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daß Elisabeth Charlotte mit Allem, was eine junge Dame und Verwandte unserer Familie nötig hat, versehen wird — füge ich einen Check über fünfhundert Mark auf das Bankhaus Benneckendorff und Com?, bei, von dem Sie event. Gebrauch machen wollen, wenn Sie mir Ihre Tochter schicken.
Und nun will ich schließen. Ueberle- gen Sie, verehrte Cousine, mit Ihrer Tochter, ob Sie meinen Vorschlag anneh. men können, geben Sie mir kurz Nachricht und zeigen Sie mir an, wann Eli» siibeth Charlotte bei uns eiutreffen kann.
Mit freundlichem Gruß
Ihre sehr ergebene Eleonore Polyxena, Freifräulein von Diamantstcin.
lieber das blasse, verhärmte Gesicht der Frau von Jmhoff glitt beim Lesen dieses Briefes ein freudiger Schimmer.
„Da Liselotte," sagte sie lächelnd, indem sie den Brief der Tochter reichte, „da, lies — unsere Wünsche werden über unsere Hoffnungen hinaus erfüllt. Es war ein guter Gedanke mich a» meine Cousine zu wenden. Ich wünschte nur, ich hätie es schon früher getan."
Liselotte sah von ihrer Beschäftigung, dem Coloriren von Photographien, auf und durchflog den Brief. Ihr feines, edles, etwas blasses Antlitz rötete sich leicht. In ihren dunklen Augen leuchtete es feucht auf und ein leichter Seufzer entrang sich ihrer Brust.
„Du meinst, Mama," fragte sie mit leicht bebender Stimme, „daß wir aus den Vorschlag des Fräuleins von Diamantstein eingehen sollen?"
„Du fragst noch?" rief Frau von Jmhoff lebhaft, „Gleich heute werde ich antworten, daß Du n> acht Tagen bereit bist. Einige Vorbereitungen sind ja nötig; Du mußt noch etwas Wäsche und ein neues Kleid haben ..."
„Ich glaube kaum, daß diese Anschaffungen nötig sind, Mama . . ."
„Aber Du hast ja selbst gcles.n, daß Fräulein von Diamantstcin wünscht, daß Du standesgemäß auitrittst — auch in Deiner äußeren Erscheinung . . . Meine Cousine hat ja deshalb die Anweisung beigefügt."
„Ich möchte von dieser lieber keinen Gebrauch machen, Mama. Ick besitze noch einige Ersparnisse, auch schuldet mir der Kunsthändler noch eine kleine Summe..."
„Da sieht man wieder das Erbteil Deines Vaters!" rief Frau von Jmhoff leicht ärgerlich. „Er war auch zu stolz, sich an unsere reichen Verwandten zu wenden, und das Ende vom Liede war . . . Doch ich will die schmerzlichen Er- innerungen nicht wieder wecken! In unserer Lage, mein Kind, hat man keine Berechtigung, stolz zu sein. Mein Stolz wenigstens ist vollständig gebrochen."
„Mama ..."
„Nun ja — werde Du erst einmal unter Muhen und Sorgen so alt wie ich, dann wollen wir weiter darüber sprechen. Vorläufig gilt es, aus der Misere dieses Lebens herauszukommen. Ich erkenne es ja daukbar an, daß Du mich tapfer un- terstützt hast — Du hast von Morgen bis Abend gearbeitet — aber dieses Ueber- malen von Photographien, dieses Küchen- malen, Vignettenzeichnen nsw. — das ist doch schließlich keine Arbeit für Dich. Du verkommst dabei."
(Forts, folgt.)
Vermischtes.
(Reiche Kartoffelernten.) Auf^ die kürzlich erschienene Mitteilung, daß in der Rastatter Stadtgärtnerei die eigen- artige Entdeckung gemacht wurde, aus Stecklingen Kartoffeln zu ziehen, bringt Pfarrer W. Mader in Eschelbach, im „Landw. Wochenblatt" folgende beachtenswerte Ausführung: „Das merk- würdigste an der Sache ist, daß diese Stecklinge einen reicheren Ertrag liefern als die gesteckten Kartoffeln. Bei einem Versuch mit sogen. „Sechswochen-Kar- toffeln" lieferte eine gesteckte Kirtoffel etwas über ein Kilogramm Kartoffeln, während ein Steckling, von der gleichen Kartoffel stammend, einen Ertrag von nahezu anderthalb Kilogramm ergab. Diese Entdeckung wird nahezu in den ländlichen Kreisen Aufsehen erregen; denn es ist dem Landwirt dadurch die Mög lichkeit gegeben, jährlich einen großen Posten Kartoffeln zu ersparen und zudem einen größeren Ertrag zu erzielen. Es wird also in Zukunft genügen, in ein kleines Stück Feld Kartoffeln zu stecken und dann deren Schößlinge abzuschneiden und damit das übrige Feld zu bepflanzen." Ich bemerke hiezu, daß ein vorsichtiges Ausbrechen der Schößlinge aus der wieder ausgegrabcnen Kartoffel der reicheren Bewurzelnng halber praktischer sein dürfte als ein „Abschneiden". Was aber das merkwürdigste an dieser nagelneuen Entdeckung ist, ist der Umstand, daß sie nicht weniger als neu ist: der berühmte Pädagoge Salzmann (1744—1811) erwähnt sie nämlich schon in seiner vortrefflichen Erzählung „Heinrich Glaskopf." Da das Verfahren nach mehr als hundert Jahren nun neu entdeckt worden ist und wesentliche Vorteile