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Ulm ist heute noch gestört. Ter Schaden, der an den Obstbäumen durch den Schneedruck ver­ursacht wurde, ist enorm. In vielen Obstgär­ten sieht es, wie aus Ebersbach i. Schw. be­richtet wird, geradezu trostlos aus. Aus vielen anderen Orten wird ähnliches gemeldet, überall bieten sich Bilder der Vernichtung und Zer­störung.

Bühlertal, 22. Mai. Das Unglück, welches sich hier ereignete, hat sich noch als schrecklicher herausgestellt, als erst angenommen. Nicht ein, sondern sechs Kinder ertranken ge­stern nachmittag 5 Uhr im hochgeschwollenen Bach, darunter vier des Blechmeisters Weck, deren Mutter erst am Samstag gestorben ist. Ein Kind siel in das hochgehende Wasser, die anderen wollten ihm zu Hilfe eilen, fanden aber gleichfalls den Tod in den Fluten. Zwei Leichen sind bereits geländet. Ueber das schreckliche Unglück wird sodann noch gemeldet: Die sechs ertrunkenen Kinder, zwei Malermeister Trenkle und vier, wie schon gemeldet, Blechnermeister Weck gehörig, hatten sich an ein Geländer gelehnt, das plötzlich in die hochangeschwollene Büllot stürzte. Die Kinder, sämtlich Mädckieu, fielen ins Wasser und verschwanden in den Fluten. Bis jetzt sind drei Leichen geländet.

London, 20. Mai. Der gesamte Wert der Hochzcitsgeschenke, welche die Prinzessin von Battenberg erhalten hat, beläuft sich auf ca. 15 Millionen Mark.

Unterhaltendes.

Zwei Hundertmarkscheine.

Erzählung von Rudolf Jura.

8s (Nachdruck verboten.)

Dort sollte ihm heute die Entscheidung über feine Vorschläge mitgeteilt werden, und wenn die Entscheidung, wie kaum zu bezweifeln, gün­stig aussiel, wie freute er sich dann auf die Antwort, die er da seiner liebsten Anni auf ihren Brief schreiben konnte!

Herr Rockstroh empfing Herrn Kullmann äußerst liebenswürdig, nötigte ihn, auf dem bequemen Ledersofa Platz zu nehmen, schob ihm eine Kiste Importen hin, gab ihm eigenhändig Feuer nnd begann dann in seinem gewinnend­sten Tone:

Mein lieber, verehrter Herr Kullmann, Sie haben uns das freundliche Anerbieten ge­macht, wieder wie früher als Reisender für uns zu arbeiten. Sie haben ja auch immer sehr hübsche Erfolge erzielt. Aber zu unserem lebhaften Bedauern können wir diesem Aner­bieten doch nicht näher treten, weil flu) Ihr Herr Nachfolger jetzt so gut eingearbeitet und so vorteilhaft bei der Kundschaft eingeführt ist, daß es eine Torheit wäre, schon wieder ohne Not einen Wechsel eintreten zu lassen. Aller­dings haben wir dieses Jahr jo stark nnt Oesterreich, Süddeutschlaud, der Schweiz und Südfrankreich gearbeitet, daß wir noch gar keine Zeit gefunden haben, Schweden und Norwe­gen bereisen zu lassen. Der Verkehr mit der dortigen Kundschaft war ja immer Ihre ganz besondere Spezialität, und wir sind dort seit fast vierzehn Monaten gar nicht mehr vertreten gewesen. Wenn Sie sich also zur einmaligen Uebernahme dieser kleinen Tour verpflichten wollten, so wären wir geneigt, Ihnen dieses Geb.et noch einmal anzuvertrauen. Sie müß ten sich dann allerdings sofort zur Abreise rüsten. Es ist keine Zeit mehr zu verlieren, wenn wir unseren Markt dort noch behaupten wollen. Denn, wie ich erfahre, hat in der Zwischenzeit die amerikanische Kodak-Gesellschaft riesige Anstrengungen gemacht. Sie werden also riesig arbeiten müssen, um die Konkurrenz aus dem Felde zu schlagen. Wenn es Ihnen recht ist, machen Sie sich heute nachmittag und morgen mit unseren Neuheiten vertraut und und können dann übermorgen reisen. Mit Spesen und Provision bleibt es bei unseren früheren Sätzen. Doch würden wir Ihnen, da es sich um eine schwierige und außerordentliche Sache handelt, den Gehalt um hundert Mark monatlich erhöhen."

Ich bin mir allem einverstanden, Herr Rockstroh."

