vrdiümg überführt und erhält von diesem Zeitpunkt ab das Wohnungsgeld dieser Abteilung. Der Gehalt wird mit der nächsten Ge- haltsregelung geregelt. 2. Die Kategorie der Lokomotivheizer l Klaffe wird, vorbehaltlich der Genehmigung durch den Landtag, am 1. Oktober 1919 in die Abteilung 2 Klaffe III der Gehaltsordnung überführt und erhält von diesem Zeitpunkt ab das Wohnungsgeld dieser Abteilung. Der Gehalt wird mit der nächsten Gehaltsregelung geregelt. 3. Lokomotivführer und Heizer 1. Klaffe (und deren Anwärter) erhalten vom 1. Oktober 1919 ab die Dienstkleidung der Eisenbahnbetriebsbeamten zunächst ohne Auszeichnung. Die Kleidung wird zu einem Drittel des Selbstkostenpreises von der Eisenbahnverwaltung dem Personal auf Bestellung geliefert, wenn seit dem letzten Bezug bei 1 Hofe 1 Jahr, bei 1 Rock 1>L . Jahre und bei einem Mantel 6 Jahre verflossen sind. Dem Heizer 1 . Klaffe sind außerdem von der Verwaltung jährlich 2 und dem Lokomotivführer 1 leinener Ueberanzug unentgeltlich zu liefern. 1. In den zu erwartenden Nachtragsetats (Ausgleichungsetats) für das Rechnungsjahr 1919 werden 400 neue Lokomotivführer und 400 neue Lokomotivheizer I. Klaffe Stellen ausgenommen und vorbehaltlich der Genehmigung durch den Landtag auf 1. Oktober 1919 besetzt, ö. Bei Anstellung zum Lokomotivführer wird ein Ein- sctzungsvorbchalt in der seitherigen Gehaltsordnung vorgesehen und zwar derart, daß der Anzustellende in die Gehaltsstufe eingewiesen wird, deren Betrag höher ist als der seitherige Gehalt und 220 Mark Funktionszulage. Von dieser Stufe rückt er wieder vor, 3 Jahre nach seiner letzten Vorrückung.
Tanzabend Sylva Tkatschenko.
lieber das Auftreten der Künstlerin in Gmünd schreibt die Gmünder „Remszeitung": Es war eine ganz eigenartige Darbietung, mit der die in Petersburg als Tochter deutscher Eltern geborene Tanzkünstlerin Shlva Tkatschenko gestern Abend im „Bären" «ine zahlreich erschienene Besucherzahl erfreute. Wenn wir letzteres Wort wählen, so ist damit schon angedeutet, daß ihr Auftreten ein glückliches war. Der jungen Dame, einer sehr sympathischen Erscheinung, ist es gegeben, körperliche Spannkraft mit einem reichen Maß von Anmut zu verbinden, und sie versteht es vortrefflich, das Wellenspiel des Tanzes und den Wohllaut der Melodie für das Auge in Bewegungen zu übersetzen, an denen man eine reine Freude erleben kann. Die Künstlerin, die ihre Ausbildung am Ballet in Moskau und während des Krieges am Stuttgarter Hoftheater erhielt, hat in der Auslegung der Tänze ihre besondere Technik, und die ihr innewohnende Gabe musikalischen Empfindens befähigt sie, dies in einer Weise zu vollbringen, daß ihr der Erfolg nicht versagt bleibt. Sie versteht es auch, die. Wirkung ihres Auftretens zu steigern. Errang sie schon mit dem „Wiener Blut" die Gunst der Besucher, so wurde bei der Polka aus „Bettelstudent" und dem Fuchs- trab-Tanz der Beifall immer wärmer. Das Amorettenständchcn und der Blumtraum-Tanz beschieden ihr weiter Erfolge und als sie zum Schluß im schmucken Husarenkostüm den Radetzky-Marsch tanzte, hatte sie «in begeistertes Publikum vor sich, das ihr reiche Anerkennung spendete.
Zweiter Boldshochschulkurs in Liebenzell.
