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Heims größten Sohn, den Humanisten Reuchlin, der Name „Reuchlingymnasium" verliehen.
Augsburg, 11.Febr. Wie die Augsb. Abend.Zeitung aus Maderno am Gardasee meldet, ist Otto Erich Hartleben heute mittag an Herzschwäche gestorben.
Von der Iller, 7. Febr. Eine nette Szene spielte sich dieser Tage in der Kauz- lei eines Notariats an der Iller ab. Ein^ ziemlich bejahrter Söldner hatte sein An« wesen um 6000 Mark verkauft und dabei zur Bedingung gemacht, daß beim Protokoll die ganze Kanfsumme erlegt werden müsse. Der Käufer ging auf diese Bedingung ein und erlegte nach Unterzeichnung des Kaufvertrags den Kaufpreis in Papiergeld, wobei sich einige Tausendmarkscheine befanden. Etwas verdutzt schaute der Verkäufer drein, als er seinen ganzen Besitz in wenigen Scheinen auf dem Tische liegen sah und meinte dann: „Dös hau i gar nit gwißt, daß es sölles Geld au zeit, dau hätt i ja koin Korb mitnehma brauch«, dös ka ma ins Gebetbüchla neischiaba." Den Worten ließ er die Tat folgen und zog dann unter dem Gelächter der übrigen Beteiligten mit dem fürsorglich mitgebrachten großen Henkelkorb ab.
— Zur Affäre der Gräfin Montignoso, der früheren Kronprinzessin von Sachsen wird dem Berliner Lok.-Anz. noch folgendes mitgeteilt: Das Verhalten der in der Villa Papiano zu Florenz wohnenden Gräfin Montignoso erregt bei der dortigen Gesellschaft großes Aufsehen. Die Gräfin wird viel in der Begleitung des etwa 30 Jahre alten Grafen Carlo Guiccardini, der von seiner in Rom wohnenden Gattin getrennt lebt, gesehen; der Verkehr der beiden, der sich auch auf gemeinschaftliche Ausflüge und auf abendliche Besuche des Grafen in der Villa Papiano ausgedehnt, hat in der Gesellschaft so großes Aergernis erregt, daß bereits verschiedene hochangesehene Familien die Beziehungen zu der Gräfin abgebrochen haben. Der junge Graf Guicciardini ist der Sohn^ des Eigentümers der Villa Papiano, die die Gräfin Montignoso tzum eigenen Gebrauch gemietet hat; er hatte die ehemalige Kronprinzessin bereits auf ihrer letzten, vielbesprochenen Reise nach Dresden begleitet.
Berlin, 12. Febr. Eine Beschwerde gegen das Hausieren mit Uhren und Goldwaren in den Kasernen hat der Verband deutscher Juweliere, Gold- und Silberschmiede an den Kriegsminister zu senden beschlossen.
— Ein starkes deutsches Heer — die beste Friedensbürgschaft. In einem Brief des „Schw. Merkur" aus Zürich wird geschildert, wie ruhig die Deutsch-Schweizer den russischen Ereignissen zusehen, obwohl die dorrigen Revolutionäre alles aufzureizen suchen. Dann kommt die sehr bemer- kenswerte Stelle vor: Die Friedensbestrebungen haben den Charakter der Ernsthaftigkeit verloren, seitdem der Friedenskaiser Nikolaus II. in den entsetzlichsten und blutigsten Krieg verwickelt ist. Bei uns macht sich mehr und mehr die Ansicht geltend, die ein Züricher Blatt immer und immer wieder betont: Die beste Friedensbürgschaft ist die Stärke der deutschen Armee. So lange diese von aller Welt gefürchtet wird, haben wir in Europa kei- neu Krieg zu befürchten. Darum können wir in der Schweiz nicht begreifen, daß die Radikalen in Deutschland so kurzsichtig sind, der Regierung diejenigen Mittel zu verweigern, welche zur Stärkung der Wehr-
kraft entsprechend der Zunahme der Be«! völkcrung dienen sollen.
— Der Buchhändler, welcher das bekannte Werk des Leutnants Bilse „Aus einer kleinen Garnison" herausgab, soll bis jetzt 120000 Mark verdient haben. Bilje aber erhielt 3000 Mark Honorar und 7 Monate Gefängnis. Am Mittwoch standen Bilse und sein Verleger vor der 3. Zivilkammer des Braunschweiger Landgerichts. Bilse ^verlangte eine Entschädigung, weil sein Verleger das Buch auch in Oesterreich Vertrieben habe, was gegen die Abmachung sei. Bilse hattekeinGlück, er wurde abgewiesen.
Essen, II. Febr. Der Bergbau-Verein gibt folgendes bekannt: Die Behaupt- ung, daß die Zechen des hiesigen Reviers beabsichtigen, mit einer planmäßigen massenhaften Abkehr von Bergleuten vorzugehen, ist frei erfunden. Die Zechenverwaltungen sind, wie dies die regelmäßige Folge eines jeden Streiks von längerer Dauer ist, mcht in der Lage, sofort nach Beendigung des Ausstandes die Belegschaft in alter Stärke wieder anzulegen. Die Strecken unter Tage müssen zunächst wieder aufgewältigt und in betriebsfähigen Zustand gebracht werden, ehe mit der Arbeit vor Ort und mit der eigentlichen Gewinnung von Kohlen begonnen wird. Bei diesen Aufräumungsarbeiten ist selbstverständlich nur ein Teil der Belegschaft und auch dieser nur im Schichtlohn beschäftigt. Ebenso natürlich ist es, daß es auf der einen Grube längerer Zeit bedarf, wie auf der anderen, um ordnungsmäßigeZuständewieder herzustellen.
