Naum, Flaschen und Waschgefäße standen auf dem Tisch und Stühlen. Eben trat Katharine mit frischem Wasser ein, und wie sie die Türe öffnete, war es mir, als hörte ich ferne Jammerlaute. Ich fuhr aus und wollte aus dem Bette springen, aber die alte Magd hielt mich zurück. „Nur ruhig, ruhig Fräulein," sagte sie, „geschehene Dinge sind nicht zu ändern."
„Geschehene Dinge! Was meinte sie denn? Ich fühlte, wie meine Augen aus den Höhlen drangen, meine Lippen öffneten sich, meine Hand fuhr nach der mühsam atmenden Brust. „Weiß man denn alles?" stammelte ich.
„Ja, Herr Gerhardt hat es erzählt."
Gerhardt also! Ich glaubte, jetzt müsse das Leben aus meinem Körper fliehen, aber die Todesangst verlieh mir Kraft.
„Was hat er erzählt?" stammelte ich, und dabei zuckte ich zusammen, denn drau- ßen aus dem Korridor wurden rasche Schritte hörbar und ich glaubte schon die Rächer meiner Tat eintreten zu sehen.
Katharine tauchte einen Schwamm in das frische Wasser, das sie gebracht hatte, und fuhr mir damit über Stirne und Nacken. „Nur ganz ruhig, Fräulein; wenn Sie so aufgeregt sind, dann kommt es wieder."
,Was hat Gerhardt erzählt!
„Es muß ja schrecklich gewesen sein, aber es läßt sich nicht ändern, und der Hans war ein Taugenichts, ich Hab es immer gesagt, der gräbt sich noch sein Grab."
„Hat Gerhardt etwas gesehen? — Ich sah nichts mehr, ich war ganz weg."
„Er kam eben drüben den Damm herauf —"
«Ja, ja, mit Norbert —"
„Nein, allein." Herr Norbert sah das Kind nicht mehr, der kam erst später."
„Und Gerhardt?"
„Er sah plötzlich an der weißen Mauer etwas Dunkles, dann erkannte er Hans und da flog er auch schon an den Stein, und Ferdinand fischte ihn heraus."
„Er hat also nicht gesehen, wie er fiel?"
„Nein. Aber da es unter der Terrasse war, so muß es ja so gewesen sein, daß der Teufelsbub Hinausstieg und dann hinunterfiel. So war es gewiß auch — nicht wahr?"
„Ja, ja, so war es."
„Sie Aermste! Was muß das für ein Schreck gewesen sein — du lieber Gott, behüt einen vor so etwas!"
Ich hörte nicht, was sie weiter sprach. Wenn Gerhardt nicht mehr gesehen hatte — dann war es also Norbert gewesen. Wenn er aber absichtlich nicht mehr er-
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zählte — wenn er mich vorerst noch schonen wollte oder wenn er . . .
Plötzlich kam mir all das in den Sinn, was mich in jener traurigen Winternacht an dem Lager des kranken Kindes erschreckt halte. Nun war es ja doch so gekommen — der „Knirps", über den wir gestolpert" war aus dem Wege geräumt, wir standen dem Onkel nun um so viel näher, wir durften uns fast schon als seine Erben betrachten. Wenn Gerhardt mich erblickt hatte — konnte er etwas andres denken, als daß ich die Mörderin des Kindes war? Und wenn er schwieg, wenn er mich nicht anklagte — sprach daraus nicht die geheime Freude an dem Geschehenen? Ich erbebte bei dem Gedanken, mit ihm zusammenzutreffen, und schwerer und schwerer wäl zte sich wieder dieser furchtbare Alp auf meine Brust. (Forts, folgt.)
Vermischtes.
— Aus Berlin wird geschrieben: Die Haartracht L ln Kronprinzessin ist jetzt eine höchst wichtige Sache. Die Kronprinzessin Cäcilie hat nämlich mit der für ihr üppiges Haar vorzüglich passenden hohen Frisur eine kleine Modebewegung hervorgerufen: Die Berlinerinnen wollen jetzt ä, ln Kronprinzessin frisiert sein. Das ist aber nicht so leicht zu machen, denn dazu gehören in erster Linie Haare, und so reiben sich die Berliner Friseure, die zuerst schmollten, weil zu den Hochzeitsfeierlichkeiten ein Wiener Kollege beigezogen worden war, vergnügt die Hände wegen des zu erwartenden guten Geschäftes mit Kostichen. Daß aber die künstliche hohe Frisur nicht jeder Dame paßt und unter Umständen Verlegenheiten bereiten kann, geht aus folgender Erzählung eines Augenzeugen hervor: Vor einigen Tagen saß die Kronprinzessin im Marmorpalais mit Gefolge zu Tische. Eine der Hofdamen, die an Stelle ihrer früheren schlichten Frisur nun L ln Kronprinzessin frisiert war, mußte ihre ganze Aufmerksamkeit ihrer Frisur widmen, um diese in Ordnung zn erhalten und wagte kaum, sich zu bewegen. Da trat ein Diener ins Zimmer, die Hofdame mußte bei dem entstandenen Luftzug niesen, und die von den eigenen spärlichen Haaren nur schlecht gehaltene Frisur fiel in die Suppenschüssel. Daß die Dame ein Unwohlsein befiel, ist sehr begreiflich. Die Kronprinzessin aber sagte lachend zu ihrem Gemahl: „Fritz, so etwas kann mir nicht passieren." „Ich weiß es wohl," antwortete der Kronprinz, und küßte glücklich sei- ner jungen Frau die Hand — sagt die ergreifende Historie.
