daran denken, das Schwarzwaldwasser darch Zuleitung von Muschelkalkwasser zu korrigieren. Der Mbrand und der Grundwasserstrom des Neckars scheiden für die Wasserversorgung von Stuttgart aus und so bleibe nur das Donau- Jllergebiet übrig. Das Talgebiet der Donau bei Ulm unterscheide sich vom Neckargebirt durch das Vorhandensein mächtiger diluvialer Kiesaufschüttungen, die besonders bei der Ein­mündung der Iller eine große flächenartige Ausdehnung gewinnen und sich noch einmal weiter oberhalb im Flußgebiet der Riß und Westernach wiederholen. Durch die neuerlichen Untersuchungen sei das Vorhandensein von namhaften Grundwasierzügeii fest gestellt worden. Eine weitere größere Wassergewinnung sei aber in dem Terrain des Jlleischntikegels neben der Sladt Ulm aus würit. Gebiet nicht möglich. Nach einem vom städt. Wasserbauamt ausge- arbeiteten Voranschlag würde sich eine Wasser- veriorgung von Ulm aus etwa um 5 Mill. Mk. höher stellen, als das Schwarzwaldprojekt; wollie man aber das Wasser weiter oberhalb von Ulm gewinnen, so würden sich die Kosten noch vergrößern. Prof. vr. Sauer spricht sich am Schluß des Gutachtens dahin uns, daß er in Anbeiracht aller dieser Schwierigkeiten und Hindernisse, auch nicht zum wenigsten der finanziellen, die für die Stadt Stuttgart be­deutend in die Wagschale fallen, jetzt, nachdem er die Verhältnisse an Ort und Stelle studiert habe, nicht mehr so warm und überzeugt, wie früher, tür das Donaugebiet eintreten könne, sondern zu dem Ergebnis gelange, daß unter den beiden Voraussetzungen der Erwe>terungS- fühtgkeit der Anlage und der Zuführung von Muschelkalkwasser das Schwarzwaldprojekt die beste Lösung des schwierigen Problems der Wasserversorgung der Stadt Stuttgart bedeuten dürste. Gleichzeitig mit dem Schreiben des SladtichuIihtißenamtS Stuttgart, das von dem vorstehenden Gutachten des Prof. vr. Sauer begleitet war. wurde eine an das Staa>smini- sterium gelangte größere Anzahl von Eingaben der bürgerlichen Kollegien der Gemeinden des Oberamt» Neuenbürg den Ministerien des Innern und der Finanzen zugestellt. Diese Eingaben enthalten unter Berufung aus die Schädigung der Wieienwässeriing, der Wasser- Werksanlagen des Enzgebiets, sowie der auf Gewinnung von Kraft und Licht gerichteten Absichten einzelner Bezirksgemeinden eine Ein- spräche gegen di» von der Stadt Stuttgart ge­plante Ouellwasferableitung aus dem Bereich der oberen Enz und ihrer Seitentäler.

Die Beratungen am 18. Febr. wurden von Finanzminister vr. v. Zeyer unter dem Hin- weis darauf eröffnet, daß die Versammlung zu weiterer Information der Regierung iür den Zweck ihrer nunmehrigen Stellungnahme zu dem Unternehmen der Stadt Stuttgart einbe­rufen worden sei. Der Minister fügte hinzu, daß die Regierung die hohe Bedeutung der Verbesserung der Trinkwafferverhältnisse Stutt- garts, deren Verwirklichung eine Lebensfrage für die Landeshauptstadt und somit zugleich ein LandcSinteresse darstelle, in vollem Maß würdige; diese Erwägung dürfe jedoch wcht abhalten, auch den bei dem Enztalprojekt be­rührten Interessen der dortigen Gegend, wobei die Frage einer Beziehung der geplanten Was- serentnahme zu den Thermen von Wildbad in vorderster Reihe stehe, die gebührend« Auf­merksamkeit zuzuwenden. Nachdem die Inte­ressenten des Enztals die Vorlage eines Gut­achtens von Prof. 0r. Lueger in Aussicht gestellt haben, sei es zweckmäßig erschienen, außer den beiden Sachverständigen, welche sich schon bisher geäußert habe», auch Prof. vr. Lueger zu der Beratung einzn aden und ihn uw Darlegung seiner Anschauungen zu bitte». Der erste Gegenstand, welchen der Minister der Verhandlung unterbreiten möchte, sei die Frage, ob die Wasserversorgung der Stadt Stuttgart aus dem Enzgekuet sich als die ein­zig mögliche Lösung der Trinkwasserversorgung der Stadt Stuttgart darstelle oder ob nicht vielleicht das Bedürfnis vorliege, der Stadl Stuttgart anheiwzugeben, weitere Bezugsmöz- lichkeiten noch näher untersuchen zu lassen. Hieran reihe sich die weitere, für die Staats- finanzverwaltung als Besitzerin des Bads Wild bad im Vordergrund stehend; Frage, ob nach

