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baren Schneesturm konnten die Beamten auf den Lokomotiven die Züge erst auf 200 m sehen und leicht vermuten, daß sie aus verschiedenen Geleisen waren. Viele Passagiere wurden sofort getötet. Eine große Zahl tag unter den Trümmern festgeklemmt, die sofort danach Feuer fingen. Das Geschrei der zahlreichen lebendig verbrennenden Opfer war entsetzlich. Biele verbrannten zu Asche und wurden unerkennbar. Andere entkamen halb verbrannt und vergruben sich, von wahnsinnigen Schmerzen gequält, im Schnee und erfroren. Die Ueberlebenden fanden sich im heftigen Schneesturm 15 Meilen von jeder Unterkunft entfernt.
Lens, IS. März. Die Ausständigen haben das Gitter des Eingangs von Schacht 6 in Billy Montigny zerstört und die Arbeitswilligen am arbeiten verhindert. Die Berg arbeiter haben die von Grubenbesitzern zugestandenen Konzessionen abgelehnt. Man glaubt, daß der morgen stattfindende Kongreß der Bergarbeiter sich gleichfalls ablehnend verhalten und einen Taglohn von 7 Frs. verlangen werde; in Carvin ist der Betrieb völlig eingestellt. Die Zah der Ausständigen beträgt zurzeit 46,000, die der Arbeitenden 7000.
— Die Spielhölle von Monte Carlo hat ein neues Opfer gefordert. Ein Dresdener Rentner, der sich sein Geld durch Häuser- und Grundstücksspekulationen erworben hatte, spielte in Monte Carlo mit Glück und gewann 10000 Mk. Als er nach Elbslorenz zurückgekehrt war, kam die Spielleidenschaft ü.er ihn. Er glaubte ein „System" gefunden zu haben, um die Bank von Monte Carlo „sprengen" zu können, und reiste wieder dorthin. Aber Fortuna war ihm nicht mehr hold, ec verlor, wie die Ücipz, N. Nachr. erzählen, sein gesamtes Vermögen und ist völlig Mittellos in Dresden wieder angekommen:
- - Die in der Angelegenheit der Kapitulation von Port Arthur eingesetzte Untersuchungskommission kam aus Grund zahlreicher Zeugenaussagen zu der Ueberzeugung, daß die Ueler« gäbe der Festung verfrüht und keineswegs durch äußerste Notwendigkeit bedingt war. Außerdem wurde festgestellt, daß die Berichte des Generals Stössel nicht der Wirklichkeit entsprachen, da im Augenblick der Kapitulation die Zahl der kampffähigen Verteidiger weit größer war, als sie von Stössel angegeben wurde. Es wurde ferner nachgewiesen, daß die Nahrungsmitteloorräte bestimmt noch für einen Monat ausgereicht hätten. Infolgedessen beschloß die Kommission, den General Stössel dem Gericht zu überliefern. Linewitsch best-ht ebenfalls auf gerichtlicher Verfolgung Stöffels.
Newyork, 19. März. Der bekannte Anarchist Johann Most, früher deutscher sozialdemokratischer Abgeordneter, ist gestorben. Most, der schließlich wegen seiner exzentrischen Ideen von seinen eigenen Leuten nicht mehr ernst genommen ward, wurde am 5. Februar 1846 in Augsburg geboren. Er war von Beruf Buchbinder.
Lokcrtes.
Litzmg der biirgerlichk» KMegie»
vom 13. März 1906.
In Anwesenheit des Herrn Oberbaurat von LeibbrandvonSlutlgart beraten die bnrgerl. Kollegien über den Ausbau der Wasserkraft der städtischen Nennbachsägmühle zu einem Elektrizitätswerk. Schon im verflossenen Sommer war das bestehende städtische Elektrizitätswerk mit seiner 60pferdigen Ma- schi. enanlage durch den Betrieb der Kühlanlage des Schlachthauses und den seitherigen Strombedarf für Beleuchtungstzwecke beinahe voll in Anspruch genommen. 'Es sollen nun dieses Frühjahr weitere 436 Glühlampen seitens Privater installiert werden und außerdem -will-die Kgl. Badverwaltung Lichtstrom für 6 Bogenlampen,««--120 Glühlampen und
Z eitere Moto- 'en. Die Erbauung
rat von Leibbrand und den Berechnungen der Maschinenfabriken im Mittel 36 ?8?erreicht werden, die bei Wafferklemme allerdings auf 18 PS. zurückgehen und bei Großwasser sich bis auf 90 ?8. steigern können. Der/generelle Kostenvoranschlag der ganzen Anlage beläuft sich auf 38320 Mk^sso daß eine gute Rentabilität des Wasserwerks nicht zu bezweifeln ist.. An der Hand der Ausführungen des Oberbäurats von Leibbrand beschließen daher die bürgerlichen Kollegien einstimmig, die Erbauung des Elektrizitätswerks sofort in Angriff zu nehmen und die Lieferung der Turbinenanlaze hiezu an die „Maschinenfabrik M. Voith in Heidenheim" und die der Dynamo-Maschinen an die „Maschinenfabrik Eßlingen" zu übertragen. Die Vergebung der übrigen Bauarbeiten soll noch im Laufe dieses Monats im öffentlichen Abstreich erfolgen.