Mt einer wohlgclungeiien Feier fand vor wenigen Tagen der zweite Volkshochschulkurs in Liebenzell seinen Abschluß. Außer- öcn Lehrkräften und Schülerinnen hatten sich dazu «ungesunden der Vorstand des Vereins für ländliche Wohlfahrtspflege Stadtpfarrer Gastpar.Wangcn. der Geschäftsführer Heinrich Michel-Eßlingen, Schulrat Baumann-Neuenbürg, Stadtschultheiß Möulen-Liebcnzell, sowie Angehörige der Schülerinnen. Zunächst nahm eine Schülerin das Wort, um in schlichter, warmer Rede einen Rückblick zu werfen auf das schöne Zusammensein, die Eindrücke zusainmeiiznfassen und für alles Gebotene zu danken. Im Mittelpunkt der von Gesängen belebten Feier stand — ebenfalls das Werk einer Schülerin-eine Aufführung, die ein anschauliches Bild gab von dem Zusammenleben und dem Arbeiten der Mädchen in den Unterrichtsstunden, bei der praktischen Arbeit in Tarten und Küche, auf Ausflügen, bei Spiel- und Lcseabcnden
Der Schimmelreiter.
12s Novelle von Theodor Storm.
— Als das neue Jahr gekommen war, gab es eine Hochzeit; die Braut war eine Verwandte von den Harens, und Hauke und Elke waren beide dort geladene Gäste; ja, bei dem Hochzeits- rssen traf es sich durch das Ausbleiben eines näheren Verwandten, daß sie ihre Plätze nebeneinander fanden. Nur ein Lächeln, das über beider Antlitz glitt, verriet ihre Freude darüber. Aber Elke saß heute teilnahmslos in dem Geräusche des Plaudernd und Gliiserklirrens.
»Fehlt dir etwas?* frug Hauke.
— ,OH, eigentlich nichts; es sind mir nur zu viele Menschen hier.'
»Aber du siehst so traurig aus!*
Sie schüttelte den Kopf; dann sprachen sie wieder nicht.
Da stieg es über ihr Schweigen wie Eifersucht in ihm auf, Aw heimlich unter dem überhängenden Tischtuch ergriff er ihre Hand; aber sie zuckte nicht, sie schloß sich wie vertrauensvoll um seine. Hatte ein Gefühl der Verlassenheit sie befallen, da ihre ^ugen täglich auf der hinfälligen Gestalt des Vaters haften mußten? — Hauke dachte nicht daran, sich so zu fragen; aber ihm stand der Atem still, als er jetzt seinen Gowring aus der Tasche M- »Läßt du ihn sitzen?* frug er zitternd, während er den Ring auf den Goldfinger der schmalen Hand schob.
Gegenüber am Tische saß dib Frau Pastorin: sie legte plöh- M ihre Gabel hin und wandte sich zu ihrem Nachbar: »Mein ^ott, das Mädchen!' rief sie; »sie wird ja totenblaß!'
Aber das Blut kehrte schon zurück in Elkes Antlitz. »Kannst M warten, Hauke?* frug sie leise.
vr üsustc Friese besann sich doch noch ein paar Augenblicke, »uns was?* sagte er dann.
Di »Du weißt das wohl; ich brauch dir's nicht zu sagen.*
»Du hast recht,* sagte er; »ja. Elke, ich kann warten — wenn's nur ein menschlich Absehen hat!*
ich fürchte, ein nahes! Sprich nicht so, Hauke; du ibr- m.'r? Unters Tod!* Sie legte die andere Hand auf
L LikMt: -Bis dMn.* laute sie. .trag ich den Goldring hier;.
Die Kursleitenn Fräulein Weber-Stutigark zeigte in einem Abschieds- wort an die Schülerinnen, wie der Plan einer Arbeitsgemeinschaft in einzelnen Unterrichtsfächern durchgefllhrt wurde, und überreichte jeder ein Erinnerungsblatt. Das Schlußwort sprach namens des Vereins für ländliche Wohlfahrtspflege, der die Kurse veranstaltet, Stadtpsarrer Gastpar; er widmete Worte des Dankes den Lehrkräften und gab dem Glauben Ausdruck, daß der ausgcstrcute Same mit beitragen werde zur Aufrichtung des zermürbten Geistes- und Gemütslebens in unserem Volk, und sprach die Hoffnung aus, daß die Schülerinnen vor allem eins gelernt haben möchten: bei allem, was ihnen in den Weg tritt. Mensch oder Buch, zu fragen: bist du wert, daß ich mich mit dir beschäftige?
Der Winterkurs, für den noch drei Plätze zur Verfügung stehen, beginnt am 22. Oktober. Leiterin ist Fräulein Marie Planck-Korntal; die übrigen Lehrkräfte sind wie bisher: Frl. Nestle-Tübingen, Frl. Koch-Stuttgart, Frl. Brodbeck, Stadtpfarrer Sandberger und Stadtpfarrer Müller-Liebenzell, Hauptlehrer Haug-Ernstmühl. (Anmeldungen an die Geschäftsstelle des Vereins für ländliche Wohlfahrtspflege, Eßlingen, Turmstraße 2.)
