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Nro. 14S

Montag, öen 12. Aezember: 1904.

40. Jahrgang

Rundschau.

Stuttgart, 10. Dez. Bei der gest rigen Bürgecausschußwahl gingen zum ersten Male die sämtlichen bürgerliche» Parteien einschließlich der Volkspartei gegen die Sozialdemokraten mit einem gemeinsamen Wahlzettel vor. Von 18874 Wahlberechtigten haben 13 324 abgestimmt. Nicht abgeänderte Zettel wurden im Ganzen 12240 abgegeben und zwar von den vereinigten bürgerlichen Parteien 6963, von den Sozialdemokraten 5031; unparteiische Wahlzettel 245 und ein einziger Harmloser; ungiltig waren 21, zersplittert 511. Die Sozialvemokraten wurde» vollständig geschlagen. Die von den bürgerlichen Parteien aufgestellten 14 Kandidaten gingen sämtliche glänzend durch, sie erhielten von 7423 bis 8237 Stimmen, während die Sozialdemokraten nur 5147 bis 5718 Stimmen erhielten.

In dem Prozeß der Stadtgemeinde Stuttgart gegen die Stuttgarter Straßenbahnen wurde heute vorm, von der Zivilkammer des Landgerichts das Urteil verkündigt. Der Gerichtsbeschluß lautet: Dir Stadtgemcinde Stuttgart wird mit ihrer Mage kostenpflichtig ab­gewiesen." Bon der Stadtgemeinde wurde bekanntlich verlangt, daß der am 26. Juni 1899 mit der Straßenbahn abgeschlossene Vertrag nicht bloß aus das damals vor- handene Stadtgebiet sich beziehen soll, sondern auf das jeweilige Stuttgarter Stadtgebiet, also auch auf alle etwa noch einzugemtindenden Vororte. Als Streit­wert waren 500 Mk. angegeben.

Stuttgart, 7. Dez. In der heuti­gen Sitzung des Gemeinderats berichtete Gem.Rut Fischer über ein neues Projekt der hiesigen Straßenbahn. Es soll nach diesem von der Gerokstraße bis zur Ne­ckarstraße eine Drahtseilbahn errichtet werden. Die Bahn würde die Urban-,' straße, Schützenstraße und Kernerstratze berühren und bei dem Prinz Weimar- Denkmal endjgen. Die Fahrzeit würde 2 Minuten betragen. In dem Projekt find Wagen zu 44 Personen vorgesehen. Der Tarif werde derselbe sein wie bei der Straßenbahn. Das Tiefbauamt be­schäftigt sich gegenwärtig mit diesen Plä­nen und wird sie demnächst dem Gemein­derat vorlegen.

Stuttgart, 7. Dezbr. (Oberkriegs- gencht.) Ein Bild auS dem Nachtleben in der Kaserne entrollt» eine Verhand­lung vor dem Oberkriegsgericht. Wie durch militärgerichtliche Verhandlungen festgr- stellt wurde, kommt es in den Kasernen des öfteren vor, daß die Rekruten von Leute» der alten Mannschaft nachts im Bett überfallen und mit Klopfpeitschen mißhandelt werden. Trotzdem streng gegen

die Täter vorgegangen wird, laßt sich dieser festeingewurzelte Uebelstand nicht ausrotten. Am 24. Jul: trieben zwei solcherKasernengeister" die Musketiere Wöhrle und Köpf, in der Stube 91 auf der Wilhelmsburg in Ulm, ihr Unwesen. Sie überfielen den Musketier Stichle im Schlaf und bearbeiteten ihn mit ihren Klopfpeitschen. Bei dem von den beiden Quälgeistern in der gleichen Nacht aus­geführten zweiten Ueberfall setzte sich Stichle mit der Müllschippe zur Wehr und schlug dabei den Musketier Wöhrle mit der Schippe aut den Kopf. Die Folge war eine Zertrümmerung der Schtdel- decke und eine Verletzung des Gehirns; infolgedessen mußte Wöhrle als dienst- unbrauchbar entlassen werden. Trotz seiner schweren Verletzung rückte Wöhrle am andern Tag zum Schießen aus und meldete sich erst nachmittags krank. Wäh­rend Wöhrle und Köpf wegen gefähr­licher Körperverletzung zu je 7 Tagen Gefängnis verurteilt wurden, sprach das Kriegsgericht den wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagten Stichle frei, weil das Gericht Notwehr als vorliegend annahm. Gegen das freisprechende Urteil legte der Gerichtsherr Berufung ein, die aber vom Oberkriegsgericht als unbegrün­det verworfen wurde. Das Berufungsge­richt gelangte aus den gleichen Gründen wie das Gericht 1. Instanz, zu einer Freisprechung.