):( Wildbad, 21. März. Auf Veranlassung der hies. Ortsgruppe der deutschen Partei hielt am.Dienstag Abend im Hotel znm „Ochsen" der Parteisekretär, Herr Keilt a t h aus Stuttgart einen Vortrog über den wirtschaftlichen Wert unserer Kolonien, der mit einer Reihe von Lichtbildern verbunden war. Herr Sanitätsrat H a u ß m a n n, Vorstand der Ortsgruppe, führte den Redner mit einigen begrüßenden Worten ein, betonend wie aktuell das Tema des Vortrags und von welch großem Interesse eS für alle Kreise sei, darüber Näheres zu hören. In 1'/-stündiger, ungemein packender Rede wußte Herr Keinath die Aufmerksamkeit der leider nicht sehr zahlreich Erschienenen zu fesseln und die Zuhörer für bie Schmerzenskinder Deutschlands, die Kolonien warm zu machen. In ausführlicher Gründlichkeit erbrachte der Redner den Beweis, wie notwendig die Kolonien für Deutschlands Zukunft sind, welch großen, nicht blos militärischen, sondern auch wirtschaftlrchen und An- siedluugswert sie haben und wie nahezu mit Sicherheit vorauszusagen sei, daß aus der Kolonialdepression uns noch Freude erwachsen werde, wenn nicht sogar Kolonialentusiasmus. England und anüere Länder haben ihre Kolonien anfänglich auch verdammt und schwere Opfer gebracht, die aber mehr als reichlich Früchte getragen. Daß sich auch bei unseren Besitzungen Opfer lohnen, das werde sich zeigen, wenn sie erst einmal ganz erschlossen sind durch Weg- und Eisenbahnvauten, durch Wasseranlagen, durch die Ermöglichung leichterer Zufahrt zur Küste, ferner durch Heranziehung eines Arbeiterstamms und durch Erziehung desselben zu richtiger, tüchtiger Arbeit. Zu vem Allem sind aber bedeutende Geldmittel und Unternehmungslust nötig, weiche Faktoren ja dem deutschen Volke glücklicherweise nicht fehlen. Der Redner glaubt, daß da überall ein Bild rasch aufsteigender Entwicklung zu sehen sei, unsere sehr fruchtbaren Kolonien — in denen wir Baumwolle, Kautschuk, Kakao, Kafe, Tabak, Erze, Marmor, Kohlen, Hanf, Südfrüchte aller Art u. A. gewinnen — in nerhalb von Jahren sich selbst unterhalten, daß wenn die Plantagen die überall angelegt sind, einmal voll ertragsfähig sein werden, eine stetig steigende Ausfuhrziffer, die jetzt schon sehr erheblich ist, aufzuwelsen sei und daß hoffentlich die Kolonialfreudigkeit, welche bis jetzt ini Deutschen Reich noch fehle, dadurch ebenso stetig zunehmen werde. Deshalb solle gesorgt werden, daß die Erkenntnis der Notwendigkeit der Kolonialpolitik in alle Kresse, ohne Rücksicht auf die Partei, dringe, zur Sicherung der Zukunft deS deutschen Volkes. — Die zahlreichen, klaren Lichtbilder, zu denen Herr Keinath in dankenswerter Weise uus- führliche Erläuterungen gab, führten auf einer Rundreise durch Südwestafrika, Ostafrika und die Süvseekolonien; sie zeigten uns Seen, Missions- und Militärstationen, Ansiedelungen und Ansiedler, Eingeborenentypen, Täler u. Höhcn- züge, See-Häfen, Jagden, tropische Vegetationen, Baumarten enormen Umfangs u. a. m. und trugen wesentlich zur Veranschaulichung des im Vortrag Gehörten und zur Erhöhung des Interesses für unsere Kolonien bei. Herr Fabrikcnrektor Schnitzer dankte in beredten
eines Elektrizitätswerks an Stelle der städt.
