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64. Jahrgang

Amis- und Anzeigeblatt für den Oberamtsbezirk Calw

Nr. 182

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Srschklnun »«weise: 6 malwöchentl. Lnjeigeirprei«: rie kl-inspaltig« Zeile 20Ps-., Reklamen S0 Psg. Schluß der Anzrigeuaimahme S Uhr vormittags. Fernsprecher 8.

Freitag den 8. August ISIS.

Bezugspreis: In der Stadt mit lkrkgerlohn Mk. 3.80 vierteljithrlich. PostbezugSprei» tm OrtS- u. Nachdarortsvcrkehr Mk. 8.56. im Fernverkehr Mk. 3.60. Bestellgeld WPfg.

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Deutsche Nationalvsrfammlung.

Weimar, 7. Aug. Präsident Fehrenbach eröffnet die Sitzung um 4.20 Minuten. Die Anfrage der Frau Abg. Dransfeld und Gen. (Z.) betr. Entlassung der Frauen bei der wirtschaftlichen Demobilmachung wird von der Negierung später beantwortet werden. Es folgt die zweite Beratung des Gesetzentwurfes über eine außerordentliche Kriegsabgabe für das Rechnungsjahr 1919. Der grundlegende tz 1, demzufolge die Einzelpersonen für 1919 eine außerordentliche Kriegsabgabe von ihrem Mehreinkommen zu entrichten Hal en, wird ohne Erörterung angenommen; ebenso die 88 2 bis 12. 8 13 setzt die Steuergrenze fest. Mese beginnt mit 5 Prozent für die ersten 10 000 Mk. des abgabepflichtigen Mehreinkommens und steigt staffelförmig bis 70 Proz. für das 100 000 übersteigend« Mehreinkommen. Von soz.dem. Seite liegt ein Antrag vor auf Erweiterung und Erhöhung der Satze. Dieselben sollen bei einem Mehreinkommen von 5000 mit 5 Prozent beginnen und bis zu 80 Prozent steigen. Die Steuer M die Kriegsgewinnler, in erster Linie die Schieber treffen. Becker (D.V.) wendet sich hiergegen, da die Steuersätze in der hwii den: Ausschuß beschlossenen Höhe schon eine Blutentziehung -bis mr die Grenzen des Möglichen bedeuten. Der Antrag wird abgelehnt und die 88 13 und 14 in der Ausschußfaffung ange­nommen. 8 15 bis 27 betr. die Abgabepflicht der Gesellschaften. Bei 8 24, der die Abgabepflicht für inländische Gesellschaften auf 80 Proz. des Mehrgewinnes feststellt, wird ein Antrag der Un­abhängigen, bei der Erfassung der Kriegsabgaben von Gesell­schaften die von ihnen erlegte Kirchensteuer nicht mit in Rech­nung zu stellen, angenommen. 8 26 der die Abdgabe für auslän­dische Gesellschaften in gleicher Höhe ansetzt,, wird unverändert gelassen. 8 28 bis 35 enthalten gemeinsame Vorschriften. Nach 8 33 kann die Abgabe durch Hingabe von Schuldverschreibungen, Schuldbuchforderungen, Schatzanweisungen und Kriegsanleihen an Zahlungsstatt erfolgen. Auf Antrag Herrmann- Würt­temberg (D.) wird in 8 33 ein Absatz eingefügt, der den Genos­senschaften die Abstoßung der Kriegsanleihe erleichtern soll. De, Antragsteller führt aus, daß von den Genossenschaften 7,2 Mil­liarden Mark Kriegsanleihen zum Teil auf behördlichen Druck gezeichnet seien, oft über das Maß des Erträglichen hinaus. Minister Erzberger erklärt sich mit dem Antrag? einverstan­den und bereit, alles zu tun, um den Genossenschaften bei der Ab­stoßung der Kriegsanleihe zu Hilfe zu kommen. Die Schluß- borfchristen des Entwurfes gelangen zur Annahme. Damit ist me zweite Lesung der Vorlage erledigt. Es folgt die zweit«, Beratung des Gesetzes über eine Kriegsabgabe vom Vermögens­zuwachs. Rieß er (D.V.): Keine Partei und keine Fraktion ^ird sich der Pflicht entziehen, dem Reich in seiner schweren Notlage das Notwendige zu geben. Lediglich darüber geht der Streit, wie weit man die Grenze der Besteuerung mit Rücksicht dusNe Fortdauer und Wiederaufrichutng unserer Wirtschaft er­streck«! soll. 8 6 bestimmt, welcher Betrag von dem zu besteuern­den Vermögenszuwachs abgezogen werden darf. Darunter be­findet sich der Betrag einer Kapitalabfindung, die als Entschä- Mung für eine durch körperliche Verletzung oder Krankheit her- beigeführten gänzlichen oder teilweisen Verlust der Erwerbs- mhigkeit an den Abgabepflichtigen gezahlt worden oder zu zahlen M. Eine andere Bestimmung nennt unter diesen Beträgen auch die auf das Einkommen entfallende Staats-, Gemeinde- oder Kirchensteuern. Ein Antrag Gothein (D.) steht als Ergän­zung der ersten Bestimmung auch den Abzug solcher Summen vor, die im Todesfälle des Abgabepflichtigen an dessen Familie fallen. Em Antrag Wurm (Unabh.) will die Bestimmung Kirchen- 8uianzminister Erzbergcr: Die Äbzuasmög- uchkeit bedeutet kein Vorrecht der Kirche, sondern eine solche des Steuerzahlers. Der Antrag Wurm wird abgelehnt und ß 6 mit dem Zusatzantrag Kothein angenommen. Zu 8 24, wonach die Abgabe gestundet werden kann, falls ihre Einziehung mit einer besonderen Schärfe für den Abgabepflichtigen verbunden sein Mte, wird ein Antrag Gröber (Z.) und Gen. angenommen wonach der Steuerpflichtige im Falle der Ablehnung der Stun­dung der Entscheidung des Reichsfinanzhofs anrufen kann. s 32, wonach zur Vermeidung besonderer Härten Befreiung oder anderweitige Berechnung des Vermögenszuwnchses bewilligt wer- wrrd angenommen, nachdem Reichsmin. Erzberger er «art hat, daß dieser 8 eine Begünstigung derjenigen Steuerzahler bezwecke, die im ersten Halbjahr ihres Geschäftsjahres ihre Außen-, stände oder Guthaben einzubeziehen pflegen, wie Aerzte, Rechts­anwälte usw. Der Rest der Vorlage wird ohne Erörterung an -

