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Nr. 151.

Samstag, den 21. Dezember 1907.

43. ^ahraanq

Hlunöschcrrr.

Stuttgart, 16. Dez. Die neue Wasser- kraflanlage für das Stuttgarter städtische Elek­trizitätswerk bei Poppenweiler mutz als eine hochinteressante Wasserbauanlage bezeichnet werden, die die künftige Großschiffahrt bereits berücksichtigt. Für die TurbinenhauS-Schleuseu- Anlage sind die Fundationsarbeilen bereits fertig. Interessant ist ein sogenanntes Walzen­wehr unterhalb der neuen Neckarbrucke bei Hochberg. Mit zwei eisernen Walzen von je 28 Meter Länge, die bei Hochwasser hochgezogen werden können, wird der Neckar auf 2Vs Kilometer Länge gestaut. Ein Trockenbagger hebt den 18 Meter breit angelegten Kanal aus. Der Zipfclbach wird abgefangen und in einen großen Betonkanal unter dem Wehrkanal in den Neckar geführt. Zu dem Bau ist von der Stadt ein Kalksteinbruch erworben worden, den eine Feldeisenbahn mir sämtlichen Teilen des Unternehmens verbindet.

SimmerSfeld, 18. Dez. Infolge des reichlichen Schneefallö mußte gestern morgen schon der Bahnschlitten geschleift werden. Die Schlittenfahrt ist im Gang.

Calw, 17. Dez. (Elektrizitätswerk.) Für den Bezirk soll ein Elektrizitätswerk erstellt und mit dem Bau in allernächster Zeit begon­nen werden. Die Wasserkraft soll die Nagold oberhalb der Station Teinach liefern. Um zirka 200 Pserdekräfte zu erlangen, soll die Nagold mittels eines 380 Meter langen Stol­lens durch den Schloßberg geleitet werden. Außerdem wurde der Waldeckerhof um 45000 Mk. und die Wasserkraft der Talmühle um 55 000 Mk. erworben. Durch einen weiteren 1800 Meter langen Stollen glaubt man 600 Pferdekräfte gewinnen zu können. Für das Unternehmen, das in 1'/« Jahren vollendet sein soll, haben sich 24 Gemeinden zu einem Ver­band zvsammengeschlossen, es kommen aber über 65 Ortschaften in Betracht.

Vom südlichen Schwarzwald. Wer in diesen Tagen seinen Weg über Todtnauberg im südlichen Schwarzwald nimmt, ist über eine Arbeit erstaunt, die scheinbar ganz zwecklos an dem großen Felsen daselbst vorgenvmmen wird.- Etwa acht Arbeiter schaufeln kleine Laufgräben in mäßiger Tief«, ein Mann mit echt italienischem TypuS gibt nach einer kleinen Skizze die nötigen Anordnungen. Bereitwillig erteilt er dem müßigen Wanderer auch Aus­kunft, daß eS sich hier nicht etwa um die Anlage von Laufgräben, sondern die Hebung eines Schatzes handelt. Dieser Schatz spukt schon lange in den Köpfen der biederen Schwarz­wälder. Es befindet sich nämlich seit Jahr-j hundert an dem Felsblock eine Inschrift, die bis jetzt noch nicht entziffert werden konnte: In der Mitte ein Rad, Längs« und Querstriche nebst diversen sonstigen Hieroglyphen. Die Zeichen sollten tatsächlich schon lange ein­gemeißelt sei» und die alten Mütterlein er­zählen ihren Enkeln beim Spinnen oft eine Geschichte vom verborgenen Schatz, der nur in heiligen Nächten gehoben werden könnte und erinnern sich dabei ihrer eigenen Jugendzeit da ihnen dies Märchen auch von ihren Ahnen berichtet wurde. Und mancher versuchte hier

auch schon sein Gluck, bis das Forstamt vielem Graben ein Ende machte und ein Verbot er­ließ. Trotzdem soll in der letzte» Karwoche in nächtlicher Stunde wie­der gegraben worden sein. Der Ita­liener hat die Sache etwas praktischer an­gefangen. Vor etwa einem Jahre fertigte er sich eine Kopie der Hieroglyphen, die er einem großen Gelehrten" nach seiner Heimat zur Enträtselung übersandte. Dieser soll ihm ver« raten haben, daß im spauischen Erbfolgekcieg an jener Stelle der Fundort ist mathematisch genau berechnet ein Schatz vergraben sei, der in heiliger Zeit aufgefunden werde. Der Italiener hat dieAdvenlszeitabgewartetuudgräbt nun, offenbar mit Genehmigung des ForstamteS, mit seinen acht Mann fest überzeugt davon, daß es ihm gelingen werde, in wenigen Tagen den Schatz zu heben.

Schwenningen, 10, Dez. Wie große Aufgaben Schwenningen vor seinem Eintritt in die Reihe der mittleren Städte Württem­bergs zu bewältigen hatte, geht daraus hervor, daß es in den letzten Jahren neben der Real- anstalt und einigen großen Lolkshäusern ein Elektrizitätswerk mit einem Betriebskapital von 469 400 Mk., ein Wasserwerk mit einemAn- lagekapital von 750000 Mk. errichtete u: d im letzen Jahr eia Krankenhaus mit einem Kos­tenaufwand von 340000 Mk. erbaut hat.

