Amtsblatt

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Samstag, öen 15. Juli 1905.

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Anzeiger

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41. Jahrgang.

Rundschau.

Stuttgart, 8. Juli. Der König ist dem Verband der Inhaber des eisernen Kreuzes im Königreich Württemberg als Mitglied beigetreten und hat diesem Ver­bände, dessen Zweck die Unterstützung be­dürftiger Inhaber des eisernen Kreuzes und der Hinterbliebenen ist, den Beitrag von 100 Mk. überweisen lassen.

Stuttgart, 8. Juli. In einer Sitz­ung des Mediziualkollegiums, in welcher im Beisein von Mitgliedern des Ministe­riums des Innern, sowie des Kirchen- und Schulwesens nbec.kdie Schularztfrage ver­handelt wurde, wurde von seiten der Re­gierung der Ansicht zugeneigt, daß das Schularztwescn staatlich zu organisieren und daß eine entsprechende Instruktion für die schulärztlichen Untersuchungen aufzustel- len sei. Dabei entspann sich eine lebhafte Erörterung über die Forderung, daß sämt­liche Schüler (auch die der höheren Lehr­anstalten) beim Eintritt in die Schulan­stalt und 1 bis 2 mal während der Schul­zeit, entkleide! untersucht werden sollen, und daß über den Befund genaue Aufzeich­nungen zu machen seien.

Neuenbürg, 13. Juli. Bei der hie- fügen Sensenfabrik fanden Buben in der Enz einen menschlichen Schädel. Die übri­gen Teile fehlen noch.

Der Bezirksvervein Calw des württembergischen Schwarzwaldvereins hat den Verbindungsweg Calw - Wildbad voll­ständig markiert. Dieser Weg bildet eine nahezu geradlinige Verbindung zwischen Calw und Wildbad und angenehme Ab­wechslung zwischen Waldung und freiem Gelände mit reichen landschaftlichen Rei­zen und herrlichen Ausblicken aus die schwäbische Alb. Der Zugang Teinach Zavelstein, welcher bei Rötenbach in den Verbindungsweg einmündet, ist gleichzeitig markiert worden.

Altensteig, 13. Juli. Nachdem für die erforderliche Erweiterung der hie­sigen Bahnhofanlagen 80 000 Mk. bewil­ligt worden sind, ist mit den Arbeiten be- reits begonnen und oberhalb des Gasthau­ses zumAnker" eine Holzbrücke für eine Rollbahn über die Nagold erstellt worden. Die zwei neuen Bahngeleise werden auf dem rechten Ufer der Nagold erbaut und über den Fluß geführt werden. Die Erd­arbeiten wurden dem Bauunternehmer Hirschmann zugefchlagen.

Tübingen, 8. Juli. (Strafkammer.) Adlerwirt und Holzhändler Ludwig Schön- thaler in Feldrennach mußte sich wegen fahrlässiger Körperverletzung verantworten. Mitte März befand sich Schöntaler mit seinem Einspännerfuhrwerk in Calmbach, um dort Dachlatten zu holen. Ueber

Mittag ließ er sein Pferd mit dem be­ladenen Wagen vor der Sonncnwirtschaft stehen und fütterte es. Das Pferd ist futterneidig, sonst aber fromm. Der fünf Jahre alte Knabe Rudolf Seyfried befand sich beim Ballspielen auf der Straße und kam in die Nähe des Pferdes, welches fürchten mochte, der Knabe wolle es am Fressen stören, und das deshalb mit einem Vorderfuß nach im schlug. Der Schlag traf den Knaben derart auf die Stirne, daß eine tiefe Wunde, Perbunden mit Knochensplitterung und Gehirnerschütterung, entstand. Schönthaler gab zu, sein Pferd unbeaufsichtigt gelassen zu haben, und meinte, es werde eben futterneidig gewesen sein und sagte, das Pferd sei sonst nichl bösartig. Er wurde zu 10 Mark und Tragung der Kosten verurteilt.

Tübingen, 11. Juli. Wegen des am 17. März bei dem Bauern Haas in Derendingen begangenen Diebstahls von Wertpapieren, von denen 4000 Mk. wieder erlangt, 2 700 Mk. aber nicht mehr zu er­mitteln waren, wurden gestern der Schnei­dergeselle Söhnle von Essendorf zu 3>st und Taglöhner Baumann von Leinzell zu 6 Jahren Zuchthaus verurteilt. Von den Hehler» sind vier ermittelt, die mit Stra­fen von einem Jahr bis zu 3 Monaten Gefängnis davonkamen.