Kriegshilfe Württemberg.
Unter dem Vorsitz des Geh.-Rats Payer fand im Landes- gewerbemuseum in Stuttgart die ordentliche Mitgliederversammlung der „Kriegshilfe Württemberg" statt. Im Geschäftsbericht, den Dr. Sick erstattete, wird mitgeteilt, daß an dm Verein bis zum 1. August ds. Js. im ganzen 8341 Gesuche gelangt sind, darunter allein noch 1740 Gesuche in dm letzten 5 Monaten. An Darlehen und Zuschüssen wurden im ganzen 3351 071 Mk. gewährt und zwar an Darlehen 2 569 503 Mk. und an Zuschüssen 781 568 Mk. Es sind dies, wie Dr. Sick hinzufügte, sehr hohe Beträge, die verhältnismäßig wohl von keinem anderen deutschen Landesteil erreicht werden. Die Abwicklung der Geschäfte kann im großen Ganzen als eine glatte bezeichnet werden; Schultheißenämter, Bezirksausschüsse, Bezirksräte und Vereinsvorstand haben sich im Laufe der Zeit auf einander und in die bestehenden Vorschriften und Grundsätze eingearbeitet, so daß der Apparat ohne wesentliche Henimungen funktioniert hat. Insbesondere hat auch die Einheitlichkeit der Geschäftsbehandlung viele Fortschritte gemacht. Der wirtschaftlichen Struktur gemäß weisen die einzelnen Oberamtsbezirke große Verschiedenheiten in ihrem Verhältnis zur Kriegshilfe auf; Bezirke vorwiegend landwirtschaftlicher Natur hatten im allgemeinen weniger vom Krieg zu leiden als Jn- dustriebezirke und unter den letzteren sind R^iejenigen bald wieder besser geworden, in denen Kriegsindustrie getrieben wurde. Zu den nächsten Aufgaben des Vereins gehört insbesondere auch die Fürsorge für die zurückkehrenden Kriegsgefangenen, sowie für die Auslands- und Kolonialdcutschm und die aus Elsaß-Lothringen Vertriebenen, in welcher Hinsicht das Reich bisher so gut wie ganz versagt hat. Was die Vermögenslage des Vereins anbelangt, so ist leider darauf hinzuweisen, daß Zuwendungen im Berichtsjahr fast ganz versiegt sind; größere Beiträge find der Kriegshilfe zugeflossen aus der König-Karl-Jubiläums-Stistung und aus der König-Wil- Helm-Landesspmde, von letzterer allein 250 000 Aus dem Kassenbericht, der hierauf erstattet wurde, geht hervor, daß der Verein 3340 Mitglieder zählt. Im ganzen sind bis jetzt 2665 Darlehen gewährt worden mit einem Durchschnittsbetrag von 960 Mk., der sich bei den aus amtskörperschastlichen und städtischen Mitteln gewährten Darlehm auf 1080 Mk. erhöht. Rückzahlungen sind jetzt schon in recht beträchtlichem Umfang erfolgt; im ganzen sind 290000 Mk., d. i. etwa der fünfte Teil der gegebenen Darlehen, zurückgeflofsm und zwar ohne jedes Drängen von seiten des Vereins. Von größeren Verlusten ist die Kriegshilfe verschont geblieben; obwohl sie in zahlreichen Fällen Unterstützungen bezw. Darlehen ohne Sicherheit gewährt hat. Dies alles spricht für eine verhältnismäßig günstige wirtschaftliche Lage der Kriegsbeschädigten bezw. für eine Besserung derselben durch die Mithilfe des Vereins. Nach Vornahme einiger unerheblicher Satzungsänderungen wurden dem Aufsichtsrat zuge-
du sollst nicht fürchten, daß du bei meiner Lebzeit ihn zurückbekommst!'
Da lächelten sie beide, und ihre Hände preßten sich ineinander, das; bei anderer Gelegenheit das Mädchen wohl laut auf- geschrien hätte.
Die Frau Pastorin hatte indessen unablässig nach Elkes ..Augen hipgesehen, die jetzt unter dem Spitzenstrich des goldbro- katenen Käppchens wie in dunklem Feuer brannten. Bei dem zunehmenden Getöse am Tische aber hatte sie nichts verstanden; auch an ihren Nachbar wandte sie sich nicht wieder, denn keimende Ehen — und um eine solche schien es ihr sich denn doch hier zu handeln — schon um des daneben keimenden Traupfennigs für ihren Mann, den Pastor, pflegte sie nicht zu stören.
