hatte, wußte nichts davon, d»ß ihr Mann ver­unglückt war, bis ihr in Pforzheim telegraphische Mitteilung gemacht wurde. Auf telegraphische Aufforderung begab sich in elfter Stunde der Pforzheimer Sanitätswagen nach Neuenbürg hinaus, um von dort aus den Verletzten hier­her zu holen. Unterwegs aber starb der Un­glückliche.

In Mannheim ist am Montag abend Oberbürgermeister Beck, der seit dem Jahr 1891 an der Spitze der dortigen Stadtver­waltung steht und sich um die Entwicklung Mannheims große Verdienste erworben hat, an einem Herzschlag gestorben.

Die Komnnfsion des Reichstags zur Beratung der Börsengesetznovelle hat die Novelle in zweiter Lesung nach den Kompromißanträgen unter Ablehnung aller von anderen Parteien gestellten Anträge angenommen.

MirterHattenöss.

Der gehcmnistM M«rl> im Tilc Kmomte.

Von Conan Doyle.

Autorisiert. Nachdruck verboten.

(Fortsetzung.)

Zu wenig, wenn er nicht einmal im Stande sein soll, einen Anlaß des Streites zu erfinden, wodurch er sich die Teilnahme des Gerichtshofes sichern könnte; zu viel, wenn er aus freien Stücken etwas so Ueberspanntes erfände, wie die Er- wähnung einer Ratte von Seiten eines Ster­benden, und den Vorfall mit dem verschwun­denen Kleidungsstück. Nein, Watson, ich betrachte diese Angelegenheit von dem Stand­punkt aus, daß das, was der junge Mann sagt, wahr ist, wir wollen sehen, wohin uns diese Annahme führt. Und nun hole ich mir meinen Plutarch aus der Tasche und sage kein Wort mehr über die ganze Sache, ehe wir an Ort und Stelle sind. Wir früh­stücken in Swindon, in zwanzig Minute» sind wir dort, wie ich eben sehe."

Erst kurz vor vier Uhr erreichten wir das hübsche Landstädtchen Roß, nachdem wir durch das schöne Tal von Ltroud und über den breiten, glitzernden Severn gefahren waren. Ein hagerer Mann, mit schlauem, verschmitz­tem Blick erwartete uns auf dem Bahnsteig. Trotz des hellbraunen Staubmantels und der Ledergamaschen, die er wohl der ländlichen Umgebung zu Ehren trug, erkannte ich auf den ersten Blick Lestrade, den Agenten der Londoner Polizei. Mit ihm fuhren wir nach den .Hereford Arms', wo bereits ein Zimmer für uns bestellt war.

Unten steht ein Wagen für uns," sagte Lestrade, als wir bei einer Tasse Thee saßen; ich kenne Ihre Energie und weiß, daß Sie nicht rasten werden, ehe Sie den Schauplatz deS Verbrechens ausgesucht haben."

Das war von Ihnen eben so lobenswert wie liebenswürdig. Unsere Fahrt hängt gänz­lich vom Barometer ab."

Lestrade schien überrascht.

Ich begreife nicht recht" sagte er.

Wie steht das Wetterglas? Gut auf neunundzwanzig. Kein Wind, keine Wolke am Himmel. Ich habe hier ein Kästchen Zi­garetten, die geraucht sein wollen, und das Sopha scheint mir besser, als die sonst im Gasthof üblichen Martersitze. Allo werde ich heute sehr wahrscheinlich de» Wagen nicht brauchen."

Lestrade lächelte fast nachsichtig.Zwei­fellos haben Sie bereits Ihre Ansicht über den Tatbestand au- den Zeitungsberichten gebildet. Die Sache ist so klar wie Wasser und je länger man sich damit beschäftigt, desto klarer wird sie. Doch darf man einer Dame

obendrein einer, die so bestimmt auftritt

nicht widersprechen, obwohl ich ihr wieder­holt versicherte, daß Sie, Herr Holmes, auch nichts anderes ruu können, als was ich bereits getan habe. Wahrlich! da hält ihr Wagen an der Tür!"

Lestrqde halte kaum ausgesprochen, da stürzte auch schon eikie der lieblichsten Jung­

frauen herein, die ich je gesehen. Ihre Veil­chenaugen leuchteten, ihre Lippe» waren halb geöffnet, ihre Wangen glühten und in ihrer Aufregung und Sorge war jeglicher Gedanke an Zurückhaltung von ihr gewichen.