Stuttgart, 6. Dez. Wis seit Iah- ren, so vereinigten sich auch Heuer wieder am Tage von Champigny die Kanoniere und Unteroffiziere der damaligen 6. schweren Batterie zu einem Festessen im Hotel Viktoria, zu welchem Generalmajor z. D. Flaitz, der im Kriege als Ober­leutnant bei der Batterie stand, einge­laden hatte. Der oamalige Offiziers­aspirant Prof. Dr. Bretschneider hob in seiner Rede auf den Festgeber hervor, daß die Batterie nur der energischen Führung ihres Oberleutnants es ver- dankt, daß sie an dem Ruhmestage der Württemberger in erster Linie genannt wird. Denn er führte als einziger Offi­zier »ach dem unbegreiflichen Wegreiten deS Hauptmanns Wagner sowohl am Jägerhof als auch am ParkeS Coeully die Batterie von Erfolg zu Erfolg. All- gemeinen Beifall fand der Gedanke, nun endlich nach 34 Jahren dafür zu sorgen, daß ein wahrheitsgetreuer Bericht über den ruhmvollen Anteil der 6. Batterie auch in den Geschichtsblättern niedergelegt werde, wo derselbe bis auf den heutigen Tag noch fehlt, weil eben der Haupt- mann gerade da fehlte, wo seine Batterie im Feuer stand. Es sind noch 8 Ange­hörige der 6. schweren Batterie am Leben:

Schiossenneister Löffel, Oberamtsdiener Klein, Rechnungsral Waibel, Prof. Dr. Bretschneider, diese aus Stuttgart; Werk­meister Hämmerle-Cannstatt, Metzger Hekeler-Endersbach, Bauer Leukhardt- Remstal und Bahnhofverwalter Rothen- burger-Weinsberg.

Anläßlich einer Anfrage der Volks­par ei in der Kammer der Abgeordneten gab Minister Frecher v. Soden interessante Aufschlüsse über die Bestrebungen nach einer besseren Gestaltung unserer Eiseu- bahntarife. Zunächst steht in ziemlich sicherer Aussicht eine Betriebsmittelge- meinschast der deutschen Bahnen. Auch ist die Hoffnung nicht ausgeschlossen, daß eine Einigung aller Bahnen bezüglich der Personentarife zustande kommt, und namentlich auch bezüglich der Beseitigung der sogen. Umleitungen. Letztere sind ein so schreiendes Unrecht, daß sie sich über­haupt auf die Dauer doch nicht behaupten können. Freilich wird es noch einige Zeit währen, bis eine Einigung darüber zu­stande kommt. Aber im Interesse der Zusammengehörigkeit des Reiches liegt es doch, daß die fortgesetzten gegenseitigen Schädigungen im Eisenbahnwesen endlich einmal aufhören.

Stuttgart, 1. Dez. In diesem Jahr wurden im Ganzen auf dem Nordbahn­hof 3045 Wagenladungen Mostobst zuge­führt (gegenüber 2559 Wagen im Jahr 1903) Die Zufuhrrn verteilen sich in diesem Jahr auf folgende Länder: 1038 Wagen Mostäpfel aus Frankreich, 5 Wa- gen Mostbirnen aus Frankreich, 239 Wagen Mostäpsel aus Italien, 64 aus Oestreich, 17 aus Belgien-Holland, 686 aus der Schweiz, 438 aus Hessen, 15 aus Elsaß-Lothringen, 46 aus Bayern, 19 aus Baden, 219 aus Württemberg, 259 aus Preußen. Der höchst» Wagcnpreis war 920 Mk., d»r niederste 300 Mk. per 10000 Kilo. Der höchste Detailpreis war 4.90 Mk-, der niederste 2.10 Mk. per 50 Kilo.

Stuttgart. Zu dem Berichte über einen Weiahandelprozeß schreibt der als Zeuge vernommene Herr Emil Weil in Straßburg demSchw. Merk.":Es ist nicht wahr, daß ich als Zeuge in der kürzlich stattgehabten Verhandlung vor der Strafkammer in Stuttgart b»kundete, daß ich jährlich den Verkauf von 2 bis 3000 Waggons Pfälzer Wein vermittle, unter welchen noch nie ein Tropfen Na­turwein gewesen sei, sondern, nämlich Naturwein, werde im Pfälzer Handel gar nicht verlangt. Eine derartige Aus- sage wäre sinnwidrig und kann in dieser Form überhaupt nicht gemacht werden. Meine Angaben gingen vielmehr dahin, daß die Pfälzer Weine aus weniger