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Uro. 77.

Isreitcrg, den 1. JE 1904.

40. IaHvgang

Rundschau.

Stuttgart, 30. Juni. In der gestern stattgehabten Landesversammlung der deutsch-konservativen Partei in Württem­berg wurde einstimmig folgende Resolu- tion angenommen: 1) »Wir bedauern die ablehnende Haltung der Ersten Kammer zu der Volksschulnovelle, da letztere unse­res Erachtens weder den Religionsunter­richt in der Schule noch die konfessionelle Volksschule gefährdet. 2) Diese Haltung der Ersten Kammer läßt uns die Reform derselben, wie sie in unserem Programm schon gefordert wird, als besonders dring­lich erscheinen. 3) Jeden Versuch, den Grundsatz der konfessionellen Volksschule durch Einführung von Simultanschulen zu verletzen, werden wir mit allen gesetz­lichen Mitteln bekämpfen." Ueber die Stellung der konservativen Partei zu der Mittelstandsbewegung" berichtete Redakteur Schrempf. Er führte u. a aus, es sei ein großer Fehler gewesen, daß man früher die gewerblichen Vereinig­ungen mit Gewalt zertrümmert habe, statt daß man die Innungen reformiert hätte. Jetzt müsse die zertrümmerte Or­ganisation mit großer Mühe wieder her­gestellt werden. Je freundlicher sich die Regierung zu den Forderungen radikaler Arbeiterkreise stelle, desto schwerer sei sie für die Forderungen des Handwerks zu gewinnen. In den letzten Jahren sei es mit der Organisation der Handwerker in erfreulicher Weise voraugegangen. Die heutige einseitig-großkapitalistische Ent­wicklung müsse mit allen Mitteln bekämpft werden im Interesse des gesamten Volks. Auch die Regierung werde noch einsehen, daß die Ansammlung des Nationalver­mögens in wenigen Händen und die Proletarisierung des Mittelstandes ein Unglück für den Staat sei. Es sei eine absolute Notwendigkeit, den Mittelstand zu erhalten mit allen, im Notfall auch radikalen Mitteln. (Lebhafter Beifall.) Abg. Kraut betont noch, daß die Ge­fahren, die dem Mittelstand vom Groß­kapital und der Sozialdemokratie drohen, stetig wachsen; er erinnert an die Notlage der kleinen Banken, an den Kampf der Aerzte mit den Krankenkassen u. s. w. Redner empfiehlt schließlich folgende Er­klärung zur Annahme:Dle konservative Partei in Württemberg anerkennt die Wichtigkeit und Notwendigkeit der gegen­wärtigen Mittelstandsbewegung. Sie hat schon seit Jahren die Bestrebungen zum Schutz der Landwirtschaft, wie auch die­jenigen für die Organisation des Hand­werks nach Kräften unterstützt und hält die Erhaltung eines selbständigen kauf­männischen und gewerblichen Mittelstandes

im Interesse der Volkswohlfahrt für durchaus notwendig. Sie erblickt in einer einseitig großkapitalistischen Ent­wicklung des Erwerbslebens, insbesondere in der Ausdehnung von Warenhäusern und Konsumvereinen, eine ernste Gefahr für das wirtschaftliche Gedeihen des ge­samten Volks. Die konservative Partei wird deshalb alle gesetzlichen Maßregeln nachdrücklich unterstützen, welche zum Schutz unseres gesamten Mittelstand,s notwendig sind."

Dem Staatsanzeiger entnehmen wir, daß Se. Majestät der König dem Hofpianofabrikanten Carl Pfeiffer in Stuttgart in Anerkennung seiner trefflichen Leistungen auf dem Gebiet des Klavierbaus das Ritterkreuz I. Klasse des Friedrichs-Ordens verliehen hat. Nach­dem Hr. Pfeiffer schon vor 2 Jahren mit der Goldepen Medaille für Kunst und Wisssen- schaft ausgezeichnet wurde, darf man dies als einen neuen Beweis für die energi­sche, strebsame und erfolgreiche Tätigkeit des Genannten ansehen.

