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mit Einladungen überschütteten. Auch mehrere Offiziere in blitzenden Uniformen befanden sich darunter und ich bemerkte, daß Baron Friedrich diese glänzende Versammlung mit sehnsüchtigen Blicken betrachtete, denn so mächtig er auch auf der Bahn sein mochte, — die Hofgesellschaft schien ihn doch nicht anzuerkennen.
Nachdem ich mit einem der mir vorgestellten Herrn, einem Hauptmann von der Gardekavallerie, einige Worte gewechselt hatte, wollte ich eben einem Gepäckträger einen Befehl erteilen, als ein vornehm aussehender Herr, der offenbar jemand suchte, von einem Jäger in prächtiger Livree gefolgt, auf uns zukam.
„Ah, Constantia," rief die Fürstin Pa- litzin, als er den Hut vor ihr abnahm, „du kommst, um deine Verwandten zu begrüßen ?"
„Gewiß, ich suche den Oberst Lenox," sagte der Herr. — Weletsky war selbst gekommen, mich abzuholen! Ein solches Mißgeschick!
„Hier ist er!" rief die Fürstin heiter und deutete auf mich. Im nächsten Augenblick umarmte mich Weletsky und hieß mich in St. Petersburg willkommen.
Ich weiß nicht mehr, was ich ihm antwortete; ich war völlig verwirrt und bestürzt, denn sogleich mußte er nun mit Helene Zusammentreffen und sofortige Entdeckung und öffentlicher Skandal mußten die unvermeidlichen Folgen sein. Ich versuchte mich durch Zeichen mit ihr zu oer- ständigen — vergeblich! Sie plauderte gänzlich unbekümmert aufs lebhafteste mit ihren neuen Bekannten.
„Bitte, gib mir deinen Gepäckschein, sagte Weletsky, mein Wagen steht bereit."
„Du vergißt sein reizendstes Gepäckstück." lachte die Fürstin, „ich glaube, es ist nicht eingeschrieben! Seine Frau, la b«11s ^.w^ricains! Geh und gib ihr schnell einen Kuß!"
„Deine Frau, Laura, hier?" rief Weletsky. „Aber du hast ja gar nicht telegraphiert, daß du sie bei dir hast!"
„Ich telegraphierte .Ankunft' und nahm
an, ihr wüßtet, daß ich mich nie von meinem Weib trenne," erwiderte ich mit einer furchtbaren Grimasse, die der Versuch zu lachen, hervorbracht», allein der galante Russe sah das nicht, denn jetzt stand er vor meiner untergeschobenen Gattin.
Ich wollte ihn vorstcllen, aber die Worte erstorben mir auf der Zunge und nun erlöste mich glücklicherweise die Fürstin aus der Verlegenheit, eine Betrügerin als Mutter meiner Marguerite vorstellen zu müssen.
„Ich bitte um die Ehre," rief die Fürstin. „Gestatten Sie, Frau Lenox: Con- stantin Weletsky, Kammerherr des Kaisers und Liebling aper russischen Damen."
Nun küßte der galante alte Herr Helene di» Hand und sagte anmutig: „Willkommen in Rußland! Ihre Tochter ist le'der durch eine leichte Unpäßlichkeit auf ihrem Land- sitz zurückgehalten."
Marguerite war nicht in Petersburg! Gott sei Dank! Das verschaffte mir viel- leicht einen kleinen Aufschub.
„Erschrick nicht," fügte Weletsky hastig hinzu, denn Helene war etwas erblaßt, «es ist nichts Ernstliches und sie wird bald bei uns sein." Dann, als er der Schönheit seiner neuen Verwandten recht gewahr wurde, rief er aus: „Laura, du bist die hübscheste und jüngste Großmutter auf der Welt!" und gab ihr einen kräftigen Kuß. Helene spielte dabei unentwegt die Rolle meiner richtigen Frau, während ich innerlich vor Scham stöhnte.
rsvoir, Fürstin," sagte er zu Frau von Patitzin, bot Helene den Arm und schritt mit ihr zum Bahnhof hinaus. Ich folgte ihnen mechanisch nach, während ich Frau Dick Gaines' anziehende Reize und ihre Gefallsucht verfluchte, die allein daran Schuld waren, daß sie nun schon von einem halben Dutzend Bekannter WeletSkys als meine Frau gekannt war.