der Ansicht der Sachverständigen nicht doch eine Schädigung der Thermen von Wildbad durch die Wasserentnahme im Gebiet des Großenz- tals im Bereich der Möglichkeit liege. Ober- bürgermtister v. Gauß drückte hierauf seinen Dank aus für die wohlwollende Erklärung, die der Minister in Betreff der Wasserversorgung Stuttgarts abgegeben habe, insbesondere dafür, daß er ausdrücklich anerkannt habe, die Lösung dieser Frage stelle nicht bloß ein Stuttgarter Lokalinteresse, sondern ein Landesinteresse dar. Das überhebe ihn weiterer Ausführungen in diesem Punkt. Die Stadt habe sich in keiner Weise von vornherein auf ein bestimmtes Pro­jekt sestgelegt und sei der ganzen Frage ohne jede Voreingenommenheit gegenübergetreten. Wenn ihre Wahl auf das Enztalprojekt ge­fallen sei, so sei dies geichehen auf Grund des Ergebnisses der Erhebungen der mit der Unter­suchung beauftragten städt. Behörden. Eine andere befriedigende Lösung, soirrn sie auf die finanziellen Kräfte der Stadt Stuttgart genügend Rücksicht nehme, werde ebenso den Beifall der Stadt finden. Auf die Anfrage des Ministers könne er erwidern, daß die Sladt bereit sei, jeden anderen Vorschlag einer eingehenden und unbefangenen Würdigung zu unterziehen.

Der nunmehr um Aeußerung angegangene Prof. vr. Lueger führte aus, daß er das Enz­talprojekt, das nach seiner Ueberzeugung für den Bedarf Stuttgarts nicht ausreiche, zunächst außer Betracht lassen wolle. Er sei von jeher der Ueberzeugung geweint, daß Stuttgart sein Wasser jenseits der Jurakette holen müsse. Hiefür kommen in erster Linie in Betracht das Jvertal und der Bodensee; in beiden Fällen würden die Leitungen bei Degerloch in einer Meereshöhe von 480 m endigen, von wo aus alle bereits bestehenden Rejervoirs mit nach- drücklichem Druck versorgt werden körnen. Er komme zuerst auf das Jllertalprojekt zu sprechen. Nach dem schriftlichen Gutachten von Prof, vr. Sauer sei eine größere Wassergewinnung in dem Gebier des Jllerschultkegels bei Ulm neben der Siadt Ulm aus württ. Gebiet nicht möglich; darum handle es sich aber bei seinem Projekt gar nicht. Er wolle das Wasser Weiler flußauiwärts gewinnen, woselbst sich eine Alluvion wie sonst nirgends in ganz Süddeutsch­land finde. In dem oberen Jllergebiet stehe allein auf württ. Seite eine GewinnungSfläche von 100 qkm mit einer durchschnittlich 5 m mächtigen Schottcrablagerung zur Verfügung. Es handle sich hier um ein geradezu ideales Gebiet, da- eine Entnahme bis zu 1000 Se­kundenliter gestatte. Nach einem Ueberschlag wird die Ausführung des Jllertalprojekts einen Gesamtaufwand von 12'/, Millionen Mk. er­fordern, welchem ein jährlicher Aufwand für Verzinsung und Amortisation des Anlagekapi­tals, für den Betrieb und für die Unterhaltung der Rohrleitung von zusammen 900 000 Mk. gegenübersteht, so daß sich bei 400 Sek.-Ltr. mittlerem Zufluß die Selbstkosten pro edm zu Pfg. ^rechnen. Der Qualität nach sei das Grunvwasser der Iller mit 1214 Härte- graben ganz vorzüglich. Bezüglich der Quanti­tät bestehe ein großer Vorzug des Jllcrprojekts darin, daß der Grundwasserstrom info'ge drS alpinen Charakter» der Iller gerade in der Jahreszeit, in der der Bedarf in Stuttgart am größten sei, am ergiebigsten sein werde. An- belangend das Bodenseeprvjekt, so können ver­schiedene Entnahmestellen und demgemäß auch mrschiedene Leitungswege in Betracht kommen. Er habe seiner Berechnung eine Entnahme auf badischem Gebiet bei Sipplingen und eine Leitung über Tuttlingen zu Grunde gelegt, wobei er auf Grund der ins Einzelne gehenden Aufstellungen zu einem Gesamtaufwand von 16 Mill. Mk. gelange. Diesen Herstellungs­kosten stehe ein Jahresaufwand für Verzinsung, Betrieb und Unterhaltung von 1 350 000 Mk. gegenüber, so daß sich bei 400 Lek.-Ltr. mitt­lerem Zufluß die Selbstkosten pro odm auf 10,7 Pfg. stellen. Das Bodenseewasser habe bei einer Entnahme in einer Tiefe von etwa 50 m eine Beschaffenheit, die eine Verwendung iu den Städten St. Gallen und Konstanz in »»filtriertem Zustand gestatte; bei Filtration, wie er dies in seinen Berechnungen für Stutt- gart vorgesehen habe, werde es ganz ausge­zeichnet. Beide Projekte, das Iller- und das

