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Amtsblatt

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der Saison: Amtliche Fremdenlisty.

Nr- 13.

Samstag, den i. Februar 1908,

44- Jahrgang

HlunHfchcrrr.

Aus Anlaß der Steuerreform ging be­kanntlich die Dienstaufficht über die K. Kame- ralämter von der K. Domänendirektion auf das K. Steuerkollegium (Gesamtkollegium) über. Gleichzeitig wurden die Kanieralämter von der Bauverwaltung entlastet und diese den K. Be zirksbauamtern allein übertragen. Kurz vorher war die Organisation der Forstämter in Kraft getreten. Durch diese Organisation in der Be­zirksfinanzverwaltung war auch eine solche der Kollegialbehörden, d. h. der Domänen- und Forstdirektion, eriorderlich. Nach dieser nun­mehr erfolgten Neuorganisaiion bildet die Do- mänendirektilln eine Abteilung, und zwar für Domänen und Bauten, der Oderfinanzkammcr mit den Befugnissen eine« Landeskollegiums in unmittelbarer Unierordnung unter das Finanz­ministerium. Der Domänendirektion unterge- ordnet sind die Bezirksbauämter und die Bad- verwaltung Wildbad. Die Forstdirektion bildet ebenfalls eine Abteilung (Forstabteilung) der Oberfinanzkammer. In unmittelbarer Verbin­dung mit der Forstdirektion steht das Kom­mando der Forstwache. Im äußern Dienst sind der Forstdirektion untergeordnet die Forst­ämter und die Torfverwaltung Schussenried. Die Geschäftsbehandlung bei der Domänen- und Forstdirektiou ist wie bei den übrigen Kol­legialbehörden organisiert.

Zur Stuttgarter Wasserversor­gung schreibt Hofrat vr. Distler in Stuttgart demSchwäb. Merk.": ES ist mir durchaus begreiflich, wenn die Bewohner des prächtigen Enztales sich gegen die geplante Entnahme der envlmen Wassermenge nach Kräften wehren; wäre ich dort wohnhaft, ich würde genau ebenso handeln. Ich halte cs für ausgeschlossen, daß eine Wasserentnahme von über 40 Millionen! Liter im Tag für das Enztal gleichgültig sei.' In einem Vortrage gelegentlich der ärztlichen Landesversamnilung zu Calw im Jahr 1906 unterzog der Inhaber des Lehrstuhls für Hy­giene der Universität Tnbingen, Professor Orr Wolf, in Gegenwart eines namhafte« Teils der württ. Aerzteschaft die Frage der Wasserver­sorgung Stuttgarts einer eingehenden Besprech­ung und kam, wie ich mich bestimmt erinnere, zu dem Schlüsse, daß die Versorgung Groß» Stuttgarts mir Wasser aus dem Bodensce vom hygienischen Standpunkt aus einwandfrei und praktisch durchführbar sei. Ist diesen Ausfüh« rungen seitens der dazu berufenen Organe je« mals näher getreten worden? Es ist mir be­kannt, daß die Stadt Paris ernstlich mit dem Plane umgeht, ihren Trinkwasserbedars aas dem Genfersee zu decken. Der Genfersee nun ist nur um eine geringe Kleinigkeit größer als der l Bodensee; Paris aber hat rund 3 Millionen ^ Einwohner, und die Entfernung zwischen Genf und Paris beträgt das Vielfache derjenigen zwischen Bodensee und Stuttgart. Was bei den Parisern bei dem so wesentlich stärkeren Bedarf und der ganz ungleich weiteren Ent­fernung möglich scheint, sollte bei uns doch wenigstens angestrebt werden. Dazu kommt, daß die Leistungsfähigkeit der Wasserversorgung aus dem Enztal ihre selbstverständliche obere

Grenze bei steigendem Bedarf bald finden muß, der Bodensee dagegen als praktisch unerschöpf­lich betrachtet werden darf, daß sonach das Bodenseeprojekt eine nach menschlichem Ermes­sen für alle Zukunft ausreichende Lösung dar­stellen würde. Es wäre in hohem Grade be bäuerlich, wenn nicht wenigstens der ernstliche Versuch gemacht würde, diese meines Erachtens einzige wirklich großzügige Lösung der Wasser­versorgung Stuttgarts herbeizuführen.

S tu tt gart, 27. Jan. (Der Sparsinn der ital. Arbeiter in Württemberg.) Nach dem Verwaltungsbericht der Vcrkehrsanstaltcn be­tragen im Rechnungsjahr 1906 die Postein­zahlungen nach Italien 1 695 152 Mk. Diesem Betrage steht nur ein Rückfluß von 154 483 Mk. gegenüber. Daß überhaupt viel Geld außerhalb Württembergs geht, beweist die Tat­sache daß 74 Millionen Mk. mehr weggeschickt worden sind als angekommen.

DaS in neuerer Zeit mehrfach erörterte Projekt der Wasserversorgung Stuttgarts aus dem Bodensee würde nach dem Urteil ei­nes Sachverständigen einen Aufwand von min­destens 25 Millionen Mark erfordern, während man bei dem Schwarzwaldwasserversorgungs- projckt bekanntlich mit einem solchen von 11 bis 12 Millionen Mark rechnet.