Ach, Herr Holmes!" riei sie, während ihr Blick zwischen ihm und mir hin und her schweifte, bis er mit dem sicheren Gefühl deS Weibes auf meinem Gefährten haften blieb: Herr Holmes, ich bin so froh, daß Sie ge­kommen sind. Ich fuhr rasch her, uw Ihnen das zu sagen. Ich weiß bestimmt, daß James unschuldig ist, und Sie sollen cs auch wissen, ehe Sie Ihre Tätigkeit beginnen Sie dür­fen keinen Augenblick daran zweifeln. Wir sind von Kindheit an zusammen gewesen, und ich weiß seine Fehler wie sonst niemand; er ist zu herzensgut, um nur einer Fliege wehe zu tun. Wer ihn kennt muß eine solche An­klage sür die größte Torheit halten."

Ich hoffe, es gelingt uns, ihn zu recht- fertigen, Fräulein Turner," sagte Sherlock Holmes.Verlassen Sie sich auf mich was in meinen Kräften steht, das soll geschehen."

Sie haben doch die Anklage gelesen? Sie haben Schlüsse daraus gezogen sehen Sie keinen Ausweg, keine Rettung? Halten Sie ihn nicht selbst für unschuldig?"

Mir erscheint seine Unschuld sehr wahr­scheinlich."

Sehen Sie wohl!" rief das junge Mäd­chen aus und warf einen triumphierenden Blick aus Lestrade.Da hören Sie's! Er gibt mir Hoffnung."

Lestrade zuckte die Achseln:Ich fürchte, mein Kollege ist etwas voreilig in seinen Schlüssen."

Aber er hat recht ich weiß, daß er recht hat. Nun und nimmer Hot James das getan. Und was den Streit mit seinem Va- ter betrifft, so bin ich überzeugt, Saß er' nur deshalb im Verhör nicht darüber berichten wollte, weil es sich um mich handelte."

Inwiefern?" fragte Holmes.

Es wäre unrecht, jetzt noch etwas ver- bergen zu wollen. James hatte oft Meinungs­verschiedenheiten mit seinem Vater wegen mir. Herr Mc. Carthy wünschte dringend, daß wir uns heiraten sollten. JameS und ich liebten einander von jeher wie Geschwister, aber er ist jung, Hot noch wenig vom Leben gesehen und und daher mochte er sich noch nicht binden. So gab es denn oft Streit, und ge­wiß handelte es sich auch dieses Mal darum."

Und war Ihr Vater solcher Verbindung geneigt?" fragte Holmes.

Nein. Er war ganz dagegen. Nur allein Herr Mc. Carthy war dafür." Das frische, junge Gesicht erglühte, als Holmes seinen fragenden, durchdringenden Blick auf sie hef­tete.

Ich dank» Ihnen für diese Mitteilung," sagte er.Werde ich Ihren Vater treffen, wenn ich morgen vorspreche?"

Ich fürchte, der Arzt wird es nicht er­lauben."

Der Arzt?"

Mein armer Vater kränkelt schon seit Jahren und der schreckliche Vorfall hat ihn vollends ganz niedergeworfen. Er liegt zu Bert und Or. Willows erklärt, seine Nerven seien ganz zerrüttet. Herrn Mc. Carthys Tod ging Vater um so näher als derselbe sein einziger Bekannter aut der Zeit war, die er in Viktoria zugebracht hat."

So in Viktoria! DaS ist wichtig."

Ja, er war in den Minen."

Richtig, in den Goldminen, wo Herr Turner soviel ich gehört habe sein Ver­mögen erworben hat."

Jawohl."

Ich danke Ihnen, Fräulein Turner. Sie sind mir wesentlich von Nutzen gewesen."

Nicht wahr, Herr Holmes, Sie lassen es mich wissen, wenn Sie morgen Neues erfahren haben sollten. Gewiß werden Sie James im Gefängnis aufsuchen; ach, bitte, dann sagen Sie ihm, daß ich von seiner Unschuld über­zeugt bin."

Das will ich tun, Fräulein Turner."

Jetzt muß ich heimeilen, denn Papa ist schwer krank, und er vermißt mich sehr, wenn

ich nicht bei ihm bin. Leben Sir wohl und Gott helfe Ihnen gnädig weiter."

