359

.an meiner Seele vorüber, ich glaubte wie­der den RufMörderin" zu hören und fragte mich, was mir bevorstehe, wenn dieser Ruf doch kein Spiel meiner Ein­bildungskraft war nnd wenn der Augen­zeuge meiner Tat mit seiner Anklage her­vortrete. Indes waren meine Nerven doch gesunder geworden, und ich erlag solchen Zurchtanfällen nicht mehr. Ich stand dann gewöhnlich auf, zündete Licht an und nahm einen Band George Sand, in deren Werke ich mich damals vertieft hatte. Dämmerte es schon, dann machte ich es noch besser, .kleidete mich an und ging in den Garten, wo ich nicht selten Norbert fand, der ein Frühaufsteher war und dem ich nun rück­sichtslos sein-Buch aus der Hand nahm, damit er mit nur plaudere. Er folgte mir nicht ungern und doch, wie es schien, mit einigem Zögern. Er war überhaupt selt­sam, aber nicht derart, daß es mich hätte düster stimmen, meinen Verdacht rege machen können. Ich zweifelte bald nicht mehr daran, daß er verliebt in mich war, und es wurde mir wärmer bei diesem Ge­danken. Er gefiel mir von Tag zu Tag besser, und ich verschwieg mir nicht, daß mich Gerhardt durchaus nicht mehr so er­regte, wie in den Tagen nach seiner An­kunft. Die Entdeckung meiner Schönheit mußte doch einen bedeutenden Eindruck auf ihn gemacht haben, und daneben mochte auch die glänzende Husarenuniform ein wenig an meiner Verwirrung schuld gewe­sen sein. Wenigstens kam mir Gerhardt jetzt, seitdem er die Uniform abgelegt hatte, durchaus nicht mehr so ritterlich und glän­zend vor, und wenn er in Zivilkleidern neben Norbert stand, dann sah er neben diesem recht harmlos und unbedeutend aus, So kam es denn, daß ich Norbert, der sehr schüchtern war, ein wenig ermunterte, ohne noch daran zu denken, was ich ihm sagen würde, wenn er plötzlich Ernst machte. Wenn ich mich heute mit aller Kraft in jene Zeit zurückversetzte, dann scheint es mir, daß ich trotz meiner neunzehn Jahre, trotz meiner Erlebnisse und trotz meiner Belesenheit doch noch viel vom Kinde in mir hatte. Ich dachte über solche Dinge nach, spielte mit ihnen, ohne daß ich auch nur eine Ahnung von dem wirklichen We­sen der Leidenschaft hatte, von dieser berg- ftromähnlichen Flut, die uns gar nicht mehr denken läßt, die uns taub und blind macht gegen alles andre und mit dämoni­scher Gleichgültigkeit über Felsenmaueru dahinbraust und Klüfte überspringt, von denen wir sonst schaudernd zurückweichen. Mein damaliges Wesen kommt mir vor wie eine reifere Spielart desnaseweisen Kindes". Ich wußte schon eine Menge Dinge, aber im Grunde genommen wußte ich »och uichts. Ich wäre jeden Augen­blick bereit gewesen, einen kleinen Aufsatz über die Liebe zu schreiben, daß ich aber noch nichts verstand das weiß ich erst jetzt. Freilich, w.e rätselhaft ist auch das Werden diesen kaum ergründeten Gefühls, das oft blitzschnell erwacht, oft aus Gleich­gültigkeit und oft aus Haß hervorblüht und dessen Wege nicht selten so dunkel sind, Laß wir uns mit all unsrer Vernunft kaum zurecht finden können. Ich glaubte, daß Norbert mich liebe, und als ich zwei- oder dreimal eine ganz merkwürdige Ver­änderung seines Wesens bemerkte, eine ganz ungewohnte schroffe Haltung, die er gegen mich annahm, da tauchte der Ver­dacht in mir auf, er sei es doch gewesen, der sich, vielleicht nur vom Augenblick hin­gerissen, zu jener Anklage verleiten ließ,

und ich sah in seinem Benehmen die Folge des Kampfes der Liebe mit einem Rest von Abscheu. (Forts, folgt.)

