Pforzheim,?. April. Eine eigentümliche Beobachtung konnte man gestern machen. Wäh. rend tagsüber üie Straßen ziemlich belebt waren und viele Arbeiter, Angestellte usw. feiern muß. ten, waren schon zu verhältnismäßig früher Zeit gestern Nacht die Straßen ruhig und manche Wirtschaften bereits nach 11 Uhr ge­schlossen. ES >st das wohl die Wirkung der gegenwärtigen Geschäftslofigkeit. (G.-A.)

Mn dem 30. April d. I. hört die Girl- tigkeit der Kiiom e ter hefte in Baden auf.

Die Beleidiger des Fräulein Olga Molitor stehen auf unhaltbarem Posten und drücken sich. So hat sich der aus dem Hau- Prozeß bekannte Zeuge Kunstichüler Lenk, der in »einer Broschüre:Ich schwöre! Die Wahr­heit über Hau!" seine wiederholte Vernehmung so gebieterisch verlangte, nicht nur seiner Ver­nehmung, sondern auch seiner Aburteilung wegen Beleidigung durch eine Reise ins Ausland zu entziehen gewußt. Ferner war kürzlich der in Charlottenburg wohnende, gleichfalls wegen Beleidigung von Olga Molitor angeklage Schrift- steiler Karl Bleibtreu in der Hauptverhandlung nicht erschienen. Der Vorsitzende gab bekannt, daß Bleibtreu seinen Wohnsitz nach Anstrengung des Prozesses dauernd ins Ausland verlegt habe und di« deutschen Behörden einlade, ihn im Auslände zu verfolgen. Eine Auslieferung findet aber wegen Beleidigung nicht statt.

Bill in gen, 4. April. Der hiesige Vor­schußverein hat das wohlbekannte Hotel zur Waldmühle," das er im Konkursverfahren zu 121,000 Mk. übernommen hatte, zum gleichen Preise an Privatier Paul Lutz, de» früheren Besitzer des Hotels Lutz in Karlsruhe, abge­geben.

Dem VereinStraßburger Soldaten­heim" in Straß bürg i. E., welches eine aus zwei Serien bestehende Lotterie mit je 108 000 Losen zum Zweck der Schaffung und Unter­haltung eine» Soldatenheims in Straßburg i. E. veranstaltet, ist die Erlaubnis zum Vertrieb von je 8000 Losen jeder Serie im Königreich Württemberg erteilt worden. Die Besorgung und verantwortliche Vertretung des Losvertriebs in Württemberg ist dem Generalagenten C. Brcitmeyer in Stuttgarr übertragen worden.

München, 6. Ap.il. Ein in den letzten Tagen hier in Szene gesetzter Streik der Kaffee- trinker hat mit dem Sieg der letzteren geendet. Am 1. April erhöhten nämlich die meiste» Kaffeehäuser der inneren Stadt den Preis pro Tuffe von 20 auf 25 Pfennig. Daraufhin blieben die Gäste aus. Aach die enragiertesten Kaffeehaushocker brachten es über sich, im In­teresse der guten Sache den Platz rm Stiche zu lassen. Des Alleinseins müde entschlossen sich daraufhin die Kaffeehausbesttzer, wieder zum alten Preis zurückzukehren.

Aus Bayern, 6. April. Die Stadr GünSburg verkaufte 400 Tagewerk Tor ntoor um 600000 Mk. Nach Ausbeulung der Moore fällt der Grund u. Boden wieder der Stadl zu, die ihn dann aufforstet.

DerAprilscherz" der Münchener Halb­monatsschriftMärz" wird ein gerichtliches Nachspiel haben. Gegen das Blatt ist, wie aus München gemeldet wird, infolge der Ver­breitung des erfundenen Briefwechsels Kaiser Wilhelms mit Lord Tweedmouih ein Straker- mittelungSverfahrcn wegen groben Utsiugs ein. geleitet werden.

In M)arm st adt ist die Großmutter des Staatssekretärs Dernburg, die Pfarrers­witwe Stahl, im 92. Lebensjahr gestorben.

Waldsajsen, 5. April. Einen wohlge­lungenen Aprilscherz leistete sich die hier er­scheinendeGrenzzeitung." Sie ließ sich aus Konstanz drahten, daß am 1. April Gras Zeppelin mit seinem Luftschiff nach Berlin segle und dabei die Route Nüriiderg-Wlestau-Eger- Ehemnitz-Berlin einjchlagc. Nachdem der W tz- vogel auch genau die Zeit angegeben hatte, zu welcher das Luftschiff die Orte Miesau, Mitlerteich, Wallsiassen rc. passieren sollte, waren es nicht Dutzende, sondern Hunderte, die er in den April schickte. Ganze Ortschaften wanderten aus die nahe gelegene» Berge oder hochgelegenen Punkte, um das Nahen des Lu t- ballonS zu erwarten. In einigen Orten haben

sogar die Lehrer die Schulkinder auf höher ge> legene Punkte geführt.