*
Elkes Vorahnung war in Erfüllung gegangen; eines Morgens nach Ostern hatte man den Deichgrafen Tede Volkerts tot in seinem Bett gefunden; man sah's an seinem Antlitz, ein ruhiges Ende war darauf geschrieben. Er batte auch mehrfach in den letzten Monden Lebensüberdruß geäußert; sein Leibgericht, der Ofenbraten, selbst seine Enten hatten ihm nicht mehr schmecken wollen.
Und nun gab es eine große Leiche im Dorf. Droben auf der Geest auf dem Begräbnisplatz um die Kirche war zu Westen eine mit Schmicdegitter umhegte Grabstätte; ein breiter blauer Grabstein stand jetzt aufgehoben gegen eine Traueresche, auf welchem das Bild des Todes mit stark gezahnten Kiefern ausgehauen war; darunter in großen Buchstaben:
Dat is de Dot, de allens fritt,
Nimmt Kunst un Wetcnschop di mit;
De kloke Mann is nu vergan,
Gott gäw ein selik Upprstan.
Es war die Begräbnisstätte des früheren Deichg^ n Volkerts Tedsen; nun war eine frische Grube gegraben, wohinein dessen Sohn, der jetzt verstorbene Deichgraf Tede Volkerts, begraben werden sollte. Und schon kam unten aus der Marsch der Leichenzug heran, eine Menge Wagen ans allen Kirchspielsdör- ferw; aujchem vordersten stand der schwere Sarg, die beiden blau
wählt: Obcrlandesgerichtsrat Dr. Köbel, Graf v. Stauffenberg, Abz. Mattutat und ^Justizminister v. Kiene. Nach Erledigung der Tagesordnung dankte ArbeiiSminifier Leipart für die ihm geworbe::: Einladung und betonte, zu den schwierigsten Aufgaben seines Sr schäftSkreises gehöre in erster Linie die Kohlennot, dann aber a - die Linderung der unmittelbaren Kricgsschäden, um die sich der V-c- cin „Kriegshilfe" bis jetzt mit soviel Geschick und Erfolg bemüht habe. Geh.-Rat Payer schloß dann die Tagung mit Worten des Dankes an die Regierung und an die freiwilligen Helfer des Vereins.
Mutmaßliches Wetter am Dienstag und Mittwoch
Die Störungen nehmen ab, sind aber noch nicht ausgeglichen. Ain Dienstag und Mittwoch ist vorwiegend trockenes und wieder wärmeres, aber strichweise gewittriges Wetter zu ermatten.
SCB. Leonberg, 29. August. Der Beirat des Kommunalverbands Leonberg hat beschlossen, zur Belebung der Getreideablieferung einstweilen 5 Mark für den Zentner jeder Frucht- sotte über den von der Reichsgctreidestelle festgesetzten Höchstpreis zu bezahlen. Damit stellt sich der Zentner Weizen auf 28,25 Mk., der Zentner Gerste, Roggen und Haber auf je 25,75 Mk. — Der Haber ist übrigens nicht vollkommen verkehrsfrei, vielmehr ist dem Kommunalverband Leonberg von der Reichsgetreidestelle die Lieferung von 30 000 Zentner Haber zur Pflicht gemacht. Die Umlage auf die einzelnen Gemeinden und Landwitte wird demnächst erfolgen.
SCB. Freudenstadt» 28. August. Ein in einem hiesigen Geschäft angestelltes Fräulein wollte abends von Eutingen nach Freudenstadt zurückfahren. Zwischen Eutingen und Hochdorf wurde es vom Schaffner darauf aufmerksam gemacht, daß es in Hochdorf aus dem Nagolder Zug in den Freudenstädter um st eigen müsse. Da auf der Strecke Eutingen— Hochdorf beide Züge sehr oft gleichzeitig abfahren, versuchte das Fräulein, während der Fahrt aus dem einen in den andern Zug umzusteigen. Dieser verhängnisvolle Schritt gelang nicht.. Das Fräulein stürzte ab und lag, wie der „Grenzer" berichtet, die ganze Nacht bewußtlos auf freier Strecke direkt neben dem Gleis, wo eS am andern Morgen von einem Bahnangestellten gefunden wurde. Mit einer schweren Kopfwunde wurde das Fräulein ins hiesige Bezirkskrankenhaus geschafft.
