ideal" Frankreichs bestand in der Eroberungsgier, wie der Frieden gezeigt hat, und jetzt besieht er darin, den Riesenraub auf alle Zeiten mit Gewalt unter Mithilfe der angelsächsischen Raub- stnaten fickerzustellen.

Ein befristetes Ultimatum

der Entente an Rumänien.

" Amsterdam, 4. Septbr. Nach einer Reutermeldung aus Paris ist die rumänische Frage in ein akutes Stadium ein­getreten. Da der Oberste Rat auf die kürzlich an Rumänien gerichtete Rote tsincrkei Antwort erhalten hat, hat er be­schlossen, einen Abgesandten nach Bukarest zu schicken, um der rumänischen Regierung «in befristetes Ultimatum zu über­reichen. Sollte Rumänien sich weigern, die Bedingungen des Ultmatums in der angegebenen Frist zu erfüllen, so werden die diplomatischen Beziehungen zwischen den a. und a. Regie­rungen einerseits und Rumänien andererseits aufgehoben und der Abgesandte der a. und a. Mächte wird mit den ': l er rumänischen Hauptstadt weilenden diplomatischen Vertretern dieser Mächte von Bukarest abreisen. Nach einer anderen Reutermeldung aus Paris erklärt man, daß in dem Ultimatum von Rumänien verlangt wird, daß es Ungarn räumt und an­erkennt, daß alle Requisitionen an die Alliierten - ""

lung unter die Gläubiger Ungarns ausgelicfcrt we:ve>. >.

Das Ehaos in Rußland.

Stockholm, 4. Sept. WiePolitiken" au» best« Quelle «sah- ren, bessert sich die militärische Lage der Sovjetrrglerung zusehends. DenikinS Vormarsch ist aufgehalten und Kiew wledergewonnen Tm

Osten steht die Rote Armee vor Tobolsk das bereits e' - ist, und Kotschak trifft Vorbereitungen zur.miune . weiter östlich stehen die Rätetruppen vor Wladiwostok.

Königsberg, 4. Sept. Die efthnische Regierung tn Mitau hat nach einem Telegramm d«Tilsiter Zeitung" folgenden Funkspruch aus Zarskoje Sclo «halten: Die Sovjetregierung macht der esthni- schcn Regierung im Augenblick des siegreichen Vordringens d« Noten Armee nach Einnahme von Jamburg und P'cSlau Fried schlage. Es wird angenommen, daß die efthnische Regierung ». r dem Druck der Entente im Gegensatz zum Volkswillen kämpft. Ais Basis wird die Anerkennung der Unabhängigkeit EsthlandS zuge» sichert. Besprechungen üb« eine neutrale Zone und über die Grenz­festsetzungen sind baldigst erwünscht.

Kopenhagen, 4 Sept. Die letzten aus Petersburg eingetroffe­nen Zeitungen melden, daß in Moskau eine Bande von 18 bewaff­neten Personen einen Ueberfall auf die Reichsbank auSführte und 2 Millionen raubte. Das ist in letzter Zeit der dritte gut vorbe­reitete und gelungene Raubüberfall auf die Moskauer Reichsbank.

»Nach einem Telegramm aus Helsingfors berichtet eine Persön­lichkeit, die kürzlich aus Pleskau entfliehen konnte, daß die Bolsche­wisten bei ihrem Einmarsch tn die Stadt 250 Personen, Männer, Frauen und Kinder getötet haben.

(WTB.) Kow«o. 4. Sept. Die Litauer hu^u au, der ganzen Front die Düna erreicht. Diesseits der Düna halten sich die Bolschewisten nur noch in den Werken an der Eisen­bahnbrücke bei Dünaburg. In Süd-Litauen ist der Was-