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Amtsblatt
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Hirzu: Illustriertes Sonntagsblatt und wahrend der Saison: Amtliche Fremdenlistq»
Nr. 40.
SamStag, den 4. April 1908.
44. Jahrgang
Konfirmation.
«Heilig ist die Jugendzeit;" denn einem empfänglichen, fruchtbaren Saatlande gleichen die Menschenherzen in diesem Lebensalter. Empfänglich für alle Eindrücke, weich und begeisterungsfähig, nimmt das Herz auf, was ihm sich darbietet, und oft für das ganze Leben unauslöschlich hastet der Same, guter und böser, im bildsamen HerzenSboden. Der Menschen Schicksale gestalten sich, dem einzelnen wohl oft unbewußt, nach dem, was in der Jugend, in der Kindheit auf daS Gemüt eingewirkt hat. Darum sucht auch die Kirche und die christliche Gemeinde diese Frühlingszeit deS Menschenlebens zu durchdringen mit heiligen Gedanken und edlen Entschlüssen. Darum sammelt st» am heutigen Tage wiederum die Scharen der Jugend um den Koufirmations- und Abend- mahlsaltar und will dem nun abschließenden Jugendalter noch einmal den Stempel heiliger Weihe aufdrücken in einer ernsten und hehren Feier!
Die Saatarbeit ist geschehen, und da« selbständig« Sprossen und Keimen beginnt. Auch für dies Lebensalter gilt noch vielmehr al» Losung und Aufforderung: heilig sei die Jugendzeit! Der Segen des KonfirmationS- tageS will nachwirken, beschützend, bewahrend und hütend gerade in dieser gefährlichsten Zeit die so oft in Unheiligkeit zertritt, was in Treue gepflegt worden war. Nun, wo die schützenden Gehege fallen, die das Bäumiein gehalten, will der durch Segen und Gelübde verklärte Kon- firmationStag als ein Licht in die ungewisse Zukunft leuchten.
Kein Vater, keine Mutter, kein noch so treuer Lehrer und Seelsorger kann hier behüten und bewahren, wenn die Jugend nun ihre eigenen Wege gehen will. Aber so manches Wort geht mit, aus.dem GotteSwort geschöpft, so mancher Konfirmationsspruch. der an den Stufen des Altars in heiliger Stunde dem Herzen sich eingeprägt. Es ist gut, daß es so ist; denn durch diese Bänder hält und leitet die jungen Herzen ein anderer, der ungekannt und unsichtbar sie begleitet in ihre Kämpfe, von dem da« Lied singt: „Der beste Freund ist in dem Himmel."
Wrrnöschnu.
Gestorben: 3. April zu Stuttgart Kaufmann Albert Hausburg, 70 I. a.
— Se. Maj. der König hat dem Reallehrer Häußleran der Realschule inWild - dad unter Belastung seines Titels, eine Hauptlehistelle an den Klaffen IM der Bür- gerschule I in Stuttgart übertragen.
Stuttgart. 1. April. (Strafkammer.) Wegen Urkundenfälschung stand heute die Gräfin Bettina Rsssögnier de Miremont vor der Strafkammer. Sie ist die Tochter eine- Eisenbahnbeamten und hat ein bewegtes Leben hinter sich. Vor einigen Jahren lernte sie in München einen russischen Grafen kennen, der ihr eine Billa schenkte. Trotz besten reichen Zuwendungen an Geld — sie lebte auf großem Fuß, die höchsten Kreise verkehrten in ihrem
Hause — machte sie Schulden. Ihre Gläubiger ließen ihre Villa mit Beschlag belegen. Ein Fabrikant sprang ein und traf mit ihnen ein Abkommen. In München wurde ein Verfahren wegen Betrugs gegen sie auf Grund eines ärztlichen Gutachtens wieder eingestellt. Eine spätere Ehe mit einem rumänischen Künstler wurde nach kurzer Zeit wieder geschieden. Der Fabrikant, der ihr in Stuttgart eine Wohnuvg sinrichtete, ließ sie zur Kunstreiterin ausbilden. Um für diesen Beruf bessere Chancen zu haben, ging sie im August v. I. in London mit dem in dürftigen Verhältnissen lebenden österreichischen Grafen Rossegniec de Miremont eine Scheinehe ein, für welches „Geschäft" der Gras von dem Fabrikanten 2000 Mk. erhielt. Die Che sollte vertragsmäßig nach 3 Monaten auf Grund gegenseitiger Abneigung wieder geschieden werden. Von München, wohin sich der Graf gleich nach der Hochzeit begab, schrieb dieser mehrmals an dll Angeklagte, er wünsche die Ehe bald geschieden zu sehen, da er mit seinem Namen wieder ein ähnliches Geschäft machen könne. Doch besteht die Ehe heute noch. Nach den Aussagen des PolizetkommissarS Zobel aus München, stammt der Gras aus einer altadeligen Familie. Er bewohnt in München eine kleine Kammer und ist der Polizei als Heiratsschwindler bekannt. Die Angeklagte habe in München ihren Freunden für Hunderttausende Wechselaccepte abgenommen und dadurch zahlreiche Existenzen vernichtet. Der heutigen Verhandlung lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Wegen Körperverletzung, begangen an ihrem Dienstmädchen und wegen Verletzung des Briefgeheimnisses wurde die Angeklagte im Juli v. I. von der hiesigen Strafkammer zu 6 Tagen Gefängnis verurteilt und die hiergegen eingelegte Revision vom Reichsgericht verworfen. Um Strafaufschub zu erlangen, fälschte dir Angeklagte em Telegramm auf den Namen des Grafen Miremont, wonach dieser bereit sei, Sicherheit zu leisten. Bei dem Gesuch ihres Rechtsbeistan- deS um Strafaufschub, unter Vorlegung des Telegramms, wurde letzteres von der Staatsanwaltschaft beanstandet und gegen die Gräfin Anklage wegen Urkundenfälschung erhoben. DaS Urteil lautete auf 8 Tage Gefängnis. Der Mitangeklagte Rechtsanwalt, der nach den Angaben der Angeklagten sie zu der Fälschung angestiftet und ihr den Wortlaut des Telegramms diktiert habe sollte, wurde sreigespro- chen.