SCB. Neippcrg, OA. Brackenheim, 28. August. Bei dem Brand der Scheuer und des Wohnhauses des Christ. Lang hier sind 600 bis 800 Mark Bargeld, das in einem Kasten auf der Bühne auf- bewahtt war, verbrannt. Dem Darlchenskaffenverein wollte es die Frau nicht geben, weil es dort nicht sicher genug set. Es wird behauptet, daß im Strohsack noch ein namhafter Betrag ein Raub der Flammen wurde.
SCB. Blaufelden, 23. August. Der Händler Franz Anton, genannt Karl Zauner von Waschbach OA. Mergentheim hat, wie bereits kurz berichtet, seine Ehefrau, eine geborene Reinhardt, erschossen. Die Frau lebte schon längere Zeit für sich allein. Mit der bestimmten Absicht suchte der Mörder samt einer zweifelhaften Frauensperson die Frau hier auf, sie zu" töten, und schlug den bei der Frau befindli,en Pius Holzner von Flochberg zu Boden, daß er bewußtlos liegen blieb, worauf er die Frau durch einen Herzschuß auf einem Ackerfeld tötete. Der Mörder ist nach seiner ruchlosen Tat mit der Dirne entflohen.
SCB. Ravensburg, 28. August. Wegen Lohndifferenzen sind die hiesigen Bauarbeiter gestern in den Ausstand getreten. Abends gegen 5 Uhr zogen sie vom „Mohren" durch dir Marktstraße. Sie verlangen eine Erhöhung des Stundenlöhner um 50 Pfennig. Verhandlungen sind im Gange. — Auch in Weingarten haben die Bauarbeiter die Arbeit niedcrgclegt.
Für die Schriftl. verantwortlich: Otto Seltmann, Calw. "Tuck und Verlag der A. Lischläger'schen Buchdruckerei, Calw.
ken Rappen des deichgräflichen Stalles zogen ihn schon den sandigen Anberg zur Geest hinauf; Schweife und Mähnen wehten in dem scharfen Frühjahrswind. Der Gottesacker um die Kirche war bis an die Wälle mit Menschen angefüllt; selbst auf dem gemauerten Tore huckten Buben mit kleinen Kindern in den Armen; sie wollten alle das Begraben ansehen.
Im Hause drunten in der Marsch hatte Elke in Pesel und Wohngelaß das Leichenmahl gerüstet; alter Wein wurde bei den Gedecken hingestellt; an den Platz des Oberdeichgrafen — denn auch er war heut nicht ausgeblieben — und an den des Pastors je eine Flasche Laugkork. Als alles besorgt war, ging sie durch den Stall vor die Hoftür; sie traf niemanden auf ihrem Wege; die Knechte waren mit zwei Gespannen in der'Leichenfuhr. Hier blieb sie stehen und sah, während ihre Trauerkleider im Frühlingswinde flatterten, wie drüben an dem Dorfe jetzt die letzten Wagen zur Kirche hinauffuhren. Nach einer Weile entstand dort ein Gewühl, dem eine Totenstille zu folgen schien. Elke faltete die Hände; sie senkten wohl den Sarg jetzt in die Grube: »Und zur Erde wieder sollst du werden!' Unwillkürlich, leise, als hätte sie von dort es hören können, sprach sie die Worte nach; dann füllten ihre Augen sich mit Tränen, ihre über der Brust gefalteten Hände sanken in den Schoß; »Vater unser, der du bist im Himmel!* betete sie voll Inbrunst. Und als das Gebet des Herrn zu Ende war, stand sie noch lange unbeweglich, sie, die jetzige Herrin dieses großen Marschhofcs; und Gedanken des Todes und des Lebens begannen sich in ihr zu streiten.
Ein fernes Rollen weckte sie. Als sie die Augen öffnete, sah sie schon wieder einen Wagen um den anderen in rascher Fahrt von der Marsch herab und gegen ihren Hof herankommen. Sie richtete sich auf, blickte noch einmal scharf hinaus und ging dann, wie sie gekommen war, durch den Stall in die feierlich her- gestellten Wohnräume zurück. Auch hier war niemand; nur durch die Mauer hörte sie das Rumoren der Mägde in der Küche. Die Festtafel stand so still und einsam; der Spiegel zwischen den Fenstern war mit weißen Tüchern zugesteckt und ebenso die Messingknöpfe an dem Veilegerofen; es blinkte nichts mebr in der Stube.
(Fortsetzung solgt.).