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Airs. 22.
Dienstag, den
l. Kebruar >905
41. Jahrgang.
Rundschau.
Stuttgart. Tagesordnung für die am Montag den 27. Februar vormittags 10 Uhr in Stuttgart stattfindende Sitzung des Beicats der Verkchrsanstalten: 1) Eisenbahnfahrplan für den Sommerdienst 1905: 2) Mitteilung über Ansnahmetarife im Güterverkehr und 3) Aufnahme von Arbeitervertrelern in den Beirat der Verkehrsanstalten.
Stuttgart, 17. Febr. Die „Neue Folge" der „Erinnerungen an Bismarck" von dem Ministerpräsidenten a. D. Dr. Freiherr v. Mittnacht ist heute erschienen.
Stuttgart, 16. Febr. Wie wir der „Allg. Ev.-Luth. Kirchenzeitung" entnehmen, hat der verstorbene Stuttgarter Großkauf mann Otto Staib, der in Südafrika große Reichtümer sich erworben hat, dem Evang. Diakonissenhause in Stuttgart 250000 Mk, vermacht. Da z. Zt. das Diakonissenhaus einen fast 1 Million Mark kostenden Neubau Herstellen läßt, kommt das Legat der Anstalt besonders erwünscht. Vor nicht langer Zeit hatte der Verstorbene wegen Erhebung der Kirchensteuer seinen Austritt aus der evang. Landeskirche erklärt, weshalb sei» Vermächtnis sehr überrascht hat.
— Die Zentralstelle für Gewerbe und Handel beabsichtigt in zwangloser Reihen- folge Wettbewerbe zu veranlassen, um in den Besitz künstlerisch gediegener Entwürfe für solche gewerblichen Arbeiten zu gelangen, wie sie in verschiedenen Gewerben, namentlich auf dem Land, von den Handwerks meistern regelmäßig zu liefern sind. Die mit Preisen bedachten und weitere ange- kaufte Entwürfe gehen in das Eigentum der Zentralstelle über und werden von ihr den Gewerbetreibenden des Landes zur Ausführung unentgeltlich überlassen. So ist den Gewerbetreibenden, insbesondere den Kleinmeistern, denen oft brauchbare Muster fehlen, die sichere Gewähr geboten, daß sie einwandfreie Vorlagen im besten Geschmack der Neuzeit in die Hand bekommen. Das erste Preisausschreiben betrifft eine einfache Schlosserarbeit (3 Preise von 25, 30 und 40 Mk.) und eine kleinbür- gerliche Schlafzimmereinrichtung (3 Preise von 40, 60 und 80 Mk.)
— Vom Schwarzwald schreibt man der „Frkf. Ztg.': Die Sägewerke des süd. lichen Schwarzwaldes wurden durch den neuen Handelsvertrag mit der Schweiz in einer Weise geschädigt, daß ihr Schicksal wohl als besiegelt angesehen werden kann. Es war bis jetzt mit kleinem Nutzen mög- lich, Schnittwaren mit 70 Frs. per Wagen Zoll in die Schweiz zu handeln, mit 100 Frs. gleich 14 Prozent des Fakturawertes ist es dagegen unmöglich. Die Folge wird sein, daß die Schweizer Sägewerke in grö- ßerem Maße als bisher als Konkurrenten
am Rundholzmarkte bei uns austreten, da die Einfuhr für Rundholz nicht im Ver- hältnis zu Schnittwaren steht, dadurch wird auch das Jnlandsgeschäft erschwert. Wo waren unsere Fachleute beim Abschlüsse dieser Position?
— Nach einem „Familienabend" wollte in Kusterdingen OA. Tübivgen der Fabrikarbeiter Armbruster einen angetrunkenen Kameraden heimbefördern. Dieser wehrte sich und stach seinen Begleiter so unglücklich ins Auge, daß er in die Klinik überführt werden mußte und das Sehvermögen verlieren wird.
Köln a. Rh., 18. Febr. Die Köln. Ztg. meldet aus Nerv-Jork: Die Geneigtheit des Kaisers Wilhelm, den Titel eines Ehrendoktors der Rechte an der Universität von Pennsylvanien zur Feier der Wiederkehr von Washingtons Geburtstag am 22. Febr. anzunehmen, wird hier als weiterer Beweis seiner freundlichen Gesinnung gegenüber den Vereinigten Staaten aufgefaßt. Der Kaiser ist der erste Monarch, der in dieser Weise durch eine amerikanische Universität geehrt wird. Der deutsche Botschafter Freiherr Speck v. Stern- bürg ist vom Kaiser angewiesen worden, das Doktor-Diplom für ihn in Empfang zu nehmen. Präsident Roosevelt wird zu gleicher Zeit denselben Grad erhalten.