Wir hatten den Wagen erreicht; der Jäger saß schon auf dem Bock — da kam eine plötzliche Entschlossenheit über mich. Dieser Fremden zu gestatten, als mein Weib unter Weletskys gastlichem Dach zu
wohnen und im Schoß seiner Familie zu leben, wäre ein Verbrechen an der Gastfreundschaft gewesen, das ich um jeden Preis verhüten mußte.
Ich legte daher meine Hand auf den Arm des alten Hofmannes und sagte: „Du darfst nicht daran denken, unS in dein Haus zu führen. Gewiß hast du eine
recht hübsche Junggesellenwohnung für mich Herrichten lassen, aber eine unerwartete Dame kann ich dir nicht aufbürden.' (Forts, folgt.)
Vermischtes.
(Ein transplantierter Finger.) Aus Newyork wird englischen Blättern berichtet: Eine Schauspielerin bot kürzlich in einer Newyorker Zeitung 2000 Mark für den Finger einer lebenden Frau, der ihr transplantiert werden sollte. Darauf meldete sich eine arme Witwe mit großer Familie, und ihr Anerbieten, sich der Operation zu unterziehen, wurde auch angenommen. Die Operation wurde von dem Newyorker Arzt vr. Neiden ausgeführt. Keine der beiden Frauen schien stark zu leiden; sie ließen sich nicht betäuben uud zeigten großen Mut. Nach der Operation wurden die Hände der beiden Frauen in einem Verbände vereinigt, damit der Finger anwachsen kann.
StcrnüesöucH-Khrc>nik
der Stadt Wildbad vom 4. bis II. März 1905. Geburten:
3. März. Seyfried, Karl Friedrich, Holzhauer in
Sprollenhaus, i Sohn-
1. März. Staudenmaier, Johannes, Verwalter hier, 1 Tochter.
6. März. Bott, Gottlob Friedrich, Holzseiler hier, 1 Sohn.
Eheschließungen:
4. März. Bott, Robert Karl, Kutscher hier und
Mayer, Pauline Marie hier.
Aufgeb ote:
9. März. Seitz, Louis, Fuhrmann in Ehristofs- hof und Jörg, Emilie, Kindererzieherin von Karlsruhe.
Al-kb>»»« Kmldkitk«.
Für die baulichen Aenderungen im Verwaltungsgebäude Brötzingen und für die Erstellung einer Rampenanlage daselbst sind folgende Bauarbeite« im Akkord zu vergeben:
1) Grab-, Betonier-, Maurer- und
Steinhauerarbeil.—
2) Pfiasterarbeit.—
3) Schreinerarbett .-
4) Glaserarbeit.-
5) Schlofserarbcit.—
Pläne, Kostenvoranschlag und
liegen in dem Geschäftszimmer der Kgl. Eisenbahnbauinspektion Pforzheim, Luisenstraße Nr. 2 zur Einsicht auf.
Tüchtige Unternehmer werden eingeladen, Angebote in Prozenten der Voranschlagspreise ausgedrückt, verschlossen, portofrei und mit entsprechender Aufschrift versehen bis längstens
Samstag, den 18. März d. I.,
vormittags « Uhr
an die Unterzeichnete Stelle einzureichen.
Pforzheim, den 8. März 190S.
Kgl. Wiirtt. Ciseubahn-Baniuspektion.
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Verkauf eines Gebäudes auf den Abbruch.
Nächsten Montag, den 13. ds. Mts., vormittags 11 Uhr wird auf dem Rathaus infolge Nachgebots das
Wohnhaus A. 126
an d»r Hauptstraße im öffentlichen Aufstreich wiederholt auf den Abbruch verkauft.
Den 7. März 1905. Stavtbauamt.
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Sonntag, 18. März
von Nachm. 2 Uhr ab findet wie alljährlich unser
Salvator Sodiossoo
statt.
Zu möglichst zahlreichem Besuche ladet die verehr!, aktiven und passiven Mitglieder höfl. ein.
Das Schützrnmeisteramt.
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