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Uro. 7S.

Montag, öerr 4. Zuti 1904.

^ 40. Iahvgaug

Rundschau.

Seine K. Hoheit der Großherzog von Bade» hat dem Stadtpfarrer Stöckle in Herrenalb das Ritterkreuz I. Klasse des Ordens v. Zähringer Löwen verliehen. Bekanntlich wurde im vorigen Jahr das Grabdenkmal des Markgrafen Bernhard von Baden, das sich in der Klosterkirche zu Herrenalb. befindet, in stilvoller Weise wieder hergestellt und bildet jetzt eine Zierde und hervorragende Sehenswür­digkeit der gleichfalls restaurierten Kirche.

Stuttgart, 25. Juni. Ein drasti­sches und wirksames Mittel, dessen Nach­ahmung empfehlenswert ist, hat die Ver­einigung der Sattler, Polsterer und De­korateure zu Siegen i. W. gefunden, um dem unlauteren Wettbewerb zu begegnen. Als zwei Fachgenossen Polstecmöbelin prima Anfertigung und Material" zu geradezu staunend billigen Preisen an- boten und man sich sagen mußte, daß eine reelle Anfertigung der Ware zn solchen Preisen ein Ding der Unmöglich­keit sei, kaufte man bei jedem der Inse­renten einen Divan, dessen Inneres man genau untersuchte. Hiebei fand man, daß die Polsterung aus Papier, Lumpen und Sägespänen bestand. Diese Möbel sind nun öffentlich ausgestellt worden.

Der Senior der Redaktion des Schw. Merkurs, Dr. Wilhelm Lang, ist nach 44jähriger Tätigkeit in den Ruhe­stand getreten. An seine Stelle tritt der frühere Redakteur der Württ. Bolksz. Dr. Hermann Schönleber.

Calw, 28. Juni. Gestern waren es 250 Jahre, daß einer der bedeutendsten Männer der Stadt Calw aus dem Le­ben geschieden ist. Johann Valentin Andrea, Dekan hier, starb nach rastlosem Wirken für sein Vaterland, dir Kirche unl das allgemeine Beste in Stuttgart! am 27. Juni 1654 und wurde daselbst, am 30. Juni auf dem längst eingegange- ^ nen Kirchhof der Hospitalkirche begraben. Das Leben dieses großen württembergi- schen Theologen fällt hinein in die Zeit des 30jährigen Krieges. Er war vom Jahr 16201639 hier Spezialsuperin­tendent und strebte im Gegensatz zu den unfruchtbaren dogmatischen Streitungen der damaligen Theologen eine politische, sittliche und religiöse Weltverbesserung an. In Calw wirkte er, unterstützt von seiner Mutterder Mutter der Stadt," sowie von einem großen Teil der Beam­ten.,und der Bürgerschaft, aber auch von dem leichtfertigen Teile der Bürgerschaft angefeindet, in großem Segen. Was man in unseren Tagen unter dem Namen der inneren Mission zusammenfaßt, das hat er hier in reichstem Maße ausge­übt. Er hat das Färberstift gegründet,

Tausende von Armen mittelst Gaben, die er von überall her sammelte, verpflegt! und gegen die unbeschreibliche sittliche Ver- l Milderung, die durch den 30jährigen Krieg im Lande eingerissen war, mit Anspann­ung aller Kräfte gewirkt. In seiner Selbstbiographie schilderte er in inte­ressanter Weise seine Aufenthaltszeit in Calw. Im Jahr 1639 wurde er von Herzog Eberhard III. als Hofprediger nach Stuttgart berufen. Später war' er Prälat in Bebenhausen und Adelberg, wo er Erholung von seiner angestrengten Tätigkeit suchte. Er war ein helden­mütiger Charakter voll bewundernswerter Tatkraft; er gehört unter die größten und besten Männer unserer Stadt und des ganzen Schwabenlandes.

! Freudenstadt, 30. Juni. Von Uutermusbach wird demGrenzer" ge­meldet, daß Fritz Stöhr von dort, der als Soldat an den Kämpfen gegen die Hereros in Südwestafrika teilnahm, den Heldentod fürs Vaterland erlitten hat. Ein Schuß in den Kopf wird in dem an dortige Verwandte gelangten Telegramm als Todesursache angegeben.

