Amtsblatt

für: öie SLaöt Wiliööcrö.

Erschein« Dienstag, Donnerstag und SamStag.

Beftellpreis incl. Avnstr« Sonntagsblatt vierteljährl. 1 Mk- w Pfg. (monatl. im Verhältnis). Bei allen württ. Postanstalten und Boten im Orts- u. Nachbarortsverkehr vierteljährl. 1 15 ^ ; außerh. desselben 1 Mk. 2» ;

hiezu 15 Bestellgeld.

^^4

Anzeiger

für Wiköbaö unö Wmgebung.

» 1 « «tnrnaungsgebühr

beträgt für die einspaltige Zeile oder deren Raum 8 Pfg., auswärts 10 Pfg-, Reklamezeile 20 Pfennig Anzeigen müssen spätestens den Tag zuvor aufgegeben werden. Bei Wiederholungen entsprechender Rabatt. Stehende Anzeigen nach Uebereinkunft.

LCro. S.

Donnerstag, öen IS. Januar 1903.

41. Jahrgang.

Rundschau.

Herzog Albrecht Eugen, der zweite Sohn des Herzogs Albrecht von Württem­berg, feierte am Sonntag seinen 10. Ge­burtstag. Aus diesem Anlaß stattete ihm der König einen Glückwunschbrsuch ab und er- nannte ihn zum Leutnant im Grenadier- Regiment König Karl Nr. 123- Der älteste Sohn des Herzogs Albrecht, Philipp Alb- recht, ist bekanntlich Leutnant im Grenadier- Regiment Königin Olga Nr. 119.

Stuttgart, 8. Jan. Die Landesver- sammlung der Deutschen Partei fand heute im Stadtgarten hier statt. Reichs- und Landtagsabgeordnetcr Or. Hieber eröffnete dieselbe als .Landesvorstand mit einer An- spräche, in welcher er dieErschienenen begrüßte, der Toten des letzten Jahres gedachte und dann verschiedene politische Aufgaben im Reichs- und Landtag erwähnte. Redner kon­statierte, daß in Bezug auf die Fürsorge für den Bauernstand die Vertreter des Bauernstandes um kein Strichlein an prak­tischer Arbeit der Deutschen Partei voraus seien. An der sozialen Gesetzgebung des Reiches werde die Partei wie bisher positiv Mitarbeiten. Landtagsabgeordneter v. Geß sprach hieraus über die Arbeiten und Auf- gaben des Landtags, den Etat, Eisenbahn. Politik, BctriebSmittelgemeinschaft, die Ge- meindeordnung und schließlich über zwei wichtige politische Fragen der Zukunft: Die Schaffung eines Schiffahrtswegs von Mannheim bis Eßlingen und die Ver­fassungsrevision. Die Ausführung des Neckarkanals, die auf 33,7, nach anderen aus 42, nach Angaben des Ministers auf 80 Millionen zu stehen komme, werde im Volke nur gebilligt werden, wenn der Kanal bis Eßlingen fortgesetzt werde. Bei der Verfaffungsrevision, deren Entwurf die Regierung setzt vorbereite, müsse den An­schauungen des Volkes Rechnung getragen und das Erreichbare angestrebt werden. Für die zweite Kammer hält Redner einen Entwurf nicht für aussichtslos, nach welchem sich dieselbe zusammensetzen soll aus 63 Abgeordneten der Oberamtsbezirke, 3 Abge- ordneten der Stadt Stuttgart, 6 der anderen guten Städte, wobei der Anspruch Ell- wangens zu prüfen wäre, und 19 Abge­ordneten, die von den 4 Kreisen durch Proportionalwahl zu wählen sind. Schwie- riger werde die Frage der Reform der 1. Kammer. Diese solle bestehen aus den königlichen Prinzen und den Standesherren, 4 Vertretern der evangelischen und 2 der katholischen Kirche, 6 Mitgliedern der Ritter» schast, 2 Rektoren der Hochschule, je einem Vertreter der Landwirtschaft, des Handels und Gewerbes, der Ha idwerker- und der Arbeiterschaft sowie 6 vom König ernannten Mitgliedern. Zur Reduzierung der Zahl der StandeSherren empfiehlt Redner, die