Berlin. Nach langen Verhandlungen haben sich die Parteien des deutschen Bauge­werbes auf einen Tarif, der als einheitliches Muster für den Abschluß von Tarifverträgen gellen soll geeinigt. Dieser sogenannte Einig- ungstarif, der von der Redaktionskommission festgelegt wurde, enthält folgende grundlegende Bestimmungen: 1) Hinsichtlich der Arbeitszeit haben sich die Parteien dahin geeinigt, daß in allen Orten, wo die Arbeitszeit bis l0 Stunden täglich beträgt, zurzeit keine Verkürzung der Arbeitszeit eintreten soll. 2) Für Gehilfen, die infolge Alters oder Invalidität in ihrer Leislungs- fährgkeit beschränkt sind, für jugendliche Arbeiter, »owie für Junggesellen im ersten und zweiten Jahre nach beendigter Lehrzeit und bestandener Gesellenprüfung kann ein geringerer Lohn durch freie Vereinbarung festgesetzt werden. 3) Ak­kordarbeit ist zulässig. Die Akkordpreile unter­liegen besonderer Vereinbarung. 4) Für die­jenige Zeit, in welcher die Arbeit ruhen muß infolge Materialmangels, Witteruiigsveihält- niffe, polizeilicher Anordnung, Sistierung des Baue- durch de» Bauherrn. Betriebsstörung der Materialförderungsanlagen oder partieller Streiks der auf den Arbeitsstätten beschäftigten Mitarbeiter, kann der Arbeitnehmer ebenfalls keinen Lohn beanspruchen. 5) Das Zusammen­arbeiten mit anders- oder Nichtorganisierten Arbeitnehmer» auf ein und derselben Arbeits­stelle darf nicht beanstandet werden. Die Ein­stellung und Entlassung von Arbeitern steht im freien Ermessen des Arbeitgebers. Jegliche Agitation während der Arbeitszeit ist verboten. Die Pausen gelten nicht als Arbeitszeit. Am ders» oder Nichtorganisierte Arbeiter dürfen in Pausen, sowie vor und nach der Arbeitszeit nicht belästigt werden. Der Zutritt zu den Arbeitsstellen ist anderen als den dort beichäf. tigten Personen ohne Erlaubnis des Arbeitgebers nicht gestattet. Die Zugehörigkeit zur Organi- sanon darf kein Grund zur Entlassung jem, ebensowenig darf der Austritt aus einer Or­ganisation vom Arbeitgeber verlangt werden. Arbeitsordnungen dürfen den Vertragsvestimm. ungen nicht zuwiderlaufen.

Berlin, 4. April. Im Reichstag war heutegroßer Tag". Zur Beratung stand der vieluinsttittene Sptachenparagraph des VereinS- geietzes. Bei stark besetztem Hause und über­füllten Tribünen wurde die Beratung begonnen und zu Ende geführt. Der Paragraph wurde in namentlicher Abstimmung nur 200 gegen 179 Stimmen bei 3 Stimmenthaltungen nach den Kompromißanträgen angenommen. Die Abstimmung selbst vollzog sich unter großer Bewegung des ganzen Hauses. Das Resultat wurde vom Block mit lebhaftem Beifall, vom Antiblockmil tanganhaltendem Toben und Zischen ausgenommen. Mit der Annahme dieses Para­graphen ist das Schicksal d-s ganzen Vereins­gesetzes enlichieden und wird die dritte Lejung e«ne bemerkenswerte Aeuüerung kaum bringen, zumal sich erwarien läßt, daß der Block alles austneten wird, um den endgültigen Sieg an »eine Fahne zu heften. Glue Absplitterung freisinniger Stimmen dürfte dabei kaum ein- trete». tlebrigens verlautet, daß bei der gest­rigen zweiten Lesung von der freisinnigen Fraktionsgemeiiischost nur vier Abgeordnete (Haußmann, Neumann-Hoier, Dr. Potthoff und Dr. Dohrn) gegen den Paragraphen gestimmt haben.

Berlin, 8. April. Bei der heutigen 3. Lesung deS Bereinsgejetzes und dcS Börsengesetzes wurde das elftere mit 194 gegen 168 St. und das letztere mit 203 gegen l68 emgiltig angenommen.

Berlin, 7. April. Das Bürsengesetz wurde in zweiter Lesung angenommen.

