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Äus Ztadt und Umgebung.
Wildbad, 20. Febr. Am nächsten Samstag den 25. Febr., dem Geburtsfest ! Sr. Majestät des Königs ist der hiesige! Postschalter von 11 bis 12 Uhr Vorm.! und von 3 bis 4 Uhr Nachm, geöffnet. Der Fernsprechdienst ruht von 3 bis 7 Uhr Rachm. Die Briefkastenleerungen um halb 1 Uhr Mittags und um halb 5 Uhr Nachm, fallen aus.
— Die Neuwahl der Vertreter zu den Generalversammlungen der Bezirks- krankenkasse Neuenbürg findet am Samstag den 4. März, Nachmittags von L—7 Uhr statt. Im ganzen sind 91 Ver» treter der Kassenmitglieder und 20 Vertreter der Arbeitgeber zu wählen. Die Mitglieder der örtl. Verwaltungsstelle von Wildbad und Enzklösterle haben zus. 21 Vertreter der Kassenmitglieder u. 1 Ersatzmann zu wählen. Abstimmungslokal ist das Rathaus hier.Die Wahl wird geheim durch Abgabe eines Stimmzettels in einem Wahigange in der Weise vorgenommen, daß jeder Stimmberechtigte so viel Namen auf einen Stimmzettel schreibt, als Vertreter zu wählen sind. Wahlberechtigt und wählbar sind nur die großjährigen, im Besitze der bürg. Ehrenrechte befindlichen, der Bezirkskrankenkasse angehörigen Kassenmitglieder. Die Wahl sämtlicher 20 Vertreter der Arbeitgeber findet in einem Wahlakt am Samstag den 4. März ds. Js., nachmittags von 5—6 Uhr auf dem Rathaus in Neuenbürg statt. Zu dieser Wahl sind sämtliche Arbeitgeber des Oberamts- bezirks, welche in der Bezirkskrankenkasse versicherungspflichtige Arbeiter beschäftigen, gleichmäßig wahlberechtigt.
AlntevHattendes.
Meine offizielle Frau.
Von
Col. Richard Henry Savage.
(Forts.) (Nachdruck verboten.)
Dr'ttes Kapitel.
Von unsrem Gelächter angelockt, trat der Oberst, nachdem er zuvor höflich angepocht hatte, in unser Coupö, als sich der Zug eben in Bewegung setzte.
Ueber die Schultern meiner hübschen Gefährtin hinweg sah ich zum Fenster hinaus, aber der erste Anblick, den mir Rußland gewährte, war keineswegs verlockend. Durch die russische Hälfte der Grenzstadt hinaus, rollten wir auf dem von dem ungeduldigen Finger des großen Autokraten Nikolaus bezeichneten Weg dahin. Nach und nach veränderte sich der Charakter der Landschaft; russische Verwahrlosung trat au Stelle der deutschen Wohlhabenheit; niedere, wellenförmige Hügel, trübselige Birkenwälder, einsame Seen, frostige Tümpel, vereinzelte schiffbewachsene Sümpfe gaben zusammen ein düsteres Bild. Alle paar Minuten kamen wir an kleinen Dörfern vorbei, die aus etlichen zwanzig unsaubern Blockhütten bestanden, und in deren Nähe armselig aussehendes Vieh auf den erfrorenen Feldern hin und her lies. Ungeschlachte Bauern in schmutzigen Schaffellen und Wasserstiefeln stierten uns nach, während wir immer weiter und weiter sausten. Der Oberst und Helene plauderten munter, und ich wendete meine Blicke von dem wenig ansprechenden Bild draußen ab und ließ sie auf der Zauberin im Wa
gen ruhen, denn ich fand meine vorgebliche Gattin hübscher als ;e.
Sie hatte ihre Schuba abgeworfen, und nun sah man, daß ihre biegsame, anmutige Gestalt doch die eines reiferen Weibes war, und daß man sie — wäre nicht die kindliche Unschuld ihrer Züge gewesen — auf mindestens fünfundzwanzig Jahre hätte schätzen müssen. Obgleich sie lebhaft sprach, war sie doch wie ermüdet auf ihren üppigen Sitz zurückgesunken, fast als fühle sie sich von irgend welchem Zwang oder einer GemütSerregung befrert, was ich der Angst zuschrieb, die sie ausgestanden hatte, ehe sie sicher über die Grenze war.
Unterdessen kam der Oberst wieder auf unfern Aufenthalt in St. Petersburg zu sprechen.
„Amerikaner Ihres Standes stehen an der Newa hoch in Gunst; ich denke, Ihnen, Herr Leuox, wird es in unsrer Hauptstadt gefallen und der gnädigen Frau noch viel mehr."
„Wirklich," gab Helene zurück, „und warum das?"
„Weil wir gar viele schmucke Offiziere in unsrer Hauptstadt haben," erwiderte der Oberst mit liebenswürdigem Grinsen, „und weil Bälle, Gesellschaften, Schlittenfahrten nach den Inseln, fortwährende Huldigungen von klirrenden Sporen, funkelnden Epauletten und großen Schnurrbärten jeder Frau ein Paradies bedeuten. Ich habe die Koffer der gnädigen Frau gesehen und weiß deshalb, daß sie in voller Kriegsrüstung naht."
Diese Bemerkung über das Gepäck machte mich auf eine neue Schwierigkeit aufmerk, sam, denn es fiel mir ein, daß ich nur einen gemeinschaftlichen Gepäckschein für uns beide hatte, und daß alle Koffer der Dame nach St. Petersburg eingeschrieben waren. Blieb sie nun in Wilna zurück, so eröffnete sich mir eine liebliche Perspektive auf neue Lügen und Gesetzesübertretungen.
