Amtsblatt Anzeiger

für die Stadt Witöbaö. für Witdbaö und Umgebung.

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U'ro. 147.

Mittwoch, den 14.

AeZember 1904

40. Jahrgang

Rundschau. .

Gestorben: 11. Dezbr. zu Gmündj Traugott Friedr. Streich, Oberinspektor der k. Taubstummen« und Blindenanstalt

12. Dez. zu Stuttgart Kaufmann

Heinr. Hecht, in Fiima Gustav Gfrörer, K. u. K. Hoflieferant, 55 Jahre alt zu Reutlingen Privatier Emil Bautlin, 58 Jahre alt. ^

An Stelle des Oberjägermeisters j Frhrn. v. Plato wird, wie verlautet,! Frhr. v. Gaisberg.Seliöckingen, Rittmeister! im Drag.-Regiment Königin Olga, vor- läufig die Geschäfte des Obcrjügermeister- amts leiten.

Stuttgart hat es jetzt auf eine Einwohnerzahl von 200000 gebracht. Die schwäbische Residenz übertrifft die badische Residenz Karlsruhe, die 150000 Ein­wohner hat, schon um ein volles Viertel der Bevölkerung. Wenn aber zu Beginn des nächsten Jahres die verschiedenen Eingemeindungen in Stuttgart vollzogen werden, wird die Stadt eine Viertelmil- lion Köpfe zählen. Dabei ist Cannstatt mit rund 31000, Untertürkheim mit 6000 und Wangen mit 4000 Einwohnern ein­geschätzt. Sehr bemerkenswert ist die Tatsache, daß die um Stuttgart auf eine Entfernung von etwa 10 Kilometer lie­genden Orte im Verhältnis ihrer Größe zur Hauptstadt in den letzten Jahren eine dreifach größere Bevölkerungszunahme aufzuweisen haben als Stuttgart selbst.

Seit der letzten Volkszählung hat sich Stuttgart um 16 582 Seelen vermehrt.

Stuttgart, 5. Dez. Ein auf einer ausgelaufenen Treppe entstandener Unfall führte zur Erhebung einer Anklage we- gen fahrlässiger Körperverletzung gegen Metzgermeister Lindel hier. Auf dessen in den Hof führenden füufstufigen Stein­treppe waren im Lause der letzten Jahre mehrere Personen, einmal auch er selbst zu Fall gekommen. Am 27. April d. I. mittags widerfuhr dieses Mißgeschick auch einem seiner Gehilfen, der in Holzschuhen mit einem Kübel voll Fleisch die Treppe beging. Er erlitt dabei eine kleine Schürfung am linken Ellenbogen, die zu einer Blutvergiftung führte, welche zuerst eine dreiwöchige und nachher eine zwölf­wöchige Spitalbehandlung, verbunden mit zweimaliger Operation zur Folge hatte. Dem Angeklagten war zur Last gelegt, daß er, obwohl er den gefahrdrohenden Zustand der Treppe kannte, unterließ, sie Herstellen zu lassen. Nach Vernehmung von sechs Zeugen und drei Sachverstän­digen erkannte das Gericht gegen Lindel auf eine Geldstrafe von 50 Mk. und Tragung sämtlicher Kosten, einschließlich derjenigen der Nebenklage des Verletzten.

Stuttgart, 12. Dez. Wie ein Korr. Bureau mitteilt, wurde festgestellt, daß der wegen des Raubmords in Cannstatt verhaftete Chauffeur am Nachmittag, welcher der Tat vorausging, im Auftrag seines Herrn in dem Geschäftsraum des betr. Photographen war und beim Weg­gehen zu dem später ermordeten Fräulein sagte, er werde um Uhr wieder­kommen. Tatsächlich soll der Chauffeur sein Alibi zur Zeit, die für die Verüb­ung der Mordtat in Betracht kommt, nicht Nachweisen können. Er beteuert je­doch fortgesetzt seine Unschuld.

Cannstatt, 10. Dez. Unter riesiger Beteiligung fand heute mittag auf dem Uffkirchhof die Beerdigung der einem Raubmörder zum Opfer gefallenen Eugenie Mast statt. Die Straßen, durch welche sich der Leichenzug bewegte, füllten Tau­sende von Personen, ebenso hatten sich vor dem Friehof eine tausendköpfige Menschenmenge angesammelt. Schutzleute mußten dem Trauerzug erst einen Weg bahnen. Dekan Oehler hielt eine ergreifende Trauerrede. Am Grabe wurden zahlreiche Kränze medergelegt. Die Staatsan-! waltschaft sichert demjenigen eine Belohn­ung von 1000 Mk. zu, welcher zur Über­führung der Täter weitere Beweise liefert, insbesondere wer glaubhaft Nachweisen kann, von wem die in der Nähe des Tat­orts aufgefundenr blutbefleckte Manschette herrührt.