Sägmühle/ist daher jetzt zum dringenden unabweisbaren Bedürfnis geworden^Durch de»
Ausbau der Wasserkraft der Sä^mühle sollen j Worten „n Namen der Anwesenden für den nach den Ausführungen des Herrn Oberbau- überaus interessanten und lehrreichen Vortrag.
Wntevhattsnöss.
„Herz und Ehre"
Erzählung von Arthur Zapp.
14) (Nachdruck verboten.)
„Mutter", flüsterte er. sich zu ihr hinabbeugend, „du tust ihnen unrecht. Professor Wollmar hat nicht verleumdet —"
Frau Lehnhard, immer noch auf den Knien liegend, zuckte mit ihrem Oberkörper zurück und sah mit starren, schreckensvoll weit ausgeriffenen Augen zn ihrem Sohne empor. Tiefstes Entsetzen sprach aus jeder Linie ihres gefurchten Gesichtes.
„Ja, Mutter," zwang der Sohn den Nest seiner Beichte über die zitternden Lippen, „ich hab's getan — vor mehr als sieben Jahren. Vater und ich haben es vor dir geheim gehalten. Uno nun, Muttchen, nun wirst du mich verachten, wirst du mich nicht mehr lieben können.
Sie verharrte noch eine Weile regungslos wie zu Stein geworden. Dann schnellte sie jäh empor, umschlang ihren Sohn, in ein konvulsivisches Schluchzen ausbrcchend, mit ihren beiden Armen und drückte ihn in verzeihender, alles überwindender, treuer Mutterliebe an ihre Brust.
VIII.
ES war zwei Tage später, als Amtmann Wollmar die Familie seines Bruders besuchte. Der Amtmann mochte etwa zehn Jahre jünger als der Professor sein, und auch sonst war er in allem wesentlich verschieden von seinem Bruder. Er war klein und korpulent; sein Em- bonpoint gab ihm im Verein mit dem gutmütigen Zug in seinem von Gesundheit und Frische strotzenden Gesicht etwas Behagliches, Zufrie- denes. Seine Ausdrucksweise stach in ihrer Knappheit und Urwüchsigkeit scharf ab von dem weitschweifigen, würdevollen Pathos des Professors. Dem Amtmann hatte seine Ehe keine Nachkommenschaft beschert, umsomehr interessierte er sich für die Kinder seines Bruders, und in erster Linie war es Else sein Patenkind. die er fast wie sein eigenes Kind in sein Herz geschlossen hatte.
Seine Schritte und seine Bewegungen hat- ten heute etwas ungemein Lebhaftes.
„Nun sagt mir bloß," sagteer, nachdem er seinen Bruder und seine Schwägerin begrüßt hatte, „was ist denn los? Ihr schickt mir die Anzeige von Elses Entladung zu. Ich dachte, mich soll auf der Stelle der Schlag rühren. Meine Alte hat gejammert und geheult nach Noten. Also? Was hats denn gegeben?"
Der Professor gab seinem Bruder eine um- stündliche Erklärun g. Der Amtmann, den sonst die Weisschweifigkeit seines Bruders leicht un- gednlvig machte, hörte ihn diesmal ruhig bis zu Ende an. Dann schlug er staunend sein» Hände zusammen.
„Da soll nur einer sagen, was 'ne Sache ist!" rief er. „Wer hätte das in dem Lehnhard gesucht."
„Die arme Else! Wie erträgt sie'S denn?"
„Du kannst dir denken," nahm die Frau Professor das Wort, „daß sie zuerst ganz niedergeschmettert war und daß sie sich immer noch nicht in ihr Schicksal finden kann."
Der Amtmann stand ans und pustete. Ihm war ganz heiß geworden. Aufgeregt strich er sich über die feucht gewordene Stirn.
„Kann ich denn das Kind nicht einmal sehen?"
Die Frau Professor erhob sich, um ihres Schwagers Wunsch zu erfüllen. Als Else, mit der Mutter eintreteud, ihre» Onkel erblickte, warf sie sich laut sufweinend in die sich ihr entgegenstreckenden Arme.
Der Amtmann drückte seine Nichte ergriffen an seine Brust.
„Armes Kind!" sagte er mit zitternder Stimme, während sein volles Gesicht eine rotblaue Färbung onnahm und seine kleinen, in feuchtem Glanz schimmernden Augen lebhaft zu blinzeln begannen.
„Armes Kind!" fuhr der Amtmann fort. „Es ist dir wohl sehr nahe gegangen, wie? Na ja! Hast ihn sehr lieb gehabt und nun plötzlich —"