Neuenbürg, 31. März. Gestern fand eine Amt-Versammlung im Rathaussaal unter dem Vorsitz des OberamtmannS Hornung statt. Der Voranschlag für den Haushalt der Amts« körperschaft wurde in Einnahmen auf 56300 Mark in Ausgaben auf 138300 Mk. sestgestellt. Der Fehlbetrag mit 82 000 Mk. gegen 75 000 Mark im Vorjahr soll durch Umlage aufgebracht werden. Für den Krankenhausneubau wurde die Aufnahme eines Darlehens bei der Oberamtssparkasse mit 160 000 Mk. genehmigt und der Zinsfuß auf 2°/», die Rückzahlungsfrist auf 60 Jahre festgesetzt, der Darleheus- zinssuß der Oberamtssparkasse wurde von 4 auf 4'/«°/o erhöht. Für den geplanten Stra
ßenneubau Neuenbürg-Waldrenuoch wurde ein Beitrag von ein Drittel der zu 148 000 Mk. veranschlagten Gesamtkosten (statt bisher ein Viertel) verwilligt. Nach Schluß der Verhandlungen vereinigten sich die Teilnehmer zu einem gemeinschaftlichen Mittagessen im Gasthaus zur Sonne.
Heidenheim, 31. März. Die Gemeinde Nattheim veranstaltete letzten SamStag dem allgemein beliebten Oberförster Drescher, 1er nach Wildbad befördert wurde, im „Ochsen" eine Abschiedsfeier, bei der Schultheißenamts- verweser Fuchs und Pfarrer Nill Reden auf den Gefeierten hielten. Elfterer überreichte dem scheidenden Beamten, dem die besten Wünsche an seinen neuen Bestimmungsort folgen, im Auftrag de» GemeinderatS ein wertvolles Andenken.
— Nummer 3 der Schwarzwaldvereinsblätter bringt an erster Stelle das Lebensbild eines hervorragenden Forstmannes des verstorbenen Oberfinanzrates Julius Simon von Nördlinger. Das Lebensbild gibt interessante Aufschlüffe über den Werdegang eines Mannes, der es vom Bortenmacher bis zum einflußreichen Forstmann brachte und nur durch Selbststudium ein großes Wissen und Können sich aneignete. Ein lesenswerter Aufsatz ist eine Abhandlung über „Württembergs Erzberg, bau in der Vergangenheit" von vr. Axel Schmidt-Stuttgart. Ueber „Zerrbilder der Ost- alpen im Feldbergpanorama" berichtet O. Ruh- Freiburg und Schullehrer Huber schildert nach Archivaktenden großen Brand von Dornhan im Jahre 1718. Einen Einblick in die TenkenSart der Schwarzwälder gewähren die „Sagen ».Geschichte aus Freudenstadt u. Umgebung", die gewiß dank- bareLeserfin den werden. Ebenso gerne werden nähere Mitteilungen über das Lieblingslied der Schwaben „Im schönsten Wiesengrunde" u. über den Dichter desselben ausgenommen werden. Mitteilungen über die „Ettlinger Linien" und Nachrichten aus den Bezirksvereinen bilden den Schluß der stets reichhaltigen und wiederum mit hübschen Bildern geschmückten Zeitschrift. Der Fortsetzung deS Mitgliederverzeichnisses ist zu entnehmen, daß in den Bezirksverein Calw 15 neue Mitglieder eingetreten sind.
Pforzheim, 30. März. Ueber den Unfall bei Engelsbrand wird dem „Schw. Merk." berichtet: Am Sonntag abend ereig. nete sich auf der Haltestelle Engelsbraud ein schwerer Unglücksfall. IN dem stark besetzten Eisenbahnzug war namentlich ein Wagen überfüllt, so daß der Schaffner mehrere Personen auf der genannten Station in einen anderen Wagen wies. Auch der Kaufmann Meyer von hier war im Begriff, sich einen anderen Platz zu suchen. Da sprang aber sein Hund unter den Zug, um seine eigene Sicherheit außer acht lassend, wollte Meyer den Hund unter dem Wagen hervorholen. In diesem Augenblick setzte sich der Zug in Bewegung. Meyer geriet unter die Räder und wurde fürchterlich verstümmelt. Dar eine Bein.'wurde ihm buchstäblich vom Körper losgetrennt. Die Insassen des Zuges wurden von dem Vorfall nichts gewahr. Auch die Frau Meyers, die in einem anderen Lagen Platz genommen