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der ein Angebot gemacht hätte, durch welches wenigstens die Hypothekenschnlden gedeckt worden wären. Einzelne Bauplätze mit halbfertigen Gebäuden konnten ver­äußert werden, die Mehrzahl der Grund- stücke blieb jedoch unverkäuflich, so daß jetzt Zwangsversteigerung zu erfolgen hat. Hierbei wird eine ganze Reihe von Hypothekengläubigern mit immerhin nam­haften Forderungen ausfallen.

Dettweiler, 10. Juni. Es wird vielfach Klage über das verheerende Auf­treten der Raupen an den Obstbäumen geführt. Schuhfabrikant G. Vogel hier wendet mit schönem Erfolg folgendes Mittel in seinen großen, die Fabrikan­lagen umgebenden Obstanlagen an Er löscht Schwarzkalk und bespritzt mittelst einer Handfeuerspritze mit sehr verdünn­ter Kalkmilch die Bäume. Die Raupen werden getötet und den Bäumen wird kein Schaden zugefügt. Nach seiner An­sicht kann mit dieser Kalkmilch eine Feuerspritze, die sich nicht verstopft, große Dienste leisten,

Pforzheim, 18. Juni. Auf dem Bahnhofe Königsbach riß gestern früh die Lokomotive von dem um 6 Uhr dort ab­fahrenden Zug ab. Als der Heizer die Ankoppelung vornehmen wollte, geriet er zwischen die Puffer. Er erlitt so schwere Verletzungen, daß der Tod alsbald ein­trat. Ter bedauernswerte Mann, Wilhelm Bauer mit Namen, war ledig und stammte ans Sinsheim.

Der elektrische Ferudrnckcr gelangt nunmehr auch in Baden zur Einführung. Der Ferndrucker ist ein Telegraphen­apparat, mittelst welchem der Abonnent sowohl seine Telegramme auf das Amt übermittelt, als auch solche auf demselben Wege vom Amt empfängt. Ebenso kann der Abonnent durch die Zentrale mit jedem anderen Teilnehmer in Verbind­ung treten. Der elektrische Ferndrncker besteht aus einer Klaviatur, ähnlich der Schreibmaschine, und es kann jeder Laie denselben sofort hgndhabeu. Die Buch­staben schreiben sich auf einen laufenden Papierstreifen auf beiden Apparaten nie­der, so daß also auch der Absenderseinen Beleg hat, was im geschäftlichen Verkehr von großer Wichtigkeit ist Die Auf­nahme von Nachrichten geschieht selbstän­dig, auch in Abwesenheit des Teilnehmers. Die Vorzüge des neuen Systems springeu sofort in die Augen. Der Ferndrucker ermöglicht einen wesentlich rascheren Ver­kehr mit dem Telegraphenamt, es kommen keine Hörfehler vor wie beim Telefon, und der Apparat übermittelt auch in Abwesenheit des Teilnehmers. Der Fern­drucker ist daher für große kommerzielle und industrielle Unternehmungen von großer Bedeutung. Durch eine für das ganze Rcichspostzebiet gültige Verfügung des Reichspostamts ist der elektrische Ferndrucker zur Verwendung bei allen Telegraphenanschlüssen zugelassen. Der Apparat ist in Berlin, Hamburg und Frankfurt a. M. mit gutem Erfolge ein­geführt und haben sich nun auch in Mannheim, wo der Apparat in den letz­ten Tagen auf der Börse praktisch vor­geführt wurde, eine Anzahl Abonnenten gemeldet.

Goslar, 18. Jnni. Im ganzen Ober­harz gingen gestern abend unter schwerem Gewitter gewaltige Hagelmaffcn nieder. Tie Hagelslücke erreichten bei Torshausen

die Größe von Hühnereiern und das Gewicht von 40 Gramm. Auf den Fel­dern wurde großer Schaden angerichtet. Die Beerernte ist vernichtet, die Heuernte dürfte durch den Hageftchlag sehr beein­trächtigt sein. Zahlreiche Fensterscheiben sind zertrümmert. In der Gegend von Schierke wurden durch das gestrige Un- weiter 400 Morgen Wald vernichtet. Die Brockenchaussee ist unpassierbar.

Berlin, 16. Juni. Der Charlotten­burger Magistrat will eine Waldschule errichten, die für solche Kinder bestimmt ist, die zwar noch nicht krank, aber so schwächlich sind, d. sie den Keim von Krankheiten in sich aufnehmen können. Insbesondere ist damit an die Lungen­schwindsucht gedacht. Tie Kinder bleiben -- vorläufig auf die Dauer von vier Monaten den ganzen Tag in der Waldschule, wo sie nicht nur Unterricht erhalten, sondern auch verpflegt werden. Die Schule soll für 120150 Kinder Platz bieten. Die Kosten der Anlage es handelt sich zunächst um einen Ver­such betragen etwa 20000 Mk.

Auch unter den Zulu- und Swa- zinegern in Südafrika herrscht Gährnng. Die Engländer befürchten einen allge­meinen Aufstand der Schwarzen, gegen den der Hereroaufstand ein Kinderspiel wäre.

Eine ausgedehntere Verwendung von Kriegshunden in der deutschen Armes wird beabsichtigt. Bisher haben nur die Jägerbataillone Hunde gehalten, die zur Ueberbringung von Nachrichten dienen. Neuerdings ist ein Versuch zur Abrichtung von Hunden für den Dcpeschendienst im Felde auch in Spandau bei dem Garde - Fußartillerie - Regiment gemacht worden. Da er sich bewährt hat, so ist die Einführung von Kriegshunden auch noch in anderen Truppenteilen geplant.