aufweist, dürfte es ange- bracht sein, zu weiterer Anregung des Interesses dafür die betreffende Stelle hier wörtlich wiederzugeben. Wir erwähnen, daß „Heinrich Glaskops" als eine der vorzüglichsten Jugendschriften von D. Gundert in Stuttgart im Jahre 1888 neu herausgegeben wurde. Der Passus lautet: „Der Feldprediger blieb nicht lange sitzen, sondern ging umher, um sich mit der Gegend bekannt zu machen. Da traf er einen Bauer, dcr auf eine ganz neue Art Kartoffeln pflanzte . . . „Guten Tag, lieber Freund!" sagte er, was macht er denn da?" Bauer? „Wie Sie sehen, so pflanze ich Kartoffeln." Feldprediger: „Ich habe schon viele Kartoffeln pflanzen sehen, aber noch nie auf die Art, wie es hier geschieht." Bauer: „Das glaube ich wohl. Das ist eine ganz nagelneue Er- findung. Sehen Sie, da lege ich ein paar Körbe voll Kartoffeln nicht weit von einander. Haben sie Sprossen getrieben, etwa eine Spanne hoch, so grabe ich die Kartoffeln wieder aus, reiße die Sprossen ab und verpflanze sie unweit von einander, als man Kartoffeln zu legen Pflegt, Diese Sprossen kommen vortrefflich fort, und da alle versetzten Pflanze« besser gedeihen als die, die aus dem Platze bleiben, wo sie ausgesät wurden, so tragen diese Sprößlinge weit reichlicher als die Knollen, die auf dem Boden liegen blei- den, wohin sie gelegt werden." Feldprediger: „Was wird denn nun aber aus den Kartoffeln, von denen die Sprößlinge abgerissen wurden?" Bauer: „Die gebe ich dem Vieh zu fressen." Fcldprediger: „Ei, das ist ja eine herrliche Erfindung!" Bauer: „Das wollte ich meinen. Seit der Zeit, daß sie bei uns eingeführt ist,
brauchen wir eigentlich gar keine Kartoffeln zur Aussaat. Denn die wir in die Erde legten, benützten wir ja für das Vieh, und gleichwohl erhalten wir weit reichlichere Kartoffelernten als sonst."— So weit Salzmann über diese praktische Neuerung. Da er selber in seiner berühmten Mustererziehungsanstalt Schnepfental Landwirtschaft betrieb und mit seinen Zöglingen ein jährliches Kartoffelfest feierte, so werden wir mit Sicherheit annehmeu dürfen, daß Salzmann selber diese Pflan- ungsmethode anwendete und sie bei seiner Gewissenhaftigkeit nicht eher in seinen Schriften empfahl, als bis er sich durch den Erfolg überzeugt hatte, daß sie empfehlenswert sei. Fragen wir, wie eine bewährte Neuerung so spurlos in Vergessenheit geraten konnte, statt weitere Verbreitung zu finden, so werden wir zunächst die napoleonischen Kriege dafür verantwortlich machen müssen, die den Niedergang der Anstalt Schnepfental veranlaßten und das Interesse an neuen Kartoffelpflanzungsmethoden nicht auf- kommen ließen. Salzmann starb 1811, also vor den Befreiungskriegen; seine Bücher werden zwar bis auf den heutigen Tag noch gelesen, aber eine nicht wegzuleugnende Indolenz mag es mit sich bringen, daß wohl auch mancher Kartoffelbauer diese interessante Stelle gelesen haben mag, ohne ihr Beachtung zu schenken oder sich dadurch zu einem Versuch veranlaßt zu fühlen. Da denkt man: „Wenn was dran wäre, so würdens auch ander» so machen" und bleibt beim Alten. Da nun aber die Vorteile der Kartoffelstecklingsanpflanzung neu entdeckt worden sind, würde es sich empfehlen, wenn von möglichst vielen intelligenten Landwirten Versuche damit gemacht würden; das kostet weder Zeit, noch Geld noch Mühe, sondern scheint in jeder Beziehung eine Ersparnis zu bedeuten.
— Um das Betreten von Weinkellern in denen neuer Wein seinen Gährungsprozeß durchmacht, zu ermöglichen, wurde in den letzten Jahren in Laubenheim (Hessen) und in der Um- gegend folgendes mit Erfolg angewandt: Man brachte gebrannten, ungelöschten und zerkleinerten Kalk in den Keller; stellte solchen in alt»n Gefäffen an verschieden Stellen auf und erneuerte ihn wieder, wenn er mit Kohlensäure durchsetzt war, das an dem Feuchtwerden und Zerfallen erkenntlich ist. Dadurch, daß der Kalk die Kohlensäure aufnimmt, bleibt in den Kellern immer noch genügend Sauerstoff vorhanden, wodurch die Erstickungsgefahr beseitigt ist.
Marktberichte.
Stuttgart, 17. Okt. (Mostobstmarkt auf dem Wilhelmkplatz.) Zufuhr 100 Ztr. Preis: 3.40—4.50 Mark für 1 Ztr.
Eßlingen, 18. Okt. An Mostobst stehen heute am Güterbahnhof nur noch 4 Wagen (1 bahr., 1 östreich. und 2 Hess.). Preis 3.80—4.20 Mk. per Ztr.
Marbach. Großbottwar, 17. Okt. Heute Käufe zu 110 bis 120 Mk. pro 3 Hl., Verkauf geht langsam, noch 500 Hl. Vorrat, Käufer eingeladen.
Weinsberg. Löwenstein mit Rei- sach, 17. Okt. Lese beendigt, Vorrat noch r. 200 Hl., Preise zu 95—100 Mk. pro 3 Hl., Verkauf lebhaft.