Kühle Hetränke.

Bei andauernd heißen Tagen ist ein Vorrat kühler Getränke im Haushalt etwas höchst Angenehmes und kann in einer regulär geführten Wirtschaft auch leicht und ohne erhebliche Mehrkosten hergestellt werden. Eis-Tee, -Kaffee, -Schokolade be­reite man stets gleich morgens früh. Der kühle Tee empfiehlt sich besonders für solche, die angestrengt geistig zu arbeiten haben und dabei selbstverständlich Bier, Wein oder sonstige alkoholhaltige Getränke in größeren Mengen nicht vertragen. Man gieße de» Tee in bekannter Weise auf, lasse ihn ziehen, gieße ihn dann ab, lasse ihn abkühlen und bringe ihn dann in den Eisschrank oder Kasten. Soviel als möglich vermeide man es, Eis in die Gelränke zu mischen; wo dies die Vor­schrift erfordert, bediene man sich künstlich erzielten Eises, da das Natureis oft Dinge enthält, die nicht rein, also gesundheitsschäd­lich sind. Man kann aber Getränke gut kühlen, wenn man ein hohes zylindrisches, nicht zu enges Glasgefäß mit Eisstückchen füllt und in die Getränke hincmstellt. Den kühlen Tee serviere man nach Bedarf und Geschmack rein, oder gebe Zitronensaft und gemahlenen Zucker dazu.

Zum Eis-Kaffe macht inan sich, wie wir der ZeitschriftDies Blatt gehört der Hausfrau" entnehmen, erst eine Portion recht starken Kaffee, erhitzt dann halbsoviel Milch oder Sahne (kocht sie aber nicht), mischt beides zusammen und süßt nach Geschmack, worauf der Kaffee in den Eis- schrauk gestellt wird. Soll der Eiskaffee als reguläre Mahlzeit etwa Gästen vor­gesetzt werden, so besorgt man sich Schlag­sahne, bringt auch diese aufs E>s, füllt zum Servieren den Kaffee in Gläser, gibt Sahne daraus nnd sendet die Gläser mit einem Teelöffel darin auf den Tisch. Strohhalme oder feine Glasröhren wer-^ vielfach zum Schlürfen der Eisgetränke be­vorzugt, damit diese nicht direkt über die Zunge zur Speiseröhre geführt werden und den Zähnen nicht schaden können. Els- Schokolade erzielt man, indem man fein geriebene Schokolade auf langsamem Feuer ,mit wenig Wasser schmilzt und dann unter i beständigem Rühren nach und nach so- ! viel Wasser beifügt, bis man die erwünschte Dickflüssigkeit des Getränkes erreicht hat, das man aus Zucker abschmcckt. Im übri- jgen verfährt man mit dem Kühlen wie oben, kann auch der Eisschokolade nach Be­lieben geeiste Schlagsahne beigeben.

Außerordentlich beliebt ist die schier unerschöpfliche Reihe der Limonaden, zu denen aber eigentlich stets kleine Eisstück­chen gehören, die man von Kunsteis neh­men sollte. Sehr zu empfehlen ist eine Mischung von Eis, Zucker, Pfefferminz- esseuz und Selterwasser, ebenso dieselbe Mischung mit Ingwer-Essenz an Stelle des Pfefferminzgeschmacks. Von den fertig zu beziehenden Essenzen genügen etliche Tropfen für ein Wasserglas. Ganz genau kann das Quantum nicht bestimmt werden, da einmal der persönliche Geschmack maß­gebend, anderseits auch die Größe der