Wal bürg, 16. Juni. Kurz vor Gräfenwiesbach ereignete sich ein schwe­rer Automobilunfall. Ein ausländischer Baron von Leidenberger, der das Auto­mobil selbst steuerte, hatte, wie die Frkf. Ztg. meldet, die Bremse bei einem steilen Wcgabsturz zu schnell angezogeu, das Automobil überschlug sich und alle In­sassen wurden herausgeschlendert und an­geblich schwer verletzt. Der Baron soll das Rückgrat gebrochen haben, seine Frau innere Verletzungen und der dritte In­sasse ebenfalls schwere Verletzungen da- vongetragen haben. Die Verletzten wur­den ins Krankenhaus zu Usingen gebracht. (Nach einem Telegramm aus Usingen ist Baron Leidenberger dort heute früh ge­storben.

Saalburg, 17. Juni. Im Gordon Bonnet-Rennen auf einer Strecke von 550 Kilometern siegte der Franzose Therry mit 5 Stunden 50 Min. 3 Sek., Jenatzky (Daimler) der letztjährige Sieger, war 2. mit 6 Std. 1 Min. 21 Sek.

K o n st a n t i n o p e l, 16. Juni. Ein vorgestern aus Musch eingetroffenes Tele­gramm besagt, daß vom 25. April bis 29. Jnni d. I. 3000 armenische Männer, Frauen und Kinder getötet, 50 Dörfer zerstört und in der Stadt Musch 31 Ar­meniern gehörige Läden demoliert wor- den seien. Die Zahl der in Musch be­findlichen Flüchtlinge beläuft sich auf 4000, welche nahezu ohne alle Lebens- mitlel seien. Ohne das Dazwischeutrctcu des französischen Konsuls in Musch wäre

es zu einer großen Metzelei in der Um­gebung der Stadt gekommen. In Sand- schak Musch sollen die Grausamkeiten gegen die Armenier noch sortdauern. Der armenisch-gregorianische Patriarch Orma- nian protestierte sehr energisch gegen diese Zustände.

Wenn sich die Unterseebote be­währen, so ist es mit der Seeherrschaft Englands an fremden Küsten aus, denn ein kleines billiges Unterseeboot, das in einem blockierten Hafen liegt, kann die ganze feindliche Flotte vernich­ten. Darum sucht England eifrig Ab­wehrmittel gegen die unheimlichen Unter­seeboote. Man macht gegenwärtig große Versuche mit Stahldrahtnetzen, in denen die Unterseeboote wie die Fische gefangen werden sollen. England wird sich aber hüten, die Ergebnisse an die Oeffeutlich- keit gelangen zu lassen.

Tokio, 16. Jnni. Im Kampfe bei Jelissu, nordöstlich von Fntschou, hatten die Russen 500 Tote und 300 Gefangene. Ferner verloren sie 14 Kanonen. Die Verluste der Japaner betragen ca. 1000 Mann.

Ein nach Ostasien gesandter däni­scher Schriftsteller schreibt seinem Blatte: Deutschland darf mit Fug und Recht auf seine Kulturarbeit auf der Schau- tunghalbinsel stolz sein. Sie ist einfach überwältigend- Vor 5 Jahren war Tsingtau ein Fischernest. Heute erhebt sich dort eine moderne europäische Stadt; große angenehme Wohnhäuser, boulevard- breite Straßen, riesige, festgefügte Sta­den, .elektrisches Licht, prächtige Hotels, Kasernen und Forts, herrliche Parkan­lagen, Eisenbahnen und breite Fahrwege führen ins Land. In Kiautschan wohnen schon 1000 Deutsche außer den Truppen. Allerorts sieht man Scharen Eingebore­ner mit der Herstellung öffentlicher An­lagen beschäftigt. Hier werden Rohrleit­ungen gelegt, dort Straßen gebaut oder Brücken hergestellt. Jetzt wird es mir völlig klar, daß die Deutschen die gefähr­lichsten Kulturkonkurrenten Englands wer­den; denn wer ist imstande, Gleiches zu leisten? Das ist die Kolonisierung im großen Stile. Welche Ordnung herrscht überall! Man glaubt in einer der treff­lichsten Kolonien Englands zu weilen, nur daß die gesellschaftlichen Beziehungen hier weniger steif sind. Die deutschen Lehrlinge stehen im Begriff, ihre angel­sächsischen Meister zu überflügeln. Sie Huben mehr denn ausgelernt. Gewiß zeigt die russische Arbeit in Port Arthur Bewundernswertes, aber die Deutschen find ihr in Kiautschau um eine volle Pferdelänge voraus. Wo Russisch-China Schlendrian und Unordnung zeigt, ist in Deutsch-China militärische Pünktlichkeit und bürgerliche Zuverlässigkeit.

Lokales.

Wildbad, 20. Juni. Bei der gest­rigen Kirchengemeinderatswahl wurden wiedergewählt die Herren Schuhmacher Bätzner sen., Oberlehrer Baur, Stadt­pfleger G u t b u b. Neugewählt wurden die Herren Schneidermeister Schulmei­ster, Wagnermeister Pfeiffer sen. und Schuhmacher H e n ß I e r. Die Beteilig­ung an der Wahl war eine schwache. Bei der infolgedessen nötigen Nachwahl wur­den nur noch 6 weitere Stimme:, abge- geben.