Tübingen, 12. Dez. (Schwurgericht). Der Dienstknecht Andr. Beck, gebürtig von Grosselfingen, der seinen Nebenknecht Gremli durch Messerstiche getötet hat, wurde nach dem Wahrspruch der Ge­schworenen wegen Totschlags zu der .Gefängnisstrafe von 4 Jahren verurteilt.

In Tübingen ist eine interessante Ineue Anstalt, nämlich eine Universi- I täzsrestauration am 6. Dezember er­öffnet und sogleich stark benutzt worden. .Sie ist im Hochschulgebäude unter dem Treppenaufgang zu den Hörsälen unter­gebracht und verabreicht neben dem schwä­bischen Nationalgebäck, den sogen. Laugen- ! bretzeln, auch Schinken- und Wurstbrötchen,

! Kuchen, Äepfel, Kaffee, Milch, Kakao, Frada, eine Auswahl v»n Mineralwassern und auch Bier, aber alkoholfreies. Einer ähnlichen praktischen Einrichtung dürsten sich die wenigsten deutschen Hoch­schulen zu erfreuen haben. In Tübingen war sie hoch vonnöten, denn die Univer­sität liegt ziemlich weit ab von der Stadt, und zwischen vier bis fünf Stunden Vorlesung und Uebung ist besonders am Nachmittag wohl auch den Musensöhnen eine Erfrischung zu gönnen. Wie stark übrigens die Antialkoholbewegung unter der Tübinger Studentenschaft um sich

greift, erhellt daraus, daß der Inhaber eines bekannten guten Lokals an die Verbindung eine Mitteilung ergehen ließ, des Inhalts, er halte für dieses Semester jeden Abend von 10 Uhr ab frische Bouil­lon mit Pasteten und von 12 Uhr ab Bohnensuppe mit Speck hereit. Und der Mann, der also die Zeichen der Zeit ver- stdht, macht sein Geschäft mit dieser Ein­richtung.

Aus allen Teilen des Landes sind der Weinbauversuchsanstalt in Weins­berg braun gewordene Weine zugesandt worden. Wegen dieses Braunwerdens der Weine herrscht vielfach große Besorgnis, ja, es wirb sogar im Hinblick darauf, daß der diesjährige ausgereifte Jahrgang verhältnißmäßig wenig Säure besaß, von manchen Seiten prophezeit, im Sommer sei der Weinhin" er sei dann essigsauer. >Um solchen irrigen Ansichten zu^begegnen und um die erregten Gemüter zu beruhigen, weist der Sachverständige Prof. Dr. Meißner im Landw. Wochenbl. darauf hin, daß das Braunwerden der Weine zu den schlimmen Erscheinungen gehört, daß man es andererseits in der Hand hat, dem Prozeß des Säurerückgangs, der sich gewöhnlich erst im Frühjahr nach dem zweiten Abstich einstellt, wie die neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen gelehrt haben, entgegenzutreten. Man läßt die Weine beim ersten Abstich in mittelstark eingebrannte Fässer ab, d. h. in Fässer, in welchen von den dicken, abtropfenden Schwefelschnrtten eine Schnitte auf 7 Hektoliter Faßraum, von den dünnen, nicht tropfenden Schwefelschnitten eine Schnitte auf 2 Hektoliter Faßraum abge­brannt wurde. Beim Abstich darf der Wein so wenig wie möglich mit der atmosphärischen Luft in Berührung ge­bracht werden, damit die Orhdase nicht tätig sein, d. h. den abzulaffenden Wein nicht braun färben kann. Der erste Abstich solch brauuwerdender Weißweine muß, vorausgesetzt, daß der Zucker in ihnen vergoren ist, zeitig vorgenommen werden. Bei unseren Verhältnissen wird dieser Ab­stich schon im Dezbr. vorzunehmen sein.

Berlin, 12. Dez. Der frühere natio­nalliberale Reichstags- und LandtagSab- geordnete Friedrich Hammacher ist gestern gestorben.

Der Kampf gegen das Korsett wird auch in den preußischen Schulen ge­führt. Auf eine Eingabe von Frauen- vereinen, das Korsetttragen zu verbieten, erwiderte Minister Studt den Berl. N. Nachr. zufolge, daß er schon zum Gebrauch einer geeigneten Kleidung durch die Mäd­chen Anregung gegeben habe durch den Hinweis auf die Abhandlung des Dr. med. Krebs in Breslau:Wie sollen sich