Berlin, 6. April. Die Ankunft des Kai- sers auf der Insel Korfu wird, wie vo» dort gemeldet wird, für den 10. d. M. erwartet. Eine Jacht des Sultans hat bereits vor Korfu Anker geworfen.

Genf, 6. April. Lucheni, der Mörder der Kaiserin von Oesterreich, ist nach Meldung des Genfer Journal in seiner Einzelhaft j.tzl im Zustand der Verblödung begriffen. Lucheni

verweigert seit 8 Tagen die Annahme sott Speise und Trank.

Budapest, 8. April. In der großen Ge meinde Forro im Komitat Abauj Torna brach heute vor Morgengrauen Feuer aus, da» im Sturmwind rasch um sich griff und 35 Wohnhäuser mit 40 Nebengebäuden ein- äscherte.

Mrrterhctltendes.

Der gehcmiiMiille Word im Me im Soscomdk.

Von Conan Doyle. .

Autorisiert. Nachdruck verboten.

(Fortsetzung.)

Sherlock Holmes war geradezu verwandelt, wenn er sich, wie eben jetzt, auf frischer Fährte befand. Wer nur den rühigen Denker und Logiker aus der Bakersträße kannte, hätte ihn hier für einen andern Menschen gehalten. Sein Gesicht war gerötet und sch en dunkler. Seine Augenbrauen liefen iu zwei scharfe, schwarze Linien zusammen, unter welchen die Augen mit stählernem Glanz hervorleuchleten. Sein Blick war zur Erde gerichtet, seine Schulter« nach vorn gebeugt, die Lippen zusammeugepreßt und an seinem langen, sehnigen Hals traten die Adern wie gespannte Sailen hervor. Seine Naseiflügel schienen vor wilder Jagdlust zu beben, und er war so voll und ganz bei der Sache, daß er eine an ihn gerichtete Frage oder Bemerkung kaum vernäh.» und höchstens mit einem raschen, ungeduldigen Knurren er­widerte. Schnell und schweigsam schritt er auf dem Pfad durch die Wiesen und dann durch den Wald nach dem Teich. Der Boden war. wie in der gacizen Umgegend, feuchter Moorboden, und es fanden sich auf dem Pfade se.bst wie auf dem schmale» Gcasstreisen da­neben viele Fußspuren. Bald eilte Holmes voran, bald stand er regungslos da, und ein­mal ging er eine kurze Strecke m die Wiese. Leslrade und lch schritten hinter im drein; der Detektiv gleichgültig und würdevoll, wäh­rend ich jeder Bewegung meines Freundes ge­spannt folgte, denn ich wußte genau, daß alles, was er tat, einen bestimmten Zweck halte.

Der Bosco »be-Teich, eine kleine, mit Schilf umsäumte Wasserfläche von etwa füuizig Me^ ter, liegt an der Grenze zwischen dem Pacht­gut vou Hatherlry und dem Park des Herrn Turner.

Drüben, über den Wäldern des jenseitigen UserS, konnten wir die roten Türme sehen, die zu der Besitzung des reichen Eigentümers gehörten. Aus der nach Hatheiley zu gelege­ne» Seite ins Teiches stand der Wald sehr dicht ; nur ein schmaler Rand frischen GraseS zog sich zwilchen den Bäumen und dem Rohr hi», das den Teich begrenzte. Listrave wles uns die genaue Stelle, wo die Leiche aufge­funden worden war; der Boden war so feucht, daß ich deutlich die Spuren sehen konnte, die der Fall des Körpers verursacht haue. Hot- mes da« las man aus seinen gespannten Zügen und in seinem forschendem Blick entnahm dem zertretenen Grasplatz noch viele andere Dinge. Wie ein Jagohuno, der Beute wittert, lief er umher und wandte sich dann nn meinen Gefährten.

Warum sind -4e denn ins Wasser gegan­gen?" fragte er.

»Ich fischte mit einem Rechen umher. Ich hoffte irgend eine Waffe oder sonst eine Spur zu entdecken. Aber wie in aller Welt wissen S>e . . . .?"

Ach, papperlapapp! Jetzt habe ich keine Zeit! Ihr linker Fuß, mit seiner Drehung nach innen, ist ja allenthalben sichtbar. Dem vermöchte sogar ^iu Maulwurf zu folgen! Und hier verschwinden Ihre Schritte ,m Rvhr. Ach! wie einfach wäre vieles gewesen, hätte ich hier sein können, ehe alles wie von emer Büffel- Herde niedergestampft wurde. Hier kam die Gesellschaft mit dem Aufseher her und sie hat wahrhaftig sieben b.s acht Fuß um die Leiche herum alle Spuren vertrampelt. Aber hier sind drei abgesonderte Abdrücke ein und desselben Fußes. Holme» zog ein Vergrößrr«