— 19 -
Mich vielfach Verwendung zu diplomatischen Missionen gefunden. Unter anderem überbrachte er im Jahre 1895 Papst Leo XIII. Zu dessen 50jährigem Bischofsjublläum die Glückwünsche des deutschen Kaisers. — Außer diesen dreien ist, wie gleichfalls gemeldet wurde, noch Prinz Leopold von Bayern vom Prinzen Luiipold zum Generalffeldmarschall ernannt worden. Diese Auszeichnung hat für Bayern umso größere Bedeutung, als seit dem Ableben des Feldmarschalls Prinzen Karl von Bayern im Jahre 1875 diese hohe militärische Würde dort nicht mehr verliehen wurde. Prinz Leopold wurde am 9. Februar 1896 gelegentlich seines 50. Geburtstages zum Generaloberst der Kavallerie ernannt, nach- dem er 9 Jahre vorher zum kommandierenden General vorgerückt war.
Berlin, 10. Jan. (Reichstag.) Das Haus tritt, nachdem der Präsident den Kollegen ein glückliches neues Jahr gewünscht in die Beratung der zum Etat gestellten Resolutionen ein und zwar zunächst in die Resolution v. Saldern (kons.), betr. Aen- derung des Jnvalidengesetzes in dem Sinn, daß die Rente auch an solche Rentenem- pfänger gezahlt werde, die zur Wicderher- stellung ihrer Gesundheit im Ausland weilen müssen. Der Reichstag nimmt dar- auf die Resolution Saldern einstimmig an.
Berlin, 10. Jan. Im heutigen Se- niorenkonvent des Reichstags teilte Graf Ballestrem mit, daß Graf Bülow ihn ermächtigt habe, zu erklären, daß der Handelsvertrag mit Oesterreich-Ungarn bis Ende dieser Woche zu stände kommen werde; in diesem Falle sei für die Drucklegung ein Aufenthalt von etwa 8 Tagen zu erwarten, so daß der Handelsvertrag in etwa 14 Tagen vor den Reichstag komme. Zu gleicher Zeit würden auch die Verträge mit den andern Tarifvertragsstaaten vorgelegt werden.
Dortmund, 11. Jan. Der Ausstand der Bergarbeiter hat bereits das ganze Dortmunder Revier ergriffen. Die Zahl der Streikenden beträgt über 30,000. Mehr als 25 Schächte liegen still.
Petersburg, 10. Jan. Aus Tschisu wird hierher telegraphiert: General Nogi habe den Offizieren der Belagerungsarmee erklärt, Port Arthur werde auf ewige Zeiten japanisch bleiben. Bei Beginn des Krieges Hobe es sich nur um Korea und die Mandschurei gehandelt, heute werde Japan aber eher auf alles andere verzichten als auf Port Arthur, das so viel japanisches Blut gekostet hat. Ganz Japan würde zur Behauptung Port Arthurs ausrücken und eher dort verbluten, als seine Flagge von der Festung verschwinden lassen. — General Nogi und sein Stab wird sobald nicht nach Japan zurückkehren.
— In Tschifu verkünden überall große Anschläge den Chinesen die Einnahme von Port Arthur, wodurch die gelbe Rasse 1>ie Weißen glänzend besiegt habe. Darüber müsse auch das chinesische Volk Freude empfinden.
Mrrtev haltendes.
Der Diamantstein.
Erzählung von O. Elster.
36) (Nachdruck verboten.)
„Aber die einzig richtige. — Frau von Jmhof mit samt ihren Töchtern ist eine ffchlaue Jntriguantin — fragen Sie ein- mal Ihren Bruder, ob man es ihm nicht nahe gelegt hat, statt Liselotten ihre Schwester Käthe zur Frau zu nehmen."
„Jürgen interessirt sich sehr für Käthe von Jmhof . . ."
„Na, sehen Sie! Da haben Sie des Rätsels Lösung!"
„Wenn ich alles bedenke — am Ende könnten Sie doch recht haben . . . ."
„Ich habe recht, Komtesse, verlassen Sie sich darauf. Und dieses Bild Unabwendbares Leid, ist dazu bestimmt, auf Ihren Herrn Onkel einzuwirken. — Sie sagten mir, daß Ihr Herr Onkel demnächst hierherkommen wolle — geben Sie acht, was er zu dem Bilde sagt."
„Das ist ja Alles furchtbar interessant !"
„Ohne Frage — und sehr klug berechnet ..."
„Ich hätte es ihr doch nicht zugetraut . . . Liselotte war stets so sanft, so gut."
„Fromm wie die Taube, klug wie die Schlange."
„Darf ich, was Sie mir mitteilten, Mama erzählen?"
„Weshalb nicht? — Es ist ja kein Geheimnis. Wenigstens fühle ich mich nicht verpflichtet, aus meinen Beobachtungen ein Geheimnis zu machen."
Thea versank in Nachdenken. Sie hörte kaum noch einige Worte. Wenn sie seine Mitteilungen mit ihren eigenen Beobachtungen verglich, )o war sie geneigt, die Richtigkeit derselben anzucrkennen. Aehn- liche Aeußerungen hatte ja auch schon ihre Mama gemacht, die ihr streng verboten, den Briefwechsel mit Käthe Jmhof fortzusetzen. Das Alles gab zu denken, und Thea besch'oß, mit Mama gelegentlich darüber zu sprechen.
„Sie scheinen zerstreut, Komtesse — wollen wir den Unterricht wieder aufnehmen?" fragte Walter.
„Nein, ich habe keine Lust mehr. Ich denke, wir hören für heute auf."
