Amtsblatt
füv öie Stadt Witöbcrö.
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Anzeiger
fürt Witöbaö und Umgebung.
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Nrs. 14-3.
Montag, den 5. Aezernber 1904.
40. Jahrgang
Rundschau.
Stuttgart, 4. Dezbr. In der gestrigen Sitzung der Abgeordnetenkammer wurde der Gesetzentwurf betr. Gewährung von Darlehen an die Gemeinde Jls- seld angenommen. Der Entwurf bestimmt in seinem einzigen Artikel: „Das Finanzministerium wird ermächtigt, der Gemeinde Jlsseld Darlehen aus dem Betriebs- und Vorratskapital der Staatshauptkasse bis zu dem Gesamtbetrag von 500000 Mk. zu geben. Die Darlehen sind für drei. Jahre, vom Tag der Entnahme an ge-s rechnet, unverzinslich zu gewähren, sur die Folgezeit aber mit 2 vom Hundert dem Jahr nach zu verzinsen. Für die Rückzahlung kann erforderlichenfalls Frist bis zum 1. Okt 1912 bewilligt werden." — Bis jetzt sind in Jlsfeld bereits 60 Häuser unter Dach, weitere 40 kommen noch vor Weihnachten unter Dach. Es sind daselbst 4 Regierungsbauführer, 5j Geometer, 6 Architekten mit 30 Gehilfen,, 20 Bauführer, 200 Unternehmer aus allen Gegenden des Landes und 1200 Arbeiter tätig.
— In Nr. 278 des „Staatsanzeigers" wird über folgende sehr interessante Gerichtsverhandlung berichtet: Stuttgart, 26. Novbr. Die Einziehung von 17 000 Liter Wein beschäftigte heute die Strafkammer des hiesigen Landgerichts. Der Weinhändler Robert Schüßlec in Karlsruhe hatte im Dezember 1903 12 000 Liter Pfälzer Wein an einen Küfer in Eßlingen zur Versteigerung gesandt, 5000 Liter im April 1904 an einen Weinhändler in Leonberg, und dabei die Bezeichnung „badischer Oberländer" gewählt. Die Weine stammten tatsächlich von den Weinhändlern N. Eisenhardt in Landau und I. Jung in Edenkoben, welche beide inzwischen vom Landgericht Landau wegen Herstellung großer Mengen überwässerten, aber durch Extraktstoffe „analysenfest" gemachten Weins zu hohen Strafen verurteilt worden sind. Die Weinkontrolleure Schäfer hier und Warth in Untertürkheim, ferner Regicrungsrat Dr. Spindler beim K. Medicinalkollegium hier und Hotelier Marquardt erklärten auf Grund der Kostprobe da» Getränk, das fast gar keinen Weingeschmack, dagegen starke Trübung und bläuliche Färbung besaß, mit Bestimmtheit als durch Zuckerwasser übermäßig gestreckt. Diesem Gutachten schloß sich auch der Pfälzer Weinkontrolleur Weißer an, der als Kenner der Pfälzer Weine von dem Interessenten Jung benannt worden war. Dagegen waren zwei Pfälzer Weinchemiker und Professor Meißner an der Weinbauschule Weins- berg der Ansicht, daß der beanstandete
Wein nur die in der Pfalz übliche Behandlung erfahren habe und daß der Chemiker an dem Wein nichts aussetzen > könne, weil er die Analyse bestehe.! Der Staatsanwalt hob hervor, daß der^ Standpunkt der ausschließlich chemischen' ! Sachverständigen vom neuen Weingesetz, von den Ausführungsbestimmungen des! Bnndesrats, vom Reichsgesuudheitsami' und vom Reichsgericht allgemein verwor-' fen werde, und daß gerade bei falschen j Weinen, deren Fehler dem Chemiker gegenüber durch fremde Zusätze geschickt verdeckt worden sind, die Mundprobe entscheiden müsse. Tie Strafkammer stellte sich jedoch auf den Standpunkt der Pfälzer Chemiker und gab sämtlichen Wein frei. — Interessant war die Aussage des Weinkommissionärs Weil aus Landau, der als Zeuge bekundete, daß «r jährlich den > Verkauf von 200 bis 300 Waggons (— 2 — 30000 Liter) Pfälzer Weins vermittle, daß jedoch noch nie ein Tropfen Naturwein darunter gewesen sei; solcher werde im Pfälzer Handel gar nicht verlangt.
