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Uro. 74.

Ireitag, den 24. Juni 1904

40. Jahrgang

Rundschau.

Stuttgart, 22. Juni. Die Kammer der Abgeordneten hat heute einen Antrag angenommen, durch den die königliche Staatsregierung ersucht wird, im Wege der Verhandlung mit den Regierungen der Nachbarstaaten, insbesondere Baden, und geeignetenfalls durch entsprechende Aendernng der für Württemberg bestehen­den Vorschriften, auf eine möglichst ein­heitliche Gestaltung der in Süddentschland festgesetzten Schonzeiten für Rehwild und Hasen hinzuwirken. Minister des Innern von Pischeck bezeichnete das vorliegende Verlangen als ungewöhnlich, erklärt sich aber bereit, den Versuch zu machen, zunächst mit Baden in Verhandlungen einzutreten.

Stuttgart, 21. Juni. Die Firma Hermann Tietz errichtet auf der Königs straße ein modernes Warenhaus und hat zu diesem Zweck einen großen Häuser­komplex angekauft. Mir dem Abbruch der Häuser, in denen sich seither 9 Ladenge­schäfte befanden, ist nunmehr begonnen worden.

Neuenbürg, 20. Juni. Samstag abend hielt der Bezirksverein des württ. Schwarzwaldvereins imBären" unter dem Vorsitz des Hrn. Baron v. Moltke seine jährliche Hauptversammlung. Der Ver­einskassier, Schultheiß Feldweg-Höfen, gab zunächst die Jahresrechnung für 1903 bekannt. Festgestellt wurde, daß für Be­strebungen des Vereins pro 1904 nach Abzug der Schuldabtragung für den Langenbrandcr Turmlzur Verfügung stehen an Restmitteln, Beitrag der Amtskorpor­ation und Jahresbeiträgen der Mitglieder zus. 550 Mk. Gemäß der Beratung des Etats soll der größte Teil dieser Summe verwendet werden zur Unterhaltung des Bestehenden, für Herstellung von Weg­zeigern, Wegzeichen, Bänken, Fußwegen und Reparaturen. Es betragen die Por­toersatzauslagen für den Versandt des Vereinsorgans seitens des Hauptvercins und für das Austragen der Blätter im Bezirk allein ca. 100 Mk. Die Vorstands­wahl geschah in allseitigem Einverständnis durch Akklamation. Gewählt sind demnach für die nächsten 4 Jahre: Oberstleutnant Z. D. Baron von Moltke-Wildbad als Vorsitzender, Schultheiß Feldweg-Höfen als Kassier, Stadtschultheiß Stirn als Schriftführer; ferner als Mitglieder: Oberförster Bosch-Wildbad, Bankdirektor Bätzner-Wildbad, Oberamtsrichter Dode­rer, Oberförster Frhr. v. Gaisburg-Neuen- bürg, Schultheiß Häberlen-Calmbach, Ober­amtsarzt Dr. Härlin, Oberförster Hopfen­gärtner-Wildbad, General von Karaß- Wildbad, Sonnenwirt Kramer-Dobel, Fabrikdirektor Loos-Neuenbürg, Oberför-

ster Majer-Schwann, Redakteur Meeh- Neuenbürg, Pfarrer Miller-Enzklösterle, Oberrrallehrer Dr. Pfeffer Wildbad, Oberförster Ramm-Calmbach. Zum Stell­vertreter des Vorsitzenden wurde sodann Oberamtsrichter Doderer gewählt. Eine längere Besprechung verursachte aus An­laß der Klage eines Mitglieds über un­regelmäßigen Empfang des Vereinsor­gans die Versenduugsweise des Blattes in Absicht auf möglichste Portokosten und Trägerlohn-Ersparnis. Es soll diese vom Hauptvereinsvorstand schon mehrfach behandelte Frage wieder zur Sprache ge­bracht werden. Sache der Mitglieder, welche das Blatt unregelmäßig empfangen, ist es, jeweils bei der Versandtstelle zu reklamieren. Auf Anregung eines Neuen­bürger Miiglieds wurde noch beschlossen, den Langenbrander Aussichtsturm wider- rvflicherweise an Sonn- und Feiertagen geöffnet zu halten. Es wird dies von den Besuchern des Turms besonders dankbar begrüßt werden. Im übrigen ist der Schlüssel zum Turm an den bekannten Stellen z» haben. Unser Schwarzwald­verein, voran der allzeit eifrige, liebens­würdige Vorsitzende, zählt Mitglieder in seinen Reihen, die mit Sorgfalt und Liebe die gemeinnützigen Zwecke zu unter­stützen bereit find; er verdient mit Recht allseitiges Interesse, regere Unterstützung durch Beitritt neuer Mitglieder. (Enzth.)

