Amtsblatt
für öie Staöt Witöbcrö.
Erschein! Montag, Mittwoch und Freltay.
Bestellpreis incl. Allustr. SonntagKblattvierteliLhrl. 1 Mk. IO Pfg. (monatl. im Verhältnis). Bei allen württ. Postanstalten und Boten im Orts- u. Nachbarortsverkehr Vierteljahr!. 1 15 ^ ; aukerh. desselben 1 Mk. 20 ^ ;
hiezu 15 Bestellgeld.
I^ro. 14S.
ZKonLcrg, öen 19. Aezernber 1904.
Anzeiger
für WiLöbcrö unö Htrngebung.
Die Einrückungsgebühr
beträgt für die einspaltige Zeile oder deren Raum 8 Psg., auswärts 10 Big-, Reklamezeile 20 Pfennig Anzeigen müssen spätestens den Tag zuvor aufgegeben werden. Bei Wiederholungen entsprechender Rabatt. Stehende Anzeigen nach Uebereinkunft.
Rundschau.
— Se. Maj. der König hat die evang. Pfarrei Heuchlingen, Del. Heidenheim, dem Pfarrverw. Ferd. Carl übertragen.
Stuttgart, 17. Dez. In Ser Ver> fassungsreoifion ist, wie man hört, als Grundlage für die weiteren Verhandlungen folgende Zusammensetzung der ersten Kammer vorgesehen: 4 Prinzen, 20 Standcsherren, 6 vom König gewählte Mitglieder, 6 Ritter, 2 Prälaten; außerdem sollen ihr angehören: der Präsident des Konsistoriums, der Präsident der Landessynode, der Bischof, der älteste Domkapitular, der Kanzler der Landesuniversität, der Rektor der technischen Hochschule und je ein Vertreter der Landwirtschaft, des Handels, des Hand. Werks und der Arbeiterschaft. Die beiden letzteren sind von den Handwerlskammern bezw. durch die zukünftige Arbciterkam-! mer zu wählen. Zusammen 48 Mitglie-s der. Die Zusammensetzung der zweiten' Kammer soll folgende sein: Die Abgeordneten der Oberämter, die der guten Städte, dazu noch 3 der Stadl Stuttgart und 19 durch Kreiswahlen zu wählende, zusammen 93 Abgeordnete.
Stuttgart, 14. Dez. Die blutbe- fleckte Manschette, welche bekanntlich in der Angelegenheit des Cannstatter Mordes bisher eine Handhabe für die Auffindung des Mörders zu bieten schien, scheidet nunmehr gänzlich aus der Untersuchung aus. Ein Stuttgarter Tierarzt hat sich nämlich bei der hiesigen Staatsanwaltschaft gemeldet und angegeben, die blutbefleckte Manschette habe ihm gehört. Da er am Mordtage in Cannstatt eine Operation an einem Tier habe vornehmen müssen, wobei die Manschette stark blutbefleckt worden sei, habe er sie beim Wegfahren vom Cannstatter Bahnhof zum Fenster hinausgeworfen. Die Richtigkeit seiner Angaben hat der betreffende Tierarzt in einwandfreier Weise nachgewiesen. Man fahndet bis jetzt leider vergebens nach weiteren Anhaltspunkten zur Ermittelung des Täters. Die gesamte Stuttgarter Polizei hat sämtliche jüngere Zimmermieter in ganz Stuttgart einer Kontrolle zu unterziehen.
Stuttgart, 15. Dez. Der ledige 23 Jahre alte Kaufmann Emil Kantleh- ner, Sohn des Kgl. Hofschlossers Kant- lehner hier, wurde heute vormittag kurz vor 12 Uhr vom Bahnwärter tot im Asperger Tunnel aufgefunden. Der Leichnam war erheblich verstümmelt. Der Verunglückte, welcher an Epilepsie litt und wahrscheinlich von hier nach Vaihingen fahren wollte, scheint während der Fahrt aus dem Wagen herausgetreten und in einem Anfall abgestürzt zu sein.
— Für den gesteigerten Päckereiver-
kehr vor Weihnachten sind von der Postverwaltung besondere Vorkehrungen durch Vermehrung der Beförderungseinrichtungen, der Arbeitskräfte u. s. w. getroffen. Den Aufgebern von Weihnachtssendungen wird aber, damit sie auf deren rechtzeitige und unversehrte Ankunft rechnen können, dringend empfohlen, dir Einlieferung zur Post nicht erst in den letzten Tagen vor dem Christfest, sondern möglichst frühzeitig zu bewirken, auch die Sendungen fest und dauerhaft zu verpacken und mit einer deutlichen, vollständigen und haltbar be festigten Aufschrift zu versehen. Auch sollte die Einlieferung zur Post nicht erst kurz vor Schalterschluß um 7 Uhr abends oder noch später erfolgen.