Schön, das wäre also gemacht. Was nun Ihre Erfindung anbelangt, so ist unser Tech­

niker mit seinem P abieren und Untersuchen noch zu keinem abschließenden Ergebnis gekom­men. Auch ist ja die Patent-Erteilung noch nicht erfolgt . . . ."

Aber jeden Tag zu erwarten!"

Um so besser für Sie. Die Sache Hst auch uns einen sehr verrrauenerweckenden Ein­druck gemacht, obgleich wir, wie gesagt, mit einem endgiltigen Urteil und einer bindenden Erklärung noch ein paar Tage zurückhalten möchten. Wir möchten uns aber für alle Fälle das Vorkaufsrecht der Erfindung sichern und hoffen, wenn Sie das Patent erlangt haben, auch unsererseits im Besitz eines entscheidenden Gutachtens zu sein. Ich denke, daß wir dann, wenn Sie einigermaßen annehmbare Bedingun­gen stellen, die Erfindung erwerbe» werden. Einstweilen bitte ich Sie also, uns das Vor­kaufsrecht vertragsmäßig zu überlassen. Wir zahlen Ihnen sofort einen Vorschuß von tau­send Mark, welche Summe Ihnen als Reugeld verbleibt in dem Falle, daß wir von unserem Vorkanfsrecht keinen Gebrauch machen, also unsererseits vom Vertrage zurücktreten. Ist Ihnen das recht, so bitte ich Sie, diesen Ver­trag zu unterzeichnen."

Freudig unterschrieb Kullmann, nahm ein von Rockstroh unterschriebenes Duplikat, sowie eine Anweisung an die Kasse in Empfang, schüttelte dem liebenswürdigen Chef der Firma die Hand und eilte an die Kasse, wo ihm die tausend Mark in Gold und Scheinen uusgezahlt wurden.

Hoch erhobenen Hauptes machte er sich nun aus den Heimweg. Am liebsten hätte er seiner Anni gleich telegraphiert. Aber es fiel ihm ein, wie reizbar und nervös sie in letzter Zeit oft gewesen war. Vielleicht würde sie über ein Telegramm erschrecken. Es war entschieden besser, nur einen Brief zu schreiben, der ja am nächsten Vormittag auch in ihren Händen sein mußte.

Aber das Schreiben bis zur Rückkehr in sein Gasthaus aufzuschiebe», war er zu unge­duldig. An der nächsten Straßenecke sah er eine freundliche Wirtschaft. Tort kehrte er ein, ließ sich Schreibzeug geben und be­stellte Bier, Brot nnd Wurst. Das Frühstück schmeckte ihm vortrefflich, während ec jetzt seiner Anni in einem acht Seiten langen Briefe ausführlich alle seine Erfolge und glänzenden Aussichten ausmalte.Vergiß auch meine Blumen nicht zu gießen und grüße Gertrud schön!" schrieb er zum Schluß, bezahlte dann seine Zeche und ging zum nächsten Postamt.

Dort gab er dann zw i Postanweisungen auf. Eine an seinen Bankier über fünfhundert und eine an seine Frau über dreihundert Mark Auf dem Abschnitt dieser zweiten schrieb er zur Aufbesserung der Frühjahrstoilette" und stellte sich schmunzelnd das erstaunte Gesicht vor, das Anni beim Anblick dieser Summe machen würde.

Aeußerst glücklichen Herzens bestieg er nun die Straßenbahn zur Rückfahrt nach Dresden- Neustadt und streckte in seiner Ecke behaglich die Beine von sich. Das seit langem nicht mehr gewohnte Bier zum Frühstück hatte ihn schläfrig gemacht, und wie im Traum ließ er jetzt die Zukunftsbilder seiner Hoffnungen und Wünsche an sich vorüberziehen.

Schon bei seiner Reise durch Schweden Norwegen und Dänemark hoffte er gute Ge­schäfte zu machen. Und was für entzückende Sachen konnte er dann als Geschenke mit nach Hause bringen! Anni liebte das Kopenhagener Porzellan, und Gertrud hatte viel Freude an den reizenden nordischen Stickereien und Holz­arbeiten. Wenn er später seine Elfinduug gut verkaufte, mußte er auch unbedingt sein jetziges Geschäft aufgeden oder durfte es doch nur als Nebenfach betreiben. Er dachte daran, sich eine Drogenhandlung einzurichtcn und berechnete schon, welches Kapital er dazu nötig haben und wie hoch es sich bei durchschnittlichem Umsatz etwa verzinsen würde.

