„Ihr Vater ist nicht durch meine Hand gefallen."
W „Aber, daß ihr das Herz brach, ist Eure Schuld. — So soll denn der große Gott Richter sein zwischen mir und Euch." — Ich hielt ihm die Schachtel mit den Pillen hin. „Wäh- let," rief ich, „in der einen ist Tod, in der andern Leben; di», welche Ihr übrig laßt, nehme ich. Laßt uns sehen, ob es noch Gerechtigkeit auf Erden gibt oder ob uns der Zufall regiert."
„Er wand sich vor Todesangst und flehte um Gnade; statt der Antwort zog ich mein Messer und hielt er ihm an die Kehle, bis er mir den Willen getan hatte. Dann verschluckte ich die zweite Pille und wir standen einander eine Minute lang gegenüber in gespannter Erwartung, wer von uns leben und wer sterben solle. — Nie werde ich den grauenvollen Ausdruck seine Mienen vergessen, als er die ersten Anzeichen des Gifts verspürte und wußte, er habe das Todeslos gezogen. Ich hielt ihm triumphierend Lucys Trauring vor die Augen. Es war nur ein Moment, denn die Wirkung des Alkaloids erfolgte schnell. Seine Züge verzerrten sich er griff mit den Händen in die Luft, stieß einen wilden Schrei aus und fiel schwer zu Boden. Ich fühlte nach seinem Herzschlag, aber nichts regte sich — er war tot.
„Ich tauchte den Finger in mein Blut, das noch immer herabgetropft war, ohne daß ich eS beachtet hatte, und schrieb das Wort „Rache" an die Want. Ob ich das zu meiner Befriedigung tat, oder um die Polizei auf eine falsche Fährte zu locken, ist mir selbst nicht klar. Ich hatte von geheimen Gesellschaften gehört, die auf solche Weise ihre Opfer zeichnen.
„Nun verließ ich das Haus und bestieg meine Droschke wieder. Draußen heulte noch der wilde Sturm und die Straße war menschenleer. Ich mochte schon eine ziemliche Strecke gefahren sein, als ich Lucys Trauring vermißte, den ich immer in meiner Brusttasche trug. Es war das einzige Erinnerungszeichen an sie, welches ich besaß, und der Verlust trat mich wie ein Donnerschlag. Wahucheinlich hatte ich den Ring verloren, als ich mich über Drebbers Leiche beugte; ich mußte ihn wieder haben, um jeden Preis. Rasch entschlossen kehrte ich um, ließ die Droschke in einer Seitenstraße stehen und schritt beherzt auf das Haus zu. Allein, fast wäre ich einem Polizeisoldaten in die Arme gelaufen, der eben aus dem Gittertor trat. Es gelang mir, seinen Argwohn zu beschwichtigen, indem ich mich sinnlos betrunken stellte.
„Enoch Drebber hatte seinen verdienten Lohn gefunden. Nun sollte auch Stangerson für John Ferriers Tod büßen. Ich wartete den ganzen Tag über auf ihn in der Nähe von HallidayS Hotel, aber er ließ sich nicht blicken; Drebbers Ausbleiben mochte wohl Verdacht in chm erregt haben. Stangerson war schlau und stets auf seiner Hut, doch
diesmal nützte ihm alle Vorsicht nicht. Welches sein Stubenfensten sei, brachte ich jleicht in Erfahrung und mit Hilfe einer Leiter, die noch von einem Bau her in einer Nebengasse lag, stieg ich beim Morgengrauen in sein Schlafzimmer er». Ich weckte ihn und kündigte ihm an, daß die Stunde der Rechenschaft gekommen sei, und er seine alle Schuld bezahlen müsse. Nachdem ich ihm Drebbers Tod geschildert, bot ich ihm dieselbe Wahl an, wie seinem Gefährten. Er aber hörte kaum auf mich; wie rasend sprang er aus dem Bette und mir an die Kehle. Aus Notwehr stieß ich ihm, zu meiner eigenen Rettung, mein Messer in die Brust. Der Tod hätte ihn ja so wie so ereilt, denn sicherlich würde seine schuldige Hand bie vergiftete Pille gewählt haben — die Wege der Vorsehung sind gerecht.
„Mir bleibt nun nur noch wenig übrig zul berichten — und das ist gut, weil ich fühle,! daß es mit meinen Kräften zu Ende geht. Ich wollte das Kutscherhandwerk weitertreiben, bis ich genug Geld beisammen hätte, um nach Amerika zurückzukehren. Als ich heute in unserm Hofe stand, hörte ich einen zerlumpten Jungen nach einem Kutscher Namens Jef- ferson Hope fragen. Er war von einem Herrn in der Baker-Straße geschickt, um meine Droschke zu holen. Ohne den geringsten Argwohn folgte ich dem Boten; bevor ich aber noch recht wußte, wie mir geschah, hatte mir schon der junge Mann hier die Handschellen angelegt und ich war Ihr Gefangener. Sie kennen jetzt meine ganze LebenSgcschichte. Viel- leicht gelte ich in Ihren Augen dennoch sür einen Mörder. Ich aber, meine Herren, lebe der festen Ueberzeugung, daß ich gerade so gut^ ein Diener der Gerechtigkeit bin, wie Sie seD ber."