Bodenseeprojskt, seien als gleichwertig anzusehen, das Jllerprojekt werde aber als das billigere vorzuziehen sein. Was endlich die Bauzeit be­treffe, so werde bei beiden Projekte» eine Fer­tigstellung in etwa 5 Jahren, also in kürzerer Zeit, als dies beim Enztalprojekt der Fall sei, möglich sein. Bei dem Enztalprojekt, vor wel­chem er warnen müsse, werde man bezüglich der Quantität schlechte Erfahrungen machen, da die Quellen des Buntsandsteins bei Trocken­heit ganz bedeutend Nachlassen und im Som­mer zur Zeit des größten Bedarfs am uner- ' giebigsten seien. Auch der geplante große Stau, weiher gebe zu erheblichen Bedenken Anlaß, weil bei der Durchlässigkeit des Buntsand, steins das Wasser nicht zurückgehalten werden könne. Auch ei» Einfluß auf die Wildbader Heilquellen sei bei der Schwierigkeit der Dich­tung des Weihers im Buntsandsteingebiet nicht ausgeschlossen; die Heilquellen würden in diesem Fall nicht schwächer werden, könnten aber in ihrer Temperatur ei e Einbuße erleiden.

Der städtische Techniker, Bauinspektor Riegel, bemerkt, eine endgültige Stellungnahme zu den von Prof. Lueger voigetragenen Projekten sei ohne genaue Prüfung nicht möglich; er möchte nur auf einige Punkte aufmerksam machen. Für das Enztalprojekt, sei mit einer Län'e von 60 km zu rechnen, wobei das Wasser mit natürlichem Druck nach Stuttgart geleitet wer­den könne; dagegen würde die Länge der Jller- leitung 130 km, die der Bodenseeleilung 180 km betragen. Bezüglich der Berechnung der Selbstkosten müsse er die Enwendnng erheben, daß der Jahresbedarf von 400 Sek.-Ltr. zu hoch gegriffen sei; würde man nur mir 150 Sek.-Ltr. rechnen, so würden sich die Selbstkosten wesentlich höher stellen. Bezüglich der Quali­tät des Wassers vom Jllergebiet sei zu bemerken daß das Grundwasser verhältnismäßig seicht und die Ueberdeckung oberhalb Ulms teilweise schlecht sei; auch sei das Gebiet stark besiedelt und eine Verunreinigung daher leicht möglich, wenn er auch die gute Filtrationsfähigkeil der Schotterablagerungen nicht verkennen wolle.

(Schluß folgt.)

Stuttgarter Lebensversicherung» « bank a. G. (Alte Stuttgarter.) Im Jahr> 1907 wurden 10 755 Anträge auf Neuver- ficherungen über 75'/s Millionen Mark Kapital bei der Bank gestellt. Es gelangten davon zur Aufnahme 8716 Versicherungen mit Mk. 60 660,650 Kapital, während 640 Anträge mit Mk. 4,444,300 Kapital aus das Jahr 1908 übertrage» wurden. Die Neuaufnahmen über­stiegen diejenigen des Vorjahres um Mk. 7,047,025 Versicherungssumme. Nach Absetzung des durch Tod, Ablauf und vorzeitige Aufgabe erfolgten Abgangs an Todesfall-Versicherungen verblieb ein Reinzuwachs von 5422 Police» über Mk. 40,302,704 Kapital (gegen 4783 Policen über Mk. 34,772,980 im Vorjahre.) Dieser Reinzuwachs ist der höchste, den die Bank in den 54 Jahren ihres Best- henS jemals erzielt hat. Durch Kündigung und Verfall sind im Jahre 1907 nur v,86°/o der auf den Todes­fall versichert gewcseneu Summen in Abgang gekommen. Der Abgang durch Tod bezifferte sich auf Mk. 8,204,396 und blieb damit noch hinter der niedrigen Sterbeziffer des Jahres 1905 zurück, obwohl der Bestand inzwischen um 2 Jahre älter geworden und um 75 Mil­lionen Mark gewachsen ist. Diese geringe Sterblichkeit wird von günstigem Einfluß auf den Jahresüberschuß sein, welcher voll den Ver­sicherten gehört. Der Gesamlversicherungs- bestand, .'einschließlich der seit 1904 nicht mehr zum Abschluß kommenden Aussteuerversicherung­en, stellt sich Ende 1907 aus 130 940 Policen mit Mk. 819,908 001 Versicherungssumme.

StanüesbutH-KHrorrik.

der Stadt Wildbad vom 28. Febr bis S. März 1908.

Aufgebote:

4. März. Edelmann Johanne», Friseur in Pforzheim und Mutterer Anna Maria hier.

4. Rehm Matthäus, Elsendreher in Mindel-

heim und Protz Marie Wilhelmine, ohne Beruf in Steinheim.

Gestorbene:

3. März. Kirgis Johann Georg, Taglöhner hier, 69 Jahre au.