Würz bürg, 12. Dezbr. Bei dem Fal­lissement des Bankgejchäsis Lippert und Stein dahier verliert der durch Selbstmord gi storbeue Kaufmann Badmann ca 80 000 Mk.. ein Bru­der und eine Schwester des Stein fast ihr ganze- Vermögen in der gleichen Höhe. Eine Bilanz ist nicht vorhanden, wieviele Depots unterschlagen sind, wird erst durch die Aufstell, ung des Status sich ergeben. Bei dem Zu­sammenbruch sind hauptsächlich mittlere und kleinere Kaufleute und Geschäftsleute geschädigt. Die Verhafteten haben das Geld verspekuliert. Ueber das Geschäft ist der Konkurs verhängt worden.

Berlin, 17. Dez. Ein Perlenkollier im Werte von Mk. 24 000 wurde gestern dem Hofjuwelier Werner in der Friedrichstraße von einer Gaunerin entwendet. Die etwa 30jährige Dame bat, sich einige Collier- ansehen zu dürfen und ließ sich verschiedene vorlegen. Da ihr aber angeblich alle nicht zusagten, verließ sie, ohne etwas gekauft zu haben, das Geschäft. Erst später entdeckte man, daß sie ein echtes Perlenkollier entwendet und anstatt dessen eine unechte Perlenkette zurückgelassen hatte.

(Staatssekretär Dernburg über die deutschen Kolomalgebiete.) Bei dem Fest der Deutschen Kolonialgesellschast in Frankfurt a. M. überbrachte Staatssekretär Dernburg zu­nächst die Glückwünsche der Reichsregierung, insbesondere des Reichskanzlers, sowie des ReichSkolonialamis und erklärte dann, es sei wahr, die Welt sei ziemlich verteilt gewesen, als die Deutschen an eine überseeische Ausdehn­ung gedacht hätten, aber es sei ein Irrtum, da^ wir in Afrika zu kurz gekommen seien und die von den anderen Völkern übrig gelassenen Brosamen hätten aufpicken müssen. Redner schildert sodann die Schwierigkeiten, die sich der Entwicklung unserer Kolonialgebiete entgegen-

! stellten und betonte namentlich den Mangel an kolonialerfahrenen Männern, die Unklarheit über die in den Schutzgebieten angewandte Produktionsmethode und die erforderlichen Machtmittel zur Erhaltung des Kolonialbesitzes. Der alle Schwierigkeiten gerecht Einschätzende müsse anerkennen, daß in den 20 Jahren unseres Kolonialbesitzes vieles geleistet sei. In mancher Beziehung sei die Entwicklung aller­dings langsam gegangen, und der Werl unserer Kolonien wurde vielfach herabgemindert, weil sie keine Früchte brächten, sondern dauernd Opfer verlangten. Schwere und große Opfer an Geld und Blut habe die Nation schon heldenmütig gebracht, aber dies hätten andere Nationen auch nötig gehabt. Die Kolonien müßien nicht nur besetzt, sondern auch erobert und verteidigt werden. Zunächst hätten wir allerdings auf die Mittel dazu, nämlich auf die Eisenbahnen und Verkehrswege, verzichtet, ein Fehler, dec um so schwerwiegender sei, als wir nicht etwa unsere Feinde zu bekämpfen hatten, sondern unser eigenes Land verwüsten und unsere eigenen Schutzbefohlenen vernichten mußten. Daraus solle man Lehren ziehen. Je schneller wir eine Erschließung durch Bahn­bauten förderten, desto eher würden unsere Kolonien blühend. Keine Erschließungsbahn könnte jedoch einen umiangreichen Verwaltungs­apparat und seine Exekutivorgane, d. h. Polizei oder Truppen, ersetzen oder überflüssig machen. Man könne sie vermindern, aber nicht entbehren. Die Kolonien seien ein wertvoller kolonialer Besitz, aber sie spielten im Vergleich zu unserem ganzen staatlichen Organismus eine unterge­ordnete Rolle und ihre Bedürfnisse hätten sich daher an das Ganze anzupassen und dürften nicht über das hinausgehen, was die Nation leisten könne. Der Redner weist ziffermüßig nach, daß der Handel mit den Schutzgebieten stetig wachse, und fährt dann fort, wir seien an einem großen Wendepunkt, zumal in Ost­afrika, angelangt. Uebcr die anderen Kolonien wolle er sich erst äußern, wenn er sie selbst ge­sehen habe. Das solle mit Südwestafrika im nächsten Frühjahr geschehen. Dieser Wende» Punkt liege darin, daß sowohl die Verwaltung wie die Truppen eine genügende Stärke und Wirksamkeit erhalten hätten, so daß ein weiterer Ausbau nicht mehr möglich sei, ja sogar mancher- lei Ersparnisse vorgenvmmen werden könnten. Die steigenden Mehreinnahmen können neben der Reduktion der Reichszuschüsse zu kulturellen Aufgaben verwandt werden. Diese kulturellen Ausgaben seien : Erschließung der großen Schätze des Landes, Hebung der Produktion der Ein­geborenen und Erzeugung von Rohstoffen für die Heimat. Hiemit sei untrennbar verbunden die soziale und ethische Hebung der Eingeborenen. Heben wir den Eingeborenen wirtschaftlich, so heben wir ihn sozial, und über diese Etappe führt der Weg zur Kultur und Humanität. Er könne heute noch keine Einzelheiten seines Programms geben, aber soviel könne er sagen, duß Ostafrika erschlossen werden könne, soweit wirtschaftlich auf absehbare Zeit erforderlich, ohne Aufwand der Summe, die man hier und da nenne und ohne die Ausgabe auch nur einer unproduktiven Mark. Mindestens ebnso wich­tig seien aber die Maßnahmen zur Steigerung