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Straßen Spalier, als die Leiche des Präsidenten Krüger eintraf. Die verschiedenen Konsulate, die Schiffe im Hafen und die meisten Häuser waren Halbmast geflaggt. Vor der Landung fand an Bord ein kurzer Gottesdienst statt. Der Sarg wurde von Seeleuten an Bord getragen und auf den Leichenwagen gesetzt. Er trug einen Kranz der Königin von Holland. Gegen 100 Wagen folgten dem Trauerzug zur Gedächtnishalle der Hugenotten. Zahlreiche Holländer aus allen Distrikten deS Landes sind in der Stadt angekommen.
Tschifu, 2. Dez. General Kuro« patkin hat 20 Automobile in Gebrauch genommen, welche ihm gestatten, die Front von 25 Meilen in kurzer Zeit zu mustern. Weiter wird milgeteilt, die beiden Armeen stünden sich in dreifach verschanzten Linien gegenüber. Aus beiden Seiten verbringen die Soldaten den größten Teil der Zeit, Tag und Nacht in den unterirdischen Schutzhöhlen. Di» Russen verfügen augenblicklich in der Mandschurei über 300000 Mann. In Mukden liegen nur wenige Verwundete, in Charbin dagegen 30000. Man ist der Ansicht, daß Kuropatkin Mukden nur dann räumen würde, wenn er durch eine verlorene Entscheidungsschlacht dazu gezwungen würde; man glaubt aber, daß die Russen in der nächsten Schlacht siegreich sein werden.
— Nach langem, hartnäckigem, äußerst verlustreichem Kampfe ist es den Japanern gelungen, den 203-Meler-Hügel vor Port Arthur zu besetzen. Dieser Hügel ist einer der wichtigsten Punkte der Festung, da man von dem Fort desselben imstande ist, den Jnnenraum der Festung sowie den Hafen direkt zu beschießen. Die Erstürmung dieses Hügels ist demnach ein bedeutender Erfolg der Japaner.
London, 5. Dez. „Daily Telegraph" meldet ans Tschifu vom 3. d. M.: Den Japanern ist es gelungen, schwere Ge- schütze auf den „203 Meter-Hügel" oder auf eine Anhöhe westlich von Jtsuschan in Stellung zu bringen. Die Russen halten den „203 Meter-Hügel" noch ununterbrochen unter Feuer.
Unterhaltendes.
Der Diamantsteiil.
Erzählung von O. Elster.
22) (Nachdruck verboten.)
Nach zwei Tagen erhielt Liselotte einen Brief ihrer Mutter, überfließend von Glück und frohen Hoffnungen.
„Ich bin stolz auf Dich, mein liebes, gutes, kluges Kind," so schrieb Frau von Jmhoff, „und ich weiß wirklich nicht, wie ich Dir danken soll. Hätte das Euer Vater noch erlebt! Du die Braut des Grafen Jürgen von Dinkelsdühl und dereinst Herrin von Dinkelsbühl und Diamantstein! Ich weiß nicht, wo und wie ich beginnen soll — wie ich Dir un- sere freudige Ueberraschung schildern soll! Und Du böses Kind hast mir von all dem nicht ein Sterbenswörtchen geschrieben? Und auch jetzt erhalte ich keine Nachricht von Dir, und Du zweifelst, wie mir Gras Jürgen schreibt, an meiner Einwilligung? Wie kannst Du nur denken, daß ich auch nur einen Moment geschwankt habe?! Mit diesem Brief an Dich geht zugleich ein Brief an Graf Jürgen ab, in dem ich ihm und Dir meinen mütterlichen Segen aus tiefbe
wegtem Herzen erteile. Run hat alle Not ein Ende! Gott hat mein heißes Gebet erhört, und hoffnungsvoll dürfen wir alle in die Zukunft sehen.
Zugleich mit der Einladung Eleonore Polyxenas für Käthe und mich traf der Brief des Grafen Jürgen ein, in dem er mich um Deine Hand bittet und mir alle Verhältnisse auseinandersetzt. Er wäre selbst zu mir geeilt, schreibt er, wenn er nicht hoffte, mich in den nächsten Tagen auf Schloß Diamantstein begrüßen zu dürfen — und in der Tat, ich komme noch in dieser Woche — er hofft auf meine Einwilligung und verspricht, Dich auf den Händen zu tragen. O, Du Glückliche! — Dem Baron Thiemo aber können wir nicht dankbar genug sein, daß er in seinem Edelmut Euch die Wege zum Glück geebnet hat. Mündlich werde ich ihm noch meinen tiefgefühltesten Dank aussprechen; willst Du ihm nur vorläufig in meinem, in unser Aller Namen herzlich danken."
In diesem Tone ging es weiter. Die gute Frau von Jmhoff war außer sich vor Freude und Glück, und wie sie früher alle Verhältnisse allzu schwarz gesehen, so erschienen sie ihr jetzt mit einem Male in dem rosigsten Lichte. Eine Frage nach dem Seelenzustande ihrer Tochter, eine Frage, »b Liselotte sich auch wirklich glücklich fühlte, ob sie den Grafen Jürgen auch wirklich liebte — eine solche Frage kam ihr gar nicht in den Sinn. Das verstand sich alles von selbst; wo die äußeren Verhältnisse so glänzend, da Hane das Herz sich dem Verstände unterzuordnen.
