und das Entsetzen der furchtbaren Todeskämpfe. Eine der AuSgangstüren war von dem Billet- kontrolleur verriegelt worden und mußte erst gesprengt werden. Nur zwei Personen konnten sie gleichzeitig passieren. Schwere Anklagen werden jetzt gegen die Doyertowner Feuerwehr laut. Während die Wehr aus dem benachbar­ten Pottstown ihr Lebeu einsetzte und das Menschenmöglichste an Mut und Energie leistete, hatie der schon gemeldete Unfall einer Spritze, wobei ein Mann das Leben verlor, die Mann­schaft von Boyertown vollständig entmutigt. Eie standen um die Brandstätte gedrängt, be­tranken sich und fingen Streit mit ihren Kame­raden aus PoltStown an. Mit der Pistole in der Hand mußten die Polizeibeamten sie schließ­lich zu ihrer Pflicht zwingen oder sie überhaupt entfernen.

Die Brandkatastrophe in Boyerton (Penn- sylvanien) stellt sich als bedeutend schwerer heraus, als in dem gestrigen ersten Telegramm gemeldet wurde. Wie ein neues Telegramm aus Newhork meldet, wurden aus der Ruine des abgebrannten Opernhauses bi» 5 Uhr abends 167 Leichen geborgen. Die Zahl der Verletzten beläuft sich auf etwa 75. Die Be­völkerung der Stadt besteht meist aus Deutschen. Die Mehrzahl der bei der Katastrophe Umge­kommenen trägt deutsche Namen.

Wegen starker Schneestürme und Kälte bis zu 39 Grad stockt in Moskau seit drei Tagen der Bahnverkehr vollständig. Nächst Kerm ist eia Eilzug eingefroren. Die Passa­giere haben entsetzliche Leiden auSzustehen.

Der russische Fürst Demidow, der sich einige Zeit in Chartum aufgehalten hat, ist von Kairo zu einer langen Löwenjagd nach Süden aufgebrochen. Der junge Sportsmann, der erst 23 Jahre alt ist, führt einen Arzt, einen Küchenchef und einen Photographen mit sich, dessen Aufgabe es ist, die Jagdszenen kinemato- graphisch aufzunehmcn. Neben allen möglichen Apparaten für die Löwcnjagd nimmt der Fürst auch Apparate für den Fang von Flußpferden. NaShorne und Krokodile mit. 75 Esel be­gleiten seine Expedition und der junge Mann, dem es nicht an Geld zu fehlen scheint, hat einen Privstdampfer gemietet, für den er täg­lich 25 Pfd. St. zu zahlen hat. Die Jagd soll 6 Monate dauern und die Jäger wollen ihren Weg nach dem französischen Kongo nehmen um von dort über die atlantische Küste zurück- zukehren.

HLnterHattenöes.

Späte Rache.

(Fortsetzung.)

Ich brachte das altersschwache Tier in meinen Armen herauf und legte eS auf »in Fußkissen nieder, eS atmete schwer und schien bereits in den letzten Zügen.

Jetzt schneide ich eine dieser Pillen ent- zwei," sagte Holmes, sein Taschenmesser her­ausziehend;eine Hälfte bleibt zu späterer Verwendung in der Schachtel, die andere tue ich mit einem Theelöffel voll Wasser in dieses Weinglas. Sie sehen, der Doktor hat recht, sie löst sich schon auf."

Das mag sehr interessant sein," ließ sich Lestrade in spöttischem Ton vernehmen, nur begreife ick, nicht, was es mit Stangerson» Tode zu tun habe» soll."

Geduld, mein Freund, Geduld; Sie wer­den es bald erfahren. Jetzt gieße ich noch etwa» Milch dazu, um es schmackhaft zu ma­chen."

Er hatte den Inhalt des Weinglases in einen Napf aukgeleert und der Hund leckte die Flüssigkeit bereitwillig auf. Wir saßen schwei­gend im Kreise und erwarteten die entschei- dende Wirkung, welche, nach Holmes wichtiger Miene zu urteilen, bald eintreten sollte. Aber es geschah nichts dergleichen. Der Hund lag auf dem Kissen ausgestreckt, sein Zustand war unverändert.

Mein Freund hatte die Uhr herausgezogen, und wie eine Minute noch der andern erfolg­los verstrich, nahm sein Gesicht einen immer kummervolleren Ausdruck an. Er preßte die Lippen zusammen, trommelte mit den Fingern auf dem Tisch und verriet auf jede Weise die

größte Ungeduld. Seine Gemütsbewegung war so unverkennbar, daß er mir aufrichtig leid tat, während die beiden Polizisten schaden­froh lächelten und ihm den offenbaren Miß­erfolg von Herzen zu gönnen schienen.