genommen.

Reichseinkommensteuer - Kompromiß.

Weimar, 7. Aug. Der Staatenausschuß hat nach einer läi Men und ziemlich heftigen Aussprache die Reichsabgabeordnur Ar dem Kompromiß angenommen, wonach den Einzelstaaten ei - ^rauflommen von mindestens der gleichen Höhe wie ihi MHschnittlichen Ejnkünfte in den Jahren 19171919 betrüge.

oder in der Höhe ihres Steueraufkommens von 1919 plus 6 Proz. zusteht. Damit hat Erzberger einen ganz gewaltigen Erfolg da­vongetragen, der sich in seiner Wirkung erst in der nächsten Zeir offenbaren wird. Es ist ihm gelungen, alle Bedenken der einzel­staatlichen Minister nirderzureden und wenigstens auf dem Ge­biete des Finanzwesens zu einer Zentralisierung zu kommen, die für die künftige politische Entwicklung Deutschlands von außer­ordentlicher Tragweite ist. Vis zum letzten Augenblick hat man nicht geglaubt, daß es ihm, dem Vielgewandten, gelingen würde, den Einzelstaaten die Zustimmung abzuringen. Mit Bitten und Drohungen hat er e? zustande gebracht und mit dem Nachweis, daß die Vermögenslage des Reiches eine andere Möglichkeit, als die der direkten Erhebung der Steuern nicht mehr gestatte. Die Drohung, die er aussprach, war, den Staatenausschuß zu über­gehen und mit seinem Gesetzesvorschlag direkt an die National­versammlung zu gehen. Das scheint gewirkt zu haben. Jeden­falls haben die Gegner der Erzbergerschen Steuerreform eine völ­lige Niederlage erlitten. Baden und Sachsen waren die schärf­sten Verwerfer der Zentralisierung, das sozialistische Sachsen be­sonders deswegen, weil es sich begreiflicherweise gegen die steuer­liche Bevormundung durch das nicht rein sozialistische Neichsmi- nisterium nach Kräften sträubte. sächsische Ministerpräsident war denn auch persönlich noch einmal nach Weimar gekommen, um das Letzte zu versuchen. Es hat ihm nicht viel genützt; die Vorlage ist vom Staatenausschuß verabschiedet. Es hat ihm nicht viel genützt; die Vorlage ist vom Staatenausschuß verabschiedet. Es ist der letzte Gesetzentwurf, dem der Staatenausschuß seine Zustimnnmg gibt, da ja der Reichsrat, wie bekannt, aus neu zu wählenden Mitgliedern sich zusammensetzen wird. Die politische Entwicklung in Deutschland wird sich, wenn auch im Zick-Zack- KurZ, dein Einheitsstaat immer mehr nähern. Jedenfalls ist da-, augenblicklich durchgesetzte Steuerprogramm ein erster Schritt auf diesem Weg.

