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Lssro. 43.

Samstag, öen. Aprik 1905.

41. Jahrgang.

Ostern.

Von der Auferstehung Christi her er­halten wir Licht über die ganze Heilsge­schichte. Dadurch bekommen wir die Ge- wißheit, daß Christi Tun und Leiden nicht ein eigenwilliger, selbstgewählter Weg war, sondern daß er im Gehorsam gegen seinen Vater und aus Liebe zu seinen Brüdern bis zur tiefsten Niedrigkeit herabsteigen mußte, um die Menschen aus dem Kerker der Schuld und der Stickluft der Sünde zu retten und sie zu erheben in die reine, freie Höhenluft seiner Gemeinschaft. Die­sen Jesum, den die Menschen gekreuzigt haben, hat Gott zum Herrn und Christ gemacht. Das ist die größte Gewißheit, die Gott den Menschen geben konnte, daß nun alle, die im lebendigen Glauben Je­sum Christum bekennen, nicht verloren ge­hen, sondern das ewige Leben ererben. Die Auferweckung Christi bildet daher bei den Aposteln den Mittelpunkt ihrer Predigt. Das ve(kündigte Petrus am Pfingstfeste dem Volk, darauf beriefen sich Petrus und Johannes vor dem Hohenrat, damit schloß der Apostel Paulus seine Rede vor den Weisen Griechenlands aus dem Markt zu Athen. Das einmütige Zeugnis der heili­gen Schrift vergewissert uns der Aufer­stehung Christi. Das ist der Grund, den die Apostel gelegt haben. Daran sollen wir uns halte,,. Wer hiervon abweicht, ist vom Kern des Christentums gewichen. Wer das bezweifelt, der greift den Chri­stenglauben im innersten Grunde an, der macht auch die Apostel zn falschen Zeugen Gottes, die wider Gott zeugen. Das ist auch der Grund, aus dem die Re- formatoren gestanden haben. Wenn 0r. Martin Luther zuweilen betrübt und trau­rig war, so tröstete er sich allezeit an dem Worte: Er lebt! Oft schrieb er diese Worte mit Kreide vor sich auf den Tisch, ja an die Türen und Wände schrieb er: Er lebt, er lebt! Als er eines Tages ge­fragt wurde, was er damit sagen wolle, gab er zur Antwort:Jesus lebt, uud wenn er nicht lebte, so begehre ich nicht eine Stunde zu leben. Allein weil er lebt, so werden wir auch leben durch ihn, wie er selber sagt: Ich lebe, und ihr sollt auch leben."

Rundschau.

Se. Majestät der König hat die evang. Dekanats- und erste Stadtpfarrstelle in Knittlingen dem Pfarrer Miller in Enzklösterle übertragen.

Stuttgart, 17. April. Zu der vor einigen Tagen von der städtischen Kommis­sion für die Feststellung der Fleischpreise vorgenommenen Erhöhung der Ladenfleisch, preise bemerkt die StuttgarterFleischer­

zeitung":Dieser Aufschlag war voraus­zusehen, nachdem die Händler die Aufhebung der städtischen Fleischsteuer, welche sie bis! zum 1. April zu bezahlen hatten, nach dem ^ 1. April mit einem Aufschlag der Vieh- vreise quittierten, anstatt einen angemesse­nen Abschlag eintreten zu lassen. Die Stuttgarter Metzger schieben die Schuld an der Erhöhung der Fleischpreise also auf die Händler. Im übrigen hat Stuttgart von allen deutschen Großstädten die teuer­sten Fleischpreise, ob nun eine städtische Fleischsteuer existiert oder nicht. Der ein­zig greifbare Erfolg der Abschaffung der letzteren ist, daß die Stadtkasse einen jähr­lichen Ausfall von nahezu 700 000 Mk., das Publikum aber nicht den geringsten Vorteil davon hat. In den Ausführungen der Fleischerzeitung ist übrigens noch von besonderem Interesse zu hören, daß die Händler die Fleischsteuer bezahlten; bis- her hörte man immer, die Metzger müssen' bluten."

Stuttgart, 19. April. Heute ist die Witwe des Dichters und Prälaten Karl Gero! im Alter von 78 Jahren gestorben.

Zwischen dem früheren Besitzer, Bergwerkbesitzer Bracke und dem Käufer des Bades Tein ach, Boß Hardt, ist es zum Prozeß gekommen. Zurzeit findet die mehrere Tage erfordernde Beweisaufnahme statt. Der Streitwert ist ca. 1 Million und werden die Gerichtsgebühren über 15000 Mk. betrageu. Die Anwaltskosten dagegen jedenfalls wesentlich mehr.