Tübingen, 30. Nov. (Strafkammer). Zwei Baumfrevler, der Gerberssohn August Grauer von Nürtingen und der Gerbergeselle Friedrich Holzwarth von Backnang, wurden heute wegen erschwerter Sachbeschädigung zu der Gefängnisstrafe von je 3 Monaten verurteilt. Im Mutwillen hatten sie in der Nacht vom 5./6. Mai ds. Js. an 6 Birnbämchen, welche die Stadtgemeinde Nürtingen an der Straße nach Oberboihingen angepflanzt hatte, die Kronen abgerissen.
— Im Oberamt Mergentheim hat am Freitag die Stichwahl stattgefunden. Sie hat mit einem Sieg des Bauernbundskandidaten, Weinhändler Mittnacht, geendigt. Beim ersten Wahlgang am 18. Nov. hatte Oberforstrat Keller 2322, Mittnacht 1542 und der Zentrumskan- didat Pseufer 1063 Stimmen erhalten; insgesamt waren es damals 4927 Stimmen. Bei der gestrigen Wahl haben nun von den 6209 Wahlberechtigten nicht weniger als 5656 abgestimmt, also 729 mehr als bei der ersten Wahl. Das gibt eine Wahlbeteiligung von stark 91 Prozent. Davon haben 2810 für Keller und 2846 für Mittnacht gestimmt, so daß also der letztere nur mit 36 Stimmen Mehrheit m den Halbmondsaal einzieht.
Mannheim, 25. Nov. In dem nahen Städtchen Weuiheim hat der dort seit 8 Jahren ansässige Generalkonsul Bissinger der Stadt 100000 Mk. vermacht mit der Bestimmung, daß 10000 Mk. dem ge- meinnützigen Verein zur Errichtung eines Musikpavillons im Sladtgartcn überwiesen und die übrigen 90000 Mk. zur Errichtung eines Schwimmbads verwendet
werden. Die Stadl will Herrn Bissinger zum Ehrenbürger ernennen.
München, 2. Dez. Prinz Friedrich von Hohenzollcrn ist hier heule nachmittag 2 Uhr gestorben. Der Prinz ist der jüngere Bruder des Fürsten von Hohen- zollern und des Königs von Rumänien. Er stand im 62. Lebensjahr. Seit 1879 war er mit Prinzessin Luise von Turn und Taxis vermählt. Der Verstorbene, der in München seinen Wohnsitz hatte, war preuß. General der Kavallerie.
Berlin, 30. Nov. Wegen einer in der Schlacht bei Gravelotte erhaltenen schweren Berwnndung mußte der frühere Kaufmarn, jetzige Pensionär Karl Lefävre in das Garnisonlazarett zu Tempelhos gebracht werden und sich dort einer Operation unterziehen. Leftzore hatte in der Schlacht einen Schuß durch beide Backen erhalten, der den Gaumen zerschmetterte. Die Wunde jheilte damals überraschend schnell. Unlängst aber, nach 34 Jahren, bildete sich im Munde eine Entzündung, die dem Lefövre große Schmerzen bereitete. Er bat um Aufnahme in das Garnison-Lazarett. Der Arzt entfernte ihm dann aus dem Gaumen mehrere Knochensplitter und einen Geschoßreil. Jetzt befindet sich Lefövre auf dem Wege der Besserung.
— Ein Gesetzentwurf, betreffend die Friedensstärke des stehenden Heeres, welcher in der „Nordd. Allg. Ztg." veröffentlicht wird, verlangt eine am 1. April 1905 beginnende, bis 1909 durch, zuführende und bis 31. März 1910 geltende Steigerung der Heereskraft auf 505839 (seit 1899 waren es 495 500) Gemeine und Gefreite. Davon soll Preuße« 392 979 (seither 384099), Bayern 55 424 (fetter 55146), Sachsen 37 711 (seither 86 030) und Württemberg 19 725 (feiler ebtnfalls 19 725) Mann stellen. Soweit Württemberg diese Zahl nicht aufbringt, erfolgt die Ergänzung aus preußischen Bezirken. Einjährigfreiwillige ! kommen bei obigen Zahlen nicht in An- Irechnung. Die Gliederung dieser Trup« ipen soll derart erfolgen, daß bis 1909 'vorhanden sind bei der Infanterie 633 Bataillone (seither 625), Kavallerie 510 Eskadronen (seither 482), Feldartillerie 574 Batterien (seither 583), Fußartillerie 40 Bataillone (seither 36), Pioniere 29 Bataillone (seither 26), Verkehrstruppen 12 Bataillone (seither 11), Train 23 Bataillone (seither 23). Die Erhöhung gegen seither beträgt 16 339 Mann, in 8 Jnsanteriebataillonen, 9 Kavallerie-Regimentern. 2 preußischen Feldartilleriebataillonen und 1 preuß. Telegraphsnbatail- lon gegliedert. In Württemberg tritt keine Aenderung ein. Die Mehrforder-