Verkehr hat die Zahl der bei Eisenbahnzusammenstößen und Entgleisungen getöteten und verletzten Personen eine beunruhigende Höhe erreicht. In dem am 30. Juni zu Ende gegangenen Jahr fanden 5000 Personen den Tod, 76 295 wurden verletzt.
— Hr. EmilLefevre in Berlin hat kürzlich sein LSjähriges Geschäftsjubiläum gefeiert. Er ist der Chef des weltbekannten gleichnamigen Teppich-Spezial-Geschäfls, welch letzteres er aus kleinsten Anfängen heraus zu seiner jetzigen Bedeutung emporbrachte. In diesem Zeitraum hat Hr. Lefevre viele Hunderttausende für Zeitungsinserate ausgegeben und gerade dies war es, was ihm nicht nur in Berlin und im Reiche, sondern auch im Auslande zu einer großen geschäftlichen Popularität verhalf und ihm tausende von Reisespesen ersparte. So hat sich wie bei vielen anderen großen Geschäftsleuten auch hier wieder die Zeitungs-Annonce als wertvolle Mitarbeiterin erwiesen. Sollten hieraus nicht auch andere, selbst kleine Geschäftsinhaber ihre Schlüsse ziehen?
Berlin, 8 . Nov. Die Reichsbank hat heute ihren Diskont auf 7V-°/o und den Lombard- Zinsfuß auf 8 */L°/o festgesetzt. Damit sind Ziffern erreicht, die in der Geschichte der Reichsbank noch nicht dagewesen sind. — Die „Frkf. Ztgt." schreibt dazu unter dem Sich- wort: „Das Ende der Hochkonjunktur. Sturmzeichen ziehen am Horizont des Wirtschaftslebens aus. Gestern hat die Bank von England ihren Zinsfuß auf 7°/o erhöht, auf einen Satz also, der seit dem Krach von 1873 nicht mehr zu verzeichnen war; heute ist ihr tie Reichsbank mit einer Diskonterhöhung von 6 */s auf 7 ^ 2 °/« gefolgt. Der offizielle Zinssatz in Deutschland ist damit auf eine Höhe hinanfgeschraubt, wie er sie in dem mehr als 30jährigen Bestehen der Bank noch niemals erreicht hat. Diese Zeichen sind deutlich, sie verkünden klar, daß in dem regelmäßigen Schaukelspiel des Wirtschaftslebens — von Tal zu Berg, von Berg zu Tal — wieder einmal die zweite Phase da ist, die absteigende. Die verfügbaren Kapitalien der Volkswirtschaft sind aufgebraucht durch die Unternehmungslust der letzten Jahre, durch all die neuen industriellen Anlagen, Bauten rc., die errichtet, durch all die alten Betriebe, die vergrößert und verbessert wurden. Auch der Kredit ist erschöpft. So muß wieder eine Zeit der Ruhe, der Sammlung kommen, bis die jetzt geleerten Reservoire sich wieder durch neue Ersparnisse gefüllt haben, um dann von neuem das wirtschaftliche Leben anregen und befruchten zn können. Und das ist es, was die Diskonterhöhungen ankündigen, was sie erzwingen; denn ein offizieller Wechselzinsfuß von 7'/-, ein Lombardzinsfuß von 8 ^/ 2 °/» ist natürlich geradezu prohibitiv für alle auf die Unterstützung durch Kredit angewiesene gewerbliche Tätigkeit; weil das Geld zu teuer ist, unterläßt man erst geplante Unternehmungen, schränkt man bereits begonnene ein — die ganze Maschinerie verlangsamt ihren Gang, gleich wie wenn Sand statt Oel zwischen die Räder geschüttet wäre."
Ans Mt und Kugel»,«-.
Wildbad, 12. Nov. In der am letzten Samstag stattgehabten Sitzung des Gemeinderats wurde mit 7 von 9 abgegebenen Stimmen Herr Chr. Munk, Bauamtswerkmeister in Stuttgart als Stadtbaumeister für die hies. Gemeinde gewählt. Herr Stadtbaumeister Weyhen- meyer, welcher dieses Amt seit 1892 inne hat wird auS Gesundheitsrücksichten anfang nächsten Jahres von seinem Amt zurücktreten.
Calmbach, 10. Nov. Im Gasthaus zum „Hirsch" wurde heute eine Bezirks-Jung- Geflügel-Aurstellung vom hies. Geflügelzüchterverein veranstaltet, verbunden mit einer Verlosung (GlückShafen), die sehr stark von hier und auswärts besucht war. Die HH. Fabrikant Daiber-Psorzheim und Hauptlehrer Rödel-Büchenbronn bildeten das Preisgericht und kamen zu folgendem Resultat: a) Tauben:
I. Preise erhielten Jul. Seyfried, Bäcker und Wirt hier für Rotdachen u. Milh. Knüller, Uhr- macher in Höfen für 1 Paar Brieftauben.