Reutlingen, 25. Juni. Die Zahl der zum VereiuSwettturnen beim Kreis­turnfest angemeldeten Vcreinsrirgen ist in den letzten Tagen aus 143 gestiegen, so daß an den allgemeinen Stabübnngen und den volkstümlichen Aufführungen im Fünf- und Sechskampf rund 2500 Tur­ner teilnehmen. Das wird ein turneri­sches Schauspiel von solcher Großartigkeit geben, wie es noch auf keinem Schwäb. Kreisturnfest geboten wurde. Mit der Erstellung der nötigen Baulichkeiten auf dem Festplatz wird in der nächsten Woche begonnen.

T ü b i n g e n, 2. Juli. Sicherem Ver- nehmen nach'darf die hiesige Schützengilde beim 19. württ. Landesschießen auf einen annehmbaren Ueberfchuß rechnen. Die Einnahmen solle» über 10000 Mk. be­tragen. Es ist dies ein für die Mitglie­der der hiesigen Gilde, die wochenlang angestrengt mit den Vorbereitungen zum Fest sich abzugeben hatten und für ihre Aufwendung von Mühe und Zeit keiner­lei Entschädigung beanspruchten, ein sehr erfreuliches Ergebnis.

Ulm, 1. Juli. Um sich über die Frage der Schaffung einer Süddeutschen Schuhmacherfachschule unter Beihilfe des Staats auszusprechen, kamen gestern die Vertreter der Schuhmacherinnungen und einzelne Schuhmachermeister des Hand­werkskammerbezirks Ulm hier zusammen. Schreinermeister Uebel von Biberach führte als Vorsitzender der Handwerkskammer ! den Vorsitz. Unter der Voraussetzung, baß die Schuhmacherinnung Ulm das

Risiko für die nach Ulm zu verlegende Fachschule übernimmt, wurde folgende Resolution einstimmig angenommen: Die Versammlung erachtet die Errichtung einer Schuhmacherfachschule als ein dringendes Bedürfnis und wünscht, wenn sich eine solche zur Zeit nicht ermöglichen ließe, wenigstens die Einrichtung achtwöchiger Fachkurse an verschiedenen Orten des Landes.

Oberndorf, 30. Juni. Zum 4. Male ist von einem Mitgliede der hie­sigen Schützengilde der von S. M. dem König gestiftete Preis auf dem Landes­schießen in Tübingen herausgeschossen worden. Der glückliche Schütze ist Schrift­setzer Breuning hier, welcher zum ersten­mal auf einem Landesschützenfest anwesend war.

Heilbronn, 29. Juni. Einerecht interessante Verhandlung fand gestern vor dem K. Schwurgericht statt. Ange­klagt war der 25 Jahre alte Zigeuner Jos. Röder von Mcmmelshofen, Kreis Weißenburg i. E., bei der Ausweisung einer Zigeunerbande aus Stetten a. H. am 1. April auf den dortigen Polizei­diener Feile einen Schrotschuß abgegeben zu haben, welcher jedoch nicht traf. Der Angeklagte bestritt seine Schuld, da eine Verwechslung mit seinem 24 Jahre alten Bruder Friedrich Röder vorliege, welcher den Schuß abgegeben habe. Die Tat­sache, daß man die Verwandten nnd namentlich den Bruder Friedrich des Jos. Röder trotz allen Suchens nirgends aus­findig machen konnte, erklärte der Ange­klagte damit, daß die Zigeuner, wenn sie irgend etwasausgefressen" haben, ein­fach falsche Namen annehmen und sich falsche Legitimationspapiere anfertigen. Auch werden in solchen Fällen Kinder ausgetauscht, sodaß das Signalement nicht mehr stimmt. Da der als Zeuge an­wesende Polizeidiener Feile aus Stetten a. H. nicht mehr mit Bestimmtheit behaup­ten konnte, daß der Angeklagte der Junge sei, der den Schuß abgegeben habe, ver­neinten die Geschworenen die Schuld­fragen auf versuchten Totschlag und Widerstand gegen die Staatsgewalt, wo­rauf der Angeklagte freigesprochen und aus der Haft entlassen wurde.

Nordheim, 30. Juni. Gestern abend wollten zwei 17jährige Mädchen im Neckar im sogenannten Damenbad ein Bad neh­men. Dabei geriet eines davon in ein Baggerloch, das andere Mädchen, das Hilfe leisten wollte, geriet ebenfalls in die Tiefe und beide ertranken.

Pforzheim, 29. Juni. Die hies. Staatsanwaltschaft erläßt folgende Be­kanntmachung: Im Gemeindewald Würm wurde der Leichnam eines Erhängten auf-