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Uro. 12-L

Ilreitag, den 21. Aktober

1904

40. Jahrgang

R nu d ich au.

Stuttgart, 20. Okt. Der Gemein­derat beschloß in seiner heutigen öffentl. Sitzung zur Deckung verschiedener städti­scher Aufgaben ein weiteres städtisches Anlehen in der Höhe von 8 500000 Mk., tilgbar bis zum Jahr 1955, aufzunchmen, das zu verzinst werden soll.

Stuttgart, 16. Okt. Der württem- bergische Gauverband des Alldeutschen Verbandes hielt am heutigen Tage in hiesiger Stadt seinen 3. Gautag ab. Zu den Verhandlungen, die im Stadtgarten stattfandeu, hatten sich aus allen Teilen des Landes zahlr-iche Vertreter der ein­zelnen Ortsgruppen eingesunden. Nach Erledigung der ziemlich umfangreichen Tagesordnung, die zum großen Teile Gauangelegenheiten betraf, hielt Hr. Pro­fessor Or. Meltzer-Cannstatt einen Vor­trag überDer Alldeutsche Gedanke und die Schule", in dem wichtige Erziehungs- Probleme erörtert und vertreten wurden. Später sprach Generalleutnant z. D. v. L ebcrt in öffentlicher Sitzung überDie deutschen Kolonien im Jahre 1904." Hatte der Redner in seinem gestrigen Vorträge imKriegermuseum" speziell Deutsch-Ostasrika behandelt, so verbreitete er sich heute über den Stand unserer gesamte» Kolonien. Wiederum erwies er sich als interessanter Redner und ausge­zeichneter Kolonialkenner. Südwestafrcka mache aus den Besucher des Landes zu­nächst keinen günstigen Eindruck. Die Landung mache infolge der starken Brand­ung große Schwierigkeiten und habe man diese glücklich Überstunden, dann müsse man einen ca. 150 km breiten Sandgür- tel durchqueren, ehe man in die Gras­steppe komme, die den weitaus größten Teil des Landes bilde. Loch auch die Steppe berge zahlreiche Fährnisse, deren unangenehmste der groß» Wassermangel sei. Es frage sich nun, ob unter diesen Umständen es sich lohne, die Kolonie dauernd zu behaupten und wegen ihr Kriege wie den gegenwärtigen zu führen. Er könne diese Frage mit gutem Gewissen bejahen, denn Deutsch-Südwestafrika sei für uns von besonderem Werte, einmal ob seines Mineralienreichtums, namentlich an Kupfer und des weiteren, weil es wegen seiner auch für Europäer ertrag- liehen Klimas unsere einzige Kolonie sei, die sich für die Ansiedlung deutscher Auswanderer in größerem Maßstabe eigne. Der Ackerbau zwar werde das Land nicht reich machen, hauptsächlich wegen der Konkurrenz des argentinischen Getreides, dagegen habe man mit der Viehzucht und besonders mit der Schaf­zucht bereits sehr gute Erfolge erzielt. Die Tatsache, daß der Aufstand der

Herero den leitenden Männern völlig überraschend gekommen sei, könne er sich! nur durch den losen Zusammenhang er I klären, der zwischen den Offizieren und! Beamten und den Eingeborenen bestand. Der Krieg sei uns aufgedrungen worden und müsse nun energisch durchgeführt werden. Die Niederwerfung des Hend­rik Witboi und seiner Anhänger werden > weniger Schwierigkeiten bereiten, da die­ser Feind lange nicht so zahlreich sei wie die Hereros. Dieser Aufstand habe in­sofern sein gutes gewirkt als man jetzt auf einmal in der ganzen Kolonie rei­nen Tisch machen könne. Deutschland sei nun gezwungen weitere Opfer zu bringen und einige tausend Mann mehr nach Südafrika zu senden, aber man brauche deswegen in der Heimat nicht gleichZeter und Mordio" zu schreien. Es sei endlich an der Zeit, sich die Bertha- Suttner-Stimmung abzugewöh- neu. Togo und Kamerun hätten uns Freude gemacht, speziell Togo, das das Reich so gut wie nichts koste und die einzige Kolonie sei, die keine Schutztruppe brauche. Neben sonstigen tropischen Pro­dukten floriere in Togo besonders die Baumwollkultur. In Kamerun lohne sich in erster Linie der Kakaoanbau. Der Kakao aus Kamerun habe sich breits den Weltmarkt erobert und stehe ob seiner Bortrefflichkeit auch außerordentlich hoch im Preise. Heute beziffert sich rer Han­del Togos bereits aus 9 Millionen und der Kameruns auf 19 Millionen. Der Redner sprach dann über Ostafrika. Schließlich führten uns die Schilderungen nach Kiautschou, Deutschlands jüngster Kolonie. Der Redner war des Lobes voll über Kiautschou, dessen ungeahnte Entwicklung den stillen Neid der Eng- länder und Franzosen hervorgerufen habe. 'Es sei nicht nur ein ausgezeichneter Stützpunkt für unsere Flotte, sondern es werde auch immer mehr der Kaushan- delspunkt der volksreichen Provinz Schan- tung. Die erfreuliche Entwicklung Kiau- tschous sei auch dem Umstande zuzuschrei­ben, daß es nicht unter dem Kolonialamte, sondern unter dem Reichsmarineamt re- sorticre. So lasse sich jetzt im großen und ganzen doch recht erfreuliches aus unseren Kolonien berichten; es sei keine Veranlassung vorhanden, pessimistisch iu die Zukunft zu blicken. Nachdem Exz. Liebert seinen Vortrag beendet hatte, vereinigte ein gemeinsames Mittagsmahl die Festteilnehmer.