Vaihingen a. E., 15. Dez. Wie in den Nachbarbezirken Leonberg, Ludwigs- bürg und Pforzheim ist nunmehr auch im hiesigen Bezirk die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen. Um einer größeren Verbreitung der Seuche vorzubcugen, wurde der Vieymarkt verboten. Die „Landpost" vermutet, daß die Seuche vom Stuttgarter Schlachtviehhof durch Handelsmetzger eingeschleppt wurde.
Tübingen, 17. Dez. Bankier Ernst Jäger, welcher am 13. April nach Per- Übung eines Betrugs in Höhe von 10000 Mk. zum Nachteil eines hiesigen Bankiers und Depotunterschlagungen im Betrage von über 30 000 Mark entwich, nach einigen Monaten aber in Dresden bei einem i Selbstmordversuch verhaftet worden ist, wurde gestern vom Schwurgericht wegen Dcpotunterschlagung, einfachen BankerottZ und Betrugs zu zwei Jahren 2 Monaten Zuchthaus und 3 Jahren Ehrverlust verurteilt. Der Saatsanwalt Egelhaaf hatte 3 Jahre 6 Monate Zuchthaus beantragt. Jäger spielte viel in der Lotterie, er gab jährlich für diesen Zweck gegen 5000 Mk. aus, der sehnlichst erwartete große Gewinn blieb jedoch aus, er kam meist nur mit kleineren Treffern heraus. Im Konkurs werden die Gläubiger jedenfalls 30 Prozent retten, da die Verwandten 70 000 Mack eigene Forderungen nicht geltend gemacht, im Gegenteil einen Teil der fehlenden Depots ersetzt haben.
Eßlingen, 16. Dez. Die Giltigkeitsdauer zur Erhebung von Verbrauchssteuern aus Gas, Fleisch und Bier, die nach den Zusammenstellungen der letzten 10 Jahre der Stadtkasse eine jährliche Einnahme von 78000 Mk. brachten, lauft mit dem 31. März nächsten Jahres ab. Gestern beschlossen nun die bürgerl. Kollegien dir Weitererhebung bis zum 31. März 1909.
— In Mannheim hat am Samstag die Firma Hermann Schmoller u. Cie. an den Planken in ? 1 nach den
40. IaHvgcrng
Plänen des Karlsruher Architekten Ka- mill Frei einen modernen Warenhaus- palast errichten lassen. Gelegentlich der Eröffnung des Neubaus hat sich nun ein scharfer Koukurrenzkampf unter den Warenhäusern entsponnen. Die Firma S. Wormser u. Cie., die ebenfalls einen mächtigen Neubau in der Breitenstraße in L 1 errichten läßt, gewährt bis Weihnachten 20 Prozent Rabatt, wovon nur einige Waren ausgenommen sind, und vergütet den auswärtigen Kunde» teilweise die Eisenbahnfahrt. Die Firma Kander verschenkte am Samstag bei Einkäufen von 3 Mk. ein halb Pfund Kaffee und bezahlt bis Weihnachten allen Kunden aus einem Umkreise von 20 Kilometern bei Einkäufen von 10 Mk. das Retour« dillet dritter Klasse! — Wer hat den Schoden dieser großkapitalistischen Schleuderkonkurrenz? Nur der kleine und mittlere Gewerbetreibende. Ihnen wird das Weihnachtsgeschäft gründlich verdorben und mancher von ihnen wird mit Bongen der Zukunft entgegensehen.
Berlin, 12. Dezbr. Die „Nordd. Allg. Ztg." schreibt: Der Reichskanzler richtete an den Missionsinspektor und Hausleiter von Barmen bezüglich der Vorschläge der Mission über die Friedensvermittlung in Südwestasrika am 8. Dez. ein Schreiben, worin er sagt, er freue sich, sich in der Frage der Behandlung der zur Unterwerfung bereiten Eingeborenen in den wesentlichen Punkten mit der Auffassung der Mission im Einklang zu befinden. Bei der aus Gründen der Menschlichkeit und praktischen Erwägungen gebotenen Notwendigkeit, die Vernichtung des Hererovolkes zu verhindern, erschienen ihm die von der Mission angebotenen guten Dienste besonders wertvoll, denn bei der Vertrautheit, welche die Mission durch ihre langjährige Tätigkeit im Hererolande mit den Sitten und der Denkungsart der Eingeborenen gewonnen, werde es der Mission leichter sls einer anderen Instanz gelingen, die Eingeborenen zur Unterwerfung zu bestimmen, der friedlichen Tätigkeit wieder zuzuführen und die sonstige Unterbringung und Versorgung, namentlich auch der Frauen und Kinder zu übernehmen. Die Einzelheiten des von der Mission aufgestellten Programms würden auf ihre Zweckmäßigkeit und Durchführbarkeit allerdings nur an Ort und Stelle beurteilt werden können- In den Grundzügen erscheinen sie ihm außerordentlich dankenswert; er werde deshalb die örtlichen Behörden anweisen, die guten Dienste der Mission anzunehmen.
— Die Eintrittskarten zu der ersten Roland-Erstaufführung vor dem Kaiser in Berlin waren ins Unglaubliche gestie-