Eine neue Erklärung Michaelis.

Ueber den englischen Friedensfühler veröffentlicht dieVoss. Ztg." eine ihr vom früheren Reichskanzler Dr. Michaelis nach Besprechung mit den Vertretern der früheren Obersten Heeres­leitung und dem Staatsminister Dr. Helfferich und in Gemein­schaft mit diesen gegebene Darstellung, aus der hervorgeht, daß Michaelis nicht nur mit dem Kaiser, sondern auch mit Kühlmann den Fall genau besprochen hat. Ueber den Hauptpunkt, die bel­gische Frage, bringt die Erklärung keine volle Aufklärung. Ins- besondere geht nicht klar hervor, ob die neutrale Mittelsperson überhaupt über Belgien mit den Engländern gesprochen, oder ihnen nur die deutschen Bedingungen genannt hat. Eben die Stellung dieser Vorbedingungen war der grundlegende Fehler der deutschen Regierung, wenn sie überhaupt die ernstliche Absicht hatte, den vollen Verzicht auf Belgien als Preis für die Auf­nahme von Verhandlungen zu gewahren. Daß durch die der Erklärung über Belgien ausweichenden oder sie überflüssiger­weise abschwächenden Vorbedingungen die Aufnahme von Ver­handlungen vereitelt wurde, hat Michaelis keinesfalls entkräftet.

Offiziöse Auslassung.

Weimar, 7. August. Von zuständiger Seite wird uns mit­geteilt: Der englische Friedenssühler vom August 1917, den noch vor wenigen Tagen der frühere Reichskanzler Michaelis in einem offenen Brief an die Presse ausdrücklich alsFriedensfühler" be­zeichnet hat, wird auf Gmnd einer kurzen Reutermeldung von der deutschen rechtsstehenden Presse nunmehr einfach wegzuleug­nen versucht. Alle diese Versuche werden scheitern. Der eng­lische Fricdensfühl«? ist eine historische Tatsache. Er beginnt mit einer mit ausdrücklicher Zustimmung Frankreichs durch Vermitt­lung des apostolischen Nuntius an die deutsche Regierung über­reichten Anfrage Englands nach den deutschen Kriegszielen, inS- besonders nach einer einwandfreien Erklärung über Belgien. So­wie diese Erklärung befriedigt, so heißt es wörtlich in dem Schrei­ben des Nuntius Pacelli an den Reichskanzler Michaelis von, 30. August 1917, so meint Seine Eminenz der Kardinalstaats­sekretär, daß ein bedeutender Schritt zur weiteren Entwicklung der Verhandlungen gemacht wurde, und der Nuntius fügt seiner­seits hinzu, daß durch eine persönliche Antwort der gute Fort­gang der Friedcnsvcrhandlungen erleichtert wird. Kein Par­teimanöver wird imstande sein, von dem Wortlaut dieses zum ausgesprochenen Zweck der Friedensvermittlung geschriebenen und überreichten amtlichen Schriftstückes einer neutralen Macht hinweg zu täuschen und keine Pressepolemik wird die Tatsache aus der Welt schaffen können, daß die deutsche Regierung unter Einfluß der Obersten Heeresleitung und der hinter ihr stehenden alldeutschen Kreise eine Erklärung über Belgien nicht abgegeben und dadurch eine Friedensmöglichkeit verscherzt hat.

Neuregelung der Heeresverwaltung.

* Berlin, 6. Aug. Durch die Verfassung ist die Heeresver­waltung auf das Reich übergegangen. Verwaltungsbefugnis und Kommandogewalt stehen den Gliedstaaten nicht mehr zu. Vis zum 1. Oktober wird aus dem Ministerium der Kriegs­staate» und sonstigen üeMnrley Kriegsbehörden das Reichs-

u khrminisicrium gebildet, und die Einzelministcrien in Reichs^ wc hrbefehlsstellen umgewandelt. An die Spitze der pre^ ßischen Reichswehrbefehlsstelle tritt bis auf weiteres der biBt hciige preußische Kriegsminister Oberst Reinhardt, der LayP rischen Generalleutnant Burkhardt, der sächsischen Eeneralmajstz v. Oldershausen, der württembcrgischen Oberstleutnant WöH» warth.

Der Reklamierte.