Am 17. Okt. verschied in Stutt­gart Kommerzienrat Ed. Föhr, kgl. württ. und kgl. preuß. Hofjuwelier, Se­niorchef der Firma Eduard Föhr, Juwelen-, Gold- und Silberwarengeschäft, seit 1862

Schützenmeister der Stuttgarter Schützen­gilde, seit 1877 Schützenmeister des württ. Landesschützenvereins, Mitglied des Aus­schusses des württ. Kunstgewerbevereins, Rüter l. Klaffe des Friedrichsordens, 69 Jahre alt. Der Verstorbene wir lange Jahre Chef der weltbekannten gleichna­migen Juwelimfirma in Stuttgart. Unter ihm wuchs das Geschäft zu seiner heutigen Bedeutung empor. Im Februar 190 l konnte das Geschäft sein lOOjähriges Jubiläum feiern, bei welchem Anlaß der Gestorbene zum Kommerzienrat ernannt wurde. Er war ein tüchtiger Goldschmied und energischer Geschäftsmann, aus dessen Werkstätte jahrelang für alle möglichen Veranstaltungen, besonders auch für die Badener Rennen, die Ehrenpreise hervor­gingen. Neben seiner Berufstätigkeit fand er noch Zeit, sich dem Schützenwesen mit solcher Tatkraft zu widmen, daß ihn die Stuttgarter Schützengilde 42 Jahre hin­durch zu ihrem Schützenmeister erwählte und er seit langen Jahren auch zum Landesschützemneister des Württ. Landes- schützenvereins erkoren wurde. Die Er­innerung an ihn wird in den Kreisen der Goldschmiede, wie der Schützen Würt­tembergs noch lauge sortleben. In dem Föhrschen Goldschmiedegeschäft sind schon seit Jahren mehrere Söhne tätig, die es in dem Geiste des verstorbenen Vaters weiterführen.

In empfindlicher Weise ahndete mit Recht das Schöffengericht Müllheim eine leider sehr viel verbreitete Unsitte. Im Laufe des Monats Mai und Juni hatten Personen aus besseren Gesellschafts, kreisen, die den Blauen besucht hatten, ihr Dortsein auf der vom Schwarzwaldverein auf dem Turm aufgestellten Orientier- ungstasel verewigt. Fünf Beteiligte wurden mit Strafen von 35, 30 und 20 Mk. belegt.

Straßburg i. Elsaß, 19. Okr. Die hiesigen Blätter melden: Die Vereins- bank, die sich seil längerer Zeit in Zah. lungsschwierigkeiten befand, wurde gestern geschlossen. Die Bücher wurden beschlag­nahmt; Direktor Stempel, sowie das Vorstandsmitglied Alfred Meyer wurden verhaftet.

- Einen Fund aus der Franzosen, zeit machte ein Bauer auf dem Gelände des schlesischen Dorfes Braunau, indem er beim Pflügen eine sieben Kilo schwere Bombe an das Tageslicht förderte. Sie stammt jedenfalls vom Gefecht am 29. August 1813, wo von Preußen und Russen unter Blücher die ganze französische Di- Vision Puthaud, die sich aus der Schlacht an der Katzbach noch gerettet hatte, in den hochangeschwollenen Bober gejagt wurde und zum größten Teile ertrank.