Jefferson Hope hatte seine ergreifende Geschichte mit ^so tiesinnerlichem Gefühl erzählt, daß wir ihm in atemloser Spannung zuhörten. Sogar die beiden Detektivs, die doch durch ihren Beruf gegen das Verbrechen in jeder Form abgestumpft waren, zeigten ein warmes Interesse. Als er geendet hatte, saßen wir noch eine Weile, stumm und nachdenklich da, und man hörte »uc Lestcades Bleistift über das Papier sahren, während er seinem stenographischen Bericht die Schlußworte hinzufügte.
„Nur eins möchte ich noch wissen," unterbrach endlich Sherlock Holmes die Stille: „Wer war Ihr Helfershelfer, der auf meine Anzeige hin den Ring zu holen kam?"
Der Gefangene schüttelte den Kopf. „Anderer Leute Geheimnisse darf ich nicht verraten," sagte er; „es könnte sie in Ungelegenheilen bringen. Ich war ungewiß, ob man mir nicht eine Falle stelle und mein Freund erbot sich, den Ring statt meiner zu holen. Sie werden zugeben, daß er die Sache geschickt ausgesührt hat."
„Das will ich meinen," bestätigte Holmes lächelnd.
„Nun, meine Herren," nahm der Inspektor das Wort, „dem Gesetz muß Genüge geschehen. Nächsten Donnerstag wird der Gefangene dem Richter vorgeführt werden, wobei Ihre Gegenwart erforderlich ist. Bis dahin übernehme ich die Verantwortlichkeit für ihn."
Er klingelte, worauf zwei Polizisten erschienen, welche Jefferson Hope in Gewahrsam brachten. Ich aber kehrte in Begleitung meines Freundes Holmes nach unserer Wohnung in der Baker-Straße zurück.
(Fortsetzung folgt.
Drei württembergische Künstler preisgekrönt im Wettbewerb für Haus - gürten. Bekanntlich hatte die „Woche" im vorigen Herbst durch ein Preisausschreiben die deutschen Architekten und Gartenkünstler eingeladen, sich an einem Wettbewerb für Hausgärten zu beteiligen. — Es galt an Musterbeispielen zu zeigen, wie man die Umgebung seines Landhauses künstlerisch und geschmackvoll ohne übermäßige Kosten ausgestalten kann. Zweierlei Arten von Beiträgen durften eingereicht werden: sowohl umfassende Projekte für den Plan und die völlige Ausstattung des Gartens als auch Entwürfe von einzelnen Ausstattungsstücken allein, die zum Gebrauch 'und Schmuck des Gartens dienen können. An Preisen waren insgesamt 10,000 Mk. auSge- setzt, und zwar sür jede der beiden Gruppen 5000 Mk. Bei der Entscheidung deS Preisgerichts wurden auch drei württembergische Künstler preisgekrönt, nämlich die Herren Christian Otto Berg, Albert Lilienfein und Ernst PilS in Stuttgart.
Wie wir ferner hören, haben sich die Preisrichter dahin ausgesprochen, daß das Ergebnis das Preisausschreibens sehr erfreulich sei, und daß außer den preisgekrönten Entwürfen noch viele durchaus brauchbare Arbeiten eingereicht worden seien. Die „Woche" wird im Anschluß an diesen Wettbewerb noch dieses Frühjahr ein Sonderheft erscheinen lassen, des außer den preisgekrönten noch weitere, auf Vorschlag der Preisrichter ausgewählte Entwürfe enthält.
„Die Hatskrankheiten: Husten, Schnup- fen, Heiserkeit, Kehlkops- und Luftröhrenentzündung, Grippe, Influenza. Verhütung und naturgemäße Behandlung." Von Dr. E. Kolegg. III. Auflage. Preis 1 Mk. Verlag von Edmund Demme, Leipzig.
„Es sterben mehr Minschen am Schnupfen wie an der Cholera." Mit d esen Worten will der große Thissaut 'sagen, daß HalSkrank- Heike« zu den häufigsten Heimsuchungen des Kulturmenschen gehören und daß sie durchaus nicht ganz harmlos sind. Man soll auch die sogenannten „Erkältungskrankheiten" durchaus nicht sich selbst überlassen, sondern zeitig sür ihre Beseitigung sorgen, damit sie nicht chronisch werden. Wie man ihnen am besten vorbeugt, oder — wenn schon vorhanden — sie beseitigt, darüber gibt das billige Büchlein Aufschluß.
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