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in welchen sie Anordnungen über ihren Hund getroffen hat. Sie kam gestern nachmittag der Ulmer Ztg. zufolge in Begleitung zweier Herren in das Käse Linz. Als der eine sich einen Augenblick entfernte, bat sie ihren zweiten Begleiter ihr einen Cognac zu bringen. Sie benützte diese Gelegenheit des Alleinseins, zog einen erst gekauften Revolver heraus und schoß sich in die Brust. Das Motiv zum Selbstmord ist in unglücklicher Liebe zu suchen.
Pforzheim, 9. Juli. Aus allen Teilen des badischen Landes, der Pfalz und des Mittelrheins trafen heute in den Morgenstunden Schützen zum 21. Ver- bandsschützenfcst hier ein. Die Gäste wurden mit Musik am Bahnhof abgeholt. Gegen 12 Uhr zogen die Schützen im Festzug durch die reichgeschmückten Straßen der Stadt, aufs herzlichste begrüßt von einem tausendköpfigen Publikum, das Straßen, Balkone und Fenster besetzt hielt. Unzählige Blumenspenden wurden von zarter Hand den Schützen zugeworfen. Einen sonderbaren Anblick gewährte die Kompagnie „Täfelesbuben", welche am Ende des Zuges die Namen der angemeldeten, aber nicht erschienenen Vereinen dem staunenden Publikum vor Augen hielt. Weil nämlich einige Tage vor dem Fest ein kleines Unwohlsein eines Italieners als blatternoer- dächtig behandelt und von Schwarzsehern als „Ausbruch der Blattern in Pforzheim" in alle Winde bekannt gegeben worden war, hatten gegen 60 Vereine ihre Teilnahme am Schützenfest in letzter Stunde abgesagt. Mittags entwickelte sich auf dem Festplatz trotz der ins-rnaliscben Hitze ein volkssestohnliches Leben und Treiben. Auch das Preisschießen, das sich auf die ganze Woche ausdehnt, nahm seinen Anfang.
Baden-Baden, 10. Juli. In der „Allgemeinen Ortskrankenkafse" wurde vor kurzem ein Defizit von 18 000 Mk. fest- gestellt. Heute wurden nun der frühere Vorsitzende der Kasse, Josef Haslach, und der Kassierer Gutmann verhaftet.
Lahr, 10. Juli. Durch die große Hitze der letzten Zeit sind im Bache bei Reichenbach die Forellen zu gründe gegangen. Ganze Körbe voll Forellen wurden tot aus dem Wasser geholt.
Fulda, 10. Juli. Wie bereits früher mitgeteilt wurde, sind seit längerer Zeit im hiesigen Kreis Bohrungen nach Kalisalzen vorgenommen worden, die nun von Erfolg begleitet gewesen sind und ein umfangreiches Kalisalzgebiet erschlossen haben. Es ist nach der Fuldaer Ztg. ein Gebiet von nicht weniger denn 17 km Länge und 12 km Breite. Die Kalisalzlager sind von so hervorragender Qualität und einer Mächtigkeit, daß sie den Abbau für mehrere Kalibergwerke auf Jahrhunderte gestatten. Zunächst soll der südliche Teil des erwähnten Gebiets zum Abbau in Angriff genommen werden. Eine Kommission von Interessenten und Sachverständigen hat in vergangener Woche das Gelände besichtigt und die Anordnungen für deren Abbau bereits getroffen.
— Nach einer Meldnng aus Braunschweig verwarf das dortige Oberlandes- gerichr als Berufungsinstanz die Schaden- ersatzklage des Leutnants a. D. Bilse gegen den Verleger seines Romans „Aus einer kleinen Garnison" in Höhe von 200000 Mk. wegen angeblich unberechtigter Veräußerung des Verlagsrechts nach Oesterreich und Uebervorteilung beim Abschluß des Vertrags.
Detmold, 10. Juli. Die verwitwete
Gräfin Karoline zu Lippe-Biesterfeld ist heute abend um 8 Uhr 45 Minuten verschieden.
Dortmund, 11. Juli. Heute morgen waren die Rettungsarbeiten auf der Zeche „Borussia" bis auf 10 Meter vor dem Förderschacht, hinter dem sich die vermißten Bergleute befinden, gelangt. Hier stellten sich denselben äußerst hartnäckige Schwierigkeiten entgegen. Der brennende Schacht ist bisher noch nicht völlig gelöscht. Die Zahl der Verunglückten wird jetzt auf 41 Mann angegeben. Es ist keine Aussicht vorhanden, daß die Leichen vor heute Mittag geborgen werden können, trotzdem die Rettungsmannschaften alle vier Stunden abgelöst werden. Die Stimmung unter der oben wartenden Menge wird immer trostloser.
Paris, 10. Juli, In der heutigen Kammersitzung verlas Ministerpräsident Rouvier eine Erklärung, welche besagt, daß Frankreich gegen die Marokkokonferenz grundsätzlich nichts einzuwenden habe. Frankreich und Deutschland hätten sich über folgende Punkte geeinigt: Souveränität des Sultans und die Selbständigkeit Marokkos, sowie die wirtschaftliche Freiheck ohne jede Ungleichheit, Anerkennung der Lage, die für Frankreich in Marokko geschaffen werde u. s. w. Infolge dessen habe sich Frankreich bereit erklärt, an der Konferenz teilzuueh- men. Das Einvernehmen zwischen Deutschland und Frankreich sei damit hergestellt und die so wünschenswerte Verständigung zwischen beiden Ländern erreicht. Die Abmachungen zwischen England und Frankreich und zwischen Frankreich und Spanien blieben unverändert. (Allg. Beifall). Auf eine Anfrage Cochins erwiderte Rouvier, er habe nichts hinzuzufügen. Mache verlangte, daß Rouvier ein Gelbbuch veröffentliche. Rouvier stimmte diesem Vorschläge zu, erklärte aber, sich nicht zu einer Antwort verpflichten zu können, ehe die Konferenz stattgefunden habe.