Paris, 8. Febr. In einem heute abend abgehaltenen Ministerrat wurde sämtlichen Artikeln des Gesetzentwurfes betr. Trennung von Staat und Kirche zu- gestimmt. Der Entwurf enthält 32 Artikel und ist von den Ministern Rouvier, Bien- venu Martin, Delkasse und Etienne unterzeichnet.
Paris, 9. Febr. Prinz Louis Napo- leon ist aus Petersburg hier eingetroffen. Er begibt sich nach Brüssel, um dort beim Könige einen letzten Schritt zu unternehmen und dessen Einwilligung zur Verlobung der Prinzessin Clementine mit seinem Bruder. dem Prinzen Viktor Napoleon, zu erlangen. Wie es heißt, wird Prinz Louis dem Könige die Versicherung des Präsidenten Loubet überbringen, daß Frankreich an der Verlobung eines französischen Prinzen mit einer belgischen Prinzessin keinen Anstoß nehme, wie es auch seinerzeit an der Vermählung des Herzogs von Orleans mit einer österreichischen Erzherzogin keinen Anstoß genommen hatte.
Paris, 11. Febr. „Der Matin" erfährt aus Brüssel, Prinz Viktor Napoleon hat, um seine Heirat mit der Prinzessin Clementine von Belgien durchzusetzen, auf sein Thronerberecht verzichtet.
Rom, 11. Febr. Der Fall der Gräfin Montignoso beginnt die Gemüter in hohem Grade zu erregen. Obschon auch der deut- sehe Konsul energische Versuche macht, die kleine Prinzessin herauszubekommen, will die Gräfin von der Auslieferung derselben nichts wissen. Mittlerweile werden über die Gräfin immer neue Skandalgeschichten verbreitet, die offensichtlich den Stempel der Erfindung tragen. Die entlassene Dienerschaft behauptet, die Gräfin habe in Florenz mehrere Geliebte, nicht nur einen.
— Wie über Warschau gemeldet wird, versuchte in Sosnowice ein Arberter-
die Arbeiter ab, die über 100 Tote und Verwundete hatten. Auf Anordnung des Generalgouverneurs hat eine Konferenz der bedeutendsten Warschauer Fabrikanten unter Teilnahme des Fabrikoberinspektors zur Feststellung der möglichen Zugeständnisse stattgefunden.
— In Lodz kam es von neuem zu ernsten Strcitvorgängen. Die Ausständigen zogen nach den Fabriken und verlangten Abrechnung, die die Fabrikanten verwei- gerten. Als Militär erschien, erfolgte ein Zusammenstoß zwischen diesem und den Streikenden. Bei der Fabrik von Cheisler wurden 4 Personen getötet und 68 verwundet, bei der von Markus Kohn gab es 7 Tote und 40 Verwundete.
— Der „Central News" wird aus Johannesburg gemeldet: Ein riesiger Diamant, 3030 Karat wiegend, wurde gestern in der Premier-Mine gefunden. Der Diamant ist von ausgezeichneter Qualität und irregulärer Form. Lord Milner beglückwünschte den Finder. Der berühmte Diamant „Kohinoor" wiegt nur 123 Karat und soll roh 900 Karat gewogen haben.
— 28 größere Gefechte sind bisher im südwestafrikanischen Feldzuge geliefert worden, davon 16 gegen die Herero. Der Gesamtverlust bis zum Schluß des Monats Januar betrug 837 Tote; 299 davon sind im Gefecht gefallen, 326 an Krankheit gestorben. Das Marine-Expeditionskorps wird jetzt zurückgezogen. Im Monat Januar haben sich drei Mann verirrt; sie sind wahrscheinlich verdurstet. — Wie es heißt, wird die Entsendung einer neuen Maschi- nengewehrabteilung nach Südwestafrika vorbereitet. In Ostpreußen sollen wieder kleine Masurenpferde angekauft werden.
AIrrtevHcrIterrdes.
Meine offizielle Frau.
Von
Col. Richard Henry Savage.
(Forts.) (Nachdruck verboten.)
„Gewiß, der Oberinspektor nahm an, ich sei ihre Frau. Sie sind ein Landsmann von mir — nehmen Sie mich mit bis Wilna, dort erwartet mich mein Gatte und wird Ihnen selbst seinen Dank abstatten." Und in kindlicher Angst schmiegte sie sich an mich an.
Meine Gedanken verwirrten sich, meine Nerven prickelten und mein Herz klopfte bei ihrer Berührung. Schon manchmal war ich auf einigen weiten Reisen für hübsche Damen eingetreten.
Eine Art Geheul des russischen Zollbe- beamten mahnte mich zur Eile, denn unser Gepäck lag noch allein auf dem hohen Zinktisch, und beinahe alle andern Reisenden waren schon fort.
Der diensttuende Oberst, der sich eben auch in den Speisesaal begeben wollte, warf im Vorübergehen einen bewundernden, begehrlichen Blick auf das schöne Ge- schöpf an meinem Arm und flüsterte: „Die schöne Amerikanerin."
„Sie dürfen eine Landsmännin nicht i» einer solchen Verlegenheit lassen! Wahrhaftig, ich glaube man wäre imstand mich zu verhaften," sagte sie mit einem unschuldigen, leichten Schaudern.
Ich warf dem Inspektor meine Schlüssel hin und blickte zögernd auf die schöne Bittstellerin neben
mir.
Haufen auf einer Fabrik den Schmelzofen! Wo trieb ich hin? Ganz betäubt stand auszulöschen. !Zum Schutz der Arbeit her-'ich da, während der Beamte hastig meine angezogenes Militär gab 3 Salven auf spartanische Ausrüstung durcheinander warf.