— In Sa n Franzisko trafen der Kapitän und 10 Man» der Mannschaft des
Seglers „Agnes" ein, von dessen Bemannung aller Wahrscheinlichkeit nach 20 Mann verloren gingen. Das Schiff war von Shields mit einer Ladung von Kohlen und Coaks nach Valparaiso unterwegs, als 5 Wochen nach der Abfahrt unter der Hauptluke ein Feuer ausbrach. 6 Tage später erfolgte eine furchbare Explosion, durch die die Luke 50 Fuß hoch in die Luft geschleudert wurde. Die Seiten des stählernen Schiffes wurden glühend rot, und der Aufenhalt an Bord war unerträglich. Der Kapitän ließ 3 Rettungsboote aussetzen und bemannen. Er selbst blieb mit dem Bootmannsmaat auf dem brennenden Schiff, das die ausgesetzten Boote ins Schlepptau nahm. 3 Tage lang hielten die tapferen Leute an Bord des Schiffes aus, sahen sich dann aber genötigt, ebenfalls in die Boote zu flüchten. Als diese Las Schiff verließen, glühte dieses bis zur Wasserlinie und um das Schiff herum stieg eine Dampfwolke auf, die durch die Berührung des Seewassers mit dem glühenden Fahrzeug entstand. Die Schiffbrüchigen nahmen ihren Kurs nach dem 50 Meilen entfernten Kap Horn. Während der Fahrt ereilte sie ein heftiger Schneesturm, der mit einem Orkan verbunden war. In diesem Sturm wurden die Boote auseinandergetrieben. Das Boot, in dem sich der Kapitän mit 10 Leuten der Mannschaft befand, wurde durch das amerikanische Schiff „Argon" das auf der Reise nach San Franzisko war, aufgefischt. Bon dem Verbleib der beiden anderen Boote weiß man nichts und man nimmt an, daß sie dem Sturm zum Opfer sielen.
— Schutzbrillen für Hunde sind die neueste Art der Tierbekleidung, die man in Berlin geschaffen hat, um Hunde gegen die sommerliche Glut zu schützen. Hundehüte in den verschieden- artigsten Formen sind neuerdings sehr in Aufnahme gekommen. Sie sehen, nach ^er „Freien Deutschen Presse" den Puppenhüten ähnlich und sind wie die Hüte lmit farbigen Bändern und Schleifen garniert. Schutzhelme für Pferde sind in diesem Sommer vielfach an Stelle der Strob- hüte getreten. Es sind dies eine Art Tropenhelme. Sie bestehen aus einem Drahtgeflecht, das mit wasserdicht imprägniertem Segeltuch bekleidet ist. Im übrigen werden auch die Strohhüte gewöhnlicher Art, die schon seit einigen Jahren bei den Omnibussen im Gebrauch sind neuerdings von den Droschkenkutschern viel begehrt.
Das wahre Mittel, betrogen zu werden, ist, sich für schlauer zu halten, als andere. La Rochefoucauld.
Wildbad.
Wiederholte
Kunst-Anzeige.
DU" Auf dem Turnplatz.
, , ^ . Der titl. Einwohnerschaft sowie den geehrt. Kurgästen zur
Diejenigen, welche mit ihren Steuern und sonstigen Schuld-, ^mckms, daß die Verbindlichkeiten der Stadtpflege gegenüber pro 1904/5 noch Rückstand sind, werden wiederholt ausgefordert, längstens bis
24. Juki ös. Zs.,
bei Berineibung zwangsweiser Beitreibung Zahlung
Die Stndtpflege.
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zu leisten.
diese Woche,
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geben und ist dem geehrten Publikum Gelegenheit geboten,
! stannenerregenden Produktionen beizuwohnen.
! Einem geneigten Besuch sieht entgegen
die Direktion.
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