II. Preise: Friedrich Peter Bäckermeister hier,
Brieftauben; Karl Rometsch von Wildbad, rote Kröpfer; Wilhelm Treiber.Wildbad, Brieftauben; Christian Rapp-Conweiler, blaue Kröpfer. III. Preise: Fr. Wurster, Eisenbahnarbeiter Starblassen; Christian Kiefer, Fuhrmann hier, Rotdachen, b) Hühner. Sehr schöne Stämme halten die HH. Fabrikanten Gauthier hier aus- gestellt und erzielten einen I. Preis für Kuckuckssperber und zwei II. für rebhuhnfarbene Italiener und schwarze Minorca. Weitere II. Preise erhielten: Wilh Wacker-Neuenbnrg, Bahnwart Bock, Christian Jäger, Fabrikarbeiter, Bäckermeister Peter, Christian Wurster, sämtlich von hier. Mit einem III, Preise wurden bedacht: Schultheiß Hörnle, Phil. Metzler, Fabrikarbeiter, Fritz Wurster, Eisenbahnarbeiter hier und Christian Rapp von Conweiler, e) Enten. Nur 3 Stämme indischer Laufenten waren ausgestellt. Fabrikant Gaulhier hier, erhielt den II. und Phil. Metzler, Fabri karbei- ter zwei III. Preise. Die Firma Gabler-Zuffenhausen hatte eine Anzahl zweckmäßiger Futterbehälter ausgestellt. Die „Süddeutsche Tierbörse" (Weber) Heilbronn hatte dem Verein eine große Medaille mit Widmung zur Feier des Tages zusttllen lassen. - (Enzt.)
— Am vergangenen Mittwoch versammelten sich die Ortsvorsteher von Engelsbrand, Schwarzenberg, Schömberg und Oberreichenbach im „Obern Bad" in Liebenzell um über den Anschluß an die Wasserversorgungsgruppe Kälbermühle zu beraten. Anwesend waren auch die Landtagsabgeordneten des Nagold- und Enztales. Im Falle der Unzulänglichkeit soll eine beim Lautenhof, 400—600 m unterhalb der Kälbermühle entspringende Quelle, beigezogen werden, die eine Mächtigkeit von
8 Sekundenlitcr hat.
Schömberg, 7. Nov. Heute nachmittag ereignete sich hier ein schwerer Uuglücksfall in der Süddeutschen Heilanstalt. Ein junger Bureauangestellter war mit der Abfertigung von leeren Gasolinbehältern zum Versand beschäftigt. In jugendlichem Unverstand hielt er an die Oeffnung des einen Behälters, der offenbar noch Gasreste enthielt, ein brennendes Streichholz, worauf derselbe in Brand gesetzt wurde. Sogleich eilte das Dienstpersonal herbei, um den Brand zu löschen. Plötzlich erfolgte eine furchtbare Explosion und die Umstehenden wurden in eine mächtige Feuerflamme eingehüllt.
9 Personen trugen an Händen und im Gesicht schwere Brandwunden davon und liegen zum Teil schwerverletzt darnieder. Der Knall war weithin hörbar und versetzte die hiesigen Bewohner in großen Schrecken. Glücklicherweise erfolgte die Explosion im Freien, sonst wäre unberechenbares Unglück entstanden. — Der gegcnwärtig herrschende Wassermangel hat sich jetzt geradezu in Wassersnot gesteigert. Das noch reichlich fließende Quellwasser kann vom Pumpwerk nicht mehr auf die Höhe getrieben werden wegen Mangel an Betriebswasser. Die Leitung ist bis auf wenige Stunden des Tages geschlossen. Die Gemeinde sieht sich daher genötigt, neben der mit einer Turbine betriebenen Pumpmaschine noch einen Motor aufzustellen.
WnterHcrttenöes.
„Frau Lore".
Erzählung von I. Jobst.
(Nachdruck verboten.)
(Fortsetzung.)
Der Sprung aus Ihrer früheren Stellung zum Eigentümer von Langendors war verblüffend. Wenn allerdings alle denselben Einblick in die näheren Verhältnisse gewonnen hätten wie ich, so würde man sich weit weniger gewundert haben."
Auch an Walters Siirn schwollen die Adern, seine Worte waren so scharf und laut gesprochen, daß sie wie ein Messer in das Ohr des Zuhörers drangen — die beiden Männer maßen sich wie zwei Todfeinde. Man fühlte es, im nächsten Augenblick mußte etwas Ernstes geschehen. —-
Da zog «in Geräusch ihre Aufmerksamkeit ab, dre Tür zu Lores Zimmer öffnete sich — sie hatte voller Sorge die lauten Worte
vernommen — und die jnnge Frau trat mit irgend einer gleichgültigen Frage an ihre» Mann heran, dem Besucher eine leichte Verbeugung machend.