Murrhardt, 17. April. (Auch ein Beitrag zur Schillerfeier!) Im Gemein- berat brachte kürzlich der Vorsitzende die Schillerfeier aufs Tapet. Da erklärte ein Hauptredner des Rathauses, ein Metzger und Wirt, wörtlich:Was, wege so ma Dichter! A Mensch rechts im Arm und a Mensch links im Arm und vor sich a Flasch Wein, so hänt dia dicht't. Dös isch koi Kunst." Tableau! Die Kosten wur­den trotzdem genehmigt.

Oberndorf, 16. April. Die Mutter des Dichters Joseph Victor Scheffel, Toch­ter des Kaufmanns und Bürgermeisters Krederer hier, ist am 22. Okt. 1805 hier geboren. Sie heiratete später den Inge­nieur und Major Scheffel in Karlsruhe und wurde so die Mutter unseres Dichters. Um das Gedächtnis dieser Frau in ihrer Vaterstadt anläßlich ihres 100. Geburts­tages auch äußerlich zu ehren, ergeht so­eben an die Einwohner Oberndorfs sowie an alle Scheffeloerehrer ein Aufruf um Beiträge zur Anbringung einer Gedenktafel an ihrem Geburtshause. In dem Aufruf wird darauf hingewiesen, daß Scheffel gleich Göthe die Frohnatur und die Lust zum Fabulieren von seiner Mutter hatte, welche auch die eifrige Pflegerin der geistigen

Entwicklung des Dichters und seines Schaf­fens, die treueste Hüterin seines Dichter- ruhms, die liebewarme und verständnis­volle Vermittlerin und Trösterin in all den Stadien seines Poetenlebens war. Unsere Landsmännin, Scheffels Mutter war selbst auch eine Dichterin voll Lebenslust und von frischem starkem Empfinden. Geld­spenden werden von Redakteur Singer- Oberndorf entgegen genommen.

Ebersbach, OA. Göppingen. Die beiden hies. Zementfabriken, die Link'sche und die von Jetter und Stübler, sind im Lauf des vergangenen Jahrs vom Süd­deutschen Zementsyndikat anfgekauft und stillgelegt worden. Als letzte wurde die Link'sche Zemenlsabrik um den Preis von 160000 Mark vom Syndikat erworben. Das Fabrikanwesen (ausschl. eines Wald­teils) ist nunmehr zum Preis von 64 000 Mark an den Kaufmann Häfele in Göp­pingen weiterverkauft worden, der voraus­sichtlick einen neuen Fabrikbetrieb darin einrichten wird.

Achern, 16. April. Hier wurde ein 21jähriger verheirateter Rekrut zur Ar­tillerie ausgehoben, dessen Ehefrau 50 Jahre alt ist.

München, 19. April. Hier sind Ende voriger Woche 2 Personen, und zwar ein kleines Mädchen und ein 20jähriger junger Mann, an Genickstarre gestorben. Zwei andere Personen, ein Kind und ein Sol­dat, waren erkrankt, sind aber wieder ge­nesen. Nach Aussage der Aerzte liegt zur Beunruhigung kein Grund vor; die Krank­heit sei nicht epidemisch, vielmehr kommen in jedem Jahre vereinzelte Fälle vor.

Berlin, 19. April. Die Nat.-Atg. schreibt: Wenn kürzlich die Zahl der He- rero, die sich bereits ergeben haben, auf 1000 angegeben wurde, so ist diese Ziffer viel zu niedrig gegriffen. Gegenwärtig dürfte die Zahl von 5000 schon erheblich überschritten sein.

Ein trauriger Vorfall hat sich laut D. Z." auf denk Militärschießplatz der Garnison Zweibrücken abgespielt. Die 6. Kompagnie des 22. bayer. Infanterie- Regiments hielt unter der Leitung des Leutnants M. auf Schießstand I Schieß­übungen ab. Der Infanterist Karl Hager soll hiebei eine Hebung nicht vorschrifts- mäßig, bezw. falsch ausgeführt haben. Infolgedessen nahm der Offizier ihm das noch scharf geladene Gewehr aus der Hand und versuchte, dem Soldaten die Uebnng wiederholt zu erklären, wobei er sich dicht vor Hager hingestellt hatte. Da der Offi­zier der Meinung war, Hager habe seine sämtlichen Patronen verschossen, legte er an und drückte, auf den Mann zielend, ab. Das Geschoß traf Hager in den Mund und kam zum Hinterkopf wieder heraus