Standesherren sollen ähnlich wie die Ritter­

schaft ihre Vertreter wählen dürfen; jene, die nicht im Lande wohnen, sowie solche, die bereits in der ersten Kammer eines anderen Landes Sitz haben, sollen ausgeschlossen sein. Die Geisterstimmen sollen Wegfällen. In der Budgetfrage halte er ein Entgegen­kommen nicht für angezeigt. Reichstagsabg. Patzig-Berlin sprach über Reichspolitik und Reichstag, über Kolonialpolitik und die Militärvorlagen und forderte bessere Ver­tretung unserer Interessen durch Auslands­schiffe; bei den Handelsverträgen müsse unbedingt der deutschen Viehzuckt, die uns den vollen Fleischbedarf unabhängig vom Ausland liefern könne, der für ihren Be­stand so notwendige Seuchenschutz gegen- über dem Ausland namentlich Oesterreich gewahrt bleiben. Um den Reichstag von seiner Verelendung, zu retten, gebe es nur ein Mittel: Anwesenheitsgelder. Diese seien wieder in weite Ferne gerückt. Seine Par­tei lehne jede Verantwortung dafür ab, wenn infolgedessen die Verdrossenheit unter den Parlamentariern und im Lande draußen um sich greife. Kaufmann Stübler, der Vorstand des hiesigen jungliberalen Vereins erklärte namens der jungliberalen Vereine Württembergs, daß sie auf dem gemein­samen Programm und der gemeinsamen Organisation mit der deutschen Partei ar­beiten und keine Sonderstellung in der Partei und im Liberalismus einnehmen wollen. Die Gründung der beiden Vereine in Heilbronn, die sich dem Reichsverbande nicht anschließen wollen, bedauerte Redner lebhaft, daß sie der Partei mehr schaden als nützen. Der Geschäftsführer der Partei, Dr. Fetzer erstattete einen kurzen Geschäfts­bericht. Die Frage der Namensänderung der Partei wurde wiederum an den engeren LandeSausschuß zur Weiterbehandlung ver- wiesen.

Stuttgart, 10. Jan. Die Kammer der Abgeordneten hat heute Nachmit­tag die Beratung der Gemeindeordnung bei Abschnitt X betr. die Aufsicht des Staates über die Gemeindeverwaltung fortgesetzt. Bei Art. 252, der das Beschwerderecht der Gemeinden regelt, wurde ein Antrag des Berichterstatters Haußmann-Balingen mit Ausdehnung der Rechtsbeschwerde gegen die Aufhebung ortspolizeilicher Vorschriften genereller Art wegen Ungesetzlichkeit ihrer. Erlassung angenommen und ebenso ein An­trag Nieder, der einer Anregung des Mi­nisters v. Pischek seine Entstehung verdankte, wonach den Gemeinden das Recht der Be­schwerdeführung zustehtgegen Anordnung­en oder Entscheidungen der Aufsichtsbehörde im Gebiete der Polzeiverwaltung, jedoch nur dann, wenn behauptet ist, daß die Gemeinde hierdurch in einem Recht oder einem berechtigten Interesse verletzt sei."

Zu Act. 284 wurde ein Antrag der Abg. Nieder und Gröber angenommen, wonach die Beschwerden von Gemeinden und ein­zelnen Privatpersonen bei Verlust des Be­schwerderechts binnen einem Monat nach Eröffnung der angefochtenen Entschließung anzubringcn sind. Im übrigen wurden die Art. 252255 nach den Anträgen der Kommissiou angenommen. Letzterer Artikel, der den Grundsatz ausgestellt hatte, daß die Gemeinden die Kosten der von den Staatsbehörden zuerst im Staatsinteress» geübten Aufsicht zu tragen haben, wurde ohne Debatte gestrichen. Von Abschnitt XI betr. Uebergangs- und Schlußbestimm- ungen wurden die Art. 259260, die mit der Magistratsverfassung im Zusammen­hang stehen, aus den Antrag des Bericht­erstatters Kraut an die Kommission zu» rückverwiescn. Bei den übrigen Bestimm­ungen wurde u. a. ein Antrag des Zentrums angenommen, wonach die Bestimmungen über den Betrieb des Wirtschaftsgewerbes, des Flaschenbierhandels und »ines gemisch­ten Warengeschäfts auf die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes im Amt be­findlichen Ortsvorsteher, Anwälte und Ge­meindepfleger Anwendung finden, außer wenn sie ein solches Geschäft zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes betreiben. Ferner findet nach demselben Antrag das Verbot betr. die unentgeltliche Vermittelung von Darlehen, Grundstücks, und Biehkäu- fen auf die zur Zeit des Inkrafttretens dieses Gesetzes im Amt befindlichen OrtS- vorsteher, Anwälte und Gemeindepsleger Anwendung. Morgen Fortsetzung. Schluß 7^ Uhr.

11. Jan. Die Kammer der Ab­geordneten erledigte in ihrer heutigen Sitzung den letzten Abschnitt der Gemein- deordnung betr. die Uebergangs- und Schlußbrstimmungen und nahm unter diese einen Antrag Nieder auf, dahingehend: Wer die Annahme einer Wahl in die Grmeindekvllrgien ausdrücklich oder tatsäch­lich verweigert, obwohl er zu deren Annahme gesetzlich verpflichtet ist und ihm genügende Entschuldigungsgründe nicht zur Seite stehen, kann zur Erfüllung dieser Verpflich­tung durch Ungehorsamsstrafcn ungehalten werden." Der letzte Artikel 266 bezüglich der auszuhebcnden, abzuändernden oder zu ergänzenden gesetzlichen Vorschriften wurde an die Kommission zurückverwiesen, die sich bekanntlich sa auch noch mit der Verfassung für die großen Städte zu befassen hat. Hierauf begann die Beratung der Bezjrksordnung. Den Anlaß zu einer längeren Erörterung gab hiebei eine Ein­gabe der bürgerlichen Kollegien von Ulm um Ausscheidung aus der Amtskörperschaft Ulm. Diese Eingabe hätte ihren Grund in einer Bestimmung des Artikel 1, wonach