Walter runzelte die Stirn über diese Störung und wollte seine Frau kurz abfertigen, jals sein Blick zufällig auf Schäfer fiel, der kreidebleich, die Augen weit aufgerissen, mi! ent- setztem Ausdruck auf die liebliche Frau blickte, als sei sie ein Gespenst. Seine Brust holte keuchend Atem, während sich die Hände ballten vor innerer Erregung. Er stotterte etwas Unzusammenhängendes von: „Wohl Ihre werte Frau — will nicht stören — ein andermal die Ehre —' — und schob sich rücklings zur Tür hinaus, als könne er bis zum letzten Augenblick seine Augen nicht abwenden von dem Furchtbaren, was nur er erblickte.
Die beiden Gatten sahen sich verblüfft an, dann sagte Lore neugierig:
„Was hatte der Mann?"
Walter blickte Lore eine Weile nachdenklich an, dann sagte er mit schwerer Betonung:
„Woher kannte Dich dieser Schäfer?"
„Schäfer? Das war Schäfer?"
„Ja, Kind, nun entsinne Dich einmal, ob Dir dieser Mann schon einmal begegnet ist."
„Mir, Walter? Nein, den sah ich heute zum erstenmal."
„Bist Du ganz sicher?"
„Ganz sicher, liebster Mann."
„Und doch verbindet er mit Deinem Anblick irgend etwas Furchtbares, für ihn Bedrohliches. Dieser Schäfer muß doch noch etwas Schlimmeres aus dem Gewissen haben, als die Veruntreuungen, die er sich hier in Hoffelde hat zu schulden kommen lassen. Die bedrückten ihn gar nicht weiter, sonst wäre er doch nicht hierher kommen."
„Aber was hat denn der Mann mit mir zu schaffen?" Lore wurde ordentlich ärgerlich „Ich will nichts mit ihm zu tun haben. Er ist auch kein Umgang für Dich, denn nur Deine lauten Worte haben mich hierher gebracht, ich hatte Angst un. Dich."
„Angst? Ach, Kind, welche unnötige Sorge."
„So — meinst Du, daß dieser Schäfer nicht ein gefährlicher Mann ist für den, welchen er haßt? Und ich habe wohl den Blick gesehen, mit dem er Dich ansah, ehe er mich bemerkte."
„Besser ehrlich Feind, als falsch Freund," meinte der Assessor.
„Dieser aber ist ein heimtückischer, feiger Feind, Walter, und sein Benehmen vorhin läßt auf allerhand Schlimmes schließen. Der Mann ist eine Gefahr für uns."
„Kindchen, Du siehst Gespenster," beruhigte sie Walter jetzt, als er ihre Aufregung bemerkte. „Er wird sich schon hüten, sich an mich heran zu wagen; er weiß seit heute, daß ich um seine Veruntreuungen weiß."
„Um so schlimmer für Dich. Der offenen Feindschaft läßt sich begetzneu, derjenigen aber, die im Finstern schleicht, nicht."
Laute Kinderstimmen schallten von draußen ins Zimmer und lockten Lore hinaus, hatte sie doch da- Töchterchen heute noch gar nicht gesehen. Sinnend blickte Walter ihr nach und sagte dann laut vor sich hin:
„Warum erschrack der Kerl so sichtlich, als er Lore erblickte? Ich muß doch mal na hsra- gen, ob Schäfer auch im Schloß war."
Der Assessor nahm seinen Hut und v.rließ das Haus. Er erfuhr von Ecdman, den er auf dem Hofe traf, daß Schäfer sofort zum Krug gegangen war, wo sein Wagen wartete, und auf und davon sei.
„Er hatte es gewaltig eilig, Herr Leutnant, und sah ganz anders aus, als wie er kam. Der Empfang bei Ihnen muß ihm wohl nicht behagt haben." Der Inspektor sah Schulz pfiffig von der Seite an. „Einen Stuhl hatten Sie ihm wohl nicht angeboten?"
Walter mußte lachen, als er in das verschmitzte Gesicht ErdmannS blickte, der kräftig mit einstimmte. Sie hatten sich verstanden.
Nach einer Stunde erschien der Assessor bei Tisch, er scherzte mit den Kindern und war so guter Laune, daß Lore ihn verwundert ansah. Sie fühlte sich so beklommen, denn die Stunde rückte immer näher, die sie für ihren Besuch beim Vater bestimmt hatte. Sie hatte Walter