DemSchwäb. Merk." wird aus dem Enzial u. o. geschrieben: Die Stadt Stutt­gart hat das allerschwierigste Projekt für ihre Wasserversorgung ausgewähltl Zunächst spielt das Weltbad Wildbad herein: bleiben seine Thermen durch die beabsichtigte enorme Weg-^ nähme von Quellwasser intakt? Auch im Fall! der Bejahung dieser immerhin zweifelhaften! Frage erhebt sich das weitere Bedenken: wie werden sich die ökonomischen und gesundheit­lichen Verhältnisse des Enztals und dessen landschaftlicher Charakter gestalten? Es soll ja durch einen großen Stausee oberhalb Wildbad alles wieder ersetzt werden, wa» entzogen wird, so lautet die tröstliche Antwort Wir sind hierdurch aber nicht recht befriedigt; wenn wir auch glauben, daß es den Technikern möglich ist, der Gefahr einer Sintflut aus dem Stau­see vorzubeugen, so ist doch die Tatsache un­streitbar: das klare, warme und gesunde Quell- wasscr kommt in der Hauptsache fort, u»S bleibt das Meteor- und Moorwasser! Der Fassungsraum des Stausees wird ständig ver» mindert; denn jeder ergiebige Niederschlag führt dem letzteren viel Sand zu, größere Regengüsse oder Hochwasser werden den Stausee mit Ge­röll, Schutt und Steinen ausfüllen. Daun können die vielen Säg- und sonstigen Werke sich vergeblich nach dem versprochenen Ersatz! für das abgeleitete Wasser umschauen I Jmj Winter wird sowohl der Stausee wie die Enz mangels genügenden Quellwassers zerfrören, die Werkbesitzer haben alsdann Zeit, zum Eisen und Schliltschuhfahren! Die Gegenwart unserer Gegend und ihre Zukunft liegt eben auf dem Wasser; Industrie, Landwirtschaft und Forst- wiitschaft müssen Schaden leiden, wenn nufere Wasserverhältnisse erheblich gestört werden Von Erheblichkeit aber ist es zweifellos, daß 500 Sekundenliter Qnellwasser abgeleitet werdet^ sollen, das macht täglich über 43 Millionen

Liter! Braucht denn Stuttgart überhaupt so viel Trinkwasser neben seinen jetzigen Leitungen? Als Nutzwasser zum Sprengen von Straßen und Rasen, zur Kanalisation und Abfuhr ist unser Quellwasser doch zu wertvoll! Bei den Beschwichtigungsversammlungen haben die Stutt­garter Herren geltend gemacht, daß zur Ver­besserung der Qualität des Schwarzwald (Bunt- sandstei»)-Wasseis leicht unterwegs genügend Muschellalkwasser zugeleitet werden könne. Wa­rum wird diese Ergänzung nicht vou Anfang an und sofort vorgesehen und uns dadurch entsprechend mehr Wasser belassen? Gesetzt, die Stadt Stuttgart würde ihre Ansprüche aus dem Lchwarzwald auf 250 bis 300 Sekunden­liter ermäßigen, so wäre deren Entnahme, be­sonders bei zweckmäßiger Verteilung auf meh­rere Ouellgebiete, sicher weit unschädlicher und dann könnten manche Befürchtungen und Ein­wendungen entkräftet werden. Eine Hauptein. Wendung wird freilich immer noch bestehen bleiben, nämlich die Frage: Muß absolut das Enztal herhalten? Hier handelt es sich doch durchweg um oberirdische Quellen, die zur Er­nährung der Bevölkerung und als Grundlage der schon bestehenden und der noch ferner auSnützbaren wertvollen Wasserkräfte unent­behrlich sindl Kann denn nicht auch, wie bei der Stadt Ulm, oder bei der Filderwasserver- sorgung ein Flußwassergrundstrom für die Stutt­garter Bedürfnisse benützt werden? Von Tech- nikern hört man, daß in der Gegend von Rottenburg unterirdisch gutes Wasser in Fülle zu bekommen sei. Das Bauamt lnr städtischen Wasserwerke hat allerdings bereits einen derarti­gen Versuch ohne Erfolg gemacht, aber an einem schon vorher angefochtenen Platz. Die Er­klärung des Bauamls, daß im Neckartal nichts zu machen sei, ist kein Evangelium, sondern nur die Ansicht einer Partei. Die bis jetzt befragten Persönlichkeiten waren Geo-, keine Hydrologen! Wozu haben wir em Bauamt für das öffentliche Wasserveisorgungswesen? Warum hört man nicht sonstige in Waster- sragen anerkannte Autoritäten? Z. B. Professor Or. Lueger, der unsere Nachbarstadt Pforzheim stets und sehr zu deren Vorteil als Sachver- ständiger beraten hat. In dem erwähnten städtischen Verwaltungsbericht heißt es, daß die Forstdirektion im März 1907 sich zur Abgabe der Quellen im Staalswald bereit erklärt hübe, wenn das vorliegende Projekt der Schwarz­waldwasserversorgung sich in der Tat als die einzig mögliche Lösung darstcllen sollte." Dieses Wenn" dient zu unserer Beruhigung; denn wir leben der Zuversicht, daß eine andere Löiung möglich ist, die ohne Schädigung weiter Interessentenkreise zu dem gewünschten Ziele füh­ren wird, u. wenn auch am Ende das schwäbische Meer angepumpt werden müßte. Wir befinden uns Mit dem städtischen Verwallungsber>chl durchaus in Uebereinstlinmung darüber,daß die Wasser­versorgung der Stadt Stuttgart eine wichtige und schwierige Frage ist und daß aus eigener Kraft, d. h. »hne die tatkräftige Förderung und Unterstützung deS Staats, die Stadt dieses große Werk nicht w rd vollbringen können." Wir wünschen auch der Stadt einen recht reichen Siaattzbeitrag. möchten aber andererseits die