Neuenbürg, 21. Juni. Im Eyach­tal ist ein Schindeldecker in den Säg­mühlebach geraten und ertrunken.

Calmbach, 24. Juni. Herr Pfarrer Bertsch hier ist heute Nachmittag uner­wartet rasch in Folge eines Schlagan­falles verschieden.

Herrenalb, 21. Juni. In Herrenalb hat ein Dienstmädchen aus dem Elsaß in der Villa Marienburg einem Kurgast das Portomonnaie gestohlen. Als es sich ent­deckt sah, warf es 4 Hundertmarkscheine in das Herdfeuer und das Gold und Silbergeld in den Abort.

Calw, 21. Juni. Heute hält hier der württ. Landesverband selbständiger Kon­ditoren seinen 6. Verbandstag. Die Stadt hat den Frühlingsschmuck ihrer Wälder in ihre Straßen verpflanzt und bietet ein einladendes Bild für ihre Gäste. Die Ver­handlungen nahmen einen sehr lebhaften Verlauf und zeigten, was im Gewerbe­stand durch einmütiges Zusammenarbeiten alles zu erreichen ist. Die Bera­tungen über die Gründung einer Sterbe­kasse, über die Bedeutung der Rabattver­eine für das Konditorgewerbe und den gemeinschaftlichen Einkauf von Waren I zeigten ein erfreuliches Bild moralischen rund wirtschaftlichen Zusammenhalts in

dem Konditorenverband. Auch die Fortbild­ung im Beruf fand in eingehenden Be- ratungen über die Benützung der Fach­presse und die Einrichtung von Fortbild­ungsschulen ihre Würdigung. Nach den fast östündigen VerhandlungeNEfolgte ein gemeinsames Mittagsmahl imWald­horn", welches Reden des Verbandsvor- sitzenben Konditor Krieger-Stuttgart, des Regierungsrat Völter, und Stadtschult­heißen Conz und eine gelungene Begrüß­ung der Gäste durch ein Schwarzwälder Bauernpaar (Konditor Hager- und Essig- Calw) würzten. Ein gemeinsamer Spa­ziergang der Festgäste durch die neuen prächtigen Anlagen der Stadt zum neuen Waldcaf« Schnaufer und ein gemütliches, durch die Weisen der Kurkapelle und des Liederkranzes verschönles Zusammensein im Garten desBadischen Hofs," be­schlossen den Tag.

Tübingen, 20. Juni. (Schwur­gericht.) Unter dem Vorsitz des Land- gerichtsrats Or. Kapff nahmen heute die Sitzungen des 2. Quartals ihren Anfang. Die Tagesordnung umfaßt 4 Fälle: 1 Sittlichkcitsverbrechen, 2 Verbrechen der Brandstiftung und 1 Verbrechen der erschwerten räuberischen Erpressung. Als erster Fall kam zur Verhandlung die Strafsache gegen den verh. Milchfuhr­mann Bernhard Friedrich in Rosenau bei Tübingen wegen Brandstiftung und Verbrechens wider die Sittlichkeit. Bis zum 18. April d. I. war der Angeklagte bei dem Gutsbesitzer Karl Knecht in Rosenau bedienstet gewesen. Ohne Grund lief er an diesem Tage von der Arbeit weg; nachdem er einige Tage gebummelt hatte, wollte er das Dienstverhältnis wieder fortsetzen. Knecht wies ihn aber aus dem Haus. Um sich zu rächen, be- schloß nun der Angeklagte, den Heuschup­pen seines Dienstherr« niederzubrennen. Nach Eintritt der Dunkelheit schlich er sich in den Schuppen ein, übernachtete Port und steckte ihn am andern Morgen um 5 Uhr in Brand. Das Feuer teilte sich auch der angebauten Remise und dem Holzschuppen mit, so daß auch diese mit sämtlichen Vorräten niederbrannten. Der Gesamtschaden beträgt 2900 Mark. Durch die Versicherung ist Knecht nur für 1700 Mk. gedeckt. Der Angekl., eine geistig etwas minderwertige Person, räumte ein, die Tat aus Rache gegen Knecht begangen zu haben. Auch das ihm weiter zur Last gelegte Verbrechen wider die Sittlichkeit gestand er ein. Zweifel an seiner Zurechnungsfähigkeit sind durch das Gutachten des Med.-Rats Prof. I)r. Oesterlen ausgeschlossen. Die Geschworenen sprachen den Angeklagten ! beider Verbrechen schuldig und hielten