Dresden, 12. Febr. Der russische Fürst Leon Kotschoubey hatte während seines Aufenthalts in einem der ersten hiesigen Hotels dem Portier Möller, der ihm unter anderen Postsachen unabsichtlich die neueste Nummer des „Simplizisfimus" mit Karrikaturen des Zaren, russischer Solda- ten rc. vorgelegt hatte, in fürchterlicher Erregung einen so mächtigen Fußtritt in die Bauchgegend versetzt, daß Möller ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußte. Der Fürst wurde deshalb in der heutigen Verhandlung zu 1000 Mark Geldstrafe verurteilt.
Berlin, 17. Febr. Die Handelsoer- tragskommissivn des Reichstags nahm sämtliche 7 Handelsverträge der Reihe nach mit großer Mehrheit gegen die Stimmen der Sozialdemokraten und des Abg. Gothein (frs. Vgg.) an. Die Abg. Kämpf (frs. Vp.) und Wolfs (Wirtschaft!. Vg.) stimmten teils für die Verträge. Einige Zentrumsabgeordneten stimmten teils für, teils gegen einzelne Verträge.
— Einen sogenannten deutschen „Schin- ken-Wettbewerb" veranlaßt der israelitische Besitzer der „Allg. Fleischerztg." in Berlin. Am 16. und 17. Februar soll die Prüfung der eingesandten Schinken durch ein Preisrichter-Kollegium stattfinden. Das oben genannte Blatt teilt mit: „An denselben Tagen werden die Schinken in der eigens dafür errichteten Kosthalle des „Hotel
Kaiserhof" ausgeschnitten und für Wohltätigkeitszwecke verkauft." In gerechtem Aergcr bemerkt die „Süd- und mittel- deutsche Fleischer-Ztg." zu diesem reklame. haften „Trik": Das organisierte Fleischer- gswerbe hat mit der Sache gar nichts zu tun . . . 1400 Schinken verschiedener Art sollen angemeldet sein. Die Fleischermcister, die dieselben gratis schicken, haben sonst keinerlei Ausgaben. Wie bescheiden! 1400 Schinken dürfen sic unentgeltlich nach Berln zu Händen des Besitzers der „Allg. Flztg." liefern und haben dann Aussicht, einen der paar ausgesctzten Preise zu gewinnen; die anderen Meister haben dem Berliner Herrn ein Geschenk von mindestens 10 bis 15 Mark pro Schinken, also von 14 bis 20000 Mk., gemacht und erhalten dafür — nichts! Die „Allg. Flztg." verkauft dieselben und treibt mit dem Geld, das sie den Fleischermeistern abgenommen hat, Wohltätigkeit. — Welche Wohltätigkeit! Ist das nicht eine moderne Neuauflage jenes Heiligen, der Leder stahl, um den Armen Schuhe daraus zu verfertigen? Unbegreiflich ist es, daß deutsche Handwerks- Meister derart hereingefallen und daß sogar das preußische Ministerium des Innern einen staatlichen Preis zu diesem Schinken- Wettbewerb stiftete.
Berlin, 18. Febr. Bei dem deutschen Schinken-Wettbewerb wurden preisgekrönt, von Stuttgart: Karl Groß, Hofl., in Fa. Fr. Appenzeller (gold. Medaille und silb' Medaille), A. u. E. Holzwarth, Hofl., (gr. gold. Medaille und gold. Medaille), Cas. Spielmann (gold. Medaille.)
— Die Feldzugsstrapazen unserer wackeren Kämpfer in Deutsch-Südwestaf, ika schildert ein sächsischer Feldartillerist in einem von den „Leipz. N. N." veröffent- lichten Brief u. a. folgendermaßen: „Am
26. Oktober marschierte die erste Kompagnie sowie von uns 2 Geschütze und 2 Muni- tionswagen in das wüste Steppengebiet an der Ostgrenze unserer deutschen Kolonie ab, um Hereros von einer 80 Kilometer entfernten Wasserstelle zu vertreiben, wo sie sich wieder festgesetzt hatten. Gleichzeitig sollte die Verbindung mit Rietfontein ausgenommen werden. Hier befand sich ein Leutnant mir 30 Mann seit Monat Mai. Die paar Hereros liefen beim Anrücken gleich in die Büsche. Getränkt konnte nicht werden, denn es war kein Wasser vorhanden. Wir rückten wieder ab in der Richtung auf Rietfontein, wir müssen aber in ein falsches Flußbett geraten sein, denn der Ort wollte nicht in Sicht kommen. Die Esel zogen nicht mehr, und in der Nacht vom
27. bis 28. wurde Kehrt gemacht, ein Munitionswagen mit Munition blieb stehen. Dann 12 Kilometer weiter mußte die Laffette stehen gelaffen werden, die Ver-