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Urs. SS.

Areitag, ösn 10. Juni 1904.

40. IaHvgcn^

Rundschau.

Stuttgart, 8. Juni. Die Kammer der Standesherren nahm mit 13 gegen 11 Stimmen den Antrag des Fürsten Quadt-Jsny an, die Bezirksschulaufsicht im Hauptamt, jedoch ausschließlich an Geistliche, zuzulassen, worauf Minister­präsident v Breitling auf Allerhöchsten Befehl die Volksschulgesetznovelle zurück- zog.

Stuttgart, 8. Juni. Die Erklär­ung, welche Ministerpräsident von Breit­ling bei der Zurückziehung der Schulge­setznovelle namens der Gesamtregierung abgab, lautete:Die Königl. Staatsre­gierung ist überzeugt, daß der durch die Rücksicht auf eine gedeihliche Entwicklung der Volksschule gebotene Regierungsent­wurf berechtigten kirchlichen Interessen in keiner Weise zu nahe tritt und erach­tet sich für verpflichtet, darauf hinzuwei- sen, daß eine in der Kammer der Stan­desherren erfolgende Ablehnung des Ent­wurfes über dessen unmittelbares Bereich hinaus die vorhandenen Gegensätze auf dem Gebiete des Verhältnisses von Staat und Kirche zur Schule in ernstem Maße verschärfen und die auf eine Ausgleich, ung dieser Gegensätze gerichtete Politik der Regierung erschweren müßte."

Liebenzell. 4. Juni. Aus Anlaß der Feier der 300jährigen Zugehörigkeit Liebenzells zu Württemberg und des Be- suchs des Königs in Liebenzell hat der Dirigent der hiesigen Kurkapelle, Hr. Wohlgemuth, einen Marsch für Se. Ma­jestät komponiert, welcher huldvollst an- genommen wurde, auch hatte Wohlgemuth die Ehre, vor Se. Majestät gerufen zu werden. Außerdem komponierte W. einen Marsch:Jubiläumsmarsch, der Stadt Liebenzcll zum 300jährigen Jubiläum ge­widmet," wofür Hr. Wohlgemuth laut Beschluß des Gemeinderats zum städt. Musikdirigenten ernannt wurde.

Ulm, 6. Juni. Der 17. Bundes­tag des württembergischen Krie- gerbundes fand gestern hier statt. 'Zu demselben hatten sich mehr als 25000 Mitglieder eingefunden. Die Verhand­lungen begannen am Samstag abend mit einer nichtöffentlichen Sitzung des BundeS- ausschusses, die fast fünf Stunden in Anspruch nahm. Es wurde dabei der vom Präsidium dem Bundestag zu unter­breitende Entwurf der neuen Satzungen nochmals einer sehr eingehenden Bespre­chung unterzogen, bei welchem alle dagegen laut gewordenen Einwände nnd Zweifel gehoben und der ganze Präsidialentwurf im Prinzip angenommen wurde. Nur bei A 49 (Einsendung der Bezirksobmänner zum Bundestag) kam es zur Annahme eines Kompromißantrages, dieser § wurde

