füv öie Siaöt Wiköbcrö.

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7O.

Mittwoch, öen 15. Juni 1904.

40. Jahrgang

Rundschau.

Stuttgart, 13. Juni. Das nun 1 Jahr 2 Monate alte Kind, das am 18. Juni v. I. auf dem Charloltenplatz hier geraubt wurde, ist nun wieder bei- gebracht. Eine noch nicht ermittelte, unbekannte Frauensperson hat cs am letzten Samstag abend kurz nach 7 Uhr in der Münzstr. einem 9 Jahre alten Mädchen übergeben mit dem Auftrag, es ins Haus Wagnerstr. 17, der frühe­ren Wohnung der Eltern, zu tragen. Das Kind ist wohlbehalten, gut genährt und einfach, aber anständig gekleidet. Es ist vermutlich seither in Stuttgart oder in der Umgebung verwahrt gewesen. Für die Ermittlung der Täterin ist s. Zt. bekanntlich eine Belohnung von 1000 Mk. ausgesetzt worden.

Stuttgart, 12. Juni. Wie schon die Selbstherstellung von Sodawasser u. Limonaden durch ein Bataillon des württ. Jnf.-Reg. Nr. 121 in Ludwigsburg fest­gelegt wurde, so gesellt sich dazu nun noch eine weitere und speziell dem Metz­gergewerbe gefahrbringende Meldung aus Berlin, daß in Spandau eine Garnison- Wurstfabrik errichtet werden wird. In derselben soll der gesamte Wurstbedarf für die dortigen Truppenteile und auch für das Döberitzer Barackenlager herze- stellt werden. Gleiche Einrichtungen sol­len allmählich in allen größeren Garni- sonen getroffen werdest, damit unter Aussicht von Beamten der Proviantäm­ter nur gesundes Fleisch verarbeitet werde. Hiezu bemerkt die Südd. Flei- scher-Ztg.: Diese Nachricht wird von Berlin aus verbreitet und wohl auch richtig sein. Die Begründung aber ist durchans falsch: denn unter dem neuen Fleischbeschaugesetz kann in allen Metzge- reien nur gesundes Fleisch verarbeitet werden. Sondern man glaubt einfach, den verhältnismäßig sehr geringen Ver­dienst, den die Metzgermeister bei Mili­tärlieferungen noch gehabt haben, selbst einstreichen zu können und überlegt nicht, daß dadurch der Handwerkerstand schwer geschädigt und trotzdem der erhoffte Ge­winn ausbleiben wird. Es ist sehr be­dauerlich, daß in den Militärkceisen so gar wenig Verständnis für die Lage des Handwerkerstandes vorhanden ist.

DieGeschästSwehr", Organ des Württ. Schutzvereins für Handel und Gewerbe, teilt mit: Bor einigen Tagen erschien eine Frau von einein Ort in der Nähe Stuttgarts auf der Geschäftsstelle unseres Vereins. Dieselbe hatte Ende des vorigen Jahres von einem Hausierer der Firma A. Geib, Schnittwarenver­sandtgeschäft in München, Landwehrstraße 55, 6 Meter Damenkleiderstoff zum Preise

von 4 Mk. per Meter auf monatliche. Abzahlung von 2 Mk., bei einer Anzahl­ung von 3 Mk. gekauft. Die Frau be­hauptete nicht den Stoff bekommen zu haben, welchen sie bestellte, der gelieferte sei höchstens 2 Mk- fwert und nicht 4 Mk. Als die Einkassicrerin die monat­liche Rate im Februar holen wollte, er­klärte die Frau, zunächst keine Zahlung mehr zu leisten bis ihre Reklamation berücksichtigt sei. Die Firma Geib klagte nun beim Amtsgericht München ihre Retz- forderung ein und wurde die Beklagte kostenfällig zur Bezahlung der geforderten Summe verurteilt. Wir haben den frag­lichen Kleiderstoff einigen Sachver­ständigen vorgelegt und wurde von denselben sestgestellt, daß ein solcher Stoff in jedem kaufmännischen Platzge- schäst mindestens um den halben Preis, jederzeit zu haben ist. Dieser Fall zeigt wieder einmal, daß die Abzahlungsge­schäfte erheblich teurer sind als andere Geschäfte, und daß das Publikum im eigensten Interesse gut daran tut, seinen Bedarf nicht bei auswärtigen Abzahl­ungs-Versandtfirmen, sondern bei den an- sässigen Geschäftsleuten zu decken.