Neuenbürg, 28. Juni. Das lei­dige Vorkommnis an der Kanalmauer unseres Elektrizitätswerkes, verursacht durch teilweise schlechte Ausführung der Betonierung der Fundamente, brachte be­greiflicherweise eine Beunruhigung in die hiesige Einwohnerschaft und nahm mehrere Tage hindurch ausschließlich die Unter­haltung darüber in Anspruch. Nachdem nun der mit der Leitung direkt betraute Stadtbaumeister zum 1. Juli ds. Js. seine Entlassung eingereicht hat und der Unter­nehmer unter spezieller Aufsicht eines neuen Bauführer! am Werk ist, mit etwa 50 Arbeitern die schlechten Fundamente zu verbessern und zu verstärken und eine Sohle in den Kanal einzubringen, ist wieder ruhigere Stimmung eingezogen, da man die berechtigte Hoffnung haben darf, daß, zumal bei der jetzigen günstigen Jahreszeit und Witterung, nun binnen kurzer Zeit der Schaden in der Haupt­sache wieder gut gemacht werden wird. Der neue Bauführer, Hr. Bold, war seit Jahren als Tiefbautechniker in Pforzheim tätig, so daß ihm Erfahrung zur Seite steht. Von sachverständiger Seite sind wir veranlaßt, die in Nr. 95 v. 20. ds. Mts. gemachten Mitteilungen dahingehend zu ergänzen bezw. zu berichtigen, daß Konstruktionsfehler bei der Anlage nicht vorhanden sind, sondern die ganze Anlage technisch mustergültg projektiert ist. Das leidige Vorkommnis ist ausschließlich durch schlechte und unverstandene Ausführung bei den Betonierungsarbeiten entstanden, wozu als Milderungsgrund das schlechte Wetter bei der Bauausführung und die verschiedenen Hochwasser kommen. (Enzth.)

Bissing eln,a. Enz, 28. Juni. Ueber den bereits telegraphisch gemeldeten Brand der Kunst- und Handelsmühle von K. Rommel wird noch berichtet: Die Wal­zenmühle ist im Laufe des Tages bis auf wenige Ueberreste ein Raub der Flammen geworden. Nachdem erst vor zwei Jahren die alte, in Fachwerk erstellte Mühle ab­gebrannt war, brach Montagjnacht gegen halb 2 Uhr in dem 1884 neu erstellten Gebäude, das die Silos, Putzerei, die Mahlwerke und das Mehlmagazin um­faßte, Feuer aus. Man vermutet, daß der Brand auf ein Warmlaufen einer Maschine in der Putzerei zurückzuführen ist. Nachdem das Feuer das Mahlwerk und die etwa 160 Eisenbahuwaggous Weizen enthaltenden Silos ergriffen und zerstört halte, fand es schließlich gegen 5 Uhr morgens noch seinen Weg durch die Brandmauer hindurch nach dem Mehl­magazin, wo 8000 Sack Futtermehl la­gerten. Hier kam es bald darauf zu einer Explosion, die das Dach des Ge­bäudes emporhob und die Wände ausei­nander schleuderte, so daß Steine bis zu 50 Meter Entfernung fortflogen. Soweit sich der Schaden bis jetzt übersehen läßt, dürite derselbe lt.Schw. M." über 700000 Mk. betragen, ist aber durch die Versicherung gedeckt.

Ludwigsbnrg, 27. Juni. Der im Alter von 45 Jahren so jäh mitten aus seiner ersprießlichen Thätigkeit gerissene Pfarrer Bertsch fand hier feine letzte Ruhestätte, wo er seine Jugendzeit verlebt hat. Eine stattliche Trauerbegleitung be­wegte sich zum Friedhof. Die schönen und edlen Charaktereigenschaften desVerewigten fanden am Grabe voll und tiefempfundene Würdigung. Stadtpfarrer Ile. tüeol. Haller hielt die Trauerrede. Ehrende Nachrufe sprachen unter Niederlegung von Kränzen am Grabe Vertreter der Diö- zese Neuenbürg, seiner Promotion 1878 bis 1883, der Lehrerschaft in Calmbach, der Gemeinde Wermutshausen und der Verbindung Normannia in Tübingen. Sie zeugten alle von der großen Verehr­ung und Liebe, die der Entschlafene ge- nossen hatte.

Maulbronn, 26. Juni. Der Kampf zwischen Aerzten und Krankenkassen im Oberamtsbezirk Maulbronn ist, wie das Med. Corr. Blatt mitleilt, durch einen ehrenvollen Frieden beendigt, nachdem am 14. Juni die bevollmächtigten Ver­treter der beiden Parteien sowohl die neuen Verträge unterzeichnet als auck die Bedingungen festgesetzt haben, nach wel- chen die Honorarfrage für die vertrags­lose Zeit nachträglich zu regeln ist. Nach­dem von den Kassen in dem Punkte, welcher hauptsächlich zu dem Kampfe Ver-