WaderMonik

Amtsblatt

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Hirzu: Illustriertes Sonntags bl alt und während der Saison: Amtliche Fremdenliste.

Nr. 59.

Samstag, den 19. Mai 1906.

42. Jahrgang

Rundschau.

Gestorben: 16. Mai zu Calw Gast- Hofbesitzer Karl Waidelich z. Rößle.

Nagold, 16. Mai. Auf dem Rathaus fand heute der erstmalige Verkauf im Aufstreich des Areals des eingestürzten Gasthofszum Hirsch" samt zugehörigem neugebautem Wohn­haus und Scheuer, sowie der Aecker, Gärten und Wiesen statt. Ein hiesiger Kaufmann steigerte das Areal und die Gebäulichkeiten auf 23100 Mk. Der Zuschlag erfolgte nicht, es wird daher ein zweiter Verkauf statlfinden.

Bietigheim, 14. Mai. Gestern mittag ertrank in der Enz ein 18 Jahre alter Mau­rer aus Norddeutschland beim Baden; er be- kam anscheinend einen Schlaganfall in dem zur Zeit noch sehr kalten Wasser; seine beiden des Schwimmens unkundige Begleiter konnten ihm keine Hilfe leisten.

Tübingen, (18. Bundestag des Württ. Kriegerbundes vom 9. bis 11. Juni 1906.) Die Vorbereitungen zum Fest sind in vollem Gang. Die einzelnen Komissionen des Fest­ausschusses haben sich planmäßig in die Hände gearbeitet, so daß das endgültige Programm nunmehr festgelegt und die endgültigen Frage­bogen verschickt werden konnten. Die Anwesen­heit des Königs am Hauptfest, und der Vor­beimarsch des Festzuges vor dem Königszelt aus dem Markt werden nicht wenig zur Er­höhung des Festes beitragen. Nach dem Fest­zug wird die schattige Kastanienallee, «in staub- freier Festplatz von unbestrittener Schönheit, die Schaaren der Festgäste zu ungezwungenem, kameradschaftlichem Beisammensein aufnehmen Da der Bahnhof in allernächster Nähe des Festplatzes gelegen ist, so braucht sich niemand vom Eisenbahnfieber in seiner Festfreude stören zu lassen. Aber auch für geistige Genüsse ist gesorgt. So wird u. a. der Historiker Pro­fessor Dr. Busch beim Bankett die Festrede halten. Die Forschungen dieses Gelehrten und Redners gelten namentlich auch dem großen Krieg vom Jahr 70/71. Die Festzeitung aber wird Professor Nägele redigieren, der beliebte Schriftleiter der Blätter des Schwäbischen Alb- vereins, einer der besten Kenner unseres Hei- matlandes. So ist alles dazu angetan, den 18. Bundestag seinen Vorgängern würdig an­zureihen, und wer es irgendwie möglich machen kann, wird ihn besuchen. Bezüglich der Fest­schrift sei noch bemerkt, daß dieselbe durch die Expedition der Tübinger Chronik an die Ver­eine oder an einzelne Mitglieder im Voraus franko zu 20 Pf. verschickt wird, und daß von der genannten Zeitungsexpedition Bestellungen auf die Festzeitung jetzt schon entgegcngenommen werden können.

Böblingen, 18. Mai. Bei der heuti­gen Landtagsersatzwahl erhielt Bezirksgeometer Fuchs-Böblingen (Deutsche Partei) 383, Stadt- gartenverwalter Hiller-Stuttgart (B...) 1072, Fabrikant Leibfried Sindelftngen (Bolkspartei) 1585 und Gemeinderat Sperka-Smttgart (So­zialdemokrat) 1276 Stimmen. Es hat also Stichwahl zwischen Volkspartei und Sozialde­mokratie stattzufinden.

M e r g e n t h e i m, 15. Mai. Ein 23 Jahre alter, lediger Schmied aus dem benachbarten Löffelstelzen hatte eine Liebschaft mit einem Mädchen, das er heiraten wollte. Hievon wollten feine Eltern nichts wissen; darauf ver­schaffte er sich durch Erbrechen der Kommode seines Vaters Geld und verließ die Heimat. Er trieb sich im Badischen, namentlich in Mann­heim herum und kam zu dem Entschluß, irgend einen Mord zu begehen, um sich hierdurch an seinen Eltern zu rächen, die dann seine Hin­richtung in den Blättern lesen müßten. Mit Revolver und Dolch bewaffnet kehrte er in letzter Woche in unsere Gegend zurück. Zunächst verschaffte er sich durch Einbruch Lebensmittel, dann aber schritt er zur Tat. Eine Wirtin in Lustbronn, die allein zu Hause war, entging ihm noch, weil im letzten Augenblick an dem bereits von ihm innen abgeschlossenen Hause ein Dritter klopfte. Auf dem Weg von da nach Stuppach aber holte er eine andere Frau ein, die in die Kirche nach Stuppach wollte, packte sie und steckte ihr einen Knebel in den Mund und warf sie zu Boden; nur durch ihr Geschrei und ihre Gegenwehr ließ er sich ab­halten, seine mörderische Absicht zu Ende zu führen. Abends stellte er sich selbst der Behörde.