Liselotte weinte heiße Tränen über diesen Brief. Aber sie gab den Widerstand auf; sie fühlte sich nicht stark genug, das Glück und die frohe Hoffnung ihrer Mutter, die so schwere Jahre hinter sich hatte, zu zerstören. Der Gedanke schien ihr grausam und undankbar — lieber ihr eigenes Glück zum Opfer bringen, als das Glück ihrer Lieben zu vernichten. Sie war müde und matt zum Sterben; sic fügte sich in Alles, mochten jetzt die Anderen für sie denken und handeln, sie war nicht mehr dazu im stände.
Nur vor dem Augenblick des ersten Wiedersehens mit Jürgen bebte sie zurück. Seit der Stunde, in der er ihr seine Liebe erklärt, hatte er in zarter Rücksichtnahme, die ihr wohl tat. sich nicht wieder blicken lassen. Er schützte eine Jagdpartie vor, die er mit dem Oberförster verabredet habe, und war noch an demselben Tage nach der Oberförsterei gegangen, wo er auch deS Nachts über blieb.
Aber jetzt war die entscheidende Stunde gekommen — jetzt mußten sie sich Wiedersehen; jetzt konnte sie ihn nicht mehr zurückweijen.
Ein leises Klopfen an der Tür schreckte Liselotte aus ihrem schmerzlichen Sinnen empor. Die Zofe trat ein.
„Frau Gräfin lassen gnädiges Fräu- lein bitten, doch in den Salon zu kom- men," meldete das Mädchen mit verschmitztem Lächeln.
Liselotte fuhr empor. Der furchtbare Augenblick war gekommen. Fassungslos starrte sie das Mädchen an.
„Gnädiges Fräulein haben geweint," fuhr dieses fort, „und sehen recht blaß aus. Wollen gnädiges Fräulein nicht etwas Puder nehmen? — Gestatten gnä- diges Fräulein, daß ich das Haar etwas ordne?"
Liselotte ließ Alles willenlos mit sich geschehen. Die Zofe frisirte sie mit ra- scher, geschickter Hand, puderte sie leicht, so daß die Spuren der Tränen fast ganz verwischt waren, ordnete die Falten der Kleider, zupfte hier und da ein wenig, dann machte sie einen leichten Knix und meinte lächelnd: „So wird es gehen, gnädiges Fräulein — und gestatten mir gnädiges Fräulein, meine herzlichste Gra- tulation zur Verlobung darzubringen."
Liselotte hörte die Worte kaum; es war ihr, als gälten sie einer fremden Person. Sie neigte leicht den Kopf und schritt mechanisch den lange» Korridor hinunter, hinter der Zofe her, die eilig vorauslief und die Tür zum Salon öffnete.
Liselotte stand in dem großen, elegan- ten, von einem leichten Blumenduft durchhauchten Raum, kaum wissend, wie sie dorthin gekommen. Sie unterschied die einzelnen Personen nicht — wie ein Nebelschleier wallte und wogte eS vor ihren Augen. Sie sah die elegante Gestalt der Gräfin auf sich zuschreiten, fühlte ihre Hände ergriffen und sich dann von den Armen der Gräfin umfangen, hörte freundliche, liebenswürdige Worte von Glück, Ueberraschung und Liebe — fühlte den Kuß auf ihrer Stirn wie ein Feuermal brennen, und plötzlich erwachte sie aus dem letargischen Zustand, als Jürgen vor ihr stand, ihre Hände ergreifend und leidenschaftlich küssend.
„Jetzt bist Du meine liebe, süße Braut, Liselotte," jubelte er auf, und ein volles ehrliches Glück leuchtete ihm aus den Augen. „Habe Geduld mit mir, Liselotte," fuhr er fort, „ich war ein wilder Bursche — aber die Liebe zu Dir hat aus mir einen anderen Menschen gemacht — Du sollst meine Herrin sein für« ganze Leben und ewig will ich es Dir danken, daß Du mich nicht verworfen hast."
Seine Worte taten ihrem Herzen wohl. Treue und wahre Liebe sprachen aus ihnen und fanden Widerhall in ihrer Seele. Er meinte »S gut und ehrlich mit ihr — wenn sie nun einmal einen Gatten wählen sollte, wo ihr Herz nicht sprach, weshalb da nicht Jürgen, mit dem sie alle Wochen hindurch so gute Freundschaft gehalten? Er war ihr kein Fremder, mehr, sie kannte seine guten und schlechten Eigenschaften und hatte doch stet» eine gewisse freundliche Sympatie für den allzeit fröhlichen Gesellschafter gefühlt.
(Fortsetzung folgt.)
Gemeinnützige».
(Glanzstellen auf schwarzen Kleiderstoffen zu entfernen.) Die durch längeres Tragen entstandenen Glanz- stellen auf schwarzen Kleiderstoffen ent- fernt man, indem man ein nasses Tuch auf dieselben legt und mit dem heißen Plätteisen darüberfährt.
— Pelzwerk, welches durch langes Tragen filzig oder fettig geworden ist, läßt sich auf folgende Weise hübsch auf- frischen: Man erhitzt Weizen- oder Rog- ge.ikleie in einem Gesäß, bringt diese er- hitzte Kleie so heiß als möglich auf das Pelzwerk, reibt, knetet und schüttelt dieselbe darauf durch, damit die Kleie allen Schmutz und alle Fettigkeit an sich ziehen kann. Man kann sich zum Durcharbeiten der heißen Kleie auch einer Bürste bedienen. Wenn nötig, wiederhole man das Verfahren. _