Dann sollte es seine Anni gut haben. Ein Dienstmädchen wollte er ihr halten und jeden Sommer würdey sie eine hübsche Reise zusam­men machen. Gertrud, die Gute, konnte ja in ' ihrer Abwesenheit das Dienstmädchen beaufsich­tigen. Ob sich freilich Böhlein so rasch und

ausreichend in das neue Geschäft einarbeiten würde, daß er es chm ein paar Wochen allein überlassen konnte, erschien ihm doch fraglich.

Für diesen Fall mußte er eben selbst zu Hause bleiben und Gertrud bitten, Anni an seinerstatt zu begleite». Dem lieben Mädel wurde eine Reise auch gut tun, und er zwei­felte nicht, daß ihr Siegbe.t und Vorwerk auf seine Fürsprache einen nuhrwöchigen Erholungs­urlaub gern gewähren würden. Kurz, er sah alles rosig und dachte an keinerlei Hinternisse einer glücklichen Zukunft.

Als er im Gasthof wieder angekommeu war, meldete ihn, der Kellner, daß ihn ein Herr dringend zu sprechen wünsche, den er auf Herr Kullmanus Zimmer geführt habe.

Der Herr wartet schon eine halbe Stunde auf Ihre Rückkehr," fügte er wichtig hinzu.

(Fortsetzung folgt )

Vermischtes

Ein Selbstladegewehr, System Fidjeland wurde auf dem Schießplatz der Versuchs- anftait für Handfeuerwaffen in Halenseebei Berlin erprobt. Es besitzt, wie die Voss. Ztg. b.richtet, ein Kaliber von 6,5 Mmtr., einen Lauf von 655 Mmtr. Länge und ein Gewicht von 4,13 Kg. Das Gewehr erteilt einer ge­wöhnlichen Kugel bei einer Pulvertadung von 2,2 Gr. eine Anfangs-Geschwindigkeit von 667 Meter. Innerhalb 2n« Sekunden kaun man mit ihm sechs wvhlgezielte Schüsse abgeben. Das Einführen der sechs Patronen geschieht ganz einfach. Beim Schießen verspürt man kaum einen Rückstoß. Dieser wird unter Zu­hilfenahme von Spiralfedern, Zubringefeder usw. dazu verwendet, um im Augenblick des Abschusses die Kammer zu öffnen, die abgeschos­sene Patronenhülse zu erfassen, um sie nach oben hinauszuwerfen, und ine neue Patrone einzuführcn. Zugleich wird die Kammer ge­schlossen und der Abzug von neuem gespannt. Trotz dieser vielgestaltigen Arbeit ist der Mech­anismus sehr einfach. Das Gewehr läßt sich und das ist für die Kriezsbrauchbarkeit wichtig in jedem gewünschten Kaliber her- stellen. Vor allem bleibt das Gewehr, wenn es einmal in die Zielcbene gebracht ist, bei al­len sechs Schüssen in dieser. Bei einem Ver­gleichsschießen mit einem Magazingewehr hatte ein sehr geübter Schütze aus diesem noch nicht den zweiten Schuß abgegeben, als aus dem Selbstlader bereits alle sechs abgefeuert waren.

Eine neue Balloneisenbahn ist von ihrem Erfinder, einem österreichischen Ingenieur namens Balderauer aus Salzburg mit angeblich großem Erfolg in den Bergen der Umgebung von Salzburg versucht worden. Sie besteht aus einem großen Fesselballon, der an einer einzigen Stahlschiene befestigt ist. Die Schiene ihrerseits ist fest an der Flanke eines steilen Bergs angebracht, dessen abschüssi­ges Gehänge von keiner andern Art der Eisen­bahn überwunden werden könnte, ohne die Be­nutzung einer großen Reihe von Schleifen und Tunneln. Der Ballon wird etwa 10 Meter über der Schiene in der Luft schwebend er­halten und ist mit dieser durch ein steifes Drahtkabel verbunden. Der Führer kann dann nach Belieben den Ballon an der Seite des Berges auf und abgleiten lassen. Für den Aufstieg wird die Triebkraft durch Wasser­stoffgas geliefert, für den Abstieg der Druck durch Wasser bewirkt, das an dec End­station m einen großen Behälter gefüllt wird und als Ballast dient. Unter'dem Ballon be- findet sich eine kreisförmige Gondel mit Platz für 10 Fahrgäste. Das Drahtkabel geht von dem Ballon aus durch den Boden der Gondel hindurch zu eurem Geschwindigkeitsregulator, der von dem Ballonführer unter Kontrolle gehalten H-ird. Der Erfinder rechnet daraus, daß die Balloneiscnbahn in Zukunft die Draht­seilbahn verdrängen wird.

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