Der Oberst plauderte weiter und zeigte seine Neugierde, unsre Petersburger Adresse zu erfahren, ganz offen, indem er die Hoff, uung aussprach, uns dort wieder zu treffen.
Als seine Fragen immer deutlicher wurden, bewunderte ich den echt weiblichen Takt, mit dem meine Pseudogattin seiner Neugierde eine höfliche Ermüdung entge- gensetzte. Ihre Versuche, dann und wann ein anmutiges Gähnen zu unterdrücken, waren so unzweideutig, daß unser Gast mit sehr viel Lebensart bemerkte: „Nun will ich aber gehen und sehen, ob ich nicht jemand zu einer Partie Piquet anftreiben kann, — die gnädige Frau bedarf der Ruhe."
Sobald die Tür hinter ihm geschlossen war, wendete ich mich zu Helene, um ihr die neue Verwicklung wegen des Gepäckes mitzuteilen, aber zu meinem Stannen sah ich, daß sie sofort eingeschlafen war.
Ach wie lieblich und selbstvergessen lag sie da! Ihr anmutvolles Haupt, von einem blauen Kissen gestützt, war etwas nach hintenüber gesunken und ermöglichte einen Blick auf den herrlichen Hals, der in dem durch das Fenster hereinfallenden Sonnen- schein wie Elfenbein glänzte. Ihre roten Lippen waren leicht geöffnet und zeigten zwei Reihen weißer Perlen, während der kleine Fuß, der unter den Falten ihres Rockes vorguckte, dem verführerischen Bild einen gewissen pikanten Reiz verlieh.
Während ich so in den Anblick der schlafenden Schönheit versunken dasaß. be- neidete ich Dick Gaines mehr als je.
Solch vollkommene Ruhe durfte nicht gestört werden; ich sah, daß das arme Kind nach all den Aufregungen der letzten zwei Stunden dringend der Ruhe benötigte, und zog sorglich den Vorhang zu, um ihr Antlitz vor den Sonnenstrahlen zu schützen; dann wandte ich mich ab und versuchte mir mit Hilfe eines Romans dies Bild aus dem Sinn zu schlagen. Aber so französisch und so gepfeffert er auch war, vermochte er mich doch nicht zu fesseln, und immer wieder wanderte me:n Blick zu der schlafenden Schönheit hinüber, zu diesem Weib, das ich seinem Gatten zuführte — zu dem Weib meines alten Stubenkameraden. Nein, ich durste ihrer Lieblichkeit nicht mehr gedenken! Ich versuchte sie aus meiner Einbildungs- kraft zu verscheuchen, indem ich nicht mehr zu ihr hinübersah, ja sogar, indem ich meines fernen Weibes in Paris gedachte, aber immer wieder wandelten meine Blicke zu der Schönen zurück.
Nach einer Weile wurde durch eine unbewußte Bewegung ihre Haltung noch entzückender als zuvor; ihre Schönheit erschien noch träumerischer und berückender, und mit der Glut eines Jünglings drückte der Veteran einen Kuß auf die weiße Stirn vor ihm, und die Schöne fuhr empor.
Ich lachte und rief: „Was würde Dick Gaines dazu sagen?"
„Daß Sie das wohl verdient haben," sagte sie und stimmte in mein Lachen ein, „weil Sie so trefflich für seine Frau ge- sorgt haben. Wahrhaftig, ich habe Sie so lieb, wie wenn Sie mein -- Bruder wären."
Als aber ihr Auge dem meinigen begegnete, wendete sie sich in reizender Ver- legenheit ab.
In diesem Augenblick klopfte der russische Offizier an die Tür.
„Sie sind so lustig," sagte er, als er eintrat, denn unser Gelächter hatte sein Ohr erreicht, „bitte, lassen Sie mich an Ihrer Heiterkeit teilnehmen." Und damit fing er wieder an, Frau Gaines mit einer Galanterie zu huldigen, die mein Blut in Wallung brachte.
„Es ist Dick Gaines gegenüber meine Pflicht," dachte ich in einer Anwandlung von tugendhafter Entrüstung, .seine Frau vor der senilen Huldigung dieses russischen Don Juans zu schützen!" Die Verachtung, die ein verliebter junger Fünfundvierziger bei solchen Gelegenheiten für einen auf- merksamen alten Sechziger hegt, ist näm- lich geradezu schrecklich.
Um meinen Nebenbuhler aus dem Feld zu schlagen, begann ich nun furchtbar mit Frau Gaines zu kokettieren an und erwies ihr tausendundeine eheliche Aufmerksamkeit mit weit mehr als dem Feuer eines Ehe- mannes. Ich bestand darauf, ihre niedli- chen Füßchen seien kalt, und wickelte sie in meine Reisedecke; auch wollte ich durch, aus nicht zugeben, daß sie bequem sitze, und schob ihre Kissen mit der Andacht eines seit zehn Minuten verheirateten Mann zurecht, und bei jeder dieser Nus- merksamkeiten rief ich: „Was würde Dick Gaines dazu sagen?" so daß das liebe, unschuldige Geschöpf zur größten Verwund derung des Oberst immer wieder in schal- lendes Gelächter ausbrach.
(Fortsetzung folgt.)
Seelenruhe, Heiterkeit und Zufrieden- heit sind die Grundlagen alles Glückes aller Gesundheit und des langen Lebens'
Hufeland.