Liebenzell, 12. Juni. Bei dem heutigen Liedersest des Nagoldgausängrr- bundes hatte das Preissingen folgendes Resultat: Im höheren Dolksgesang II. Preis: 1. Freundschaft Tiefenbronn (Ich kehre wieder von Wengert). 2. Lieder­kranz Calmbach (Wanderburschens Ab­schied von Sturm). 3. Konkordia Calw (Unterm Lindenbaum von Sturm). 4. Sängerbund Weilderstadt (Das erste Lied von Reichhardt.) Ein I. Preis konnte im höheren Volkszesang nicht ausgege­ben werden. Im Volksgesang errangen einen I. Preis: 1. Liederkranz Liebenzell (Burschenwiederkehr von Wengert.) 2. Germania Schellbronn (Frühlingszeit von Köllner.) 3. Liederkranz Rohrdorf (Fröh­liche Armut von Baldamus). II. Preis: Liedcrkranz Hirsau (Abschied vom Walde von Eberle). 2. Eintracht Effringen (Waldgesang von Schneeberger). 3. Lie­derkranz Wildberg (beim Scheiden, von Burkhardt). 4. Freundschaft Bieselsberg (Mädchen am See von Jsenmann). 5. Sängerbund Würzbach (Das stille Tal von Förstler). 7. Liederkranz Altburg (Vorüber" von Samet.)

Calw. 13. Juni. Ein Schauspiel, das hier nochnie dagewesen", lockte gestern nachmittaghalb Calw" hinaus au die Nagold. Auf 4 Uhr wurde näm­lich der mit einigen Hundert Schwarz­waldvereinlern beladene Floß aus Wild­berg erwartet. Pünktlich um 6 Uhr traf derselbe auch ein und bot den Zuschauern

ein ganz eigenartiges Bild dar. An ru- higen Stellen der Nagold bewegte sich der Floß langsam und majestätisch vorwärts. Die Fahrtgcnossen hatten dabei hinrei- chend Gelegenheit, die Schönheit unseres Nagoldtales zu bewundern. Wenn es aber durch eine der 8 Floßfallen mit Sausen und Brausen ging, dann bekam man auch die Macht und Nässe des Was­sers zu verspüren. Manche der Zuschauer betrachteten dieses schnelle Fahren durch die Stellfallen, wo es für die Mitreisen­den hießKopf ab, Fuß auf!" mit ängst­lichem Gemüte. Aber für die Beteiligten war dies ein Hauptspaß. Auch sonst mangelte es nicht an Humor. Die feh­lende Musik wurde durch heitere und ernste Gesänge ersetzt. Ein Solist mit kräftiger Stimme war unermüdlich in der Darbietung froher Lieder. Dazu sorgten auch manche, wenn auch unfreiwillig, für Abwechslung, und gar manchesmal hieß cs, wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen. Einige Teilneh­mer nahmen auch ein unfreiwilliges Bad, so fiel ein Mitfahrer, der seinen photo­graphischen Apparat zur Aufnahme in der Hand hielt, im entscheidenden Augen­blick ins Wasser, wurde aber sofort von einem Flößer dem nassen Element ent­rissen. Leider kamen in Wildberg die programmäßigen Bierkisten alle auf den 2. Floß da es über 400 Teilnehmer waren, wurden nämlich 2 Flöße benützt und trotz der hinreichenden Wasser- menge wollte der Durst bei manchem nicht weichen. Da erbarmte sich Herr Ober­förster Sch. v. W. der durstigen Männer. Mit kühnem Sprunge verließ er stillschwei­gend den Floß und ward nicht mehr ge­sehen. Nach l'/r Stunden tauchte er aber auf der Landstraße wieder auf; hoch zu Roß verkündet er mit wohlwollendem Lächeln, das Bier komme mit Eilwagen bald nach. Und richtig, bald sauste unser Calwer Landsmann H. vom Schwarz­waldbräuhaus Wildberg mit schweißbedeck­ten Pferden daher und brachte die küh­lende Labung. Wenn es auch anfangs schwer ging, die Bierkisten während der Fuhrt an Bord zu bringen, so hatte un­ser findiger Floßwirt bald heraus gebracht, daß genügte, die Flaschen ins Wasser zu werfen - natürlich immer 20 zusammen in der geschlossenen Kiste. Das weitere gab sich von selber. Nach der Landung in Calw waren die Sonntagsflößer noch einige Stunden in verschiedenen Calwer Lokalen bei köstlicheremNaß" vereinigt. 3 Maschinen waren dann nötig, um die feuchten" Gesellen wieder ihrer Heimat Stuagert zuzusühren. Auch einige zwan­zig Calwer hatten an der Floßfahrt teil­genommen, die für sie ein Vorschmack