ES kann kein zufälliges Zusammentref­fen sein," rief er endlich, vom Stuhl aufsprin­gend ;das ist unmöglich, völlig unmöglich. Die nämlichen Pillen, deren Anwendung ich in Drebbers Fall vermutete, werden nach Stangersons Tode wirklich gefunden und doch haben sie keine Wirkung. Wie läßt sich da« erklären? Daß meine ganze Schluß­folgerung falsch gewesen sein soll, ist undenk­bar. Aber der elenden Kreatur dort merkt man gar nichts an."

Er ging aufgeregt im Zimmer hin und her; plötzlich stieß er einen Judelrusaus:Ich hab'K, ich hab's!" Er griff nach der Schachtel, schnitt die andere Pille eutzwei, löste sie auf, goß Milch dazu und ließ sie von dem Hunde auflecken. Kaum hatte das arme Geschöpf sie mit der Zunge berührt, als ein krampfhaftes Zucken durch seine Glieder ging, dann lag eS starr und leblos da, wie vom Blitz getroffen.

Sherlock Holmes atmete tief auf und trock­nete sich den Angstschweiß von der Stirn.Es war unrecht, daß ich mich so leicht irre machen licß," sagte er.Wenn eine Tatsache durch­aus nicht zu meinen Folgerungen passen will, hat sich noch regelmäßig herausgestellt, daß eS damit eine besondere Bewandtnis hat. Eine der beiden Pillen enthielt das tödliche Gift die andere war völlig unschädlich. Das hätte ich wissen müssen, bevor mir noch die Schach­tel zu Gesicht kam."

Wie seltsam mir auch seine letzte Behaup­tung klang, so lag doch der tote Hund als bester Beweis für ihre Richtigkeit vor uns. Ganz allmählich begannen sich die Nebel zu zerstreuen, die mir das Verständnis verhüllten, und e» dämmerte in mir eine Ahnnng von dem Zusammenhang der Dinge.

Das alles erscheint Ihnen nur deshalb so sonderbar," fuhr Holmes fort,weil Sie gleich zu Anfang die einzig richtige Spur, weiche deutlich vorlag, nicht erkannt haben. Ich hatte das Glück, von vornherein darauf zu verfallen und alle späteren Ereignisse haben nur dazu gedient, mich in meiner ursprünglichen Vermutung zu bestärken, sie waren die logische Folge derselben. So kam es, daß alles, wa» den Fall in Ihren Augen verdunkelte, mir neues Licht brachte und meine Annahmen bestätigte. Außergewöhnliche Umstände bieten keineSweg» immer die schwierigsten Rätsel; viel­mehr sind die scheinbar alltäglichsten Verbrechen oft am geheimnisvollsten, weil wir ohne be­sondere Anhaltspunkte zu keinen neuen Schlüs­sen gelangen können. Die Lösung unseres Falle» würde sehr fraglich sein, wenn man den Leichnam einfach auf der Straße gefun­den hätte. Die merkwürdigen Nebenumstände erschweren die Nachforschung nicht im Gegen- teil, sie erleichtern dieselbe."

Gregson hatte der langen Auseinander­setzung mit wachsender Ungeduld zugehört; end­lich bezwang er sich nicht länger.

Wir geben ja gern zu, Holmes," sagte er,daß Sie ein ungewöhnlich schlauer Mensch sind und Ihr ganz besonderes Verfahren haben. Aber mit Theorien kommt man hier nicht weit. Es handelt sich durum, den Mörder sestzunehwen. Was ich in dieser Sache ge- tan habe, scheint sich als Mißgriff herauSzu- stellen, denn, den zweiten Mord kann der junge Eharpeutier nicht begangen haben. Lestrade seinerseits glaubte jenem Stangerson nachspü­ren zu müssen und auch er war augenschein­lich auf falscher Fährte. Nach Ihren Win- ken und Andeutungen scheinen Sie mehr von der Sache zu wissen als wir. So gehen Sie doch einmal heraus mit der Sprache und jagen Sie uns, wer das Verbrechen begangen hat."

Gregson hat ganz recht," nahm Lestrade das Wort.Wir haben uns bis jetzt beide vergeblich bemüht, dahinter zu kommen, und wenn Sie wirklich, wie Sie behaupten, alle Beweise in Händen habe», so hoffe ich, Sic werden nicht länger zögern, uns reinen Wein einzuschenken."

Das Wichtigste scheint mir doch, der Mörder unschädlich zu machen," fiel ich ein,

damit er nicht noch mehr Untaten begehen kann."