„Wie Sie befehlen, Komtesse . . ."
Er versuchte, das Gespräch fortzuführen, aber Thea war sehr einsilbig geworden, und so empfahl sich Walter mit einem Gefühl, als habe er durch seine Mitteilungen über Liselotte sich selbst am meisten geschadet.
* *
*
„Aber, Mama, das ist ja ganz undenkbar > — Du schiebst Liselotte da intriguen- hafte, selbstsüchtige Motive unter, während ich den Beweis in Hände» habe, daß Liselotte nur aus edelster Selbstaufopferung diesen Schritt getan hat, um unserer Liebe nicht im Wege zu stehen. Sie nahm alle Schuld aus sich, um es mir später zu ermöglichen, um Käthe zu werben. Und wahrhaftig, wenn Onkel Tyiemo kommt, werde ich mich ihm entdecken!"
Jürgen ging aufgeregt im Zimmer auf und ab, während die Gräfin Dinkelsbühl straff und stolz emporgerichtet an dem Tisch saß, und Thea, wie ein Kätzchen zusammengekauert, in einem bequemen Schaukel, stuhl ruhte, unter den halb geschlossenen Augen hervor den erregten Bruder beob- achtend.
„Deine Leidenschaft macht Dich blind, Jürgen," entgegnete die Gräfin streng. „Frage doch Thea, was Herr Mansberg ihr erzählt hat — es stimmt genau mit meinen Beobachtungen überein. Auch Eleonore Polyxena hat mir gegenüber geheim- nisvolle Andeutungen gemacht — und weshalb sollte wohl Thiemo Frau von Jmhof mit ihrer Tochter in Diemenstein fernerhin als Herrinnen schalten lassen? Daß Thiemo eine geheime Neigung für Liselotte gefaßt, bemerkte ich schon diesen Sommer,
schwieg aber dazu, um Deinem Glück, wie Du Deine Verlobung mit Liselotte nanntest, nicht im Wege zu stehen. Jetzt ist mir aber alles klar — niemals werden wir, Papa und ich, unsere Zustimmung zu Dei- ner Verlobung mit Käthe von Jmhof -geben."
„Weshalb nicht, Mama? — Selbst wenn es wahr wäre, daß Onkel Thiemo sich mit Liselotte vermählen wollte, so sehe ich durchaus kein Hindernis für meine Verbindung mit Käthe von Jmhof. Onkel Thiemos Großmut hat mich so gestellt, daß ich nach einer reichen Partie nicht mehr zu fragen brauche."
„Ich bin meinem Bruder dankbar, daß er uns aus unseren Verlegenheiten gerissen hat — aber ich vermag mich mit dieser intriguanten Jmhofschen Gesellschaft nicht zu befreunden; sie wollen Alles an sich reißen, sie wollen Dir Dein Erbe, die Diamantsteinsche Herrschaft rauben — sie wollen Dich mit dem kleinen Gut Die- menstein abfinden und dabei zugleich auch die jüngere Schwester versorgen. Ich bin nicht so töricht, zu dieser Jntrigue meine Hand zu bieten. Ein für alle Mal — schlage Dir die Gedanken an eine Ver- bindung mit Käthe von Jmhof aus dem Sinn. — De>n Vater ist mit mir darin einer Meinung. Du hast jetzt, wo Du auf fast ein Jahr „ach Berlin kommandirt bist, die günstigste Gelegenheit, eine glänzende Partie zu schließen, weshalb willst Du Dich da an die intriguenhafte Bettlerfamilie hängen?"
„Aber, Mama ..."
„Es ist ein starker Ausdruck — aber ich finde keinen anderen. Ein Graf Dinkelsbühl sollte doch stolzer auf seine Stellung, auf seinen Namen sein. Und nun ist's genug — Du kennst unsere Meinung, denke einmal ernsthaft darüber nach, dann wirst Du finden, daß wir recht haben. — Komm, Thea, der Wagen wartet bereits, cs ist Zeit zur Oper."
Sie rauschte hinaus, gefolgt von der verschmitzt lächelnden Thea, die ihrem Bruder zum Abschied eine Kußhand zu- warf.
Und Jürgen dachte über die Worte seiner Mama nach — er schwankte — das Leben in der glänzenden Gesellschaft der Weltstadt war nicht ohne Einfluß auf ihn geblieben; er liebte Glanz und Reichtum und Schönheit, und das Alles trat ihm hier in hohem Maße entgegen. Schöne Frauen zeichneten ihn aus - die jungen Damen alter und reicher Adelsfamilien lächelten ihm ermutigend entgegen, seines Bakers Freunde in der Regierung und im Kriegsministerium versprachen ihm eine glänzende Laufbahn; schon war die Rede davon gewesen, daß er auf längere Zeit als Militär-Attachs nach Paris oder Rom kommandirt werden sollte — und das Alles sollte er aufgeben um Käthes willen? Sollte sich vielleicht in dem alten Herren- Hause von Diemenstein vergraben und sollte dann noch Zusehen, wie Liselotte mit ihren Nachkommen auf dem Diamantstein herrschte? Würde seine Liebe zu der kleinen Käthe stark genug sein, um Alles das ruhig und gleichmütig zu ertragen?
Und doch er hatte sein Wort vcrpfän- det! Und die reizende Gestalt der kleinen Käthe lockte und winkte, und eine heiße Sehnsucht nach dem lieblichen Kinde quoll in seinem Herzen empor.
Hier konnte nur Eine helfen — Liselotte!
(Fortsetzung folgt.)