Tübingen, 11. Juli. (Strafkammer). Der 30 Jahre alte ledige Kaufmann Max Rapp von Stuttgart fand nach Ver­büßung einer mehrjährigen Zuchthausstrafe im Bruderhaus zu Reutlingen auf Wohl­verhalten Unterkunft. Er verübte Betrü­gereien und verschwand. Mit einer Wirts­tochter in Reutlingen, die sein Vorleben nicht kannte, hatte der Angeklagte ein Verhältnis angefangen; die Eltern des Mädchens waren dagegen, worauf das Mädchen in Bamberg eine Stelle antrat. Dorthin begab sich jetzt auch der Ange­klagte und sandte von dort aus an einen Bekannten des Mädchens unter deren Namen ein Telegramm, worin er diesen um 100 Mk. telegraphisch bat, aber ohne Erfolg. Wegen Betrugs im Rückfall und Urkundenfälschung wurde Napp zu 2 Jah­ren und 2 Monaten Gefängnis verurteilt. Wegen Vergehens fahrlässiger Tötung wurde der Fuhrknecht Adam Brenner von Mühringen, OA. Tübingen, zu der Ge­fängnisstrafe von 3 Wochen verurteilt. Brenner fuhr in Tübingen am 8. Mai mit einem mit Backsteinen beladenen Wa­gen durch die Tübingerstraße auf einen Bauplatz. An der Straßenmündung stan­den einige Knaben, darunter auch der 7« jährige Erwin Müller. Brenner saß auf dem Wagen und rief dem Knaben zu, wegzugehen, stieg dann aber ab und trieb

wegen der Steigung seine Pferde zu ra­scherer Gangart an. Die Knaben sprangen weg, dabei stolperte Müller über einen Stein und fiel zu Boden; ehe er sich er­heben konnte, war er schon überfahren, die Räder zerquetschten ihm insbesondere das linke Bein, so daß der Oberschenkel am 11. Mai amputiert werden mußte. Am 26. Mai starb der Knabe an Wund­starrkrampf. Der Tod war die Folge der erlittenen schweren Verletzungen

Freuden st adi, 8. Juli. Eine hoch­interessante militärische Uebung fand ge­stern und heute Nacht in der Nähe der Zuflucht statt.Die Verteidigung des Kniebispasses" war der leitende Gedanke, und zur Ausführung desselben lag diesseits und jenseits des Passes je ein Bataillon Infanterie (Straßburg), beide Teile ver­stärkt durch eine Kompanie Pioniere (Kehl). Am Schluß des gestrigen Tages war die Uebung, die bei Oppenau gestern früh be­gonnen hatte soweit gediehen, daß der Ver­teidiger auf der Kniebishöhe Verteidig­ungsstellung bezogen hatte, die durch Ver­haue, Drahtgeflechte, Schützengräben, u. s. w. aufs sorgfältigste vorbereitet wurde. DerFeind" hatte bei der Zuflucht biwa­kiert und nach Einbruch der Dunkelheit begann der Vormarsch. Alles, was die moderne Kriegskunst zu ihrer Verfügung hat, wurde dabei benützt. Umgehungsbe» wegungen, Zerstörung der vom Verteidiger hergestellten Drahtgeflechte und vieles andere, das man aus den Schlachtenbe­richten vom russisch-japanischen Krieg ken­nen gelernt hat, wurden die ganze Nacht durch vorgenommen, bis es kurz vor Ta­gesgrauen unter Verwendung von Leucht­kugeln zum Sturmangriff und Handge­menge kam. Besonders der letzte Teil der Nachtübung gestaltete sich für die zahlreichen Zuschauer zu einem äußerst interessanten Schauspiel. Heute wird das Gelände wieder in Ordnung gebracht und abends werden die Truppen wieder in ihre Stand­orte zurückkehren.

Caunstatt, 12. Juli. Bei der heu­tigen Zwangsversteigerung ging das Wirt­schaftsanwesen zumStuttgarter Hof" von I. Wielgoß um 120 000 Mk. ans den früheren Besitzer Hermann über. Wielgoß hatte das Anwesen erst im Dezember 1904 um 140000 Mk. gekauft.

Heilbronn, 13. Juli. Der Raub­mörder Mogler von Bückingen wird, wie die Blätter melden, erst in der nächsten, Ende September ds. Js. beginnenden Schwurgerichtssitzung abgeurteilt werden. Die Voruntersuchung wird nämlich erst Ende dieser Woche abgeschlossen werden. Die Prüfung der Akten durch die Staats­anwaltschaft, durch den von Amtwegen zu