Ss von allen Seiten gedrängt, schien Hol­mes unentschlossen, was er tun solle. Mit gerunzelten Brauen, den Kops auf die Brust gesenkt, schritt er im Zimmer auf und ab, wie seine Gewohnheit war, wenn es eine große Entscheidung galt, Plötzlich blieb er uns ge­genüber stehen.

Es wird kein Mord mehr verübt werden, darüber können Sie außer Sorge sein," sagte er mit Bestimmtheit.Sie fragen mich nach dem Namen des Verbrechers den kenne ich." Ja, was noch mehr ist. ich hoffe, in kürzester Frist ihn selbst in oie Hände zu be­kommen. Alle meine Vorkehrungen zu dem Zweck sind getroffen, aber die Ausführung erfordert große Umsicht denn wir haben eS Mit einem kühnen Menichen zu tun, der zum Aeußersten entschlossen ist. Auch fehlt es ihm nicht an einem Gehilfen, der ebenso verschlagen ist wie er selbst davon habe ich Beweise. Solange der Mann nicht ahnt, daß man ihn beobachtet, ist es möglich, seiner habhaft zu werden. Schöpfte er aber auch nur den ge­ringsten Argwohn, so würde er einen andern Namen annehmen und unter den vier Millionen Einwohnern dieser großen Stadt spurlos ver­schwinden. Ich möchte Sie beide nichl kränken,doch scheint mir, daß die Polizei jenem Manne gegen­übermachtlosist. Ich habe Sie deshalb auch nicht um Ihre Hilfe angegangen und will lieber Tadel und Verantwortlichkeit allein tragen wenn die Sache mißlingt. Jedenfalls ver« spreche ich, Ihnen Weiteres mitzuteile», sobald ich überzeugt bin, daß meine Pläne nicht mehr gefährdet werden können."

Die beiden Polizisten schienen durch diese Versicherung nicht sehr befriedigt und überhaupt wenig erbaut von dem abfälligen Urteil meines Gefährten. Gregson wurde rot bis zu den Schläfe» und Lestrades Augen funkel­ten vor Aerger und Neugier. Sie fanden jedoch keine Zeit, ihrem Herzen Lust zu machen denn in diesem Augenblick klopfte es an der Tür, und der Häuptling der zerlumpten Freiwilligen­schar, der junge WigginS, erschien i» höchstes- gener, unansehnlicher Person. (Fs> ts. iolht.)

WerrnistHtes.

(»Jetzt schmeiß i noch ane um, na hob i fünfzig P fennig!") DemH. G.-A." wird geschrieben. Schreiber dieses sah, wie liebeSglühende Jünglinge es anzufangen wissen, um Bekanntschaften anzubandeln. Es fiel mir nämlich auf, daß in meiner Nähe (auf dem Eisplatz) öfters junge Damen zu Fall kamen und zwar stets durch eine scheinbare Unvor­sichtigkeit eines und desselben Schuljungen. Als ich denselben auf einen anderen Platz ver­wies, sagte er ganz dreist:Jetzt schmeiß i noch ane um, no hob i fünfzig Pfennig!" Auf energisches Zureden gestund mir der Junge, daß er von ein paar jungen Herren besoldet werde, von ihnen bezeichnet« Damen anzu­rempeln, gelang dies, so bekam er einen Nickel und die Galans kamen angefahren, halsen den Fräuleins auf die Beine und die Bekanntschaft war meist rasch gemacht.

Ein müßiger Statistiker hat folgende Berechnung aufgestellt: Man zählt durchschnit- lich 36 000 000 Geburten im Jahr; also mehr als ein Baby in der Sekunde. Wenn man die Wiegen dieser Kinder eine an die andere auf­stelle» würde, so würde das eine Länge ergeben, die einer Reise um die Welt gleich ist, und wenn man die Mütter mit ihren Neugeborenen eine nach der andern an sich vorbeidefilieren ließe, immer zwanzig in der Minute, so würden die letzten vorbeikommenden Kinder schon vier Jahre alt sein.

Ein zehnjähriger Knabe hat in einem Dörfchen bei Cha lo n s-sur» Saone rin schwieriges Rettungswerk vollbracht. Der kleine Held hatte sich mit zwei Freunden beim Schlitt­schuhlaufen vergnügt; dabei brachen seine Ge­fährten ein und versanken vor den Augen ihre» Kameraden. Weit und breit war kein Mensch zu sehen uud sv machte sich der Kleine allein an daZ schwere gefährliche Rettungswerk. So schnell ihn seine Schlittschuhe tragen wollten, eilte er ans Ufer, schnitt und brach einige kräftige Weidenzweige ab und schob diese an