Gläser verschieden ist

Sehr beliebt bei Kindern nnd ihnen auch zuträglich ist Fruchtmilch gekühlt, Zu deren Bereitung man ganz gut einge- ! machte vorjähirge Früchte, wie Aprikosen

oder Pfirsiche verwenden kann. Man streicht dazu die Früchte nebst ihrem Saft durch ein ganz feines Sieb und läßt den erhaltenen Brei aus Eis auskühlen. Bei Bedarf wird er dann mit kühler Milch oder Sahne verrührt oder auf Zucker ab­geschmeckt. Zur Bereitung von Mandel­milch reibe man gut gebrühte und gehäu­tete fuße Mandeln fein und mische sie mit dem gleichen Quantum gemahlenen Zuckers zu einem guthaltenden Teig, den man aus­kühlen läßt. Ein voller Teelöffel davon in einem Glase reinen Wassers verrührt, gibt das schöne milchartige Getränk, das doch ohne Milch bereitet ist. Es ist auch Magenleidenden zu empfehlen, da das feine Oel der Mandel sehr heilend wirkt.

Gemeinütziges

(Fli e genleim.) Man mischt 60 Teile Kolophonium, 36 Teile Leinöl und 2 Teile gelbes Wachs, oder 150 Teile Kolophonium, 50 Teile Leinöl und 18 Teile Honig, oder schmilzt 1 Teil weißes Harz und 1 Teil Rüdöl zusammen und läßt die Masse erkalten.

Vermischtes

(Die Opfer des Alkohols.) Die Zahl der wegen chronischen Alkoholismus und Säuferwahnsinns in den allgemeinen Krankenhäusern des preußischen Staates behandelten (aufgenommenen) Personen betrug nach demStat. Jahrb. f. d. Preuß. Staat" 1904 im Jahre 1902 13 377, und zwar 12,576 Männer und 801 Frauen. Außerdem wurden im Jahre 1902 in sämtlichen Irrenanstalten 1418 Männer und 111 Frauen, in, ganzen 1529 Per­sonen am Säuferwahnsinn behandelt. Da­zu kommen noch die Fälle von ausgespro­chenen alkoholischen Geistesstörungen, die nicht besonders bezeichnet sind. Es resultieren demnach mindestens 20000 Personen, die wegen ausgesprochener alkoholischer Stör­ungen in preußischen Krankenhäusern und Irrenanstalten behandelt worden sind.

(Appetit einer Spinne.) Nach der Beobachtung eines Naturforsckers fraß eine Spinne ihr vierfaches Gewicht zum ^Frühstück und ihr neunfaches zum Abend­messen. Würde ein Mensch denselben Appetit entfalten wie sie, so müßte er etwa einen Mastochsen zum Frühstück, ein halbes Dutzend Schafe zum Mittagessen und zwei Rinder, acht Schafe und vier Schweine Zum Nachtessen verzehren. Bor Schlafen­gehen könnte er dann noch als Nachtisch 'ein Tönnchen Fiiche zu sich nehmen.

(Ein falsches Zeugnis.) Ein Fir­meninhaber hatte einem Handlungsgehilfen, trotzdem dieser sich Unredlichkeiten hatte zu Schulden kommen lassen, ins Zeugnis ge­schrieben:Fleißiger, strebsamer und treuer Mitarbeiter, den ich gern empfehle." In einer neuen Stellung unterschlug der Ge­hilfe 2400 Mk. Die Firma verlangte von dem früheren Chef Schadenersatz, der ihr nach der Juristenzcitung auch in allen In­stanzen selbst vom Reichsgericht, zuge­sprochen wurdeu.

. SiclrrdesbuH-Khronik

; der Stadt Wildbad

! vom II. bis 16. Juli 1905.

' Geburten:

11 Juli Lutz, Jakob Friedrich, Maurer hier, 1 Sohn.

17. Juli Haag, Georg Friedrich, Holzhauer in Sprollenhaus i Sohn.

G e st vMb e ne:

16. Juli Krauß, Eva Mathanne geh. Schmid Witwe des Flößers Christian Friedrich Krauß hier, 67 Jahre alt.