Moskau, 11. Juli. Während des Empfanges von Schriftstellern beim Stadthauptmann Schuwalow Hierselbst feuerte einer derselben 3 Schüsse ab, welche den Stadthauptmann töteten. Der Mörder wurde verhaftet.
Petersburg, 11 Juli. Vor einigen Tagen weigerte sich in Kronstadt ein Ma- rine-Reserve-Bataillon beim Exerzieren, die Befehle eines Offiziers auszuführen, weshalb dieser einen Soldaten niederschoß. Mehrere Soldaten stürzten sich daraus mit ihrem Bajonett auf den Offizier und stachen ihn nieder. Der Vorfall soll auf die Marinekreise nach den Odessaer und Libauer Vorgängen geradezu lähmend gewirkt haben.
Tokio, 10. Juli. Die Japaner haben am Samstag Korsakowsk eingenommen. Die Russen verbrannten die Stadt und zogen sich nach Norden zurück.
WrrterHcrttenöes.
Noras Roman.
von
Emil Pesch kau.
11) (Nachdruck verboieni-
Wenn sie so etwas tat oder sagte, dann suchte mein Auge unwillkürlich das des Onkels, und es war mir, als müßte ich ihm mitleidig die Hand drücken und ihm sagen: „Onkel, ich verstehe dich!" Und dabei kam mir auch stets das stille Waldkirchlein aus der Rottenhöhe in den Sinn;
das Märchenlicht, der Weihrauchduft, das Rauschen der Lindenwipfel stiegen vor mir auf, und ich sah den harten, kalten, stolzen Markus Waldschmidt, den Freidenker, der auf der linken Seite des Parlaments saß, mit gefalteten Händen und geneigtem Haupte vor dem alten schwarzgewordenen, Holzbilde stehen, das die Züge des göttlichen Weibes trug. Ich glaubte jetzt zu wissen, was damals in seiner Brust vorgegangen war, und ich glaubte ihm jene Sehnsucht nach einer verwandten Seele nachzufühlen, die ihn dieses Mädchen mit dem süßen Gesicht eines Märchengeschöpfes, mit diesen Augen voll holder, reiner Poesie lieben ließ. Trotzdem sprachen wir nie ein Wort über Jenny und er sagte auch nie etwas Böses zu ihr,. Ob das gut getan war — wer vermag so weit zu sehen ? Ob durch ein kräftiges Wort zur rechten Zeit nicht manches anders geworden wäre — wer vermag 'es, sich in ein menschliches Schicksal so tief hineinzuträumen. wer kann ermessen, wie dieses sich hätte gestalten müssen, wenn man ein Glied aus der Kette, einen Stein aus dem Baue genommen? Ich war, wenn ich über solchen Gedanken brütete, nicht im stunde, mir zu sagen, ob es möglich ist, eine Frau noch zu erziehen. Damals stellte ich mir die Frage so allgemein — heute weiß ich, daß man aus einem Wesen, das Kupfer ist, nicht Silber schlagen kann. Aber Hans, der war noch ein kleines, biegsames Geschöpf, der war noch keine Natur. Und das sagte ich mir damals schon, daß er anders hätte erzogen werden sollen, und wenn ich mir seine Zukunft ausmalte, dann bol mir meine Phantasie keine andern Farben, als Grau und wieder Grau.
Es sollte anders kommen, als ich geträumt hatte — so furchtbar, daß all diese Bilder sich daneben ausnahmen wie lachender Frühling neben unheilvoller Gewitternacht. So jäh, so entsetzlich jäh brach dieses Unglück über uns herein, daß es mich zu Boden schmettern mußte, und wenn ich das rechte Wort zur rechten Stunde nicht fand — wie wenige finden es, ohne daß sie unter dem Eindruck so schmerzlicher Ereignisse stehen, und mit welcher Kette von Leiden habe ich dafür gebüßt!
Es war Hin paar Monate nach meinem neunzehnten Geburtstag, zu Anfang des 'Lommers. Seit einer Woche weilten Norbert und Gerhardt wieder in unsrer Mitte. Beide hatten sich stark verändert, seitdem wir sie zuletzt gesehen, denn das war lange her — ihr Militärjahr hatten sie während der letzten Ferien fern gehalten. Nun kamen sie beide als Offiziere, aber während Norbert in seinem schlichten Zivilanzug erschien, gefiel sich Gerhardt darin, seine Lieutenanlsuuiform zur Schau zu tragen. Norbert sah nun weit männlicher aus. seine schlanke Gestalt war kräftiger geworden, ein schöner blonder Bart umrahmte sein Gesicht und seine Augen hatten einen wehmütig sinnenden Ausdruck, der mich überraschte. Weit mehr überraschend war freilich die Verwandlung, die mit Gerhardt vor sich gegangen war. Di: weichen braunen Locken waren der Scheere zum Opfer gefallen und hatten einer zierlichen Mvdefrisuc Platz gemacht; feine blauen Augen blitzten nicht mehr so fröhlich, ein fremdartiges, unruhiges Feuer loderte aus ihnen, und das paßte zu den schmalen, bleichen Wangen und dem dunklen Schnurrbärtchen, dessen Spitzen er meist mit nervöser Hast zwischen den Fingern drehte. Er sah nun durchaus nicht mehr