durch einstimmigen Beschluß dahin ge­nehmint, daß neben den Bezirksobmännern noch auf je 1000 Mitglieder von der Bezirksoersammlung ein weiterer Bevoll­mächtigter aufzustellen ist. Abends fand dann im Saalbau ein Bankett statt, das eines sehr bedeutenden Besuches zu erfreuen hatte. Am Sonntag früh trafen in 25 Extrazügen aus dem ganzen Lnnde unzählige Scharen alter Veteranen und Soldaten ein, begrüßt von Abordnungen hiesiger Vereine und von einem lachenden Himmel. Um 9 Uhr fanden im Exer- zierhaus des Grenadierregiments 123 die Verhandlungen des Bundestages statt. Dieselben gingen, nachdem in der Aus­schußberatung vom Präsidium und den Gegnern der Präsidialvorschlgge in den strittigen Hauptpunkten eine vermittelnde Stellung eingenommen worden war, rasch von statten und es wurden die Ausschuß- anträge hinsichtlich der Statutenänderungen einstimmig acceptiert. Bekanntgegeben wurde, daß nach dem Stande von Ende Dezember 1903 dem Bunde 1659 Vereine mit 86 000 Mitgliedern angehören und der Verein ein Vermögen von 439 000 Mk. ausweist. Die Versammlung gab ihre Zustimmung, daß für die beiden nächsten Jahre die außerordentlichen Einnahmen ganz zu Unterstützungen verwendet und nicht mehr 75°/o hievon dem Grundstock zugeschlagen werden. Als Ort der im Jahre 1906 statlfindenden Tagung wurde Tübingen bestimmt, die Frage aber nicht entschieden, ob mit dieser Tagung wieder ein allgemeines Landesfest verbunden werden soll. Vertreten waren bei der Verhandlung 1094 Vereine durch 1582 Abgeordnete mit 1918 Stimmen. Wäh- rend der Verhandlungen erschien Exz. Minister v. Pischek und versicherte die Anwesenden, wie sehr die Regierung die hohe moralische und politische Bedeutung des Bundes zu würdigen wisse. Der Bund mit seinen 86 000 Mitgliedern sei der größte organisierte Verein in Württem­berg und schon vermöge der Zahl seiner Mitglieder, aber noch mehr vermöge der Ziele, die er verfolge, ein nicht zu unter­schätzender Faktor in unserem öffentlichen Leben geworden. Die idealen Ziele des Bundes mögen ja bei manchem Mitglied dann und wann durch die Sorgen und Mühen, die Zweifel und Enttäuschungen des bürgerlichen Alltaglebens zurückge­drängt werden, aber an einem Festtage wie dem heutigen, wo Tausende von Kameraden zusammenkommen, um die Erinnerung an die frühere Waffenbrüder­schaft aufzufrischen und sich von neuem treues Zusammeustehen in Freud und Leid für die gute Sache des Vaterlandes und des Bundes zu geloben, zersprengen

jene Ideale jede drückende Hülle und erfüllen jedes Herz mit ihrer erhebenden und begeisternden Kraft. Um 12 Uhr waren die Bundesverhandlungen beendet. An der Mittagstafel im Saalbau nahmen gegen 700 Personen teil. Eine große Anzahl von Toasten gab der Veranstaltung Leben und Stimmung. Um 3 Uhr setzte sich der Festzug in Bewegung. lieber 800 Vereine mit Fahnen und zum Teil sehr starker Beteiligung gaben dem Festzug einen solchen Umfang, daß der Vorbei­marsch über zwei Stunden in Anspruch nahm. Am Münsterplatz hatte das Bun- despräsidium Ausstellung genommen, vor welchem der Zug in streng militärischer Ordnung unter Hüteschwenken und Hur- rahrufen vorbeidefilierte. Auf den mehr­fach in der Presse geäußerten Wunsch hin wurde in letzter Stunde angeordnet, daß der Festzng sich auch um das Kaiser Wilhelm-Denkmal am Marktplatz zu be­wegen habe. Ein überaus bewegtes, hier noch kaum gesehenes Leben entfaltete sich nach der Ankunft des Zuges in der Fried­richsau. Zum Glück war die Witterung überaus günstig. Bei eintretendem Regen wäre es unmöglich gewesen, die Tausende und Abertausende unter Dach und Fach zu bringen, trotzdem ein Zelt für 2000 Personen aufgeschlagen und sämtliche Gesell­schaftshallen geöffnet waren. Leider mußte mit Rücksicht auf weite Entfernungen die Abfahrtszeit der Sonderzüge ziemlich früh gelrgt werden, so daß ein großer Teil der Festteilnehmer den prächtigen Abend nicht mehr im Kreise der Kameraden verleben konnten und auf den einzig schönen Anblick, den die Münsterbeleuch­tung gewährte, verzichten mußte. Zu er­wähnen ist noch, daß sowohl das Präsi­dium, als die Vertreter der außerwürt- tembergischen Bundesvereinigungen sich über die Ulmer Tagung in überaus an­erkennender Weise aussprachen und der Stadtvertretung, sowie dem Stadtoor- stande mehrfach ihren Dank für die auf­gewendeten Mühen und Mittel zurmAus- druck brachten. An der ganzen Festlichkeit hatten sich auch zahlreiche bayerische Ver­eine beteiligt. Mit einem Ausflug nach Friedrichshafen fand die Ulmer Tagung ihren Abschluß.

Geislingen, 6. Juni. Vor kurzem hat sich hier eine Genossenschaft von Schreiner-, Tapezier- und Drechslermei- steru gebildet, deren Aufgabe es sein soll, die gemeinsamen gewerblichen Interessen zu schützen und zu fördern. Die Genossen­schaft hat ein schönes Ausstellungs- und Verkaufslokal zum gemeinsamen Gebrauch gemietet, das Mitte vorigen Monats er- ! öffnet wurde. Dieses Vorgehen findet in- ' sofern Beachtung, als dadurch jeder Hand-