Rasch, wie das junge Mädchen gekommen, eilte sie jetzt davon und wir vernahmen von der Straße her dos Rollen ihres Wagens.

Fast sollte ich mich Ihrer schämen, Hol­mes," sprach Lestrade würdevoll nach kurzem Schweigen.Warum Hoffnungen erwecken, denen Enttäuschung folgen muß? Ich bm nicht sonderlich weichherzig das nenne ,ch aber grausam."

Ich glaube eben bestimmt, James Mc. Carthys Freisprechung erlangen zu. können," sagte Holmes.Haben Sie einen Erlaubnis­schein, um ihn im Gefängnis aufzusuchcn?"

Ja, aber nur für Sie und mich."

Da will ich meinen Entschluß, heute nicht mehr fortzugehen, doch noch einmal überlegen. Haben wir noch Zeit, um den Zug nach He- resord zu benützen und den Angeklagten zu sehen?"

Reichlich genug."

So wollen wir hin. Watson, laß dir die Zeit nicht lang werden, ich bleibe nur wenige Stunden fort."

Ich begleitete die beiden an den Bahnhof, schleuderte dann durch die Straßen der kleinen Stadt und kehrte schließlich in meinen Gast­hof zurück; dort streckte ich mich au» und ver- suchte mich i» einen Roman zu vertiefen. Die Geschichte war jedoch so flach und unbedeutend im Vergleich zu dem düster» Geheimnis, das uns beschäftigte, daß meine Gedanken fort­während von der Dichtung in die Wirklichkeit schweiften, bis ich schließlich das Buch beiseite warf und mich ganz meinen Betrachtungen über die Ereignisse des heutigen Tages hingab Angenommen, der unselige Jüngling habe die Wahrheit berichtet, welches völlig unerwartete, absonderliche Unheil, welcher teuflische Umstand konnte in der kurzen Zwischenzeit eingetreten sein, nachdem er seinen Vater verlassen hatte, und dem Augenblick, da er durch den Angst­schrei zu ihm zurückgeiufen wurde? Es mußte etwas Schreckliches sein. Aber was? Könnte vielleicht die Art der Verletzung meinem ärzt­lichen Blick Näheres verraten? Ich klingelte und verlangte das Wochenblatt, welches einen wörtlichen Bericht des Verhörs enthielt. Nach Aussage des WundtarzteS war am Kopf das Hintere Drittel des linken Scheitelbeins und die linke Hälfte des Hinterhauptbeins durch einen heftigen Schlag mit einer stumpfen Waffe zerschmettert worden. Ich bezeichnte die Stell» an meinem eigenen Kopf. Offenbar mußte ein solcher Schlag von rückwärts geführt wor­den sein. Gewissermaßen war das für den Angeklagten ein entlastender Umstand, denn als man ihn mit dem Vater streiten sah, stand »r diesem gegenüber.

(Fortsetzung folgt.)

StanöesbuiH-GHronik

der Stadt Wildbad vom 28. März bis 3- April 1908. Geburten:

28. März Kummer Christian Heinrich, Kutscher hier, 1 Sohn.

27. Zöllinger, Georg Albert, Eisenbahnassistent

in Altshausen, 1 Sohn.

EH eschließungen:

28. Edelmann, Johannes, Friseur in Pforz­

heim und Mutterer, Anna Marie hier- 28. Kuch, Ludwig Gottfried, Zimmermeister

hier, und Pfau, Elsa Klara Luis« hier.

31. Heinzerling, Heinrich Karl Emil, Hotelier

i» Darmsladt und Brachhold, Marie Luise Dorothea hier.

31. Schmid, Karl Albert, Bäckerm-ister hier

und Bächtle Anna Katharine in Poppeltal.

Auf gebote.-

28. Müller. Wilhelm Friedrich, Hausdiener in

Stuttgart und Hammer, Luise Christiane Zimmermädchen hier

28. . Sckmid, Wilhelm, ^Schuhmacher hier und

Mössinger, Rosine Sofie in Sprallenhaus 8. April Großmann, Adolf Friedrich, Hotelsekretär und Kemps, Hedwig Luise Charlotte hier 3. Tretter, Friedrich Wilhelm, Säger in Calm­

bach und Lehmann, Maria in Enzklösterle.

Gestorbene:

2. Nothacker, Michael, Taglöhner von Alzen­

berg 54 Jahre alt.