Pforzheim, 17. Mai. Ein 19jähriges Bürschchen vollführte hier einen schlechten Gau­nerstreich. Es gelang ihm, einen Check seines Arbeitsherrn über 2900 Mark so täuschend zu fälschen, daß der Bankier den Betrag ohne weiteres auszahlte. Mit dem Geld ging der saubere Bursche durch und veranlaßte noch zwei Freunde, mit ihm zu gehen. Bis jetzt hat man lt.Ps. G.-A." nur einen dieses Drios.erwischt. Die Kriminalschutzmannschaft ist aber den bei­den andern auf den Fersen, so daß sie wohl kaum ihrem Schicksal entgehen werden.

Aus dem Allgäu, 16. Mai. Zum Schutz der Alpenpflanzen veröffentlichen das Bezirksamt und der Sladtmagistrat eine Be­kanntmachung, laut welcher das Ausgraben von Alpenpflanzen jeder Art, insbesondere von Alpenrosen und Edelweiß, wie von Zier­kräutern, sowie das Abpflücken solcher Blumen zum Zweck des Handels oder doch in größeren Mengen, welche den Umfang eines gewöhn­lichen Handstraußes überschreiten, auf allen im Staats- oder Stadteigentum stehenden Bergen nur mit besonderer Genehmigung erfolgen darf. Uebertretungen werden mit Geldstrafen bis zu 60 Mk. oder entsprechenden Haftstrafen geahndet.

Urville, 17. Mai. Der Kaiser ließ heute nachmittag die Schulkinder von Kürzel, sowie die Schülerinnen deS Augusta-Viktoria-Stifts mit Schokolade bewirten; Oberhofmarschall Graf Eulenburg war als Vertreter dabei an­wesend. Nm 6'/- Uhr unternahm der Kaiser im Automobil eine Spazierfahrt, traf kurz vor 7 Uhr in Metz ein, betrat auf 10 Minuten das Innere des Doms und begab sich sodann mit den Herren des Gefolges weiter nach der Feste Friedrich Karl. Gegen 8 Uhr passierte der Kaiser zum zweitenmal Metz, überall mit Hurra empfangen, und kehrte sodann nach Ur­ville zurück.

Der internationale Hotelbesitzerverein,

der fast sämtliche Besitzer großer Gasthöfe zu seinen Mitgliedern zählt, hat bezüglich der Fahrkartensteuer eine Eingabe an den Reichs­tag gerichtet, in der es u. a. heißt: Wie jede Verbilligung und Erleichterung des Verkehrs auf diesen belebend wirkt und damit das ge­samte Geschäft, sowie den Nationalwohlstand augenfällig hebt, so wirkt jede Verteuerung nach allen Richtungen hemmend und herab- drückend. Während Nachbarländer, so Belgien und Holland, vor allem aber die Schweiz durch Verbilligung des Reifens innerhaltb ihrer Landesgrenzen immer mehr den Frcwdenstrom in ihre Gebiete ziehen und dadurch ihren all­gemeinen Volkswohlstand ständig heben, be­müht sich das Deutsche Reich, seinen leider ohnehin schon kleinen Bruchteil am internationalen Reiseverkehr durch Erhöhung der Fahrpreise noch weiter zu verringern. Angesichts dieser ungünstigen Lage glaubten wir gegenüber der dem drohenden Nebel der Einführung eines Fahrkartenstempels nicht stumm bleiben zu dürfen, sondern in letzter Stunde die dringende Bitte und Hoffnung aussprechen zu müssen, eS möge einem hohen Reichstag gefallen, den be­antragten Fahrkartenstempel in dritter Lesung abzulehnen.

Schwelm, 16. Mai. Der verstorbene Rentner Ernst Runge vermachte dem Kreis Schwelm sein gesamtes 400000 Mk. betragen­des bewegliches Vermögen und seinen Grund­besitz im Werte von etwa 100000 Mk. zu Zwecken der Kranken- und Waisenpflege.

Aus der Schweiz, 11. Mai. Die durch die Ex-Kaiserin Eugenie dem Kanton Thurgau gemachte Schenkung des Schlosses Arenenberg ist nunmehr rechtlich perfekt ge­worden. Das für 239000 Fr. versichere Mobiliar ist in der Schenkung inbegriffen. Die Schenkung repräsentiert insgesamt einen Wert von einer halben Million. Das Schloß soll Besuchern zur Besichtigung offen stehen Jedoch hat, wie berichtet wird, die Geberin bestimmt, daß die von Napoleon bei Sedan be­nutzten Wagen vernichtet werden sollen, keines­falls sollen sie Besuchern gezeigt werden. Der Große Rat hat die Schenkung noch zu rekti­fizieren.

Der französische Marineminister hat sich dieser Tage recht deutlich gegen die NbrüstungS- gedanken ausgesprochen. Der Minister, der ge­genwärtig die algerischen Hafenposten besichtigt, sagte in Philippeville bei einem Mahl unter Hinweis auf die Abrüstungsideen des bekann­ten Friedensfreundes d' EstournelleS u. a. fol­gendes:Ich las in einer Zeitung, daß im Senat eine Anfrage an mich gerichtet werden soll, die den Zweck hat, uns eine Mäßigung in den Rüstungen zu empfehlen. Daß England, das sich in einer besonderen Stellung befindet, seinen Rüstungen Einhalt lut, ist möglich. Wir für unseren Teil würden eine große Unklugheit begehen, wenn wir das Gleiche tu» würden. Alle Seemächte der Welt haben in der letzten Zeit unaufhörlich ihr Kriegsmaterial verbessert, und namentlich wir müssen dasselbe tun, um uns den zweiten Rang als Seemacht zu be­haupten. Wir dürfen nicht Gefahr laufen, diesen Rang auch nur für einige Stunden zu