* Berlin, 6. Aug. DiePost" veröffentlicht die Zurücksiek lungsakten Erzbergers aus dem Jahre 1917. Es geht daran» hervor, daß der Staatssekretär des Auswärtigen Amis Zimmer» mann im Januar die Zurückstellung Erzbergers mit Rücksichst auf seine Propagandatätigkeit dringend befürwortete. Die Zurückstellung wurde dann regelmäßig verlängert. Im Ok­tober macht das Generalkommando des 13. W. A.-K. das stellv. E.-K. des A.-K. in Berlin darauf aufmerksam, daß dis Nichteinzichung des erst 4 4 jährigen, anscheinend ge- tunken und rüstigen Mannes in der engeren Heimat Erzber­gers Mißstimmung und Aerger hervorgerufen habe. Der kommand. General des 3. A.-K. bemerkte auch seiner seits, es sei im militärischen Interesse bedauerlich, daft dicser k. v. befundene Landsturmmann bisher nicht habe zur Einstellung gelangen können. Von seiten des preußische« K: iegsministeriums wurde bemerkt, daß Erzberger, auch wenn er eingestellt wäre, doch dauernd Reichstagsurlaub hält«. Schließlich würde die Zurückstellung mit Rücksicht auf die stän­digen Reklamationen des Auswärtigen Amtes usw. doch wieder, verlängert werden, obwohl auch das Oberkommando in den Marken einzugreifen versuchte.

Graf Mebel über Berständigungsmöglichkekten.

Hamburg, 7. Aug. In denHamburger Nachrichten" er­örtert der ehemalige deutsche Botschafter in Wien, Graf Wedel, die Frage, ob ein Verständigungsfriede möglich war an der Hand der Sixtus'schen Mission, deren Verlauf er als feststehende Tab­sache, an deren Bestehen nicht zu zweifeln ist, bezeichnet. Er er­klärt darüber:Es ist anzunehmen, daß nur an einen Sonder­frieden mit Oesterreich, aber nicht an einen allgemeinen Frieden, gedacht worden war. Prüft man die Stxtusinission und ihre Be­handlung bei der Entente, so stellt sich heraus, daß Frankreich ein überaus günstiges Angebot, die Herausgabe Elsaß-Lothringens, erhielt, auf das es geradezu hätte springen müssen, wenn über­haupt die geringste Neigung zu einer Verständigung Vorhände» gewesen wäre. Frankreich aber lehnte das Angebot mit einer hochfahrenden Geste rundweg ab.

Zur Sichere» Lage.

Die Ereignisse in Ungarn.

Pest, 7. Aug. (Ung. Korr.-Vur.) Das Amtsblatt v«offenst licht eine Verordnung der Regierung der ungarischen Volksrepu­blik betr. das Wahlrecht zur Nationalversammlung, sowie zu den Munizipal- und Gemeindevertretungen. Wahlberechtigt ist jedß männliche Person, die das 21. Lebensjahr vollendet hat ur» zum mindesten seit 6 Jahren ungarischer Staatsbürger ist und in irgend einer vaterländischen Sprache des Lesens und Schrest bens kundig ist. Jeder Wähler hat eine Stimme. Die Wahl erfolgt gemeindeweise in unmittelbarer geheimer Abstimmung Das Munizipal- und Gemeindewahlrecht ist mich an eine halb­jährige Ortsansüssigkeit geknüpft. Eine weitere Verordnung be­trifft die Wahlen zur verfassunggebenden Nationalversammlung. Diese Wahl erfolgt auf Gmnd des Vethältniswahlsystem«. Erzherzog Josef.

Wien, 7. Aug. Erzherzog Josef, dem die oberste Ci Ü gO Walt von den Enteutcmissionen übertragen worden ist, ist cin4 in Ungarn sehr volkstümliche Figur. Nach der Oktoberrevolution legte er seinen erzherzoglichrn Titel ab. nannte sich einfach Josef Habsburg und leistete der ungarischen Volksrepublik den Treueid, Als die Räteherrschaft ausbrach, wurde er durch die Räterepublik aus Pest anSgewiesen und auf seinem Gut in Abchnt interniert, wo er sich während der ganzen Zeit der Herrschaft Bela Kunst befand. Die Räterepublik wollte ihn später verhaften, doch wurde sie daran durch die Wiener Ententemisston gehindert. Erz? Herzog Josef hat sich politisch nur einmal betätigt, als Köm« Karl in den letzten Oktobertagen die Lösung der schwersten Polp tischen Krisis ihm anvertrauen wollte. Er war damals mit Es folg bemüht, das von dem Kommandanten von Pest, General La-' kaschitsch geplante Blutvergießen zu verhindern.

Dotationen in England.

Amsterdam, 7. Aug. Die englische Regierung hat im Un­terhause einen Antrag eingebracht, den verschiedenen englische« Anführern im Kriege Titel zu verleihen und Geldsummen zh schenken. Das Unterhaus hat Anträge angenommen, in dens 1 allen britischen und DonünlonsitreiLLiten Nr ihre LrieaSdjeM^